Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Juli 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 111/03
(BPatG: Beschluss v. 07.07.2004, Az.: 28 W (pat) 111/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. Januar 2003 aufgehoben.
Wegen des Widerspruchs aus der Marke DD 653 855 wird die Löschung der angegriffenen Marke 398 63 546 angeordnet.
Gründe
I.
In das Markenregister eingetragen wurde unter der Rollennummer 398 63 546 die nachstehend wiedergegebene Wort-Bild-Markeals Kennzeichnung für die Waren "Fleisch; frisches Gemüse".
Die Inhaberin der rangälteren Marke DD 653 855
"Mc DONALDS"
die u.a. für die Waren "Nahrungsmittel aus Fleisch, frisches Gemüse" eingetragen ist, hat dagegen Widerspruch eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, die Übereinstimmung in dem Bestandteil "Mc" sei selbst bei identischen Waren nur gering zu werten, denn dieser sei nicht prägend und werde als Kürzel für schottische Vornamen vielfach verwendet. Im übrigen seien die Marken klanglich erkennbar unterschiedlich, wobei ein Auseinanderhalten durch die Bedeutung von Donald ((Vor-)Name) und Döner Kebab (türkisches Fleischgericht) erleichtert werde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die sich nicht nur gegen eine Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils "Mc" wendet, sondern hierin das prägende Element beider Marken sieht, zumal der weitere Bestandteil "Döner Kebab" in der angegriffenen Marke eine bloße Sachangabe enthalte. Die Buchstabenfolge "Mc" genieße zumindest im Fast-Food-Sektor überragende Verkehrsgeltung für die Widersprechende, so dass sich vorliegend angesichts sich gegenüberstehender identischer Waren zwangsläufig eine Verwechslungsgefahr ergebe.
Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und auch an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg, denn es besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Eine Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gewichtung der Faktoren Warenähnlichkeit/-identität, Markenähnlichkeit/-identität und Schutzumfang der Widerspruchsmarke zur Bejahung einer unzulässigen Beeinträchtigung der rechtlich schutzwürdigen Interessen der älteren Marke führt. Angesichts der vorliegenden Warenidentität und des Umstands, dass es sich bei den Waren um Artikel des täglichen Verbrauchs handelt, die auch vom situationsangepasst verständigen Durchschnittsverbraucher nicht immer mit der gebotenen Aufmerksamkeit den Kennzeichnungen gegenüber erworben werden, kann die Widersprechende schon deshalb einen besonders deutlichen Abstand der kollidierenden Marke gegenüber der Widerspruchsmarke verlangen.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall ist zudem die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke angemessen zu berücksichtigen, die ihr gegenüber sonstigen Marken einen wesentlich erweiterten Schutzumfang verschafft. Wie die Widersprechende unwidersprochen und glaubhaft vorgetragen hat, hat sie unter der Widerspruchsmarke beispielsweise im Jahre 2002 allein in Deutschland einen Nettoumsatz in Höhe von ... Euro er- zielt und dabei in den 1.200 Restaurants, die teils als im Eigenbetrieb, teils über Franchisenehmer geführt werden, durchschnittlich rund zwei Millionen Gäste pro Tag gezählt; darüber hinaus ist die Widersprechende mit ihrer Marke in über 120 Ländern vertreten, so dass der Vortrag der Widersprechende - dem der Markeninhaber nicht entgegengetreten ist -, es handele sich bei der Widerspruchsmarke um eine der im fastfood-Bereich bekanntesten Marken nicht nur in Deutschland, sondern sogar weltweit, nicht von der Hand zu weisen ist. Die Voraussetzungen für den wesentlich gesteigerten Schutzumfang der Widerspruchsmarke im markenregisterrechtlichen Sinne sind sowohl für den Zeitpunkt der Anmeldung als auch den der vorliegenden Entscheidung zu bejahen. Dies hat die Widersprechende durch entsprechende Unterlagen dargelegt und ist im übrigen auch gerichtsbekannt.
Vor diesem Hintergrund sind vorliegend an den Markenabstand besonders strenge Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke allenfalls im unmittelbaren Vergleich gerecht wird. Auch wenn Übereinstimmungen im Wortanfang und dem sich anschließenden Wort ("Mc DO/ÖN...") vorliegen, kann trotz einer nahezu identischen Warenlage und der im betroffenen Fastfood-Bereich überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Verwechslungsgefahr zumindest deshalb noch verneint werden, weil die Zusätze "Döner Kebab" und "DONALD'S" einen deutlich erkennbaren abweichenden Sinngehalt haben, der vom Verkehr bei der klanglichen Wiedergabe auch erkannt werden wird.
Allerdings reicht der Zeichenabstand nicht für die Vermeidung einer assoziativen Verwechslungsgefahr. Denn im betroffenen Waren- und Dienstleistungsbereich hat die übereinstimmende Anfangssilbe der Vergleichsmarken eine derart hohe Signalwirkung, dass sie den Verkehr zu einer Flüchtigkeit gegenüber den weiteren Wortsilben veranlasst, zumal die Widersprechende Inhaberin einer Reihe weiterer Marken ist, die wie die angegriffene Marke mit dem Stammbestandteil "MC" und einer Sachangabe kombiniert sind ("McRIB", "McCHICKEN", "McPIZZA" u.a.), in welche sich die angegriffene Marke nahtlos einfügt. Letztendlich wird man sogar - unabhängig von dem beschreibenden Gehalt der weiteren Silben in den Vergleichsmarken - davon auszugehen haben, dass die Anfangssilbe für den betroffenen Waren- und Dienstleistungssektor so beherrschend ist, dass der Verkehr fast zwangsläufig eine Marke der Widersprechenden zu erkennen glaubt. Daran ändert auch nichts, dass eventuell weitere ähnliche Kennzeichnungen im Markt verwendet werden. Abgesehen von der Frage ihrer konkreten Verwendung im Einzelfall vermögen derartige wenige Fälle die überragende Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke registerrechtlich nicht entscheidend zu schwächen. Bedenkt man schließlich, dass bei der assoziativen Verwechslungsgefahr der Verkehr nicht bloß aus der Erinnerung heraus einen Zeichenvergleich vornimmt, sondern ihm beide Zeichen vollständig gegenwärtig sind, wird sich ihm bei der angegriffenen Marke der Zusammenhang mit der Widerspruchsmarke zwangsläufig aufdrängen. Die möglicherweise originäre Kennzeichnungsschwäche der Anfangssilbe spielt dabei keine Rolle, wenn sie wie im vorliegenden Fall angesichts ihrer Bekanntheit als Stammbestandteil aufgefasst wird oder jedenfalls neben originalitätsschwächeren weiteren Elementen entscheidendes Gewicht erlangt hat (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 9 Rdn. 484 m.w.N.).
Die Gewichtung aller für und gegen eine Verwechslungsgefahr sprechender Faktoren führt hier also dazu, einen Eingriff der jüngeren Marke in den Schutzbereich der Widerspruchsmarke zu bejahen.
Die Beschwerde hat damit Erfolg.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.
Stoppel Richter von Schwichowist erkrankt und kann dahernicht selbst unterschreiben.
Stoppel Paetzold Pü
BPatG:
Beschluss v. 07.07.2004
Az: 28 W (pat) 111/03
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