Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2002
Aktenzeichen: 5 W (pat) 401/01
(BPatG: Beschluss v. 14.01.2002, Az.: 5 W (pat) 401/01)
Tenor
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
Gründe
I Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des am 18. September 1990 mit der Bezeichnung "Teleskopiersystem mit verringerter Knicklänge des Teleskopierzylinders" angemeldeten Gebrauchsmusters. Es ist am 18. September 2000 durch Ablauf der längstmöglichen Schutzdauer erloschen. Die Beschwerdeführerin hatte gegen das Gebrauchsmuster am 25. März 1998 beim Deutschen Patentamt ein Löschungsverfahren eingeleitet. Nach Eintritt des Erlöschens hatte sie den Löschungsantrag in einen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Gebrauchsmusters von Anfang an umgestellt. In der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung II am 23. Oktober 2000 hat die Beschwerdegegnerin erklärt, sie bestreite das von der Beschwerdeführerin zur Zulässigkeit ihres Antrags erforderliche Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit nicht, weil nach ihren Informationen ein Verletzungsfall vorliege. Mit Beschluß vom selben Tag ist dem Feststellungsantrag in beschränktem Umfang unter Kostenteilung stattgegeben worden. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ist im Hinblick auf die erwähnte Erklärung der Beschwerdegegnerin bejaht und die Kostenentscheidung unter Verweis auf das teilweise Unterliegen bzw Obsiegen beider Beteiligten (§ 92 Abs 1 ZPO) begründet worden.
Gegen diesen Beschluß hat sich die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde gewandt, mit der sie zunächst ihr ursprüngliches Begehren der Feststellung der Unwirksamkeit in vollem Umfang verfolgt hat. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdegegnerin jedoch erklärt, sie habe kein Interesse mehr an einer Feststellung der Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters, nachdem ihr Verletzungshandlungen nicht bekannt geworden seien. Nach Aufforderung durch die Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin solle sich bezüglich einer Inanspruchnahme aus dem Gebrauchsmuster deutlicher erklären, hat die Beschwerdegegnerin auf eine Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin aus dem Gebrauchsmuster für die Vergangenheit verzichtet. Darauf haben die Beteiligten die Beschwerdesache in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Beschwerdeführerin bezieht sich auf die von der Beschwerdegegnerin vor der Gebrauchsmusterabteilung abgegebene Erklärung; durch die sei die Beschwerde "provoziert" worden.
Sie beantragt, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.
Sie sei an weiteren Nachforschungen, ob ein Verletzungsfall vorliege, nicht interessiert. Entscheidend für die Kostenfrage müsse sein, daß die Beschwerdeführerin zu Unrecht geltend gemacht habe, das Gebrauchsmuster sei nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang unwirksam gewesen.
II Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18 Abs 3 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG, § 91a Abs 1 ZPO in entsprechender Anwendung. Es entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, diese Kosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.
1. Die für eine Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 91a Abs 1 ZPO erforderliche übereinstimmende Erledigungserklärung beider Verfahrensbeteiligter liegt vor.
Die Erledigungserklärung bezieht sich auf das Beschwerdeverfahren, nicht auf den Rechtsstreit in der Hauptsache schlechthin. Denn auf die gerichtliche Anfrage, "ob die Erledigung in der Hauptsache erklärt wird", haben die Verfahrensbeteiligten am 2./22. November 2001 übereinstimmend "die Beschwerdesache in der Hauptsache für erledigt" erklärt. Damit ist die Erledigungserklärung als auf das Beschwerdeverfahren beschränkt anzusehen.
Diese beschränkte Erledigungserklärung ist zulässig. Denn die Beschwerde, auf die sie sich bezieht, war bis dahin zulässig (vgl zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung für die beschränkte Erledigungserklärung Zöller ZPO (22) § 91a Rdn 19 f mwN). Insbesondere ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Beschluß beschwert.
2. Die nach der Erledigung des Beschwerdeverfahrens, soweit es die Hauptsache betrifft, noch zu entscheidende Frage, wem die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen sind, war nach der Billigkeit zu Lasten der Beschwerdegegnerin zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung bei einer auf das Beschwerdeverfahren beschränkten Erledigungserklärung auch auf die Kosten des ersten Rechtszugs zu erstrecken erscheint aus systematischen Gründen nicht gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluß bleibt von der Erledigung des Beschwerdeverfahrens unberührt (vgl Zöller aaO mwN). Zwar hat der Bundesgerichtshof für das patentrechtliche Nichtigkeitsverfahren erklärt, nach Erklärung der Berufung in der Hauptsache für erledigt umfasse die Befugnis zur Kostenentscheidung sowohl das Rechtsmittel wie die Vorinstanz (BlPMZ 1959, 102 - Filterpapier). In dieser Entscheidung aus dem Jahr 1958 ist zur Begründung hierfür auf die Kommentierung von Stein-Jonas (zu § 91a ZPO Abschn. VI, 4) verwiesen. Stein-Jonas hat diese Auffassung aber inzwischen fallen gelassen und lehnt jetzt eine Erledigung eines Rechtsmittels im Grundsatz ab (Stein-Jonas (21) § 91a Abschn. V 2, Rdn 52 f mwN). Da die Dispositionsbefugnis der Parteien aber das Recht zur Erledigung des Verfahrens nach freier Wahl in der Rechtsmittelinstanz durch Rücknahme der Klage oder aber des Rechtsmittels eröffnet, ist auch die Befugnis der Verfahrensbeteiligten anzuerkennen, die Erledigung in der Hauptsache durch entsprechende beiderseitige Erklärung bezogen auf den Rechtsstreit insgesamt oder bezogen nur auf das Rechtsmittel herbeizuführen.
Nach dem Erlöschen des Gebrauchsmusters (für die Zukunft) steht es dem Antragsteller eines Löschungsverfahrens frei, von der Weiterverfolgung seines Löschungsantrags (für die Vergangenheit) abzusehen, also das Verfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Stimmt der Antragsgegner dem zu, indem er gleichfalls eine Erledigungserklärung abgibt, so bringt er damit nach gefestigter Rechtsprechung zum Ausdruck, daß er sich insoweit in die Rolle des Unterliegenden begibt (vgl BPatGE 24, 190, 193 mwN).
Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Zwar hat die Beschwerdeführerin den Feststellungsantrag fallen gelassen und damit das Verfahren in der Hauptsache nicht weiterbetrieben. Ihr deshalb die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen widerspricht aber der Billigkeit. Denn das für die Verfolgung ihres Feststellungsantrags erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse ist aus Gründen entfallen, von denen nicht ersichtlich ist, daß sie in ihrem Risikobereich liegen. Mit der Erklärung der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung am 23. Oktober 2000, nach ihrem Informationsstand liege ein Verletzungsfall vor, ist die Besorgnis der Beschwerdeführerin, die Beschwerdegegnerin behalte sich die Geltendmachung des Gebrauchsmusters vor, und damit das Rechtsschutzinteresse für den Feststellungsantrag begründet worden (vgl BGH GRUR 1981, 515, 516 - Anzeigegerät). Daß die Beschwerdeführerin für die Annahme, es liege ein Verletzungsfall vor, durch ihr eigenes Verhalten begründeten Anlaß gegeben hat, ist nicht vorgetragen. Dann hat die Beschwerdegegnerin sich auch an den mit dem Rechtsmittel entstandenen Kosten festhalten zu lassen.
Goebel Ihsen Dr. W. Maier Pr/Be
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Beschluss v. 14.01.2002
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