Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 22. November 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 9/10
(BGH: Beschluss v. 22.11.2010, Az.: AnwZ (B) 9/10)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde mit Urkunde vom 21. August 1998 im Bezirk der Antragsgegnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 20. April 2009 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde will der Antragsteller weiterhin die Aufhebung des Widerrufsbescheides erreichen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 14. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, Rn. 5 m.w.N.). Der Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen worden ist (§ 14 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO).
2. Im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung, am 20. April 2009, waren diese Voraussetzungen erfüllt. Der Antragsteller war im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts R. eingetragen. Tatsachen, welche geeignet wären, die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, hat der Antragsteller nicht dargetan. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, gibt es nicht. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.
3. Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich auch nicht, was bei der Entscheidung noch zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), im Laufe des gerichtlichen Verfahrens konsolidiert. Der Antragsteller hat einzelne Forderungen beglichen, darunter diejenige, die der Eintragung im Schuldnerverzeichnis zur Zeit der Widerrufsverfügung zugrunde lag. Auch nach Erlass der Widerrufsverfügung hat es jedoch ständig Titel, Vollstreckungsmaßnahmen und Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gegeben. Der Antragsteller hat am 13. Januar 2010 wegen einer Forderung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande N. in Höhe von 3.070,86 € die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Nach Angaben der Antragsgegnerin, denen der Antragsteller nicht entgegen getreten ist, belaufen sich die Verbindlichkeiten des Antragstellers auf insgesamt mindestens 118.632,91 €, nach neueren Angaben der Antragsgegnerin sogar auf 219.697,82 €.
Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Antragstellers (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 1 BRAO) lässt sich nach wie vor nicht ausschließen. Jedenfalls zwei der Verbindlichkeiten des Antragstellers betreffen nicht ausgekehrtes Fremdgeld. Gegen den Antragsteller läuft ein Strafverfahren wegen Untreue.
4. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln und entscheiden. Der Antragsteller ist ordnungsgemäß zum Termin geladen worden und hat sein Fehlen nicht entschuldigt.
Ernemann Lohmann Fetzer Frey Hauger Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 28.08.2009 - 1 AGH 30/09 -
BGH:
Beschluss v. 22.11.2010
Az: AnwZ (B) 9/10
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