Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 252/99

(BPatG: Beschluss v. 10.07.2000, Az.: 30 W (pat) 252/99)

Tenor

Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

Aus der seit 1929 für "Optische, photographische und kinamatographische Apparate" eingetragenen, mehrfach übertragenen Marke 424 260 siehe Abb. 1 am Endederen Benutzung bestritten worden ist, ist von der seinerzeit im Register eingetragenen Inhaberin der Widerspruchsmarke hinsichtlich identischer und/oder ähnlicher Waren Widerspruch gegen die 1996 für "Waagen" erfolgte Eintragung der Marke 395 02 511 "exacta" erhoben worden.

Ihre Klage auf - ua - Einwilligung in die Löschung ist durch Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 15. Januar 1997 abgewiesen worden. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Frankfurt durch Urteil vom 12. März 1998 zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluß vom 25. März 1999 die Revision nicht angenommen.

Die Markenstelle des Deutschen Patentamts hat den Widerspruch durch Beschluß vom 9. August 1999 wegen fehlender Glaubhaftmachung der Benutzung zurückgewiesen. Die nunmehr im Register eingetragene Inhaberin der Widerspruchsmarke hat Beschwerde eingelegt und Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt. Mit näheren Ausführungen hält sie wegen Warenähnlichkeit die Verwechslungsgefahr für gegeben. Über die Klage auf -ua- Einwilligung in die Löschung hätten Landgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof unter Verletzung von Gemeinschaftsrecht falsch entschieden im Hinblick auf die Gemeinschaftsmarkenanmeldung unter Inanspruchnahme der Priorität der Widerspruchsmarke.

Die Markeninhaberin hat mit näheren Ausführungen zunächst geltend gemacht, die - seinerzeit im Register eingetragene - Widersprechende sei nicht materiell berechtigte Inhaberin der Widerspruchsmarke gewesen; bereits 1967 sei die Widerspruchsmarke wegen endgültiger Aufgabe des Geschäftsbetriebs erloschen; sie habe schon deshalb hernach nicht mehr wirksam übertragen werden können, also weder 1995 auf die Widersprechende noch 1999 auf die Beschwerdeführerin; wegen des fehlenden Geschäftsbetriebs habe das Zeichen nach den seinerzeit geltenden Bestimmungen des Warenzeichengesetzes auch 1978 nicht auf die dann im Register eingetragene Gesellschaft in Liechtenstein übertragen werden können, so daß auch von daher ein wirksamer Erwerb der Marke durch die Widersprechende bzw Beschwerdeführerin nicht vorliege. Vor allem aber sei mit rechtskräftiger Abweisung der Klage auf Einwilligung in die Löschung auch über den hier erhobenen Anspruch bereits entschieden; die Rechtskraft des Urteils stehe einer erneuten Entscheidung entgegen, so daß der Widerspruch unzulässig geworden und die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen sei. Abgesehen davon bestehe wegen unähnlicher Waren keine Verwechslungsgefahr. Die Beschwerdeführerin ist dem mit näheren Ausführungen entgegengetreten.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der mündlichen Verhandlung das Warenverzeichnis auf "Personen- und Haushaltswaagen" beschränkt. Die Beschwerdeführerin hat den Widerspruch zurückgenommen und beantragt, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

II.

Der Kostenantrag der Beschwerdeführerin ist nicht begründet.

Kosten sind nach § 71 Abs 4, Abs 1 Satz 1 MarkenG nur dann aufzuerlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies ist im allgemeinen dann der Fall, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (vgl BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur). Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 5. Aufl § 71 Rdn 17 mwN).

Eine derartige Sorgfaltspflichtverletzung kann unter keinem Gesichtspunkt der Inhaberin der angegriffenen Marke angelastet werden. So liegt kein Fall der Aufrechterhaltung einer Marke nach Hinweis auf eine eindeutig verwechselbare ältere Marke vor (vgl Althammer /Ströbele aaO Rdn 19); hiervon kann schon angesichts der schwierigen und offenen Rechtsfragen zur Widerspruchsberechtigung - betreffend das dargelegte Erlöschen der Widerspruchsmarke im Jahre 1967 sowie geltend gemachte unwirksame Übertragungsvorgänge in späteren Jahren und darauf gründender fehlender Rechtserwerb auf Seiten der Widersprechenden sowie der Beschwerdeführerin - und zur einer erneuten Entscheidung entgegestehenden rechtskräftigen Entscheidung über die Klage auf Einwilligung in die Löschung nicht ausgegangen werden. Auch hat sie in der mündlichen Verhandlung nicht etwa verspätet das Warenverzeichnis eingeschränkt; denn angesichts des von der Beschwerdeführerin vor der mündlichen Verhandlung unterbreiteten Vergleichsvorschlags, der die Erledigung weiterer Verfahren sowie die Übernahme von Kosten eines anderen Verfahrens beinhaltete, gab dies - vom Sach- und Streitstand abgesehen - nicht zwingend Anlaß, vor der mündlichen Verhandlung Erklärungen abzugeben; vielmehr hat erst der Verlauf der mündlichen Verhandlung mit umfangreichen Erörterungen zwischen dem Gericht und den Beteiligten gezeigt, auf welcher Basis eine Einigung sinnvoll erscheint. Es entspricht daher nicht der Billigkeit, der Inhaberin der angegriffenen Marke Verfahrenskosten nach § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen.

Auch das Verhalten der Beschwerdeführerin rechtfertigt es nicht, ihr abweichend von diesem Grundsatz Verfahrenskosten nach § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Angesichts der bereits angeführten schwierigen, offenen Rechtsprobleme, die das Verfahren bot, kann es auch nach rechtskräftigem Unterliegen mit der Klage auf Einwilligung in die Löschung nicht von vornherein als nicht mit der prozessualen Sorgfalt vereinbar angesehen werden, das Beschwerdeverfahren fortzusetzen.

Es bleibt somit bei dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt (vgl § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Dr. Buchetmann Sommer Winter Wf Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)252-99.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 10.07.2000
Az: 30 W (pat) 252/99


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