Kammergericht:
Urteil vom 27. September 2004
Aktenzeichen: 2 U 191/02

(KG: Urteil v. 27.09.2004, Az.: 2 U 191/02)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. Juli 2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin geändert:

Es wird festgestellt, dass der Dienstvertrag der Parteien vom 3./15. Mai 1991 nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2001 beendet worden ist.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des Betrages abwenden, der aufgrund dieses Urteils vollstreckt werden kann, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Auf die tatsächlichen Feststellungen und Anträge im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Abweisung der Klage wie folgt begründet: Die innerhalb der Frist des § 4 KSchG erhobene Klage sei unbegründet, da die Beklagte das Dienstverhältnis wirksam gekündigt habe. Die unter Beteiligung der zuständigen Organe der Beklagten - und zwar Kredit- und Arbeitsausschuss sowie Aufsichtsrat - ausgesprochene Kündigung genüge den formellen Anforderungen; eine Anhörung des Klägers sei entgegen der anders lautenden Regelung in § 2 Abs. 2 des Dienstvertrages nicht erforderlich gewesen, da es sich hierbei um eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts der Beklagten handeln würde. Ein wichtiger Grund zur Kündigung sei in einem - vom Kläger mit zu verantwortenden - nicht ausreichenden Risikomanagement der Beklagten zu sehen; die vom Vorstand getroffenen Maßnahmen hätten ausweislich eines Berichts der K. D. T. -Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: K.) vom 13. Juni 2001 und deren Jahresabschlussbericht für 2000 vom 13. Juli 2001 nicht den gesetzlichen Anforderungen an ein Risikofrüherkennungssystem in Ansehung der §§ 91 Abs. 2 AktG, 25a KWG entsprochen, was u. a. auf eine veraltete Datensicherung und -verarbeitung zurückzuführen sei. Auch das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem A. - Engagement stelle unter Berücksichtigung eines Revisionsberichts der Beklagten vom 8. August 1997 einen wichtigen Grund zur Kündigung dar, weil er es an einer Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer und einer ständigen Überwachung der Kredite habe fehlen lassen; der Kläger habe - als damaliges Vorstandsmitglied - zu verantworten, dass das in einzelne Kredite zerstückelte Kreditengagement im Laufe der Zeit eskaliert sei und zur Überbürdung des unternehmerischen Risikos der Kreditnehmer auf die Beklagte geführt habe. Eine entsprechende Pflichtvergessenheit sei dem Kläger auch im Rahmen der Kreditvergabe an die Einkaufscenter M. GbR anzulasten, was aus einem Prüfungsvermerk der Beklagten vom 28. Februar 2001 hervorgehe, der eine vorzeitige Darlehensvalutierung konstatiere. Auch habe der Kläger eine unzulässige Schuldhaftentlassung von 31 Gesellschaftern der GbR zu verantworten. Mit Blick auf eine zurzeit der Kündigungserklärung noch währende Laufzeit des Dienstvertrages von einem Jahr falle eine Abwägung aller schutzwerten Interessen zu Lasten des Klägers aus. Indes habe die Beklagte nur hinsichtlich des mangelhaften Risikomanagements die Frist des § 626 Abs. 2 BGB - die erst ab Zugang des K. -Berichts vom 13. Juni 2001 zu laufen begonnen habe - eingehalten. Demgegenüber habe die Beklagte bereits durch den Revisionsbericht vom 8. August 1997, der dem Aufsichtsrat im März 2001 bekannt gewesen sei, Kenntnis vom Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem A. -Engagement gehabt; der Prüfungsbericht der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 zeige insoweit keine neuen Erkenntnisse auf, zumal Gründe für die erst später veranlassten weiteren Ermittlungen nicht erkennbar seien. Entsprechend verhalte es sich mit dem Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an die Einkaufscenter M. GbR, da dieses bereits aus dem Prüfungsvermerk vom 28. Februar 2001 hervorgehe; soweit der Revisionsbericht der Beklagten vom 24. Juli 2001 weitere Informationen enthalte, sei auch hier kein Grund für die Dauer des in Anspruch genommenen Zeitraums ersichtlich.

Gegen das ihm am 9. Juli 2002 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Kläger am 8. August 2002 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - am 11. November 2002 begründet.

Der Kläger nimmt Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und rügt zunächst, dass das Landgericht - bei Verkürzung des Sachverhaltes - entscheidungserhebliche und streitige Behauptungen des Klägers mit dem Satz €Der Kläger bestreitet die in den Prüfungsberichten enthaltenen Tatsachen weitgehend€ im Tatbestand nicht wiedergegeben und sich auch nicht in den Entscheidungsgründen mit einer Vielzahl seiner erheblichen Argumente, Tatsachenbehauptungen und Beweisantritte auseinandergesetzt habe; dies betreffe insbesondere die dargelegte Kenntnis des Aufsichtsrates vom damaligen Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystem seit 1998/1999 und den Schwächen der Datenverarbeitung, die vom Vorstand bis zum 7. Februar 2001 vorgenommenen Änderungen des Risikohandbuches, seine detaillierte Hinterfragung der Bewertungen der K.. im Schreiben vom 13. Juni 2001 und im Bericht vom 13. Juli 2001 sowie seine ausführliche Stellungnahme zum A -Engagement. Insoweit habe es das Landgericht ebenso wenig wie die Beklagte verstanden, zwischen Tatsachenfeststellungen und deren Bewertungen (zutreffend) zu differenzieren.

Hinsichtlich der Formalien der Kündigung stellt der Kläger weiterhin eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Kredit- und Arbeitsausschusses und des Aufsichtsrates am 27. Juni 2001 sowie eine Bevollmächtigung des damaligen Vorsitzenden beider Gremien zum Ausspruch der Kündigung in Abrede. Auch habe der Kündigung eine Anhörung des Klägers vorausgehen müssen; hierbei handele es sich nicht um eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts - respektive eine Erschwerung der Kündigungsmöglichkeit -, sondern lediglich um eine Umsetzung der dienstvertraglich in § 2 niedergelegten Bestimmung, welche die Beklagte nicht belaste.

Ein wichtiger Grund zu Kündigung habe nicht vorgelegen; die Wirtschaftsprüfergesellschaften hätten in den Jahresabschlüssen jeweils testiert, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt seien; dies gehe zuletzt insbesondere auch aus den Feststellungen der W. D. & T. D. B. AG Wirtschaftsprüfergesellschaft im Bericht vom 25. Februar 2000 für das Jahr 1999 hervor, in dem der Beklagten ein grundsätzlich geeignetes Risikomanagement- und Risikocontrollingsystem attestiert werde. Folglich sei der Bewertung im Bericht der K. vom 13. Juli 2001 für das Jahr 2000 - dort insbesondere die vom Landgericht bemühte Zusammenfassung auf Seite 39 - weiterhin zu widersprechen, da es sich lediglich um die Stellungnahme eines Dritten handele, deren tatsächliche Grundlage anhaltend unklar bleibe und letztendlich nur auf einem Paradigmenwechsel - ausgelöst durch eine Meinungsänderung beim damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen - beruhe; gleichwohl sei jedoch auch den Detail-Ausführungen der K. im Bericht vom 13. Juli 2001 zu entnehmen, dass die bestehenden Instrumente geeignet gewesen seien, die Kreditrisiken einzelgeschäftsorientiert zu steuern; lediglich ein weitergehender Einsatz der Informationstechnologie sei anzumahnen gewesen. Insoweit gehe aus dem Bericht auch nicht hervor, dass es an einer vorausschauenden Risikoanalyse, Dokumentation und systematischen Berichterstattung gänzlich fehle; es werde lediglich eine Verbesserung vorgeschlagen.

Beim A. - Engagement habe das Landgericht verkannt, dass die wesentlichen - und ohnehin durchweg dem Kredit - und Arbeitsausschuss bekannten und von ihm genehmigten - Kreditentscheidungen der Beklagte vor der Aufnahme seiner Vorstandstätigkeit getroffen worden seien. Demgemäß sei auch die F. Treuhandgesellschaft R. & Co. Wirtschaftsprüfergesellschaft in ihrem Bericht über die Prüfung des Geschäftsbetriebes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 KWG vom 15. Dezember 1997 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Abwicklung des Kreditgeschäfts zwar in einzelnen Punkten verbesserungswürdig, aber insgesamt ordnungsgemäß erfolgt sei, zumal auch Wertberichtigungen nicht die Schlussfolgerung rechtfertigen würden, die damaligen Kreditentscheidungen - für welche der Kläger ohnehin keine Verantwortung trage, da er seiner Kontrollpflicht gegenüber den anderen, für die Kreditvergabe zuständigen Vorstandsmitgliedern genüge getan habe - seien pflichtwidrig gewesen. Insoweit sei auch die Kreditvergabe vom 17. Juli 1997, die nicht im Zuge eines Sanierungskonzepts, sondern mit Blick auf die bis dahin einwandfrei erfüllten Kreditverpflichtungen erfolgt sei, nicht unverantwortlich gewesen; es habe auch nicht das absehbare Risiko eines Totalverlustes des Engagements bestanden

Auch beim M. -Engagement habe er, der Kläger, nicht pflichtwidrig gehandelt. Soweit das Landgericht eine Darlehensvalutierung ohne Einhaltung der internen Bedingungen festgestellt habe, sei dies aufgrund des (schon erstinstanzlich erfolgten) klägerischen Bestreitens mit Nichtwissen fehlerhaft. Auch der Vorwurf einer vermeintlichen Freigabe von Sicherheiten im August 1995 verkenne, dass ein Wechsel von Gesellschaftern einer GbR - da Kreditnehmer weiterhin die GbR selbst geblieben sei - nicht als (neue) Kreditentscheidung angesehen werden könne; auch hätten die ausgeschiedenen Gesellschafter keine werthaltigere Sicherheit geboten als die neu eingetretenen Gesellschafter, deren Bonität die B. Bank AG positiv beurteilt habe.

Im Rahmen der Unzumutbarkeitsabwägung müsse schließlich auch berücksichtigt werden, dass noch nicht einmal die K. in ihren Mitteilungen die Behauptung aufgestellt habe, etwaige €Verluste in Millionenhöhe€ seien auf ein mutmaßlich unzulängliches Risikofrüherkennungssystem zurückzuführen.

Etwaige Defizite und Unzulänglichkeiten des Risikomanagements und bei der Risikofrüherkennung - die sich indes auch nicht im Bericht der W. D. & T. D. B. AG vom 25. Februar 2000 fänden - seien zudem aus früheren Jahresabschlüssen und im Zuge einer Vielzahl von Besprechungen mit den damaligen Aufsichtsratsmitgliedern Dr. R. und P. und in den konzernweiten Arbeitsgruppen mit den Aufgabengebieten Risikofrüherkennung und Risikomanagement - zu nennen sei u.a. das Projekt €K.€ - seit 1999 auch in den Teilbanken bekannt gewesen, wie es nicht zuletzt aus einem Sitzungsprotokoll des Aufsichtsrates vom 23. Februar 2001 hervorgehe; danach habe bereits zu diesem Zeitpunkt unter Beteiligung von Vertretern der K. eine Erörterung aller im Schreiben der K. vom 13. Juni 2001 benannten Mängel stattgefunden.

Dessen ungeachtet stelle die (Neu-)Bewertung von - auch aufgrund des W. -Berichts - bekannten Tatsachen durch einen Dritten - hier die K. - ohnehin keine erstmalige Kenntnisnahme eines vermeintlich kündigungsrelevanten Sachverhaltes dar; zu dieser Bewertung hätten schließlich die Aufsichtsratsmitglieder Dr. R., P. und Dr. B. - aufgrund ihrer gebotenen Qualifikation als Vorstände der Bankgesellschaft B. AG und der N. Landesbank - auch selbst in der Lage sein müssen. Die durch eine ggf. fehlerhafte Bewertung eingetretene Verzögerung gehe zu Lasten des Kündigungsberechtigten; die Beklagte hätte bereits nach Kenntnisnahme vom W. -Bericht einen vermeintlich kündigungsrelevanten Sachverhalt recherchieren müssen.

Mit Blick auf das - auch vom Aufsichtsrat getragene - Sanierungskonzept für das A.-Engagement Ende 1999 / Anfang 2000, die entsprechenden Erörterungen im Aufsichtsrat am 21. Mai 2001 sowie den dem Aufsichtsrat spätestens seit März 2001 bekannten Revisionsbericht vom 8. August 1997 - der indes mit seinen pauschalen Hinweisen zu Risiken und Schwierigkeiten bei der Einordnung von Qualität und Quantität keine zutreffende Einschätzung der Lage wiedergebe - sei auch dieser angebliche Pflichtverstoß verfristet. Neue Sachverhalte ließen sich auch nicht dem Bericht über die Prüfung nach § 44 KWG der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 entnehmen.

Schließlich könne sich die Beklagte auch nicht mehr auf etwaige Pflichtverletzungen des Klägers im Zusammenhang mit dem M. -Engagement berufen, da dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. R. bereits im März 2001 ein Revisionsbericht der Beklagten vom 28. Februar 2001 mit Angaben zur vorzeitigen Vollauszahlung des Kredits und zu mutmaßlich nicht hinreichend ermittelten Beleihungswerten ausgehändigt worden sei. Dr. R. habe spätestens am 22. Mai 2001 auch Kenntnis von der - ebenfalls: angeblich unzulässigen - Schuldhaftentlassung - und zwar zumindest nach Maßgabe zweier Sachstandsberichte und einer Stellungnahme zum Revisionsbericht aus Februar 2001 - gehabt. Insoweit sei dessen Kenntnis für den Beginn des Fristablaufes auch ausreichend, da sich der Aufsichtsrat und der Kredit- und Arbeitsausschuss die Kenntnis seines Vorsitzenden zurechnen lassen müsse, zumindest dann, wenn dieser nicht unverzüglich eine Sitzung des zuständigen Gremiums einberufe. An der gebotenen Eile habe es die Beklagte auch insoweit fehlen lassen, wenn es zutreffend sei, dass weitere Ermittlungen erforderlich gewesen sein sollten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis weder durch die dem Kläger am 27. Juni 2001 ausgehändigte fristlose Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2001 noch durch die am 28. Juni 2001 per Boten zugestellte fristlose Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2001 beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt dazu - nach rechtlichen Hinweisen zu den §§ 91 Abs. 2 AktG, 25a KWG - aus: Die Formalien der Kündigung seien ausweislich der Sitzungsniederschriften des Aufsichtsrates und des Kredit- und Arbeitsausschusses vom 27. Juni 2001 eingehalten; der Aufsichtsratsvorsitzende sei nach § 12 der Satzung der Beklagten i.V.m. § 3 Abs. 6 der GO des Aufsichtsrates ermächtigt gewesen, die erforderlichen Willenserklärungen gegenüber dem Kläger abzugeben.

Nach Maßgabe des Prüfungsberichts der K. vom 13. Juli 2001 habe das Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystem hinsichtlich der Marktpreisrisiken nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen, das Risikohandbuch sei insoweit unvollständig gewesen. Beim Kredit-/Adressausfallrisiko seien die - insoweit zutreffenden - Anforderungen des Risikohandbuches bis auf die monatlichen Überziehungslisten nicht umgesetzt worden; das Instrument der Bauträgerlisten sei erst verspätet im ersten Quartal 2001, das der Watchlisten und der Risikofrüherkennung auf Einzelkreditbasis durchweg unzureichend praktiziert worden. Insoweit habe auch keine hinreichende Implementierung der Instrumente für eine organisatorische und personelle Kreditsteuerung stattgefunden. Auch die Vorgaben des Risikohandbuches zur Steuerung der Kreditrisiken auf Portfolioebene - nebst entsprechendem Berichtswesen und einer gebotenen Datenermittlung und -pflege - seien nicht eingehalten worden. Nach den Feststellungen der K. habe ein funktionsfähiges Risikomanagement auch hinsichtlich der operativen und betrieblichen Risiken nicht bestanden; ihre Werte und der jeweilige Umfang seien nicht erfasst gewesen.

Für diese - im Prüfungsbericht der K. auf der Grundlage des für die Prüfung des Risikomanagements bestehenden Prüfungsstandards IDWS PS 340 im Einzelnen aufgeführten und bewerteten - Defizite sei auch der Kläger als Teil der Geschäftsleitung verantwortlich; denn für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hafte jedes Mitglied der Geschäftsleitung.

Eine Verfristung scheide schon deshalb aus, weil der Kläger anlässlich einer Sitzung des Kredit- und Arbeitsausschusses im November 2000 selbst noch versichert habe, dass das Risikomanagement bereits erfolgreich arbeite. Mit Blick auf diese Zusage sei für einen Vortrag des Klägers, der auf die langjährige Kenntnis des Aufsichtsrates von den Defiziten abstelle, kein Raum; eine solche Beliebigkeit des Vortrages sei prozessual schlichtweg unerträglich. Grundlage der vom Aufsichtsrat ausgesprochenen Kündigung sei deshalb ausschließlich die verlässliche Tatsachenfeststellung der K. in ihrem Schreiben vom 13. Juni 2001 gewesen. Insoweit hätten auch in der Aufsichtsratssitzung vom 23. Februar 2001 nicht alle Beteiligten das Risikomanagementsystem der Beklagten als gesetzwidrig beurteilt; es seien vielmehr höchst kontroverse Darstellungen unterbreitet worden, die keinesfalls auch nur annähernd eine verlässliche Tatsachenbasis für eine Entscheidung im Sinne einer fristlosen Kündigung zu bilden vermocht hätten; hier verwechsle der Kläger das Ergebnis einer Prüfung mit durchaus üblichen Hinweisen auf Verbesserungsmöglichkeiten. Auch habe es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verfahrensweise des Aufsichtsrates entsprochen, sich im Vorfeld einer Kündigung zunächst Gewissheit über die maßgeblichen Tatsachen unter Mithilfe eines Wirtschaftsprüfers zu verschaffen; im Februar 2001 habe der Aufsichtsrat noch nicht einmal hinreichende Hinweise für etwaige Pflichtverletzungen des Klägers gehabt. Demgemäß habe der Aufsichtsrat der Bankgesellschaft B. AG beschlossen, den Prüfungsauftrag der K. über den Jahresabschluss hinaus auf die Organisationsstruktur der Bank, die Kreditbearbeitung sowie besondere Engagements zu erweitern; diese immense Arbeit sei nicht innerhalb weniger Wochen zu leisten gewesen. Schließlich sei das Vorbringen des Klägers zur Aufsichtsratssitzung am 23. Februar 2001 - aufgrund seiner eigenen Teilnahme an der Sitzung - nunmehr ohnehin verspätet und deshalb nicht zu beachten.

Beim A. -Komplex habe der Kläger ab 1996 mehrfach in eklatanter Weise gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen. So sei er - trotz seiner am 19. und 30. September 1996 vermerkten Erkenntnis, dass die A. mit ihrem Konzept ins €Trudeln geriet€ - den erkannten Risiken weder durch ein Absenken der bestehenden Kreditverhältnisse noch durch deren (schadensmindernde) Beendigung begegnet, sondern habe aktiv an der Vergabe weiterer Kredite in Höhe von 82.813.000,- DM (10/96) und 60.180.000,- DM (12/96) im Sinne einer gewaltigen Neufinanzierung mitgewirkt, wodurch die selbst gesetzte Grenze für das Gesamtengagement in Höhe von 350 Mio. DM überschritten worden sei. Insoweit erweise sich auch die Kreditvergabe vom 17. Juli 1997 über 222 Mio. DM aufgrund einer erkennbar unbrauchbaren Wirtschaftlichkeitsbetrachtung als unverantwortlich. Auch habe es der Kläger ausweislich des Revisionsberichts vom 8. August 1997 und des Sonderprüfungsberichts der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 an einer zutreffenden Ermittlung der Beleihungswerte und einer Bonitätsprüfung fehlen lassen, so dass niemals ein zeitnahes Bild von den wirtschaftlichen Entwicklungen der Kreditnehmer und damit der Risiken für die Engagements habe entstehen können. Hierbei habe der Kläger auch pflichtwidrig die Anordnung unterlassen, von den Kreditnehmern die Vorlage aussagekräftiger, objektiver und nachprüfbarer Mieteingangslisten zu verlangen. Dies alles sei auch ursächlich für die Kündigung von Konsortialfinanzierungsverträgen durch die - ohnehin nur sehr schwer zu akquirierenden - Konsortialbanken gewesen, was ebenfalls zu Schäden in Höhe von mehreren Hundert Millionen DM geführt habe.

Schließlich könne auch hier nicht von einer vorzeitigen Kenntnis des Aufsichtsrates die Rede sein, da dieser erst durch den Sonderprüfungsbericht der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 Kenntnis davon erlangt habe, wie der Kläger die Kontrolle der gesetzlichen Vorgaben vorgenommen habe. In dieser Dichte und Geschlossenheit hätten diese Informationen dem Aufsichtsrat vorher nicht vorgelegen; auch habe der Aufsichtsrat erst im Sommer 2002 von der schon im Jahre 1996 vorhandenen Kenntnis des Klägers vom Scheitern des A. -Konzeptes erfahren. Dem stehe auch nicht der Bericht der F. Treuhandgesellschaft R. & Co. Wirtschaftsprüfergesellschaft über die Prüfung des Geschäftsbetriebes nach § 44 KWG vom 15. Dezember 1997 entgegen, da dieser - was an sich schon skandalös sei - der Revisionsbericht der Beklagten vom 8. August 1997 nicht vorgelegen habe; bei Kenntnis des Revisionsberichts wäre der Bericht der F. - der hinsichtlich der wirtschaftlichen Grundlagen und der Beleihungswertfestsetzung ohnehin recht zurückhaltend formuliert sei - wesentlich negativer ausgefallen. Aufgrund der unterlassenen Vorlage des Revisionsberichts sei zudem zu besorgen, dass den Sonderprüfern auch andere Informationen vorenthalten worden seien.

Dessen ungeachtet unterliege das Nachschieben von Gründen ohnehin nicht der Frist für den Ausspruch der Kündigung. Hinsichtlich des Berichts der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 könne der Beklagten aber auch deshalb keine auf Nachlässigkeit beruhende Verzögerung vorgeworfen werden, weil sie - da nicht Auftraggeberin des Berichts - auf den Zeitpunkt der Fertigstellung keinen Einfluss habe nehmen können.

Auch beim M. -Engagement habe der Kläger bei der Kreditauszahlung und Haftungsentlassung gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten grob verstoßen. Bei der Ermittlung der Pflichtverletzung habe die Beklagte ebenfalls die gebotene Eile walten lassen; der Prüfungsauftrag vom 21. Februar 2001 habe sich nur auf die Kreditvergabe bezogen und sei dann am 20. März 2001 und am 23. Mai 2001 hinsichtlich der Umstände der Haftungsentlassung und der Frage deren Auswirkung auf die Beklagte erweitert worden. Erst der Revisionsbericht vom 24. Juli 2001 habe ein zur Kündigung berechtigendes Fehlverhalten des Klägers offenbart.

Schließlich seien dem Kläger auch beim Engagement M. Straße im Zuge der Kreditvergabe relevante Pflichtverletzungen (keine kostendeckende Verzinsung und Freigabe einer Bürgschaft) vorzuwerfen, welche sie, die Beklagte, erst nach Abschluss der ersten Instanz habe aufdecken können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete, mithin zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg; das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

I. Streitgegenstand

Soweit der Klage- und der Berufungsantrag €rein vorsorglich€ auf zwei Kündigungen der Beklagten vom 27. Juni 2001 abstellen, weil es die Beklagte bislang versäumt habe, eine der beiden Kündigungen für gegenstandslos zu erklären (Klageschrift, Seite 4 = Bl. 4 Bl. I d.A.), ist dies verfehlt, da es sich offensichtlich nur um eine einzige Kündigungserklärung handelt. Auch wenn eine zweifache schriftliche Fixierung erfolgt sein dürfte, worauf die divergierenden Unterschriften auf den zu den Akten gereichten Anlagen (K3 und K 4 = Bl. 8, 10 Bd. I d.A.) hindeuten, sind die Kündigungsschreiben im Wortlaut gleichwohl identisch und bilden somit einen einheitlichen Lebenssachverhalt; die Beklagte hat ihre Kündigungsabsicht aufgrund desselben Sachverhalts am 27. Juni 2001 nur einmal verwirklicht (vgl. BAG NJW 1995, 1173 - zur schriftlichen Bestätigung einer bereits mündlich ausgesprochenen Kündigung). So ist bereits dem eindeutigen Wortlaut des Begleitschreibens von Rechtsanwalt W. vom 28. Juni 2001 (Anlage K4 = Bl. 9 Bd. I d.A.) ohne weiteres zu entnehmen, dass die (erneute) Übermittlung der Kündigungserklärung nur der (vorprozessualen) Vertretungsanzeige der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12. März 2001 geschuldet gewesen ist. Dies wäre bei einer vorprozessualen Empfangsvollmacht zwar - im Gegensatz zu § 172 ZPO - nicht erforderlich gewesen, kann der Beklagten aber auch nicht zum Nachteil gereichen.

Da die fehlerhafte Wertung des Klägers aber auch nicht zu zwei Streitgegenständen führt, war für eine teilweise Klageabweisung kein Raum; es reichte eine Klarstellung durch den Senat bei der Abfassung des Tenors.

II. Feststellungsinteresse

Das Feststellungsinteresse des Klägers liegt - wie es auch seine Ausführungen im Schriftsatz vom 9. November 2001 (Bl. 23f Bd. I d.A.) zeigen - auf der Hand und bedarf deshalb keiner Vertiefung.

III. Formalien der Kündigung

1. Kündigungserklärung

Soweit der Kläger mit der Berufung rügt, dass das Landgericht zu Unrecht eine Beteiligung der zuständigen Organe an der Kündigung und eine Bevollmächtigung des die Kündigung aussprechenden (damaligen) Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. R. bejaht habe, kann er damit nicht durchdringen.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass für die Kündigung des Dienstvertrages eines Vorstandsmitgliedes nach § 84 Abs. 3 Satz 5 AktG - die Regelung in Abs. 1 Satz 5 betrifft entgegen der Ansicht des Landgerichts nur die Zuständigkeit für den Abschluss von Dienstverträgen - die allgemeinen Vorschriften gelten; d.h. die Kündigungserklärung ist nach § 112 AktG durch den Aufsichtsrat abzugeben und bedarf einer vorherigen Beschlussfassung nach § 108 AktG (vgl. Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 84 Rd. 38). Diese Beschlussfassung kann - wie hier durch § 12 der Satzung der Beklagten, § 6 der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat und § 6 Abs. 5 lit. a der Geschäftsordnung für den Kredit- und Arbeitsausschusses des Aufsichtsrats geschehen - vom Aufsichtsrat auf einen Ausschuss im Sinne des § 107 Abs. 3 AktG übertragen werden; dem steht das Verbot des § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG nicht entgegen, da § 84 Abs. 3 Satz 5 AktG dort nicht genannt wird. Nach §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 3 der Geschäftsordnung für den Kredit- und Arbeitsausschusses ist der Ausschuss auch mit mindestens drei Personen besetzt und bedarf deren Anwesenheit zur Beschlussfähigkeit, was den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht (vgl. dazu: BGH NJW-RR 1991, 1187-1188).

Hinzu tritt nach § 2 des Dienstvertrages (Anlage B5), dass es im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund einer Zustimmung des Aufsichtsrates, die insoweit auch auf eine Beschlussfassung im Sinne des § 108 AktG zurückzuführen sein muss, bedarf. Ob es sich auch hierbei um eine - von den Parteien nur im anderen Zusammenhang diskutierte - Erschwerung der Kündigungsmöglichkeit handelt, auf deren Einhaltung es - da ggf. unwirksam - nicht ankommt, bedarf keiner Entscheidung.

Denn nach den Feststellungen des Landgerichts ist von einer entsprechenden Beschlussfassung beider Gremien auszugehen; das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen ferner festgestellt, dass am 27. Juni 2001 an der Beschlussfassung des Kredit- und Arbeitsausschusses vier seiner Mitglieder - einschließlich des Vorsitzenden - beteiligt gewesen sind.

Diese Feststellung war auch geboten, da der Kläger in der ersten Instanz mit Schriftsatz vom 1. März 2002 (Seite 3, 54, 55 = Bl. 107, 158, 159 Bd. I d.A.) eine Beschlussfähigkeit des Kredit- und Arbeitsausschusses sowie entsprechende Beschlussfassungen beider Gremien bestritten hat. Soweit das Landgericht zudem auch eine Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates erörtert hat, war dies - mangels eines Bestreitens des Klägers in erster Instanz - nicht geboten; hiermit kann der Kläger aber auch nicht erstmals in der Berufungsinstanz (Berufungsbegründung Seite 7 = Bl. 38 Bd. II d.A.) gehört werden, da der Anwendungsbereich der §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO nicht eröffnet ist.

Die Feststellungen waren aus Rechtsgründen auch erforderlich, soweit der Kläger nicht nur die Existenz der Beschlussfassungen, sondern auch die Beschlussfähigkeit des Kredit- und Arbeitsausschusses bestritten hat. Denn Aufsichtsratsbeschlüsse, die im Verfahren oder inhaltlich gegen zwingendes Gesetzes- oder Satzungsrecht verstoßen, sind im Grundsatz nichtig und nicht nur anfechtbar (vgl. BGHZ 122, 342). Dies hat zur Folge, dass die Nichtigkeit - wie es auch der Rechtsgedanke in § 249 Abs. 1 Satz 2 AktG zum Ausdruck bringt - nicht erst im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden muss, sondern dass die von den Beteiligten gewollten Rechtswirkungen unmittelbar ausbleiben (vgl. Hüffer, a.a.O., § 241 Rd. 4; Hüffer, ZGR 2001, 831 <872>) und insoweit auch als Vorfrage zu entscheiden sind (KölnerKomm AktG/Martens, § 108 Rd. 88). Auch wäre eine Nichtigkeit bei einer fehlenden Beschlussfähigkeit in Anwendung der §§ 134 BGB, 108 Abs. 2 Satz 2 AktG sowie der Regelung in § 2 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Kredit- und Arbeitsausschusses ohne weiteres zu bejahen (vgl. MünchHandbuch-AktG/Semler, § 31 Rd. 98, 99).

Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 HS 2 ZPO an diese in erster Instanz vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Anhaltspunkte, die eine Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhaltes unterlaufen sind; dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Beweiswürdigung nicht den zu § 286 ZPO entwickelten Anforderungen des Bundesgerichtshofes entspricht, insbesondere unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze und Erfahrungen verstößt (vgl. BGH NJW 2004, 1876).

Das Landgericht hat für die Feststellung der Beschlussfassungen des Aufsichtsrates und des Kredit- und Arbeitsausschusses sowie zur Beschlussfähigkeit des letzteren auf die zu den Akten gereichten Auszügen von Sitzungsniederschriften beider Gremien vom 27. Juni 2001 abgestellt (Anlage B51 + 52) und aufgrund der namentlichen Nennung mehrerer Mitglieder der Kredit- und Arbeitsausschusses in den Niederschriften auf deren Anwesenheit bei der Beschlussfassung geschlossen.

Dem kann der Kläger nicht allein mit einem Aufrechterhalten seines Bestreitens entgegentreten. Da der Kläger die Echtheit der Sitzungsniederschriften nicht in Abrede gestellt hat, war für den Beweisantritt und die Überzeugungsbildung des Gerichts die Vorlage von Kopien ausreichend (vgl. Zöller, a.a.O., § 435 Rd. 1); danach hat der Kredit- und Arbeitsausschuss unter TOP 10 zu Ziffer 1 u.a. die fristlose Kündigung des Dienstvertrages mit dem Kläger mit sofortiger Wirkung - indes zum 28. Juni 2001 - beschlossen; der Aufsichtsrat hat unter TOP 12 dem Kredit- und Arbeitsausschuss die Kündigung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger empfohlen. Dass beide Protokolle nur in Auszügen zu den Akten gereicht wurden und - oberhalb der Unterschrift des Aufsichtsratsvorsitzenden - mit der Datumsangabe €27. August 2001€ versehen sind, schmälert den Beweiswert nicht. Eine Aufhebung des Beschlusses scheidet wegen der unmittelbar nachfolgenden Schließung der Protokolle aus; auch findet sich am oberen Rand das zutreffende Datum.

Insoweit begegnet es auch keinen Bedenken, wenn das Landgericht aus dem Wortlaut der Sitzungsniederschrift - respektive der namentlichen Nennung der einzelnen Mitglieder des Kredit- und Arbeitsausschusses - auf die Beschlussfähigkeit schließt. Da dem Ausschussvorsitzenden die Feststellung des Abstimmungsergebnisses obliegt und die nach § 107 Abs. 2 Satz 1 AktG anzufertigende Sitzungsniederschrift auch die Vermutung der Richtigkeit - dass beschlossen wurde wie protokolliert - in sich trägt (MünchKommAktG/Semler, § 107 Rd. 110, 183; Hüffer, a.a.O., § 107 Rd. 13), würde sich eine vom Landgericht abweichende Beweiswürdigung nur dann rechtfertigen, wenn Anhaltspunkte für eine schriftliche Lüge des Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Unterzeichnung des Sitzungsniederschrift oder dessen Verkennung der Beschlussfähigkeit - als Grundlage für eine wirksame Beschlussfassung - bestehen würden. Dies ist indes nicht der Fall. Vielmehr streitet die namentliche Benennung einzelner Mitglieder für deren Anwesenheit - auch noch zurzeit der Beschlussfassung; ein vorzeitiges Verlassen der Sitzung erscheint ebenfalls fern liegend.

Der Kündigungserklärung beizulegen - so der Kläger im Schriftsatz vom 1. März 2002 auf Seite 54 (= Bl. 158 Bd. I d.A.) - waren die beiden Beschlüsse der Kündigungserklärung nach § 2 des Dienstvertrages indes nicht.

Ob der erstinstanzliche Hinweis des Klägers, es fehle €der Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des die Kündigung erklärenden Herrn Dr. R. € (Schriftsatz vom 1. März 2002, Seite 3/4 = Bl. 107/108 Bd. I d.A.), ein Bestreiten der Vollmacht zum Inhalt haben sollte, bleibt mit Blick auf die an § 174 BGB angelehnte Formulierung unklar. Das Landgericht hat sich insoweit auch zu keinen Feststellungen veranlasst gesehen. In der Berufungsbegründung bestreitet der Kläger erstmals eindeutig eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung (dort Seite 7 = Bl. 38 Bd. II d.A.), was - bei einem erstmaligen Bestreiten - nach § 529 ZPO nicht zu berücksichtigen wäre, da der Anwendungsbereich von § 531 Abs. 2 ZPO nicht eröffnet ist.

Dessen ungeachtet ist das Bestreiten aber auch deshalb unbeachtlich, weil der Aufsichtsrat - hier der Kredit- und Arbeitsausschuss - im Rahmen des auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern geltenden § 112 AktG seinen Vorsitzenden in der Regel konkludent mit der Umsetzung der Beschlüsse betraut und ihm damit auch die erforderliche Erklärungsvollmacht zuweist (MünchKommAktG/Semler, a.a.O., § 107 Rd. 130, § 112 Rd. 53). Hinzu kommt, dass die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates - wenn nichts abweichendes bestimmt ist - auch für den Kredit- und Arbeitsausschuss gelten (§ 6 Abs. 1 Geschäftsordnung des Aufsichtsrats), so dass eine Bevollmächtigung von Dr. R. als Vorsitzender des Kredit- und Arbeitsausschusses auch unmittelbar aus § 3 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats folgt.

2. Zeitpunkt der Kündigung

Der Vorsitzende des Kredit- und Arbeitsausschusses hat die Kündigungserklärung vorzeitig am 27. Juni 2001 - sie ist per Boten bereits am Abend desselben Tages beim Kläger eingegangen (Klageschrift, Seite 3 = Bl. 3 Bd. I d.A.) - ausgesprochen, obwohl der Kredit- und Arbeitsausschuss die Kündigung mit sofortiger Wirkung (erst) zum 28. Juni 2001 (Anlage B51, Seite 2) beschlossen hat. Wenn der Kläger zugegen und die Kündigungserklärung am Abend noch zur Kenntnis genommen hätte, wäre sie ihm nach § 130 BGB bereits am 27. Juni 2001 zugegangen (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 130 Rd. 6). Dies führte aber nicht die Unwirksamkeit der Kündigungserklärung, sondern allenfalls zu einer materiell-rechtlichen Hemmung ihrer Wirkung bis zum Folgetag; insoweit sind auch außerordentliche, aber befristete Kündigungen möglich.

3. Vertraglich vereinbarte Anhörung

Jedoch führt die fehlende Anhörung des Klägers vor Ausspruch der Kündigung zu deren Unwirksamkeit.

Das Landgericht hat zwar zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung und herrschenden Lehre darauf hingewiesen, dass eine Anhörung nach dem Gesetz nicht erforderlich ist und folglich eine Kündigung nicht aufgrund einer fehlenden Anhörung als unwirksam angesehen werden kann (vgl. BAG DB 1972, 1539)

Eine Verpflichtung zur Anhörung des Klägers folgt hier jedoch aus der vertraglichen Regelung in § 2 des Dienstvertrages, wonach eine Kündigung aus wichtigem Grund nur dann ausgesprochen werden darf, wenn dem Kläger €zuvor Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme gegeben worden ist€. Hierbei handelt es sich um eine individualvertragliche Vereinbarung, die - entgegen der Auffassung der Beklagten und auch der des Landgerichts - keine unzulässige Einschränkung des Kündigungsrechts zum Gegenstand hat.

Da das außerordentliche Kündigungsrecht weder einzelvertraglich noch kollektivrechtlich eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann, sind dem in der Wirkung gleichkommende Kündigungserschwernisse ebenfalls unzulässig (ErfK/Müller-Glöge, 4. Aufl., § 626 Rd. 240). Der aus der zwingenden Natur der Vorschriften über die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund abgeleitete Satz, dass fristlose Kündigungen nicht erschwert werden dürfen, ist in dieser allgemeinen Fassung jedoch verkürzt; er kann vielmehr nur dann Geltung beanspruchen, wenn es sich um eine für den kündigenden Vertragspartner unzumutbare Erschwerung seines fristlosen Kündigungsrechts handelt (vgl. BAG DB 1963, 1543). In der Rechtsprechung und Literatur werden deshalb als unzulässige Kündigungserschwernisse u.a. die Modifizierung von Kündigungsfolgen, die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindungssumme oder die Rückzahlung von Urlaubsgeld im Zuge einer Kündigung diskutiert (vgl. BGH NJW-RR 1995, 416; BAG DB 1962, 275; ErfK/Müller-Glöge, a.a.O., Rd. 241). Eine unzulässige Einschränkung des Rechts zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund wird hingegen - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht im Zuge einer Erweiterung des Willensbildungsprozesses innerhalb einer juristischen Person als Dienstberechtigten gesehen, wie es hier etwa das - von den Parteien in diesem Zusammenhang außer Acht gelassene - vertraglich vereinbarte Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrates zum Gegenstand hat (vgl. BAG NJW 1994, 3032-3036; 3117-3119). Darin erschöpft sich indes nicht die Frage der Unzumutbarkeit. Auch fällt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht ins Gewicht, dass dem Kläger die (nachträgliche) Geltendmachung von Einwendungen durch eine fehlende Anhörung nicht endgültig versagt wird, zumal durch eine Anhörung auch kein Rechtsverlust für den Kündigungsberechtigten, also für die Beklagte zu besorgen ist. Denn die Anhörung dient nicht vornehmlich der Geltendmachung von Einwendung im Interesse des Dienstverpflichteten - zumal sich vorprozessual ohnehin keine Fragen zur Darlegungs- und Beweislast stellen -, sondern der Erfassung aller für und gegen den Dienstverpflichteten sprechenden Gesichtspunkte im (gemeinsamen) Interesse einer vollständigen Aufklärung des Sachverhaltes (vgl. BAG NJW 1989, 733-735; ZTR 2003, 410-412). Insoweit steht im Falle einer Anhörung - entgegen den vorstehend benannten Fallbeispielen einer unzumutbaren Kündigungserschwernis - auch nicht die Frage an, ob wegen der Pflicht zur Anhörung ggf. von einer Kündigung (bereits dem Grunde nach) Abstand genommen wird; dies wäre fern liegend. Vielmehr geht es allenfalls um eine - bei der Verdachtskündigung von der Rechtsprechung und Lehre ohne weiteres akzeptierte - kurzfristige Verzögerung des Ausspruchs der Kündigung, die zudem keinen nachteiligen Einfluss auf den Fristablauf des § 626 Abs. 2 BGB hat (vgl. BAG NJW 1994, 3117-3119; NJW 1989, 733; Palandt/Putzo, a.a.O., § 626 Rd. 23). Demgemäß hat die Rechtsprechung und Lehre - vor der Neufassung des § 623 BGB - auch in der einzelvertraglich vereinbarten Schriftform keine unzumutbare Erschwerung der fristlosen Kündigungsmöglichkeit gesehen (BAG, Urteil vom 6. August 1981, 2 AZR 351/79, www.juris.de; Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., § 123 Rd. 62, 63); auch die einzelvertragliche Verpflichtung zur Angabe des Kündigungsgrundes - wie auch hier im Dienstvertrag der Parteien geschehen - begegnet danach keinen Bedenken (BGH NJW-RR 1995, 416; Schaub/Linck, a.a.O., Rd. 65; Palandt/Putzo, a.a.O., § 626 Rd. 32). Nicht anders verhält es sich bei einer Anhörung, da diese ebenfalls lediglich die Ausgestaltung des Verfahrens - sogar nur im Vorfeld der Kündigungserklärung - betrifft und hierdurch keinen Einfluss auf das Recht zur fristlosen Kündigung nimmt, also dieses Recht weder zur Lasten der Beklagten einschränkt noch zu Lasten des Klägers erweitert; die Wahrung eigener Rechte wird durch die dem Vertragspartner eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme nicht unzumutbar erschwert (Art. 103 Abs. 1 GG, § 242 BGB), da hierdurch allenfalls eine kurze Verzögerung eintreten kann, die durch einen umfassender ermittelten Sachverhalt aufgewogen wird.

Ob in Ausnahmefällen eine Unzumutbarkeit deshalb vorliegen kann, weil dem Dienstberechtigten auch ein kurzfristiges Zuwarten mit der Kündigung unerträglich wäre, so dass eine Berufung auf die Anhörungspflicht ggf. rechtsmissbräuchlich sein könnte (§ 242 BGB), bedarf keiner Entscheidung; entsprechende Gründe sind weder ersichtlich noch dargelegt worden. Vorliegend spricht der Geschehensablauf vielmehr dafür, dass der Kläger - nach Eingang des aus Sicht der Beklagten maßgeblichen Schreibens der K. vom 13. Juni 2001 - ohne weiteres bis zur (oder sogar spätestens auf der) Sitzung des Kredit- und Arbeitsausschusses am 27. Juni 2001 hätte gehört werden können; indes blieb dieser Zeitraum von mehr als einer Woche allseitig - erneut (s.u.) - ungenutzt.

Rechtsfolge der fehlenden Anhörung ist eine Nichtigkeit der Kündigungserklärung der Beklagten vom 27. Juni 2001. Diese Rechtsfolge ist zwar weder gesetzlich noch im Dienstvertrag der Parteien vom 3./15. Mai 1991 ausdrücklich bestimmt, erschließt sich jedoch ohne Weiters im Wege der Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB. Fehlerhafte Rechtsgeschäfte - deren Fehlerhaftigkeit sich auch auf das Zustandekommen der Erklärung beziehen kann - haben in der Regel die Nichtigkeit zur Folge (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Überbl. v. § 104 Rd. 26 ff.). Insoweit ist die vertraglich bestimmte Anhörung vorliegend auch nicht lediglich als eine Obliegenheit der Beklagten aufzufassen, da die Eröffnung von Sekundäransprüchen - respektive von Schadensersatzansprüchen - der Zielsetzung einer Anhörung (s.o.) bereits im Ansatz nicht gerecht werden kann (vgl. zur Verdachtskündigung: BAG NJW 1986, 3159-3161; NZA 1987, 699).

4. Vertraglich vereinbarte Schriftform

Schließlich wird die Kündigungserklärung der Beklagten vom 27. Juni 2001 auch nicht der - zulässigen und das Kündigungsrecht nicht unzumutbar erschwerenden (s.o.) - einzelvertraglichen Regelung gerecht, wonach €Die Kündigungsgründe Herrn N. schriftlich von der Bank mitzuteilen€ sind (Anlage B5), so dass die Nichtigkeit der Kündigung auch aus § 125 Satz 2 BGB folgt. Denn insoweit findet sich in der Kündigungserklärung lediglich der Hinweis, der Kläger habe seine €Pflichten zur Kredit- und Risikoorganisation in schwerwiegender Weise verletzt€. Was mit einer €Kreditorganisation€ gemeint sein könnte, erschließt sich dem Schreiben nicht und wird von der Beklagten auch im Zuge des Rechtsstreits nicht (mehr) aufgegriffen. Anhand des isolierten Schlagwortes €Risikoorganisation€ erhellt sich jedoch auch keine konkrete - seit 1996 ununterbrochen währende - Pflichtverletzung des Klägers. Dies wird dem in der vertraglichen Verpflichtung zum Ausdruck kommenden Interesse der Parteien, dem Kläger eine umfassende Kenntnis von den zur Kündigung führenden Gründen zu verschaffen und die Erfolgsaussichten gerichtlichen Rechtsschutzes abschätzen zu können, in keiner Weise gerecht. Dies ist dem Kläger nur dann sinnvoll möglich, wenn ihm anhand fassbarer Tatsachen konkrete Pflichtverletzungen vorgehalten werden.

Da die Kündigungsgründe €schriftlich ... mitzuteilen€ sind, also nicht lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auskunft/Mitteilung begründen, eröffnet ein Verstoß gegen diese Verpflichtung auch nicht nur - der Regelung des § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB vergleichbar - Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte. Insoweit bezieht sich die Pflicht zur Mitteilung der Kündigungsgründe auch nicht lediglich auf die (auch mündlich durchführbaren) Anhörung, da es für deren Vorbereitung zur Interessenwahrung keiner Schriftform bedarf.

IV. Gesetzliche Anforderungen

Die Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2001 wird neben den vertraglichen auch den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht; die Voraussetzungen des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB liegen nicht vor.

1. Kredit- und Risikoorganisation

Vorauszuschicken ist zunächst, dass die Kündigungserklärung der Beklagten vom 27. Juni 2001 nur auf die Verletzung von Pflichten der €Kredit- und Risikoorganisation€ abstellt und zum damaligen Zeitpunkt auch nur insoweit eine - zwar nicht wortlautgemäße, aber in Teilbereichen wohl deckungsgleiche - Beschlussfassung des Kredit- und Arbeitsausschusses erfolgt ist, wonach Grund der fristlosen Kündigung der €im Schreiben vom 03.06.01 (richtig: 13.06.01) erhobene Vorwurf unzureichender Umsetzung der Risikofrüherkennungssysteme und mangelhafter Wahrnehmung der Risikomanagement- und Kontrollverantwortung€ sein soll (Anlage B51, Seite 3). Denn bei der Nachprüfung, ob die Kündigung gerechtfertigt war, können nur diejenigen Gründe berücksichtigt werden, die für den Kündigungsbeschluss des Kredit- und Arbeitsausschusses maßgebend gewesen sind (vgl. für die Genossenschaft: BGH NJW 1984, 2689; BGHZ 60, 333; für die GmbH: BGH NJW-RR 1992, 292).

Ungeachtet der zwischen den Parteien anhaltend kontrovers diskutierten Frage nach einem wichtigen Grund, hat die Beklagte die Erklärungs-/Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht eingehalten, so dass der Kündigungserklärung vom 27. Juni 2001 keine den Dienstvertrag vorzeitig beendende Wirkung zukommt. Hat der Dienstberechtigte die 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB ungenutzt verstreichen lassen, so ist unwiderlegbar davon auszugehen, dass ihm ungeachtet aller bisher bekannt gewordener Gründe die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zumutbar ist (vgl. BGH DB 1976, 859).

Soweit das Landgericht in den Entscheidungsgründen festgestellt hat, dass die Beklagte die Frist eingehalten habe, weil die Beklagte erstmals durch die vorläufige Zusammenfassung im Schreiben der K. vom 13. Juni 2001 über eine hinreichende Untersuchung der Unzulänglichkeiten des Risikomanagements verfügt habe, zu der erstmals die gemeinsame Diskussion des Vorstandes mit den Mitgliedern des Kredit- und Arbeitsausschusses sowie Vertretern der K. Anfang 2001 Veranlassung gegeben habe, ist dem nicht zu folgen.

Der Senat ist an die Feststellungen des Landgerichts nicht gebunden, da konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen und deshalb neue Feststellungen gebieten; denn das Landgericht hat insoweit Parteivortrag übergangen, worin ein - vom Kläger ohnedies gerügter - Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs zu sehen ist (vgl. BGH NJW 2004, 1876). Der Senat ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vortrages auch nicht gehindert, weil sich insoweit im Tatbestand des angefochtenen Urteils keine spezifizierbaren Angaben zum - breit angelegten - Parteivortrag finden und dem Urteilstatbestand für schriftsätzlich angekündigten Parteivortrag keine negative Beweiskraft zukommt (BGH a.a.O.); auch in den Entscheidungsgründen des Landgerichts finden sich diesbezüglich nur vereinzelte Ergänzungen.

Im Einzelnen:

Für den Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB ist ausschlaggebend, wann der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Bei juristischen Personen ist grundsätzlich die Kenntnis des zur Kündigung berechtigten Organs entscheidend, hier also des Kredit- und Arbeitsausschusses; da dieser ein Kollegialorgan ist, das seinen Willen durch eine Beschlussfassung bilden muss (s.o.), liegt eine Kenntnis daher nicht schon allein bei einer Kenntnis der Mitglieder oder des Vorsitzenden an sich, sondern erst dann vor, wenn dem Kredit- und Arbeitsausschuss der für die Tatsachenkenntnis maßgebliche Sachverhalt als Plenum unterbreitet wird (vgl. BGH NJW-RR 2002, 173). Nach Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB gestattet dies indes kein Zuwarten des informierten Aufsichtsratsvorsitzenden mit einem Zusammentritt des Kredit- und Arbeitsausschuss auf unabsehbare Zeit; vielmehr ist er verpflichtet, den Ausschuss unverzüglich einzuberufen und dessen Mitglieder zu informieren. Unterbleibt dies, so muss sich die Beklagte nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre der Kredit- und Arbeitsausschuss mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen und unterrichtet worden (vgl. BGH NJW 1998, 3274; 1984, 2689).

Unter Kenntnis ist dabei zu verstehen, dass der Kündigungsberechtigte zu Beginn der Frist eine sichere und umfassende Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen haben muss. Das ist der Fall, wenn alles in Erfahrung gebracht ist, was als notwendige Grundlage für die Entscheidung über den Fortbestand oder die Auflösung des Anstellungsverhältnisses anzusehen ist (vgl. BGH DStR 1997, 1338-1339; NJW 1996, 1403).

Das Ziel der Ausschlussfrist, nach Bekanntwerden des Kündigungssachverhalts den Beteiligten rasch Klarheit darüber zu schaffen, ob daraus Konsequenzen gezogen werden, und ein "Aufsparen" des Kündigungsgrundes auszuschließen (vgl. BGH NJW 1984, 2689), hat die Beklagte - respektive der Kredit- und Arbeitsausschuss ihres Aufsichtsrates - indes verfehlt.

Zum Kenntnisstand - zumindest des Vorsitzenden - des Kredit- und Arbeitsausschusses zum Thema Kredit- und Risikoorganisation der Beklagten ergibt sich für die Sitzung des Aufsichtsrates - richtiger Weise hätte ohnehin nur der Kredit- und Arbeitsausschuss einen entsprechenden Beschluss fassen können - am 16. März 2001 folgendes Bild:

- Anfang 2000 beschließt die Konzernmuttergesellschaft Bankgesellschaft B. AG ein Risikomanagementprojekt unter Einbindung der Beklagten (Prüfungsbericht K. vom 13. Juli 2001, Seite 40, Rd. 148 = Anlage B16; Sonderprüfungsbericht nach § 44 KWG der F... & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001, Seite 27 = Anlage B18);

- in einem - nicht zu den Akten gereichten - Sonderprüfungsbericht nach § 44 KWG der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 8. Dezember 2000 (Schriftsatz des Klägers vom 1. März 2002, Seite 36 = Bl. 140 Bd. I d.A.) finden sich bereits die dem Kläger anzulastenden Pflichtverstöße, wenn auch €noch nicht derart deutlich€ (Schriftsatz der Beklagten vom 4. April 2002, Seite 25 = Bl. 193 Bd. I d.A.);

- das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen beauftragt am 5. Februar 2001 F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft nach § 44 KWG mit einer €Prüfung der Kreditvergabe an die A. -Gruppe€, die ab Februar 2001 in den Geschäftsräumen der Beklagten durchgeführt wird (Anlage B18, Seite 1);

- am 23. Februar 2001 findet eine Sitzung des Aufsichtsrates der Beklagten unter Beteiligung von Vertretern der K. statt (Anlage BB2/W13), auf der €die Meinungen zur Funktionsfähigkeit des Risikomanagement- und Früherkennungssystems sowohl in der Diskussion zwischen dem Vorstand und den Vertretern der K. und auch offenbar innerhalb des Aufsichtsrates selbst€ zumindest kontrovers diskutiert wurden (Schriftsatz der Beklagten vom 8. Dezember 2003, Seite 8 = Bl. 94 Bd. III d.A.);

- auf der Sitzung des Aufsichtsrates vom 23. Februar 2001 wird mitgeteilt, dass die Konzernmuttergesellschaft Bankgesellschaft B. AG beschlossen habe, den Prüfungsauftrag der K. über den Jahresabschluss hinaus auf die Organisationsstruktur der Beklagten, die Kreditbearbeitung sowie die Prüfung besonderer Engagements zu erweitern (Schriftsatz der Beklagten vom 8. Dezember 2003, Seite 6 = Bl. 92 Bd. III d.A.), was neben der Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2000 auch zum darin enthaltenen €Lagebericht€ führte (Anlage B16, Deckblatt und Seite 16ff.);

- mit Schreiben vom 7. März 2001 teilte das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates und des Kredit- und Arbeitsausschusses - in dessen Funktion als Vorstand der Konzernmuttergesellschaft Bankgesellschaft B. AG - mit, dass €den an den jüngst aufgedeckten Verfehlungen Beteiligten der Teilbanken des Konzerns€ zwar rechtliches Gehör eingeräumt werde, aber €Angesichts der Schwere der Verfehlungen€ eine Aufforderung an den Aufsichtsrat erfolge, €eine Abberufung mit sofortiger Wirkung vorzunehmen€, da ein €auch nur kurzfristiges weiteres Verbleiben der betroffenen Personen in ihren Ämtern nicht hinnehmbar sei€; insbesondere werde €Eine sofortige Freistellung eines Betroffenen von seinen vertraglichen Pflichten bei gleichzeitige Fortzahlung der vollen Bezüge bis zum Ende des Vertragsverhältnisses€ als Umgehung des Abberufungsrechtes des Bundesaufsichtsamtes angesehen (Anlage B9);

- auf der Aufsichtsratssitzung vom 8. März 2001 legt der Kläger sein Amt als Vorstandsmitglied der Beklagten nieder;

- mit Schreiben vom 9. März 2001 teilt der Vorsitzende des Aufsichtsrates dem Kläger mit, dass der Aufsichtsrat bis zur Sitzung am 16. März 2001 prüfen werde, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung des Dienstvertrages vorliege, und zwar mit Blick auf (1) eine Nichtinformation des Kredit- und Arbeitsausschusses und den Vertretern der mit einer Prüfung des Geschäftsbetriebes nach § 44 KWG beauftragten F. Treuhandgesellschaft R. & Co. (Anlage B70) über einen internen Revisionsbericht vom 8. August 1997 (Anlage B17), €der schwerwiegende kritische Bemerkungen zum Engagement A.. enthält€, (2) eine unzureichende Detailinformation über die Sanierungsstruktur des A. -Engagements sowie (3) die Hinweise des Bundesaufsichtsamtes vom 7. März 2001;

- die Staatsanwaltschaft Berlin beschlagnahmt bei der Beklagten am 13. März 2001 die Kreditakten (Anlage B18, Seite 1).

Inwieweit dieses Geschehen die Feststellungen der Beklagten rechtfertigt, der Aufsichtsrat - respektive der Kredit- und Arbeitsausschuss - habe im Februar 2001 weder Tatsachen noch Details für eine Kündigung gekannt, ihm habe es schon an ausreichenden Hinweisen hierfür gefehlt (Schriftsatz vom 8. Dezember 2003, Seite 8 = Bl. 94 Bd. III d.A.), und dass dem Aufsichtsrat einer Großbank die Aufklärung von - nach Auffassung der Beklagten (a.a.O., Seite 11 = Bl. 97 Bd. III d.A.) - €permanent, schwerwiegend und grob fahrlässig€ erfolgten Pflichtverletzungen, die zum faktischen Ruin der Beklagten und Verlusten in Milliardenhöhe geführt haben sollen (Schriftsatz vom 4. April 2002, Seite 3 = Bl. 171 Bl. I d.A.), ohne die Einbindung sachverständiger Hilfe nicht möglich sei (vgl. § 116 AktG), mag dahingestellt bleiben. Entsprechendes gilt für die Frage, inwieweit das Schreiben der K. vom 13. Juni 2001 geeignet gewesen sein kann, dem bis dahin gänzlich unwissenden (Schriftsätze der Beklagten vom 4. April 2002, Seite 20, und vom 8. Mai 2002, Seite 3 = Bl. 188, 217 Bl. I d.A.) Kredit- und Arbeitsausschuss eine €erforderliche Gewissheit€ von den am 16. März 2001 noch vermissten €verlässlichen Tatsachenfeststellungen€ (Berufungserwiderung Seite 26, 28 = Bl. 113, 115 Bd. II d.A.) für jahrelang andauernde €eklatante€ Verstöße gegen §§ 25a KWG, 91 AktG zu verschaffen, obwohl sich eine detaillierte Aufstellung und Bewertung der Pflichtverletzungen erstmals im Gutachten der K. vom 13. Juli 2001 finde (Berufungserwiderung Seite 20 = Bl. 107 Bd. II d.A.). Denn insoweit beschränkt sich das Schreiben der K. vom 13. Juni 2001 zur Frage der Kredit- und Ausfallrisiken lediglich auf die - jedenfalls dort noch nicht belegten - Feststellungen (1) einer unvollständigen und veralteten Datenbasis, (2) einer fehlenden systematischen Auswertung zur Risikofrüherkennung und Risikoüberwachung, (3) einer nicht konsequenten Objekt- und Kreditüberwachung, (4) einer fehlenden Überwachung und Auswertung des Bonitätsrisikos sowie (5) einer fehlenden Steuerungsmöglichkeit der Objekt- und Bonitätsrisiken bei Einzelengagements, was sich im Zuge einer gebotenen Datennacherfassung bei Einzelfallprüfungen bestätigt habe (Anlage B14).

Dies alles bedarf deshalb keiner endgültigen Entscheidung, weil sich dem Kredit- und Arbeitsausschuss anhand des vorstehend geschilderten Geschehens - über das der Vorsitzende das Plenum auch insoweit aufgeklärt/informiert haben dürfte, als er von Einzelheiten zunächst allein Kenntnis erlangte (vgl. § 116 AktG) - spätestens am 16. März 2001 nicht nur deutliche, sondern auch erhebliche Anhaltspunkte für gravierende Verfehlungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Risikomanagement aufgedrängt haben müssen. Mag der Kläger auch ohne ein Schuldeingeständnis von seinem Amt als Vorstandsmitglied zurückgetreten sein, so dürfte die Aufforderung des damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen vom 7. März 2001, den Vorstand wegen erheblicher Verfehlungen unverzüglich abzuberufen und die Dienstverhältnisse - ebenfalls sofort - zu lösen, für den Kredit- und Arbeitsausschuss nicht nur den Charakter einer unverbindlichen Meinungsäußerung gehabt haben, der es an jeglicher Substanz fehle, die dann erst das Schreiben der K. vom 13. Juni 2001 gebracht habe. Dass und weshalb das Bundesaufsichtsamt Anfang März 2001 gegenüber den Kontrollorganen der Beklagten (Aufsichtsrat/Kredit- und Arbeitsausschuss, vgl. § 111 Abs. 1 AktG) einen relevanten Wissensvorsprung gehabt haben sollte, erschließt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht. Auch vermochte das Abgeordnetenhaus des Landes Berlin bereits am 5. April 2001 einen Untersuchungsausschuss - der sich u.a. auch mit dem A. -Engagement befasste - zu beschließen (Anlage B60). Insoweit ist ebenfalls von Gewicht, dass sich sogar die Konzernmuttergesellschaft schon vor dem 23. Februar 2001 zu eigenen Ermittlungen veranlaßt sah und es parallel zu einer Beschlagnahme der Kreditakten durch die Staatsanwaltschaft Berlin gekommen war. Dass der Kredit- und Arbeitsausschuss jedenfalls zu diesem Zeitpunkt - wenn überhaupt - nicht mehr allein auf eine Erklärung des Klägers vom November 2000 vertrauen konnte und durfte, wonach das Risikomanagement bereits erfolgreich arbeite, liegt auf der Hand. Dieser Hinweis der Beklagten geht schon deshalb fehl, weil der Vorsitzende des Kredit- und Arbeitsausschuss gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 9. März 2001 eine Unterdrückung des Revisionsberichts vom 8. August 1997 gerügt hat, der bereits €alle kritischen Punkte des A. -Engagement€ anführt und €auf die damit einhergehenden Risiken für die Bank€ - die Beklagte spricht sogar von €existenziell€ (Berufungserwiderung Seite 50 = Bl. 137 Bd. II d.A.) - hinweist (Prüfungsbericht F. vom 24. September 2001, Seite 99 = B18), was zumindest schon in Ansätzen auch im (nicht zu den Akten gereichten) Sonderprüfungsbericht nach § 44 KWG der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 8. Dezember 2000 vermerkt worden sein soll. Dass Versäumnisse zu besorgen sind, musste dem Aufsichtsrat - und den Mitgliedern des Kredit- und Arbeitsausschusses Dr. R., P., Dr. B. und R. - auch anläßlich der Sitzung vom 23. Februar 2001 bewußt geworden sein; dass diese nicht einvernehmlich festgestellt, sondern kontrovers diskutiert wurden, überrascht nicht und steht dem nicht entgegen. Der entsprechende Vortrag des Klägers ist auch nicht verspätet, da es sich allenfalls um eine Konkretisierung des bereits in erster Instanz eingeführten Vortrags handelt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 62. Aufl., § 531 Rd. 12), da davon auszugehen ist, dass es sich um die Aufsichtsratssitzung handelt, die vom Kläger bislang unter dem Datum des 17. Januar 2001 diskutiert wurde (Schriftsatz des Klägers vom 1. März 2002, Seite 13 = Bl. 117 Bd. II d.A.).

Dies rechtfertigt zumindest die Schlussfolgerung, dass sich auch aus Sicht des Kredit- und Arbeitsausschusses ganz erhebliche Indizien für Verfehlungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Risikomanagement aufdrängen mussten, zumal - laut €Prüfung der Kreditvergabe an die A. -Gruppe€ durch die F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 - das €im Zeitpunkt der Kreditherauslage an die A. -Gruppe noch nicht ausreichend vorhandene Risikoerkennungs- und Risikoüberwachungssystem€ beim A. -Engagement ebenfalls deutlich geworden sei, auch wenn sich dessen Ursächlichkeit für die dortigen Probleme aufgrund der Kenntnis der €maßgeblichen Entscheidungsträger€ von den €wesentlichen Risiken€ relativiere (Anlage B18, Seite 26/27).

Liegen erhebliche Anknüpfungspunkte vor, die einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen können, ist der Dienstberechtigte zwar nicht verpflichtet, ohne genügende Vorprüfung voreilig zu kündigen; der Verdachtskündigung vergleichbar kann er abwarten, bis er eine auf die Tatbegehung selbst gestützte Kündigung aussprechen kann (vgl. BAG NJW 1994, 1675). Der Beginn der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB darf jedoch nicht länger als unbedingt nötig hinausgeschoben werden; denn auch außerhalb der Grundsätze zur Verdachtskündigung ist für eine Hemmung der Ausschlussfrist nur dann Raum, wenn der Dienstberechtigte aus verständlichen Gründen mit der gebotenen Eile weitere Ermittlungen anstellt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhaltes verschaffen sollen (vgl. BAG NJW 1989, 733). Aber auch bei einem schwer zuverlässig zu beurteilenden Sachverhalt müssen erforderlich erscheinende Nachprüfungsmaßnahmen zügig durchgeführt werde, wenn die Kündigungsfrist gewahrt werden soll (vgl. BGH NJW 1981, 166).

Das ist hier indes alles nicht geschehen; eigene Ermittlungsmaßnahmen hat die Beklagte - respektive ihr Aufsichtsrat und/oder der Kredit- und Arbeitsausschuss - zur Frage des Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystems überhaupt nicht eingeleitet. Vielmehr hat sie lediglich das Ergebnis des nicht von ihr, sondern ihrer Konzernmuttergesellschaft erweiterten Prüfungsauftrages an die KPMG abgewartet, dessen Fertigstellungstermin nicht absehbar war (Schriftsatz vom 8. Dezember 2003, Seite 8 = Bl. 94 Bd. III d.A.). Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich um eine Beschleunigung bemüht hat; das Zuwarten über einen Zeitraum von drei Monaten (ab März 2001) wird der gebotenen Beschleunigung nicht gerecht (BGH a.a.O.). Auch der Hinweis, dass die Beklagte - da nicht Auftraggeberin - keinen Einfluss auf die Erstellung und den Zeitpunkt der Fertigstellung des Gutachtens der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 gehabt habe (Schriftsatz vom 22. Mai 2003, Seite 59 = Bl. 146 Bd. II d.A.), streitet nicht für, sondern gegen ein gebotenes Aufklärungsbemühen der Beklagten. Konsequenz dieser Haltung wäre, dass die Beklagte - etwa bei einer Rücknahme des Prüfungsauftrages durch das Bundesaufsichtsamt - ggf. niemals von der vermeintlich erst durch das Gutachten bekannt geworden Verantwortung des Klägers erfahren hätte Die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB war deshalb am 27. Juni 2001 nicht mehr gewahrt.

2. Komplex A./M.

Gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass sich die Beklagte im Zuge des Rechtsstreits auf weitere - in der Kündigungserklärung ebenfalls nicht benannte - Pflichtverletzungen des Klägers beruft, die ihre Grundlage im Zusammenhang mit Engagements der Beklagten bei der A. -Gruppe und der Einkaufscenter M. GbR haben sollen.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass weitere Gründe auch noch im Rechtsstreit nachgeschoben werden können, soweit sie bei Ausspruch der Kündigung objektiv vorlagen und dem kündigenden Gesellschaftsorgan nicht länger als zwei Wochen zuvor bekannt waren; dabei ist ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen und dem nachgeschobenen Kündigungsgrund - der beim M. -Engagement fehlen dürfte, da hier nicht das Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystems in Rede steht - indes nicht erforderlich (vgl. BGH DB 2004, 125 - gegen OLG Naumburg DB 2002, 2316).

Eine zur Geltendmachung weiterer Kündigungsgründe erforderliche Entscheidung des Kredit- und Arbeitsausschusses wurde jedenfalls in der Berufungsinstanz mit dem Beschluss vom 16. August 2002 (Anlage B89) dargelegt. Dieser war zumindest hinsichtlich des Komplexes M. nicht entbehrlich; denn hierbei handelt es sich nicht nur um einen Umstand, der mit der Rüge des Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystems eng zusammenhängt und insoweit lediglich den Tatbestand abrundet (s.o. und: BGH NJW-RR 1991, 1249).

Das entsprechende Vorbringen zur Beschlussfassung ist auch nicht verspätet. Hierbei handelt es sich zwar um eine neue Tatsache; diese konnte die Beklagte - mangels Existenz des Beschlusses - in der ersten Instanz jedoch noch nicht vortragen; die Beschlussfassung ist auch nicht durch die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils veranlaßt worden (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, a.a.O., § 531 Rd. 13), da sich diese hierzu insgesamt nicht verhalten.

Schließlich steht auch die vertragliche Vereinbarung, wonach €Nur die schriftlich mitgeteilten Gründe ... zur Rechtfertigung der Kündigung dienen€ können, einem Nachschieben von - dem Dienstberechtigten jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung noch unbekannten - Gründen nicht entgegen, da dies eine unabänderliche Festlegung auf den Kündigungsgrund zurzeit der Kündigungserklärung erfordern würde, was eine unzumutbare und damit unzulässige Einschränkung des Rechts zur Kündigung zur Folge hätte (vgl. BGH NJW-RR 1995, 416)

Die Ausschlusswirkung des § 626 Abs. 2 BGB kommt jedoch auch hier zum Tragen. Hinsichtlich des A.-Engagements besteht kein Anlass, von den - dort indes nicht entscheidungserheblichen - Feststellungen des Landgerichts abzuweichen; insoweit kann zunächst auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass der Aufsichtsrat erstmals aufgrund des - nicht von ihr, sondern vom damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen initiierten - Sonderprüfungsberichts nach § 44 KWG der F. & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001 von der persönlichen Verantwortung des Klägers für die fehlerhafte Vergabe und Kontrolle der Kredite erfahren habe (Berufungserwiderung Seite 54/55 = Bl. 141/142 Bd. II d.A.), ist dies auch deshalb nicht zielführend, weil die Beklagte im anderen Zusammenhang von der €Gesamtverantwortung eines Vorstandsmitgliedes€ spricht (Schriftsatz vom 4. April 2002, Seite 17 = Bl. 185 Bd. I d.A.); folglich bleibt unklar, worin die neue Erkenntnis für eine Verantwortung des Klägers liegt. Eine neue €Dichte und Geschlossenheit€ der Informationen ist hierfür ebenfalls nicht ausreichend (s.o.).

Die zur Verfristung führende zögerliche Aufklärungsarbeit des Kredit- und Arbeitsausschusses der Beklagten ist auch nicht deshalb unerheblich, weil dieser Themenkomplex in einem inneren Zusammenhang mit dem Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystem steht und der Kläger deshalb damit rechnen musste, dass die Kündigung auch auf diese Gründe gestützt wird (vgl. dazu BAG NJW 1980, 2486); eine über die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB hinausgehende Vorkenntnis des Kündigungsberechtigten von den nachgeschobenen Kündigungsgründen ist nur dann unbeachtlich, wenn der bei der Kündigung genannte Grund noch nicht verfristet ist (vgl. BGH NJW-RR 2002, 173). Das ist hier indes der Fall (s.o.).

Soweit die Beklagte - im Berufungsverfahren um zwei Aktennotizen vom 19. und 30. September 1996 ergänzt (Anlage B65, 67) und in erster Instanz nach Ablauf der dortigen Schriftsatzfrist (Bl. 209, 256 Bd. I d.A.) - vorträgt, sie habe erstmals im Sommer 2002 erfahren, dass der Kläger bereits im Juni 1996 Kenntnis vom Scheitern des A. -Engagements gehabt habe, rechtfertigt dies ebenfalls kein anderes Ergebnis. Zum einen ist für den neuen Berufungsvortrag der Anwendungsbereich des § 531 Abs. 2 ZPO nicht eröffnet; Gründe für die Verzögerung sind nicht ersichtlich und rechtfertigen sich nicht allein mit dem Hinweis, dies €war dem Aufsichtsrat der Beklagten bis zum Auffinden der entsprechenden Unterlagen unbekannt€ (Berufungserwiderung Seite 55 = Bl. 142 Bd. II d.A.). Zum anderen läßt der Vortrag der Beklagten aber auch nicht erkennen, wodurch die Vermerke eine positive - und insoweit notwendigerweise endgültige - Kenntnis des Klägers aufzeigen sollen (vgl. hierzu bereits die entsprechenden Ausführungen auf Seite 92 des Sonderprüfungsberichts nach § 44 KWG der F... & Partner Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 24. September 2001) und worin eine für die ohnehin gerügten Pflichtverletzungen qualitativ neue Erkenntnis liegt (s.o. bereits zur Frage der persönlichen Verantwortung).

Auch beim Komplex Einkaufscenter M. GbR ist eine Abweichung von den Feststellungen des Landgerichts zur Frage der Verfristung nicht veranlaßt.

Soweit die Beklagte in der zweite Instanz erstmals den erstinstanzlich - und vom Landgericht zu Recht als unstreitig festgestellten - Vortrag des Klägers, dass dem damaligen Vorsitzenden des Kredit- und Arbeitsausschusses der Prüfungsvermerk vom 28. Februar 2001 (Anlage B24 = BB8) bereits im März 2001 ausgehändigt worden sei (Schriftsatz des Klägers vom 1. März 2002, Seite 40 = Bl. 144 Bd. I d.A.), bestreitet (Schriftsatz der Beklagten vom 8. Dezember 2003, Seite 53 = Bl. 139, 140 Bd. III d.A.), ist dies als neues Verteidigungsmittel verspätet (§ 531 ZPO).

Inhaltlich erscheint dies - zugleich mit Blick auf § 138 Abs. 1 ZPO - auch wenig überzeugend, da der dem Prüfungsvermerk vom 28. Februar 2001 zugrunde liegend Auftrag vom 22. Februar 2001 - laut weiterem Vermerk vom 20. März 2001 (Anlage B78) - €nach Vorlage von Unterlagen von Herrn Dr. R. erweitert€ worden sein soll; dass sich Herr Dr. R. ohne Anlass zu dieser Maßnahme veranlaßt gesehen habe, ist nicht dargelegt und dürfte auch fern liegend sein. Aus dem Vermerk vom 20. März 2001 geht ebenfalls hervor, dass schon zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Frage der vorzeitigen Vollauszahlung des Kredites, sondern auch der Umstand, dass €Die Entlassung der GbR-Gesellschafter zu einem Zeitpunkt, als das Engagement sehr kritisch€ gewesen, Gegenstand des Prüfungsauftrages werden sollte; entsprechendes geht auch aus dem Vermerk vom 27. März 2001 hervor (Anlage B79). Weshalb dieser Vermerk - oder welche sonstigen Erkenntnisse - erst am 23. Mai 2001 dazu geführt haben sollen, weitere Ermittlungen zu den Konsequenzen des Gesellschafterwechsels einzuleiten (Anlage B80), vermag die Beklagte ebenfalls nicht darzulegen. Dass sich die Kernaussage des Hauptberichtes vom 24. Juli 2001, und zwar €Eine Nachschusspflicht der Altgesellschafter konnte daher nicht mehr realisiert werden€, erst nach weiteren Prüfungen und nicht bereits anhand des Vermerkes vom 27. März 2001 rechtfertigt, der die ausgeschiedenen Gesellschafter mit €31 natürliche Personen€ und die neuen Gesellschafter als GmbHs benennt, versteht sich ohne weitere Darlegung ebenfalls nicht von selbst und hätte - im Lichte des § 626 Abs. 2 BGB - zumindest eine wesentlich schnellere Aufklärung erfordert, als es dann durch den erst vier Monate später abgefassten Hauptbericht am 24. Juli 2001 geschehen ist 3. Komplex M. Straße Entsprechend den vorstehenden Ausführungen können Kündigungsgründe, die bei Ausspruch der Kündigung bereits vorlagen, in der Berufungsinstanz nachgeschoben werden; sie unterliegen dann aber den Anforderungen der §§ 529 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO (vgl. BAG DB 1980, 1350).

Dem - an der einfachen Fahrlässigkeit orientierten (Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 531 Rd. 16) - Vorwurf der Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO kann die Beklagte nicht allein mit dem Hinweis auf die Komplexität des Aufarbeitungsprozesses einer Vielzahl von unternehmerischen Fehlentscheidungen des Klägers begegnen (Schriftsatz vom 22. Mai 2003, Seite 78 oben = Bl. 165 Bd. II d.A.). Hierfür wäre vielmehr die Darlegung ihrer Gesamtanstrengungen erforderlich gewesen, die eine vorzeitige Bearbeitung dieses Engagements unabwendbar verhindert habe.

Dessen ungeachtet kann die Beklagte diesen Grund aber ohnehin nicht nachschieben, da es an einer entsprechenden Beschlussfassung des Kredit- und Arbeitsausschusses fehlt (s.o.); der bereits nachgereichte Beschluss vom 16. August 2002 (Anlage B89) umfasst dieses Engagement nicht. Eine erneute Beschlussfassung wäre hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil es sich lediglich um ein Abrundung der bisher vorgetragenen Pflichtverletzungen gehandelt haben könnte (vgl. BGH NJW-RR 1991, 1249); denn hier geht es insbesondere beim Vorwurf der nicht kostendeckenden Verzinsung um eine andere Art von Pflichtverletzungen, die insbesondere mit dem Risikomanagement- und Risikofrüherkennungssystem in keinem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen.

V. Tenor

Entsprechend den vorstehenden Ausführungen hat der Senat bei der Abfassung des Tenors nur auf eine Kündigungserklärung vom 27. Juni 2001 abgestellt; da der Dienstvertrag aufgrund seiner Befristung bis zum 30. Juni 2002 zwischenzeitlich ohnehin beendet gewesen wäre, bedurfte es aufgrund des Zeitablaufes auch keiner Feststellung (mehr) betreffend €das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis€, zumal letzteres - ebenfalls von Amts wegen im Rahmen einer nach § 308 ZPO zulässigen Konkretisierung - genauer mit €Dienstvertrag vom 3./15. Mai 1991€ zu bezeichnen war.

VI. Nebenentscheidungen

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ § 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Zu einer auch auf § 269 Abs. 3 ZPO gestützten Kostenentscheidung besteht nicht deshalb Anlass, weil der Kläger in seinem Berufungsantrag vom 11. November 2002 (Bl. 32 Bd. II d.A.) noch angekündigt hatte, den ursprünglichen Klageantrag (Klageschrift, Seite 2 = Bl. 2 Bd. I d.A.) um den Halbsatz €sondern dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien bis zum 30.06.2002 fortbestanden hat€ - zu ergänzen, diese Ergänzung dann aber in der mündlichen Berufungsverhandlung hat fallen lassen. Dieser Antrag, auch €Schleppnetzantrag€ genannt (vgl. MünchHandbuch-ArbR/ Berkowsky, Bd. 2, 2. Aufl., § 148 Rd. 115) - zu ergänzen. €Schleppnetzantrag€ deshalb, weil der Streitgegenstand damit alle möglichen Beendigungsgründe umfassen und erweiternd neben das bisherige, an § 4 KSchG orientierte und auf die Prüfung der Beendigung des Dienstvertrages durch die Kündigungserklärung vom 27. Juni 2001 beschränkte (vgl. BAG NJW 1988, 2691) Feststellungsbegehren treten würde - hatte hier keine selbstständige, klageerweiternde Bedeutung. Im Termin vor dem Senat hat der Kläger auf Befragen gesagt, dass er diesen Zusatz gleichsam prophylaktisch zur vermeintlichen Klarstellung verwendet und damit lediglich habe verdeutlichen wollen, dass der Dienstvertrag durch die Kündigung nicht beendet worden sei, sein Ende also erst durch den Zeitablauf gefunden habe. Der folglich überflüssigen Ergänzung kommt als unselbständiges Anhängsel deshalb keine prozessuale Bedeutung zu (vgl. BAG NJW 1994, 2780). Der Senat hat sie auch bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (§ 543 Abs. 2 ZPO).






KG:
Urteil v. 27.09.2004
Az: 2 U 191/02


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