Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Mai 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 93/01

(BPatG: Beschluss v. 21.05.2003, Az.: 29 W (pat) 93/01)

Tenor

1. Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 03. Januar 2001 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Büroartikel" und die Dienstleistungen "Werbung, Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen" zurückgewiesen wurde.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke Telecom Europasoll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

Klasse 28: Spiele, Spielzeug, gymnastische Geräte und Sportgeräte soweit in Klasse 28 enthalten.

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung.

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen.

Klasse 37: Bauwesen; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation.

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen.

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I).

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 3. Januar 2001 zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen sei eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen freihaltebedürftige, nicht unterscheidungskräftige beschreibende Angabe. Es handele sich bei "Telecom" um die nachweisbare Abkürzung des englischen Begriffs "telecommunications". In Verbindung mit der sprachüblich nachgestellten geographischen Angabe "Europa" ergebe sich für die angesprochenen Verkehrskreise zwanglos der Sinngehalt einer "europaweiten Telekommunikation", für die die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung bestimmt und geeignet seien oder diese zum Gegenstand haben. Der Bestandteil "Telecom" weise - auch wenn er klanggleich sei - nicht auf die Anmelderin hin, da diese im Geschäftsleben als "Telekom" auftrete und als solche bekannt geworden sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung des Eintragungsbegehrens trägt sie im wesentlichen vor, daß der Verkehr wegen der Bekanntheit der Marke "Telekom" auch den klangidentischen Bestandteil "Telecom" der angemeldeten Marke unabhängig von dessen Schreibweise als Herkunftshinweis auf die Anmelderin verstehe. Hierzu weist sie auf verschiedene Gerichtsentscheidungen in Verletzungsverfahren hin, in denen eine markenmäßige Verwendung von "TELECOM" festgestellt und die Verwechslungsgefahr bejaht worden ist. Sie hat außerdem umfangreiches Material zu den großen Werbeaufwendungen und der Marktpräsens der Kennzeichnung "Telekom" vorgelegt. Der weitere Bestandteil der angemeldeten Marke "Europa" sei nicht beschreibender Natur, da die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen spezifisch geographischen Bezug aufwiesen. Es bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis, weil es an einem konkreten Produktbezug der Anmeldemarke "Telecom Europa" fehle.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 vom 3. Januar 2001 aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Mit Ausnahme der im Tenor zu 1) genannten Waren und Dienstleistungen stehen der angemeldeten Marke die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Auch nach Auffassung des Senats ist die angemeldete Bezeichnung "Telecom Europa" als beschreibende Angabe im Sinne von "europaweiter Telekommunikation", "Telekommunikation in Europa", "Telekommunikation für den geographischen Bereich Europa" anzusehen. Wie die Markenstelle mit zutreffender Begründung ausgeführt und belegt hat, ist die auf dem maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsgebiet geläufige Kurzfassung "Telecom" für "telecommunication(s)" (The Oxford Dictionary of Abbreviations, 2 Ed., 1998, 358; Koblischke Lexikon der Abkürzungen, Bertelsmann 1994, 440; Amkreutz Abkürzungen der Informationsverarbeitung, Datakontext-Verlag, 599; De Sola Abbreviations Dictionary 919; Peter Wennrich Angloamerikanische und deutsche Abkürzungen in Wissenschaft und Technik, 1978; Schulze Computerkürzel 1998, Stichwort TELECOM) in sprachüblicher Weise mit der geographischen Angabe "Europa" zu einer Gesamtaussage verbunden, der die angesprochenen Verkehrskreise ohne nähere Überlegungen die Angabe entnehmen, daß die angebotenen Waren und Dienstleistungen für die Telekommunikation in ganz Europa geeignet und bestimmt sind. Es handelt sich dabei um eine Aussage mit beschreibendem Charakter, weil die geographische Reichweite von Funk, Fernsehen, Telefonnetzen und der neuen Telekommunikationsformen sowie der zu ihrem Empfang oder ihrer Nutzung erforderlichen Geräte für das Publikum eine wichtige Eigenschaft oder ein bedeutsames Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen darstellt.

Der Hinweis "Telekommunikation in bzw für Europa, europaweit" ist nicht geeignet, Waren und Dienstleistungen für die diese Aussage eine wesentliche Bedeutung hat, von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch unter Anlegen eines geringen Grades fehlt der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

"Telecom Europa" kann außerdem im Verkehr zur Beschreibung einer europaweiten Telekommunikation der betroffenen Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dienen. Es besteht daher ein Bedürfnis, eine derart umfassende und weitreichende Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung freizuhalten.

Dem steht nicht entgegen, daß der Bestandteil "Telecom" in zahlreichen Firmenbezeichnungen enthalten ist. Denn er dient dort als beschreibender Hinweis auf das Gebiet der Geschäftsfähigkeit, sofern er nicht durch die Art der Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat oder als betriebliches Unterscheidungsmerkmal verstanden wird.

Die Anmelderin kann ihr Eintragungsbegehren nicht darauf stützen, daß der Bestandteil der angemeldeten Marke "Telecom" klangidentisch mit ihrem Kennzeichen "Telekom" ist. Daß ähnliche Bezeichnungen in den Schutzbereich der Marke "Telekom" fallen, wenn sie zeichenmäßig verwendet werden, ist Ausfluß des Schutzinhalts und der Rechtswirkungen, nicht aber Grundlage für die Schutzentstehung und Eintragung einer Marke, die mit der bekannten Marke ähnlich ist, selbst wenn sie klangidentisch ist.

Das vorgelegte Material bezieht sich im übrigen sämtlich auf die Bezeichnung "Telekom" und nicht auf "Telecom" oder "Telecom Europa", für die ein selbständiger betrieblicher Hinweischarakter nicht geltend gemacht wird oder ersichtlich ist. Die Eintragung einer von Haus aus beschreibenden Angabe kann nicht damit begründet werden, daß eine damit klanggleiche ursprünglich als Hinweis auf den Tätigkeitsbereich ebenfalls beschreibende Angabe den schutzhindernden Charakter überwunden hat.

Der beschreibende Aussagegehalt der angemeldeten Marke betrifft in erster Linie die Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 und die Dienstleistungen der Klassen 37, 41, 42 sowie die Waren der Klassen 9 und 16, die die Telekommunikation europaweit ermöglichen oder sich inhaltlich damit befassen. Ein enger Zusammenhang besteht auch zur Dienstleistung "Geschäftsführung" und zur europaweiten Vernetzung und des Datenaustausches auf dem Gebiet der Dienstleistungen der Klasse 36. Darüber hinaus werden "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" sowie "Sportgeräte" insbesondere für Rettungsmannschaften, den Rettungsdienst oder als Orientierungshilfe etwa für Skifahrer oder Senioren mit Chips oder neuen Telekommunikationsformen ausgerüstet, die eine europaweite Erreichbarkeit (z.B. BOS Funk) und Kompatibilität über die nationalen Funkverbindungen und Datennetze hinaus anstreben. Gymnastische Geräte werden mit elektronischen Meßgeräten zur Verarbeitung der gewonnenen Daten nach europaweiten Standards verbunden. Hinsichtlich der Waren "Spiele" der Klasse 28 kann mit "Telecom Europa" Inhalt und Gegenstand von Computerspielen mit geographischem Bezug wie etwa bei dem Spiel "Weltreise" beschrieben werden. "Spielzeug" wird oft echten technischen Geräten wie Notebooks, Telefonen und Funkgeräten nachgebildet und mit ähnlichen Bezeichnungen und Beschreibungen wie die Vorbilder aus der Erwachsenenwelt beworben, bei denen die europäische Dimension einen wichtigen Aspekt der Ware darstellt (vgl hierzu auch 29 W (pat) 382/99 vom 14. März 2001 - Telecom Prima derselben Anmelderin).

Dagegen konnte der Senat für die Waren "Büroartikel" und die Dienstleistungen "Werbung, Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen" einen beschreibenden Bezug der angemeldeten Bezeichnung nicht feststellen.

Grabrucker Pagenberg Richter Voit ist abgeordnet und kann daher nicht unterzeichnen.

Grabrucker Cl






BPatG:
Beschluss v. 21.05.2003
Az: 29 W (pat) 93/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/913153445517/BPatG_Beschluss_vom_21-Mai-2003_Az_29-W-pat-93-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share