Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 14/08

(BPatG: Beschluss v. 04.06.2008, Az.: 29 W (pat) 14/08)

Tenor

Die Beschwerde wird verworfen.

Gründe

I.

Die Wortmarke DE 304 72 652.4 Relax Cleverist seit 24. Mai 2005 eingetragen für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Chipkarten; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten in elektronischer Form; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Systematisierung und Zusammenstellung von Daten und Informationen in Computerdatenbanken;

Klasse 38: Telekommunikation; Betreiben und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Übertragung von Nachrichten und Informationen auf elektronischem Weg;

Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; technische Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; technische Projektplanung;

Mit Schriftsatz vom 9. November 2006 wurde Antrag auf Löschung der eingetragenen Marke gem. §§ 50, 54 Abs. 1 MarkenG gestellt.

Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes hat - unter dem Aktenzeichen S 290/06 Lösch - mit Beschluss vom 14. November 2007 die Löschung der angegriffenen Marke DE 304 72 652 angeordnet. Der Beschluss wurde der Markeninhaberin und Beschwerdeführerin am 7. Dezember 2007, der Löschungsantragstellerin am 6. Dezember 2007 zugestellt.

Die Vertreter der Markeninhaberin haben mit Schriftsatz vom 3. Januar 2008, per Telefax übersandt am 4. Januar 2008, Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. November 2007 aufzuheben. Im Betreff ist unter dem Aktenzeichen des Deutschen Patent- und Markenamts und der Nummer der "Markenanmeldung" die Markeninhaberin bezeichnet als "Anmelderin", und zwar als "D... AG". Auf Verfügung des Rechtspflegers vom 21. Februar 2008 hat die Senatsgeschäftsstelle mit Schreiben vom 22. Februar 2008 die Vertreter der Markeninhaberin darauf hingewiesen, dass Unklarheiten im Hinblick auf § 66 Abs. 1 S. 2 MarkenG bestünden, da Markeninhaberin und Beteiligte am Verfahren vor dem Patentamt die Firma T... GmbH gewesen, Beschwerde jedoch von der D... AG erhoben worden sei, wie sich aus der Beschwerdeschrift ergebe. Eine Stel lungnahme ging dagegen nicht ein. Mit Schreiben der Geschäftsstelle vom 3. April 2008 wurde an die Erledigung der gerichtlichen Anfrage erinnert.

Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2008, bei Gericht eingegangen per Telefax am 14. Mai 2008, haben die Vertreter der Markeninhaberin erneut Beschwerde für die T... GmbH eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung tragen sie vor, dass die Beschwerde selbstverständlich namens und in Vollmacht der Markeninhaberin, T... GmbH, eingelegt worden sei. Die Beschwerdeschrift weise zwar in der Tat irrtümlich unter der Rubrik "Anmelderin" die D... AG auf. Diese Angabe sei aber maschi nell generiert worden, was bei der Absendung der Beschwerde übersehen worden sei. Die Beschwerdeschrift habe sich ausdrücklich auf den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. November 2007 bezogen. Im Amtsverfahren hätten sich die Rechtsanwälte M... auch ordnungsgemäß für die Markeninhaberin T1... GmbH bestellt gehabt. Da sie im Löschungsver fahren die ordnungsgemäß Bevollmächtigten der Markeninhaberin waren, werde klar, dass die Verfahrensbevollmächtigten auch weiter für die Markeninhaberin handelten.

Der Wiedereinsetzungsantrag wird damit begründet, dass die falsche Bezeichnung der Markeninhaberin im Beschwerdeschriftsatz nur damit erklärbar sei, dass im Büro des unterzeichnenden Rechtsanwalts täglich eine Vielzahl von Schriftsätzen für Markenämter und Gerichte für die D... AG gefertigt würden, Verfahren für die T... GmbH jedoch relativ selten seien. Wes halb die für die Erstellung des Schriftsatzes zuständige, gut ausgebildete und sehr sorgfältige Mitarbeiterin nicht erkannt habe, dass im Betreff die falsche Markeninhaberin benannt gewesen sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Es habe sich jedoch um ein unabwendbares Ereignis gehandelt, das auf menschlichem Fehlverhalten beruhe.

II.

Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 1 S. 2 MarkenG unzulässig. Wiedereinsetzung gem. § 91 MarkenG ist nicht zu gewähren.

1. Gem. § 66 Abs. 1 S. 2 MarkenG steht die Beschwerde ausschließlich den am Verfahren vor dem Patentamt Beteiligten zu. Die Regelung ist eng auszulegen und setzt die förmliche Beteiligung am Hauptverfahren voraus (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 66 Rn. 17). Die D... AG war am Verfahren S 290/06 - Lösch über die beantragte Löschung der Marke DE 304 72 652 jedoch nicht beteiligt. Beteiligt war als Markeninhaberin die Firma T... GmbH und als Löschungsantrag stellerin die Firma O... GmbH & Co. OHG. In der Beschwerde schrift vom 3. Januar, eingegangen am 4. Januar 2008, wurde lediglich der angegriffene Beschluss benannt und als "Anmelderin" fehlerhaft die Firma "D... AG" bezeichnet. Selbst wenn dies ein Irrtum war, so hätte dieser grundsätzlich innerhalb der Beschwerdefrist noch ausgeräumt werden können. Die Beschwerdefrist gem. § 66 Abs. 2 MarkenG endete für die Markeninhaberin nämlich erst am 7. Januar 2008. Bis zu diesem Zeitpunkt ist jedoch keine Beschwerde der Firma T... GmbH als richtige Beschwerdeführerin eingegangen. Die nach Ablauf der Rechtsmittelfrist vorgenommene Klarstellung und erneute Beschwerdeeinlegung ist unbeachtlich.

2. Die eingelegte Beschwerde muss die Person des Beschwerdeführers eindeutig erkennen lassen. Sie ist unzulässig, wenn auch bei verständiger Würdigung der Beschwerdeschrift und der übrigen Unterlagen einschließlich der Vorakten des Deutschen Patent- und Markenamts noch Zweifel an der Person verbleiben (BGH GRUR 1977, 508, 509 - Abfangeinrichtung; BPatG GRUR 1985, 123 - Optische Quarzglasfaser; GRUR 1994, 294, 295 - Tesoro).

Der Bundesgerichtshof (a. a. O.) führt aus, dass es nicht ungewöhnlich sei, dass im Rechtsmittelschriftsatz als Beschwerdeführerin eine nicht am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt beteiligte Firma bezeichnet werde, da sich beispielsweise im Wege der Rechtsnachfolge der Firmenname eines Verfahrensbeteiligten geändert haben könne. Ebenso könne der Betreff durch den Rechtsanwalt falsch benannt und dadurch fehlerhafterweise eine Beschwerde der am Verfahren nicht beteiligten Firma zu den Akten gelangt sein. Nicht ausgeschlossen werden könne darüber hinaus auch, dass es sich um eine bloße Firmenänderung der Markeninhaber gehandelt habe. Bei der sich aus solchen widersprüchlichen Angaben ergebenden Mehrdeutigkeit lasse sich die Person des Beschwerdeführers aber nicht zweifelsfrei feststellen.

Daraus folgt, dass vorliegend aus den Akten des Deutschen Patent- und Markenamts zwar ersichtlich ist, dass sich die Rechtsanwälte für die Markeninhaberin bestellt haben. Diese treten allerdings nach eigener Aussage auch regelmäßig am Bundespatentgericht für die D... AG auf. Es konnte daher nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Marke DE 304 72 652 an die D... AG zwischenzeitlich übertragen wurde, und die mandatierten Rechtsanwälte für die D... AG als Rechtsnachfolgerin der T... GmbH die Beschwerde eingelegt haben. Da entsprechende Zweifel verblieben sind und eine eindeutige Zuordnung des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vorakten nicht zweifelsfrei möglich ist, kann die Falschbezeichnung nicht unberücksichtigt bleiben.

3. Wiedereinsetzung gem. § 91 MarkenG war nicht zu gewähren.

3.1. Die Wiedereinsetzungsfrist gem. § 91 Abs. 2 MarkenG wurde versäumt. Sie beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Bei einem Irrtum über Tatsachen ist dies spätestens der Zeitpunkt der Irrtumsaufklärung oder dem schuldhaften Erkennenmüssen des Irrtums. Es kommt mithin darauf an, wann der Betroffene bzw. sein Vertreter die Fristversäumung tatsächlich erkennt oder bei der Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen muss, also die weitere Säumnis nicht mehr unverschuldet ist (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 91 Rn. 22; Thomas/Putzo - Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 234 Rn. 7). Mit Zugang des Schreibens der Senatsgeschäftsstelle vom 22. Februar 2008, in dem auf die fehlerhafte Bezeichnung der Beschwerdeführerin gem. § 66 Abs. 1 S. 2 MarkenG aufmerksam gemacht wurde, hatte der sachbearbeitende Vertreter der Markeninhaberin Kenntnis von der falschen Parteibezeichnung. Er hat sich allerdings erst nach der erneuten Aufforderung vom 3. April 2008 in einem Schriftsatz vom 2. Mai 2008, eingegangen bei Gericht am 14. Mai 2008 geäußert. Er hat dabei zu der falschen Bezeichnung der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die beiden Schreiben des Gerichts Stellung genommen und die Wiedereinsetzung beantragt. Die Zwei-Monatsfrist nach § 91 Abs. 2 MarkenG war jedoch bereits am 22. April 2008 abgelaufen.

3.2. Unabhängig von der Verfristung hätte Wiedereinsetzung auch in der Sache nicht gewährt werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsmittel nicht wirksam eingelegt, wenn die Parteibezeichnung in der Rechtsmittelschrift vertauscht wurde und aufgrund der sonstigen Umstände nicht zweifelsfrei erkennbar ist, wer das Rechtsmittel eingelegt hat. Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört nämlich zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem Büropersonal, mag dieses auch noch so geschult sein, nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst zu überprüfen (NJW-RR 1988, 1528; FamRZ 2004, 1020; NJW-RR 2006, 1570).

Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber Hu






BPatG:
Beschluss v. 04.06.2008
Az: 29 W (pat) 14/08


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