Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 11. Dezember 2008
Aktenzeichen: 2 U 57/08
(OLG Stuttgart: Urteil v. 11.12.2008, Az.: 2 U 57/08)
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Vorsitzenden der 32. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 15.07.2008
g e ä n d e r t .
2. a) Dem Beklagten wird untersagt, bei Internetverkäufen eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, die die nachfolgende Formulierung wörtlich oder sinngemäß enthält:
Ausschließlich Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht.
b) Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
c) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 755,80 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.04.2008 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden Berufung
a b g e w i e s e n .
4. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
5. Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen des Unterlassungsausspruchs in Höhe von 15.000,00 EUR, wegen der Abmahnkosten in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 15.000,00 EUR
Gründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie hat im Ergebnis teilweise Erfolg.A.
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Kurz zusammenfassend:
Die Parteien stehen in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis als Vertreiber von Elektroartikeln. Der Beklagte hat ins Internet folgende Belehrung eingestellt (K 3 = Bl. 14):
Ausschließlich Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht: ...
In Ziff. 1 Abs. 2 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen gab der Beklagte eine Definition der Begriffe Verbraucher und Unternehmer (Bl. 28).
Der Kläger hat in dieser Art der Belehrung einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 312 c, 312 d, 355 BGB und Art. 7 Abs. 4 c und e UGP-RL gesehen, weil der angesprochene Kunde entgegen dem Belehrungsziel durch diese Art der Belehrung nicht wisse, ob er widerrufen könne oder nicht. Der zu beanstandende Eingangssatz stelle eine Bedingung dar, welche in unzulässiger Weise die Belehrung verunklare.
Der Kläger hat zunächst beantragt (Bl. 81/82):
[wie im Kern zweitinstanzlich anfänglich erneut].
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat dafür gehalten, da nur dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehe, dass die Belehrung diesen Umstand aufnehmen dürfe und ihn in beanstandungsfreier Weise nur klargestellt habe. Den Wertungsansatz des Klägers erachtet er als an Verstiegenheit kaum zu überbieten (Bl. 25).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Belehrung der Gesetzeslage entspreche. Der Begriff Verbraucher werde durch Parallelwertung in der Laiensphäre auch zutreffend aufgenommen. Die drucktechnische Hervorhebung unterstreiche nur den Schwerpunkt des Inhalts der Belehrung.
Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers ,
welcher unter vertiefender Wiederholung an seinen Wertungen festhält.
Der Kläger hat zunächst beantragt (Bl. 81/82):
Das Urteil der 32. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 15.07.2008 - Az. 32 O 44/08 KfH - wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Dem Beklagten wird untersagt, bei Internetverkäufen eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, die die nachfolgende Formulierung wörtlich oder sinngemäß enthält:
Ausschließlich Verbraucher haben das folgende gesetzliche Widerrufsrecht
soweit der Beklagte nicht jeweils klarstellt, dass der Adressat der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall als Verbraucher angesehen wird.
2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-- (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 755,80 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten übe dem Basiszinssatz seit 26.04.2008 zu bezahlen.
Nach Einführung in den Sach- und Streitsstand durch den Senat hat der Kläger den Antrag Ziff. 1 in dessen soweit-Teil dahin geändert, dass dieser nun lautet:
es sei denn, der Beklagte stellt jeweils klar, dass der Adressat der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall als Verbraucher angesehen wird.
Der Beklagte beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).B.1.
Der Senat vermag dem Wertungsansatz des Klägers nicht zu folgen.
a) Zu Recht nicht streitig ist, dass dem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag gemäß § 312 d Abs. 1 S. 1 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht und dass der Unternehmer nach § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB den Verbraucher darüber u.a. klar und verständlich zu belehren hat.
b) Auch der Kläger stellt letztlich nicht in Abrede, dass nur einem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht, dass damit nur dieser zu belehren ist, nicht aber ein kaufwilliger Unternehmer (Hamm OLG-Report 2008, 673 [juris Tz. 31]; Masuch in MünchKomm, BGB, 5. Aufl. [2007], § 355, 12 und 23; Medicus in Prütting/Wegen/ Weinreich, BGB, 3. Aufl. [2008], § 355, 4; Grothe in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. [2007], § 355, 4 und 8; Stadler in Jauernig, BGB, 12. Aufl. [2007], § 355, 4; Schulze in Hk-BGB, 5. Aufl. [2007], § 355, 4 und 6; Wildemann in jurisPK-BGB [Stand: 06.10.2008], § 355, 7). Würde auch ein Käufer, der Unternehmer ist, über sein Widerrufsrecht belehrt, so wäre Folge einer solchen Belehrung, dass auch dem Unternehmer entgegen der Gesetzeslage ein Widerrufsrecht im Sinne eines vertraglichen Rücktrittsrechts zustünde (BGH NJW 1982, 2313 [juris Tz. 24]; Grüneberg in Palandt, BGB, 67. Aufl. [2008], § 355, 13).
Dies verkennt auch der Kläger nicht (Bl. 5).
c) Soweit der Kläger zur Vermeidung dieser Rechtsfolge und als grundlegenden Wertungsansatz für seine Position u.a. ausführt: Will der Verkäufer diese für ihn missliche Rechtsfolge vermeiden, muss er in jedem Einzelfall bei Vertragsschluss selbst prüfen, ob der Kunde Verbraucher ist und ob ihm deshalb ein Widerrufsrecht zusteht. Verneint er dies, muss er auf die Belehrung verzichten. Diese Prüfung will sich der Beklagte über den eingefügten Belehrungszusatz auf Kosten der Verbraucher ersparen. Aber dem Verbraucher soll diese Prüfung zumutbar sein€! (Bl. 5). Mit seiner davon abweichenden Formulierung bürdet der Beklagte hingegen dem Käufer als Laien die Prüfung auf, ob und wann dieser 'Verbraucher' i.S.d. Widerrufsbelehrung ist (Bl. 4), und: Es ist gerade nicht Aufgabe des Beklagten, den Käufern zu erläutern, unter welchen Voraussetzungen sie ein Widerrufsrecht haben, sondern der Beklagte muss die Kunden über ihr Widerrufsrecht belehren , und zwar so, dass sie hinterher zweifelsfrei wissen, ob sie nun ein Widerrufsrecht haben oder nicht (Bl. 33, vgl. auch Bl. 4, 90, 98). Damit macht der Kläger die Belehrungspflicht zu einer Sachaufklärungspflicht des Verkäufers und überzeichnet so eine Verbraucherschutzvorschrift in unvertretbarer Weise zu einer Norm, die maßgebliches Streitrisiko entgegen der Gesetzeslage dem verkaufenden Unternehmer auferlegt.
aa) Denn - wie dargestellt - nur einem Verbraucher steht das Widerrufsrecht zu, weshalb auch nur ein Verbraucher zu belehren ist.
bb) Der Käufer kann von seinem Widerrufsrecht seinerseits aber nur berechtigt Gebrauch machen, wenn er nachweist, dass er Verbraucher ist. Denn die Darlegungs- und Beweislast für diese seine zum Widerruf berechtigende Eigenschaft trägt der Käufer (herrschend, so zu § 13 BGB: BGH NJW 2007, 2619 [Tz. 12 und 13]; OLG Celle NJW-RR 2004, 1645, 1646 [je zu §§ 474 f BGB]; Heinrichs/Ellenberger in Palandt a.a.O. § 13, 4 und 7; Micklitz in MünchKomm, BGB, 5. Aufl. [2006], § 13, 32; Saenger in Erman, BGB, 12. Aufl. [2008], § 13, 17 und 20; Schmidt-Räntsch in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. [2007], § 13, 15 und 17; Dörner in Hk-BGB, 5. Aufl. [2007], §§ 13 und 14, Rdn. 2; zu § 355 BGB oder allgemein zu den Verbraucherschutzvorschriften im Zusammenhang mit § 13 BGB: Masuch a.a.O. § 355, 14 und 39; Weick in Staudinger, BGB [2004], § 13, 67; Kaiser in Staudinger, BGB [2004], § 355, 67; Prütting in Prütting/Wegen/Weinreich a.a.O. § 13, 13; Ring in AnwKomm-BGB [2005], § 13, 34; vgl. auch Habersack BKR 2001, 72, 73; a.A. Wildemann in jurisPK-BGB a.a.O. § 355, 8 [allerdings unter Berufung auf ältere Rechtsprechung und auf BT-Drs. 14/6857 {S. 33 zu Nr. 113}, die sich aber zu § 491 Abs. 1 S. 2 BGB verhält, der geändert worden ist {vgl. gerade zur Bedeutung dieser Gesetzesänderung für die Beweislast: Masuch a.a.O. § 355, 14; Prütting a.a.O. § 13, 13}]; Ring a.a.O. § 355, 108 [dort aber nur zur Ordnungsgemäßheit der Belehrung]).
cc) § 355 Abs. 2 S. 4 BGB, der, ist der Fristbeginn streitig, die Beweislast dem Unternehmer auferlegt, ändert daran nichts (vgl. Grüneberg a.a.O. § 355, 23; Masuch a.a.O. § 355, 55; ferner allg. Saenger a.a.O. § 355, 21; Grothe a.a.O. § 355, 17). Denn der Fristbeginn kann nur in Bezug auf einen Verbraucher von Bedeutung sein. Damit wird eine Unterfrage angesprochen, falls es sich um einen Verbrauchervertrag handelt. Es geht damit nur um die Ordnungsgemäßheit der Belehrung des Verbrauchers (Masuch a.a.O. § 355, 55; in diesem Sinne kann auch nur die vom Kläger für seine Rechtsmeinung in Bezug genommene Passage im Aufsatz von Masuch NJW 2008, 1700, 1703 verstanden werden), nämlich um die Beachtung formaler und inhaltlicher Voraussetzungen der Widerrufsbelehrung und ihre Mitteilung (Stadler in Jauernig a.a.O. § 355, 18; vgl. auch Saenger a.a.O. § 355, 14; Kaiser a.a.O. 68). Daraus kann gar im Umkehrschluss gefolgert werden, dass im Übrigen die Beweislastverteilung eine andere ist.
Danach hat der Verbraucher seine Verbrauchereigenschaft nachzuweisen.
dd) Dass die alte (vgl. hierzu etwa Grothe a.a.O. § 355, 19; Medicus a.a.O. § 355, 14; Saenger a.a.O. § 355, 21 - Anhang) wie die neue (BGBl I 2008, 293 bis 294) Musterbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-InfoV beginnt mit: Sie können Ihre Vertragserklärung ... widerrufen ... , steht dieser Wertung ebenso wenig entgegen. Zwar soll dann der Verwender mit dieser Belehrung den gesetzlichen Anforderungen gerecht geworden sein (so § 14 Abs. 1 BGB-InfoV; vgl. auch Grüneberg a.a.O. § 355, 14; Saenger a.a.O. § 355, 12; Masuch a.a.O. § 355, 56; Medicus a.a.O. § 355, 13; Stadler a.a.O. § 355, 13; vgl. auch Wildemann a.a.O. § 355, 45; vgl. aber zur Verwendung dieser Belehrung im Internet: Zweibrücken OLG-Report 2007, 753 [juris Tz. 16]; OLG des Landes Sachsen-Anhalt U. v. 13.07.2007 - 10 U 30/07-Hs [juris Tz. 46]; KG GRUR-RR 2008, 131 [juris Tz. 9]; OLG Köln GRUR-RR 2008, 88 [juris Tz. 21, 23 und allg. 31]). Sie ist aber jedenfalls nicht obligatorisch einzusetzen; der Unternehmer kann einen eigenen Text verwenden (Grüneberg a.a.O. 14; Grothe a.a.O. 7; vgl. auch Masuch a.a.O. § 355, 56; Medicus a.a.O. § 355, 13; Stadler a.a.O. § 355, 13). Da die Musterbelehrung eine Belehrungspflicht zu Grunde legt, regelt sie nur diesen Fall. Sie gibt keineswegs vor, dass auch gegenüber Unternehmern so belehrt werden müsse. Denn sonst würde eine von Gesetz und Richtlinie abweichende Rechtslage geschaffen. Dass (so Kläger Bl. 85) in den Gestaltungshinweisen zur Musterbelehrung nur in einzelnen Ziffern der Verbraucher angesprochen werde, trägt nicht den Schluss, dass der Verbraucher als Adressat der Widerrufsbelehrung mit dem Begriff des Verbrauchers nicht belastet werden dürfe. Dies verfängt ungeachtet der vorangegangenen rechtsgrundsätzlichen Erwägungen auch schon deshalb nicht, da die Erwähnung des Verbrauchers in dem vom Kläger in Bezug genommenen Gestaltungshinweis für die neue Musterbelehrung (vgl. Ziff. 7) gerade entfallen ist.
ee) Auch die Hinweise des Klägers auf Kommentierungen zur Belehrungspflicht nach § 358 Abs. 5 BGB helfen ihm nicht weiter. Zwar liest sich insoweit etwa: Ein abstrakter Hinw etwa des Inhalts, dass im Fall einer wirtschaftlichen Einheit zw Kauf- und Darlehensvertrag der Widerruf auch den Kaufvertrag hinfällig mache, genügt nicht. Auf den verbundenen Kaufvertrag muss ausdr hingewiesen werden, ein vager Hinw auf 'weitere mitfinanzierte Geschäfte' reicht nicht aus (Saenger a.a.O. § 358, 22) und: Das Risiko einer Falschbeurteilung trägt diejenige Person, der die Belehrung obliegt. Das ist bei Abs 1 der Unternehmer und bei Abs 2 S 1 der Darlehensgeber ... Dabei darf die Belehrung nicht allg bleiben, etwa in dem Sinn, der Widerruf wirke auch für einen etwa verbundenen Vertrag. Denn damit würde die Last der Entscheidung darüber, ob eine Vertragsverbindung vorliegt, auf den Verbraucher abgeschoben, der die maßgeblichen Umstände kaum kennen kann (Medicus a.a.O. § 358, 21; vgl. auch Habersack a.a.O. § 358, 71; Schulze a.a.O. § 358, 13). Damit ist aber nicht die Belehrungspflicht nach § 355 BGB betroffen (Kessal-Wulf in Staudinger, BGB [2004], § 358, 58; Ring a.a.O. § 358, 74); geregelt wird insoweit durch die Sondernorm des Abs. 5 nur der Fall des § 358 BGB (Habersack a.a.O. 71), die Belehrungspflicht des § 355 BGB wird für diese Fallgestaltung erweitert (Saenger a.a.O. § 358, 22; Medicus a.a.O. 21; Schulze a.a.O. § 358, 13; Kessal-Wulf a.a.O. § 358, 56; Ring a.a.O. § 358, 73). Für diese unterschiedlichen Belehrungsanforderungen gibt es auch eine innere Rechtfertigung: Die in der Sphäre des Kunden liegenden Verbrauchereigenschaften erschließen sich dem Unternehmer nur schwer. Anders verhält es sich beim Merkmal des verbundenen Vertrages, da der Darlehensgeber daran selbst beteiligt ist, die Verhältnisse in seiner Sphäre liegen und er danach die Zusammenhänge, in der Regel weit besser als der Kunde, übersehen kann, weshalb ihm eine entsprechende Belehrung auch zumutbar ist.
ff) Und zuletzt verfängt auch der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgebrachte und damit im Berufungsrechtszug neue (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl. [2007], § 296 a, 3) Hinweis auf Art. 7 Abs. 4 c (so Bl. 56) bzw. e (so Bl. 90) der Richtlinie 2005/29/EG nicht. Ob nach der hier einzig einschlägigen Vorschrift des Art. 7 Abs. 4 e UGP-RL die wesentliche Information über das Bestehen eines Widerrufsrechts vorenthalten worden ist, betrifft die hier identische und bereits abgehandelte Frage. Dass die von der Richtlinie letztlich in Bezug genommene und ihrerseits Grundlage der §§ 355 ff BGB bildende FernabsatzRL 97/7/EG vom 20.05.1997 (vgl. hierzu Grüneberg a.a.O. Vorb v § 355, 2; Saenger a.a.O. Vor §§ 355-359, 1; Masuch a.a.O. § 355, 5) über das umgesetzte deutsche Recht hinausginge und damit ein weiterreichendes Verständnis auch der Belehrungspflicht nach § 355 BGB geböte, ist weder aufgezeigt noch ersichtlich (vgl. auch Art. 4 Abs. 1 f, Abs. 2, Art. 6 und Art. 14 der RL 97/7/EG).
Die Belehrung kann danach so gefasst sein, dass sie im Ergebnis klar stellt, dass nur ein Verbraucher widerrufen darf. Sie darf - entgegen den vielfältigen gegenläufigen Beanstandungen des Klägers (vgl. etwa auch: Es ist gerade nicht Aufgabe des Beklagten, den Käufern zu erläutern, unter welchen Voraussetzungen sie ein Widerrufsrecht haben, sondern der Beklagte muss die Kunden über ihr Widerrufsrecht belehren , und zwar so, dass sie hinterher zweifelsfrei wissen, ob sie nun ein Widerrufsrecht haben oder nicht. [Bl. 33], Eine nur bedingte Belehrung ...ist weder klar noch eindeutig,.. [Bl. 84], Dem wird eine lediglich bedingte Belehrung... nicht gerecht. [Bl. 90] - letztlich bedingt sein. Eine solche - denktheoretisch mögliche - Fassung muss aber dem Klarheits- und Eindeutigkeitsgebot des Gesetzes entsprechen.2.
Dieses Gebot verfehlt aber die vorliegende Belehrung, weshalb der Berufung aus diesem Grund ein (Teil-)Erfolg beschieden ist.a)
aa) Das gemäß Art. 4 Abs. 2 RL 97/07/EG und dementsprechend § 355 Abs. 2 BGB vorgegebene Deutlichkeits- und Transparenzgebot (vgl. etwa BGH NJW 2002, 3396, 3397; Grüneberg a.a.O. § 355, 16; Masuch a.a.O. § 355, 46; Saenger a.a.O. § 355, 10; BGH NJW-RR 2004, 751, 752 [zu § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG]; 2005, 1217, 1218 [zu § 2 Abs. 1 HWiG]) kann dadurch verletzt werden, dass die Belehrung missverständlich gefasst ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1217, 1218; NJW 2002, 3396 = GRUR 2002, 1085 [juris Tz. 16] - Belehrungszusatz ; OLG des Landes Sachsen-Anhalt U. v. 13.07.2007 - 10 U 30/07-Hs [juris Tz. 40]; KG GRUR-RR 2008, 131 [juris Tz. 33]; Schleswig OLG-Report 2007, 929 [juris Tz. 21]; OLG Köln GRUR-RR 2008, 88 [juris Tz. 14]), insbesondere verwirrende oder ablenkende Zusätze enthält (BGH a.a.O. [juris Tz. 17] - Belehrungszusatz ; Grüneberg a.a.O. § 355, 16; Masuch a.a.O. § 355, 46; Saenger a.a.O. § 355, 10; Medicus a.a.O. § 355, 11). Unklarheiten gehen zu Lasten des Unternehmers (Saenger a.a.O. § 355, 10; Grothe a.a.O. § 355, 7; Ring a.a.O. § 355, 60).
bb) Dabei ist abzustellen auf die Verständlichkeit, die am vom EuGH entwickelten Verbraucherleitbild zu messen ist (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 RL 2005/29/EG [Durchschnittsverbraucher]; Schulze in Hk-BGB a.a.O. § 355, 13).
cc) Der Zusatz
Ausschließlich Verbraucher ...
stellt eine beanstandungswürdige Verunklarung dar. Zwar wird damit im Ansatz nur das Gesetz umgesetzt und eine gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung des Widerrufsrechts benannt. Der Begriff des Verbrauchers nach dem gesetzlich eröffneten Widerrufsrecht ist aber, wie auch das Vorbringen des Beklagten im Ergebnis selbst veranschaulicht, wonach der Begriff 'Verbraucher' ... im allgemeinen Sprachgebrauch bestens verbreitet [ist] (Bl. 25), nicht deckungsgleich mit dem Verbraucher im landläufigen Sinne.
(1) Bei der Abgrenzung von § 13 (Verbraucher) zu § 14 BGB (Unternehmer) stellt das Gesetz nicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein geschäftlicher Erfahrung, etwa aufgrund einer bereits ausgeübten gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit, ab; vielmehr kommt es darauf an, ob das Verhalten der Sache nach dem privaten - dann Verbraucherhandeln - oder dem gewerblichen-beruflichen Bereich - dann Unternehmertum - zuzuordnen ist. Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung, z.B. die Miete von Geschäftsräumen, der Abschluss eines Franchisevertrags oder der Kauf eines Anteils an einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis, sind nach den objektiven Umständen klar auf unternehmerisches Handeln ausgerichtet (BGH NJW 2008, 435 [Tz. 6]; vgl. auch WM 2007, 1833 [Tz. 17]).
(2) Dabei ist der europarechtliche Verbraucherbegriff schon nicht identisch mit dem in § 13 BGB (vgl. etwa Prütting in Prütting/Wegen/Weinreich a.a.O. § 13, 3 und 6; Saenger a.a.O. § 13, 1; Schmidt-Räntsch in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. [2007], § 13, 4; vgl. auch Micklitz in MünchKomm a.a.O. § 13, 4; Weick in Staudinger a.a.O. § 13, 13 und 30; Ring a.a.O. § 13, 21).
(3) Demgegenüber ist das hier schon nicht ausschlaggebende umgangssprachliche Verständnis weniger trennungsscharf und führt insbesondere nicht zu deckungsgleichen Ergebnissen in Bezug auf den hier nur maßgeblichen § 13 BGB. Denn als Verbraucher oder Konsument wird im umgangssprachlichen Sinne eine natürliche Person bezeichnet, die Waren und Dienstleistungen zur eigenen Bedürfnisbefriedigung käuflich erwirbt (Wikipedia; nach Brockhaus-Enzyklopädie [2006], 3. Wirtschaft ).
(4) Danach wird deutlich, dass es keinen einheitlichen Verbraucherbegriff gibt, den sich der Kunde in Parallelwertung in der Laiensphäre bei der vom Beklagten gewährten Fassung der Belehrung so hinlänglich sicher erschließen kann, dass die Belehrung das leistet, was sie zu leisten hat: Den Kunden richtig und vollständig über seine Rechte aufzuklären und ihm eine entsprechende Rechtsausübung zu ermöglichen. Zudem vermögen Stellung, Wortwahl und drucktechnische Hervorhebung von Ausschließlich Verbraucher ... bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher den Eindruck einer Ausnahmeregelung zu erwecken, was ferner geeignet ist, diese von der Ausübung eines ihnen zustehenden Widerrufsrechts abzuhalten.
b) Danach ist die Belehrung in ihrem Einleitungssatz beanstandungswürdig.
aa) Dies nimmt auch der Klage-/Berufungsantrag auf. Soweit er im soweit-Satz dem Beklagten vorgeben will, wie er den durch den Einleitungssatz begründeten Verbotsbereich zu verlassen hat, begegnet diese Vorgabe durchgreifenden Bedenken. Denn damit will der Kläger seine Rechtsmeinung dem Beklagten als bindende Handlungsdirektive vorgeben (bei Unklarheit, ob der Vertragspartner Verbraucher ist, Vorabermittlung der Verbrauchereigenschaft des Kunden oder Belehrung jedes Kunden; Er möchte seinem Personal die Prüfung im Einzelfall ersparen, ob der Käufer als Verbraucher einzustufen ist,... [Bl. 5], Von Gesetzes wegen muss er schließlich nur Verbraucher belehren. Mit anderen Worten kann der Beklagte der Gefahr einer unnötigen Belehrung eines Unternehmers... einfach dadurch entgegen, dass er vor Erteilung der Belehrung prüft, ob sein Vertragspartner Verbraucher oder Unternehmer ist. Diese Mühe will sich der Beklagte freilich - auf Kosten der Verbraucherrechte - ersparen... [Bl. 37]). Dieser Rechtsmeinung vermag der Senat - wie dargestellt - jedoch nicht zu folgen. Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat diese seine durchgängige Begründung, eine Belehrung dürfe nicht bedingt sein, und der Beklagte müsse, wolle er eine Erstreckung der Belehrung auch auf Unternehmer vermeiden, selbst die jeweilige Verbrauchereigenschaft eines möglichen Vertragspartners vorher aufklären, zum nicht tragenden Argument unter anderen herabstufen will, verkennt er, dass der Streitgegenstand gerade auch durch die - zumal vorliegend wiederholend bekräftigte - Klagebegründung mit bestimmt wird (herrschend, statt vieler: BGH GRUR 2008, 443 [Tz. 24] - Saugeinlagen ). Dies gilt umso mehr, als das zweite Element, welches den Streitgegenstand mit schafft, der Antrag (herrschend, statt vieler: BGH WRP 2008, 220 [Tz. 15] - Telefonaktion ), eben dieses Anliegen ausdrücklich aufgenommen hat.
bb) Deshalb ist der in den soweit-, nun es sei denn - Satz aufgenommene Antragsteil unbegründet und unterfällt der Abweisung. Denn vorliegend geht es nicht um ohne- zu - Beifügungen im Antrag, welche vernachlässigbar sind, wenn sie nur die selbstverständliche Klarstellung enthalten, dass die behauptete Irreführung durch hinreichend deutlich aufklärende Hinweise ausgeräumt werden könne (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2008, 84 [Tz. 16] - Versandkosten; GRUR 2000, 619, 620 - Orient-Teppichmuster ). Vorliegend gab der Antragsteil,
soweit der Beklagte nicht jeweils klar stellt, dass der Adressat der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall als Verbraucher angesehen wird,
aber vor, dass die Belehrung dem Adressaten die Verbrauchereigenschaft gleichsam attestieren müsse. Danach wird keine offenbare Selbstverständlichkeit in diesen Antragsteil aufgenommen, sondern eine Verhaltensdirektive, ohne die nach der Antragsvorgabe des Klägers eine Belehrung nicht zulässig sein soll. Daran ändert auch die nun umgestellte Antragsfassung (es sei denn...) nichts. Denn damit will der Kläger die Belehrung verboten haben, es sei denn = außer wenn (siehe hierzu Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache [es sei denn]; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch [denn²]) klargestellt wird, dass der Adressat im konkreten Fall als Verbraucher angesehen wird. Auch hier wird ein Unterlassungs- mit einem konkreten Verhaltensgebot zusammengespannt. Einen Anspruch in dieser Ausprägung hat der Kläger aber nicht.
cc) Dies führt allerdings vorliegend nicht zur Gesamtabweisung des Begehrens. Zwar ist insbesondere die Literatur nicht arm an Warnungen vor den Gefahren, welche gerade mit sofern-nicht- oder soweit-nicht- oder es-sei-denn-Sätzen in Unterlassungsanträgen einhergehen (vgl. etwa Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl. [2007], Kap. 51, 21; Jestaedt in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl. [2005], Kap. 22, 25), weil sie zumeist den Antrag unbestimmt und damit unzulässig machen (vgl. Teplitzky a.a.O. 23; Jestaedt a.a.O 25; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. [2000, Rdn. 340), oder, selbst wenn ihnen eine derartige Verunklarungswirkung nicht innewohnt, den Antrag jedenfalls unbegründet machen (Teplitzky a.a.O. 27; Jestaedt a.a.O. 25), weil für positive Auflagen im Rahmen des Unterlassungsgebots kein Raum ist (Melullis a.a.O. 339 m. N.). Der Senat fasst - wie er auch in der mündlichen Verhandlung kund getan und was keinen Widerspruch erfahren hat - den Antrag nicht als untrennbare Einheit auf, sondern als Verbotsbegehren hinsichtlich der Belehrungsformel, welche ergänzt wird von einem weiteren gleichsam Feststellungsanliegen auf lauterkeitsrechtliches Wohlverhalten im konkreten Falle. Dies findet auch seinen Ausdruck in der Abmahnung (K 4, dort Bl. 17), welche diese - unberechtigte - Handlungsalternative nicht aufgenommen hatte. Dieses Anliegen ist selbstständig und kann danach auch eigenständig abgewiesen werden.
dd) Zwar erachtet der Senat entgegen dem apodiktischen Ansatz der Klage es für denkbar, dass eine Belehrung geschehen darf und kann, welche die Beschränkung des Widerrufsrechts nur auf Verbraucher, wie vom Gesetz vorgesehen, ausdrückt. In der beanstandeten Fassung ist dies dem Beklagten jedoch nicht gelungen. Wie sich der Beklagte aus dem Verbotsbereich entfernen kann, steht in seiner Verantwortung und ist vom Senat nicht zu klären. Denn es ist Sache des Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbot herausführen (herrschend: etwa BGH GRUR 2005, 692 [juris Tz. 18] - statt-Preis ; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. [2008], § 12 UWG, 2.45; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. [2006], § 12, 69; Brüning in Harte/Henning, UWG [2004], Vor § 12, 108).
ee) Dies wird durch die Wiedergabe von Begriffsbestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten ebenso wenig geleistet, da es insoweit schon an der gebotenen räumlichen Einheit der Belehrung mangelt (vgl. hierzu OLG Hamm a.a.O. [juris Tz. 33]; vgl. auch Grüneberg a.a.O. § 355, 16; Masuch a.a.O. § 355, 49).3.
a) Ein Verstoß gegen die Unterrichtungspflichten des Unternehmers bei Fernabsatzverträgen unterfällt § 4 Nr. 11 UWG (BGH GRUR 2007, 159 [Tz. 30] - Anbieterkennzeichnung im Internet ; Hamm OLG-Report 2008, 673 [juris Tz. 30]).
b) Die zum Schutz des Verbrauchers aufgestellten Informationspflichten werden als wesentlich im Sinn des § 3 UWG (Bagatellgrenze) angesehen (OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 232 [juris Tz. 82 und 84, zu § 312 d BGB]; OLG Oldenburg WRP 2007, 96 [juris Tz. 33, zur Informationspflicht nach Pkw-EnVKV]; ferner Ullmann in jurisPK-UWG [Stand: 15.04.2008], § 3, 41; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. § 3, 79).4.
Gegen die Geltendmachung der Abmahnkosten bestehen keine Bedenken.
a) Sie unterliegen nicht der (Teil-)Abweisung, weil das Klagebegehren seinerseits teilweise abzuweisen ist. Denn zum einen sind die Abmahnkosten auch dann in voller Höhe zu entrichten, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt ist (BGH GRUR 2008, 1010 [Tz. 50] - Payback). Zum anderen war die Abmahnung selbst, da die zur Abgabe vorgefertigte Unterlassungserklärung ohne den hier abweisungsreifen soweit-Satz war, nicht zu beanstanden.
b) Die Abmahnkosten sind, ist wie vorliegend derselbe Gegenstand betroffen, auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (BGH B. v. 02.10.2008 - I ZB 30/08 [Tz. 10 und 11] - zu Abmahnkosten; NJW 2008, 1323, 1324 [Tz. 6]). Die zuvor bereits entstandene Geschäftsgebühr selbst bleibt danach von der Anrechnung unangetastet (BGH a.a.O. 1324 [Tz. 6]).
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
Der Senat bewertet das Interesse des Klägers am Verbot der Eingangsformel der Belehrung und an der bindenden Handlungsvorgabe im soweit-Satz als gleichwertig, zumal der in der Verhaltensdirektive zum Ausdruck gekommene Wertungsansatz das gesamte Rechtsschutzziel des Klägers maßgeblich geprägt hat. Dies rechtfertigt die Kostenaufhebung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Senat folgt der landgerichtlichen Streitwertbemessung, welche der Kläger selbst mehrfach vorgegeben hatte und die keinen Widerspruch des Beklagten erfahren hat.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 11.12.2008
Az: 2 U 57/08
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