Bundesgerichtshof:
Urteil vom 23. April 2013
Aktenzeichen: II ZR 161/11
(BGH: Urteil v. 23.04.2013, Az.: II ZR 161/11)
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30. Juni 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin, ein mittelständisches Unternehmen, ist Mitglied des Beklagten, der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der Deutschen Industrie zum Zwecke der Insolvenzsicherung nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gegründet wurde.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Herausgabe einer Mitgliederliste. Die Kenntnis der anderen Mitglieder sei zur Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte erforderlich, da die Geltendmachung bestimmter satzungsmäßiger Rechte ein Quorum von 5 % der Mitglieder des Beklagten erfordere. Zudem 1 begründet sie ihr Begehren damit, dass ihr Geschäftsführer nur dann eine Chance habe, in den Aufsichtsrat des Beklagten gewählt zu werden, wenn er eine entsprechende Wahlwerbung bei den übrigen Mitgliedern des Beklagten betreiben könne. Der Beklagte meint, dem Anspruch stehe bereits § 67 Abs. 6 AktG entgegen. Zudem sei ihm eine Weitergabe der Mitgliederdaten aus datenschutzrechtlichen Gründen verwehrt. Außerdem ergebe sich aus § 15 BetrAVG eine strafbewehrte Geheimhaltungspflicht.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (LG Köln, NZG 2011, 1193 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Das privatrechtliche Vereinsrecht, das auch auf Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) wie den Beklagten anwendbar sei, gebe den Vereinsmitgliedern einen Anspruch auf Einsicht in die Mitgliederlisten und Herausgabe einer Abschrift mit den Anschriften. § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG, auf den das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) nicht verweise, stelle eine Besonderheit des Aktienrechts dar, die auf das Vereinsrecht nicht übertragbar sei. Ebenso wenig sei § 31 GenG auf den VVaG anwendbar. Das für das Einsichtsrecht eines Mitglieds erforderliche berechtigte Interesse an dem Erhalt der Mitgliederliste habe die Klägerin dargetan. Dem Einsichtsrecht stünden weder § 15 BetrAVG entgegen, da die Mitgliederliste nicht in den Bereich der von 3 § 15 BetrAVG geschützten Geheimnisse falle, noch datenschutzrechtliche Gründe, da die Klägerin bei vernünftiger Betrachtung auf die Datenverwendung zur Wahrnehmung ihrer Rechte angewiesen sei. Ob diese Grundsätze auch auf das Einsichtsrecht im Falle einer Zwangsmitgliedschaft Anwendung fänden, könne dahingestellt bleiben, da es sich bei der Mitgliedschaft bei dem Beklagten nicht um eine Zwangsmitgliedschaft handele. Die Tatsache, dass der Beklagte zur Führung einer Mitgliederliste nicht verpflichtet und deren Erstellung daher möglicherweise mit Aufwand und Kosten verbunden sei, entbinde den Beklagten nicht von seiner Verpflichtung, der Klägerin eine Aufstellung von Namen und Anschriften der Mitglieder zur Verfügung zu stellen.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.
Bei dem Beklagten handelt es sich nach § 1 Abs. 1 der Satzung um einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) und damit um einen rechtsfähigen Verein in der vom Gesetzgeber vorgegebenen Form des wirtschaftlichen Vereins im Sinne des § 22 Satz 1 BGB, auf den, falls nicht auf abschließende Regelungen des Aktien- bzw. Genossenschaftsrechts verwiesen wird, ergänzend die Vorschriften des Vereinsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden sind (vgl. Prölss/Weigel, VAG, 12. Aufl., vor § 15 Rn. 26 mwN sowie § 15 Rn. 6; Kaulbach in Fahr/Kaulbach/Behr/Pohlmann, VAG, 5. Aufl., § 15 Rn. 7; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 5. Aufl., § 14 Rn. 5, 10; Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., Einf. v. § 21 Rn. 16; einschränkend Benkel, Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2. Aufl., S. 41, 71). Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zum Anspruch von Vereinsmitgliedern auf Erhalt der Mitgliederliste (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 ff.; Beschluss vom 25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 ff.; ebenso speziell für einen sol-7 chen Anspruch bei einem VVaG: Wilm in Bähr, Handbuch des Versicherungsaufsichtsrechts, 2011, § 20 Rn. 71; Hoppmann, Vorstandskontrolle im Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2000, S. 243 ff.; Großfeld, Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit im System der Unternehmensformen, 1985, S. 67; Winter, Festschrift für Reimer-Schmidt, 1976, S. 121, 134; Brenzel, Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 1975, S. 46; Ullrich, Die Bildung des obersten Organs der großen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Diss. Göttingen 1951, S. 93; Müller-Wiedenhorn, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Unternehmensverbund, 1993, S. 25; aA Benkel, Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2. Aufl., S. 139; Prölss/Weigel, VAG, 12. Aufl., § 20 Rn. 21a; Kisch, Das Recht des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, 1951, S. 145 Fn. 9; Wörner, LZ 1908, Sp. 291, 294) zutreffend entschieden, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an dem Erhalt der Mitgliederliste des Beklagten dargetan und deshalb einen Anspruch auf Herausgabe der Liste hat.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass mangels spezialgesetzlicher Regelung auf das Auskunftsrecht der Klägerin die vereinsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden.
a) Anders als die Revision unter Bezugnahme auf Pauls (NZG 2011, 1166, 1177 f.) meint, ist das Auskunftsrecht eines Mitglieds des Beklagten nicht durch den Verweis auf § 118, § 131 AktG in § 36 Satz 1 VAG - der gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG auf den Beklagten Anwendung findet - spezialgesetzlich geregelt. § 131 AktG betrifft nur die Informationsrechte in der Hauptversammlung. Die Vorschrift regelt die Informationsrechte des Aktionärs nicht abschließend. Das Aktienrecht kennt auch außerhalb der Hauptversammlung eine Reihe von Informationsrechten (vgl. Hüffer, AktG, 10. Aufl., § 118 Rn. 8; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 118 Rn. 18), die von § 118, § 131 AktG nicht erfasst werden (vgl. Liebscher in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 118 9 AktG Rn. 4, 8). Bei dem Recht auf Einsicht in die Mitgliederliste handelt es sich nicht um ein versammlungsgebundenes Informationsrecht der Klägerin im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG.
b) Auf die Regelung in § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG, die das Auskunftsrecht des Namensaktionärs bezüglich der Namen der Mitaktionäre einschränkt, wird in § 36 Satz 1 VAG nicht verwiesen.
Eine entsprechende Anwendung von § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG kommt nicht in Betracht. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber mit Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2802, 2807) die in § 36 Satz 1 VAG enthaltenen Verweise auf das Aktiengesetz angepasst hat, ohne einen Verweis auf § 67 Abs. 6 AktG oder § 127a AktG aufzunehmen, obwohl diese Möglichkeit bestanden hätte, wenn ein derartiger Verweis seinem Willen entsprochen hätte. Zudem handelt es sich bei der Regelung in § 67 Abs. 6 AktG, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, um eine Besonderheit des Aktienrechts, die auf das vereinsrechtliche Informationsrecht hinsichtlich Namen und Anschriften der anderen Vereinsmitglieder nicht übertragbar ist (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 Rn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 16).
2. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei festgestellt hat, ein berechtigtes Interesse an dem Erhalt der Mitgliederliste dargelegt, das im Vereinsrecht Voraussetzung für einen solchen Informationsanspruch ist (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 Rn. 4, 5 mwN). Ohne Kenntnis von Namen und Anschriften der anderen Vereinsmitglieder kann die Klägerin ihr sich aus der Mitgliedschaft ergebendes 11 Recht auf Mitwirkung an der vereinsrechtlichen Willensbildung nicht wirkungsvoll ausüben (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 Rn. 6; OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677; OLG München, Urteil vom 15. November 1990 - 19 U 3483/90, juris Rn. 6).
a) Gemäß § 17 Abs. 4 der Satzung des Beklagten kann nur eine Anzahl von mindestens 5 % der Mitglieder spätestens eine Woche nach der Bekanntmachung der Mitgliederversammlung im Bundesanzeiger verlangen, dass bestimmte Anträge zur Beschlussfassung auf der Mitgliederversammlung angekündigt werden. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind 5 % der Mitglieder des Beklagten ca. 3.750 Mitglieder, deren Stimmen zur Stellung eines Antrags nötig sind. Da der Klägerin jedoch nur etwa 20 weitere Mitglieder des Beklagten persönlich bekannt sind, ist es für sie nicht möglich, 5 % der Mitglieder zu erreichen, wenn sie nicht weiß, wer die anderen Mitglieder des Beklagten sind.
Entgegen der Ansicht der Revision kann das berechtigte Interesse der Klägerin nicht deshalb verneint werden, weil nach § 15 Abs. 4 der Satzung jedes Mitglied des Beklagten ohne Geltung eines Quorums in der Mitgliederversammlung antrags- und stimmberechtigt ist. Die Revision verkennt, dass eine Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung über Anträge von Mitgliedern gemäß § 36 Satz 1 VAG i.V.m. § 124 Abs. 4 AktG nur möglich ist, wenn der Beschlussgegenstand ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Die vorherige Bekanntmachung setzt jedoch einen Antrag von 5 % der Mitglieder voraus. Dementsprechend hat der Vorsitzende des Aufsichtsrats des Beklagten in der Vergangenheit mehrfach eine Abstimmung über von Mitgliedern in der Mitgliederversammlung gestellte Anträge abgelehnt.
b) Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht ein berechtigtes Interesse an der Mitgliederliste auch im Hinblick auf die geplante Kandidatur des Geschäftsführers der Klägerin für den Aufsichtsrat des Beklagten bejaht. Dieses Interesse ist entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb zu verneinen, weil der Geschäftsführer der Klägerin sein Desinteresse an einer Kandidatur dadurch dokumentiert habe, dass er sich in der Mitgliederversammlung am 4. Juli 2011 nicht zur Wahl für den Aufsichtsrat gestellt habe, obwohl dies nach § 15 Abs. 4 der Satzung möglich gewesen sei. Die Revision verkennt, dass eine solche Kandidatur ohne vorherige vereinsinterne Wahlwerbung aussichtslos ist (vgl. OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677, 678). Eine erfolgversprechende Wahlwerbung vor der Abstimmung in der Mitgliederversammlung kann der Geschäftsführer der Klägerin aber nur betreiben, wenn er die Namen und die Anschriften der anderen Vereinsmitglieder kennt. Angesichts dessen kann die Revision aus dem Verzicht des Geschäftsführers auf eine Kandidatur für die Wahlperiode von 2011 bis 2016 nichts für ein fehlendes Interesse an der Kenntnis der anderen Vereinsmitglieder herleiten.
3. Ob ein Mitglied auch dann, wenn die Mitgliedschaft im Verein eine Zwangsmitgliedschaft ist, einen Anspruch auf Einsicht in die Mitgliederliste hat, kann dahingestellt bleiben. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Mitgliedschaft im Beklagten keine Zwangsmitgliedschaft ist (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 5. Aufl., § 10 Rn. 1; Höfer, BetrAVG, 13. Aufl., § 10 Rn. 4754; Paulsdorff, Kommentar zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 10 Rn. 1, § 14 Rn. 11, 13; Joussen, BB 2010, 1469, 1470; Fehns, Versicherungsrechtliche Fragen zum Pensions-Sicherungs-Verein, 1995, S. 16; siehe auch VG München, Urteil vom 29. Mai 2008 - M 17 K 07.3299, juris Rn. 32; VG Würzburg, Urteil vom 16. Februar 2012 - W 3 K 11.310, juris Rn. 44). Das privatrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis zwischen dem Beklagten und seinen Mit-16 gliedern ist von dem daneben bestehenden Versicherungsverhältnis mit einer öffentlichrechtlich ausgestalteten Beitragspflicht der Arbeitgeber zu trennen. Zwar setzt die Mitgliedschaft beim Beklagten ein bestehendes Versicherungsverhältnis voraus (§ 3 Abs. 1 der Satzung, § 10 Abs. 1 BetrAVG). Die Existenz eines Versicherungsverhältnisses hat aber umgekehrt nicht notwendig auch die Mitgliedschaft beim Beklagten zur Folge. Vielmehr zeigt § 3 Abs. 3 der Satzung des Beklagten, dass auch Nichtmitglieder versichert werden können. Insoweit beruht die Mitgliedschaft auf einem freiwilligen Entschluss des Arbeitgebers. Die Mitgliedschaft kommt erst dadurch zustande, dass der Arbeitgeber die Durchführung einer sicherungspflichtigen Altersversorgung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG meldet und der Beklagte diese Meldung annimmt. Will der Arbeitgeber die Mitgliedschaft verhindern, muss er der Meldung einen entsprechenden Antrag beigefügen (vgl. Fehns, Versicherungsrechtliche Fragen zum Pensions-Sicherungs-Verein, 1995, S. 16; Joussen, BB 2010, 1469, 1470). In Übereinstimmung hiermit hat der Beklagte im Rahmen der Ablehnung eines Antrags der Klägerin nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die Ansicht vertreten, die Insolvenzsicherungspflicht eines Arbeitgebers bedeute nicht zwangsläufig auch eine Mitgliedschaft bei ihm, dem Beklagten.
4. Dem Anspruch auf die Mitgliederliste stehen entgegen der Ansicht der Revision weder die Regelung des § 15 Satz 1 BetrAVG noch datenschutzrechtliche Gesichtspunkte entgegen.
a) Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Auskunft an die Klägerin über die Namen und Anschriften der anderen Mitglieder des Beklagten nicht den der gesteigerten Verschwiegenheitspflicht unterfallenden Bereich der in § 15 Satz 1 BetrAVG geschützten Geheimnisse berührt, ist frei von Rechtsfehlern. 18 Nach § 15 Satz 1 BetrAVG dürfen Personen, die bei dem Träger der Insolvenzsicherung beschäftigt oder für ihn tätig sind, fremde Geheimnisse, insbesondere Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten. Unter Geheimnissen im Sinne des § 15 Satz 1 BetrAVG sind alle Umstände zu verstehen, die nicht allgemein bekannt sind und an deren Geheimhaltung der Geheimnisträger ein Interesse hat (Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 5. Aufl., § 15 Rn. 3).
Bei der mit der Übersendung der Mitgliederliste verbundenen Information darüber, dass die genannten Mitglieder eine betriebliche Altersversorgung zugesagt oder gewährt haben, handelt es sich weder um Betriebsgeheimnisse der Mitglieder, da darunter nur technische Abläufe fallen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 17 Rn. 4a), noch um Geschäftsgeheimnisse, weil ein (berechtigtes) Interesse an der Geheimhaltung dieser Information nicht dargetan und auch nicht ersichtlich ist (vgl. hierzu Wilm in Bähr, Handbuch des Versicherungsaufsichtsrechts, 2011, § 20 Rn. 71; nach Hoppmann, Vorstandskontrolle im Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 2000, S. 246 f. liegt keine unbefugte Offenbarung vor; aA Behrens in Kemper, BetrAVG, 2. Aufl., § 15 Rn. 3).
Der Ansicht der Revision, aus dem Umstand, dass einzelne Parameter der betrieblichen Altersversorgung unter den Begriff des Betriebs-/Geschäftsgeheimnis fallen, folge erst recht, dass dies auch für die Frage gelten müsse, ob überhaupt eine betriebliche Altersversorgung gewährt werde, kann nicht gefolgt werden. In der Angabe einzelner Parameter, wie z. B. der Höhe des von einem Mitglied zu leistenden Beitrags, sind (mittelbar) Angaben über gezahlte Gehälter oder die Kapitalausstattung enthalten (vgl. § 10 Abs. 3 BetrAVG). Hierbei handelt es sich um Unternehmensdaten, an deren Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse des Mitglieds besteht. Mit der bloßen Mitteilung, dass ein Unternehmen eine betriebliche Altersversorgung verspricht oder ge-20 währt, sind hingegen keine Angaben verbunden, die derartige Rückschlüsse auf Unternehmensdaten ermöglichen.
Anders als die Revision meint, ist die Mitteilung über die Tatsache der Zusage bzw. Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung auch nicht mit der nach § 203 Abs. 1 Satz 6 StGB verbotenen Information gleichzusetzen, dass eine Privatperson eine Personenversicherung unterhält (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, WM 2010, 669). Der Umstand, dass ein Betroffener durch den Abschluss einer privaten Personenversicherung zur Absicherung bestehender oder künftiger gesundheitlicher Risiken finanzielle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, unterfällt der Geheimhaltungspflicht, da er Auskunft über die persönliche, der Öffentlichkeit nicht zugängliche wirtschaftliche Lebensgestaltung des Versicherungsnehmers gibt (BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, WM 2010, 669 Rn. 19 mwN). Bei der Tatsache, dass ein Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung zugesagt hat oder gewährt, handelt es sich hingegen um keine vergleichbare, dem schutzwürdigen persönlichen Bereich zuzuordnende, der Öffentlichkeit nicht zugängliche Information. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften im Sinne von § 264a HGB derartige Versorgungszusagen zu bilanzieren (§ 249 Abs. 1 Satz 1, § 253 Abs. 1, Abs. 2 HGB, § 266 Abs. 3 B.1 HGB) und nach Maßgabe des § 325 HGB offenzulegen haben. Im Übrigen spricht gegen die Einordnung der Zusage oder Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung als Geschäftsgeheimnis, dass es in der Regel keinem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich untersagt ist, darüber zu sprechen, dass sein Arbeitgeber ihm eine betriebliche Altersversorgung zugesagt hat oder gewährt.
b) Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte stehen einem aus der Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Gesellschaft hergeleiteten Auskunftsbegeh-23 ren, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2397 Rn. 14; Beschluss vom 25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399 Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 17; Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, ZIP 2013, 570 Rn. 41). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ist gleichfalls nicht verletzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1991 - 1 BvR 185/91, juris).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 04.11.2010 - 128 C 145/10 -
LG Köln, Entscheidung vom 30.06.2011 - 6 S 252/10 -
BGH:
Urteil v. 23.04.2013
Az: II ZR 161/11
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