Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 19. Dezember 2002
Aktenzeichen: 15 L 4148/02
(VG Düsseldorf: Beschluss v. 19.12.2002, Az.: 15 L 4148/02)
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Internet-Service-Provider und bietet ihren Kunden u.a. den Zugang zum Internet an ("Access-Provider"). Bei den Kunden der Antragstellerin handelt es sich nach ihren Angaben hauptsächlich um Geschäftskunden, die die Dienstleistungen der Antragstellerin für den email-Verkehr und den Internet-Zugang in ihren Betrieben nutzen, aber auch um einige Privatkunden.
Über den von der Antragstellerin angebotenen Zugang ist auch der Zugriff auf die Homepages http://www.O.com (im Folgenden: nazilauck.com) und http://www.T.org (im Folgenden: T.org) möglich. Auf der webside O.com wird u.a. für das "nationalsozialistische Programm X1", für rechtsradikale Musikgruppen ("A", "K") sowie für eine "Nachbildung eines Zyklon B Kanisters in Museumsqualität - Marke Konzentrationslager Ausschwitz" geworben, und es werden entsprechende Links zur Verfügung gestellt. Außerdem finden sich Ratschläge wie "Wie du das Internet als Propagandawaffe nutzen kannst!", in denen sich auch Hinweise finden, wie man eine gesperrte oder verbotene Netzseite aufrufen kann. Stormfront.org. bezeichnet sich selbst als den "Erste[n] weiße[n] nationalistische[n] Aufstellungsort auf dem Netz"; dort wird u.a. die Schaffung "Befreiter Zonen" in Deutschland propagiert, und es werden eine Reihe nationalsozialistischer Symbole angeboten.
Im August 2001 teilte die Antragsgegnerin in einem "Rundschreiben an alle Provider in Nordrhein-Westfalen" diesen mit, in der letzten Zeit habe es vermehrt Meldungen über rechtsextremistische Seiten im Internet auch auf Servern deutscher Provider gegeben. Einige Provider hätten mittlerweile Erfolge bei der Beseitigung rechtsradikaler Angebote im Internet erzielt; so sei es einem E2 Provider gelungen, dem rechtsextremen Netzwerk "C" die Internetadresse zu sperren. Von daher würden alle nordrheinwestfälischen Provider zur Mithilfe bei der Beseitigung derartiger Domains aufgerufen.
Unter dem 4. Oktober 2001 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass diese den Zugang zu den websides O.com und T.org vermittele und sie beabsichtige, eine dementsprechende Sperrungsverfügung zu erlassen. Zugleich informierte sie die Antragstellerin über die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung am 13. November 2001, zu der sie alle ihr bekannten Access-Provider in Nordrhein- Westfalen eingeladen hatte. An dieser mündlichen Anhörung nahm für die Antragstellerin ihr Geschäftsführer teil. Er äußerte sich dabei dahingehend, dass er gegen eine Sperrung bzw. ein Verbot sei, da er derartige schändliche Websides lieber mit Argumenten bekämpfe. Außerdem habe die Antragsgegnerin nicht genug getan, um die amerikanischen Behörden oder Gerichte zu einem Vorgehen gegen die in den USA ansässigen Service-Provider zu veranlassen. Am Ende der z.T. kontroversen Diskussion wurde ausweislich der entsprechenden Zusammenfassung des Regierungspräsidenten C vereinbart, dass an die Access-Provider Sperrungsverfügungen ergehen, gleichzeitig aber auch eine Projektgruppe gebildet wird, in der nach technischen Möglichkeiten gesucht werde, die wirtschaftlich für die Provider-Wirtschaft nach Möglichkeit schonend, aber auch zielgenau seien. Diese Projektgruppe, der auch mehrere Provider angehörten, solle unter Führung der Universität E3 bis Ende April 2002 die Realisierbarkeit einer Sperrung abklären.
Mit Sperrungsverfügung vom 6. Februar 2002 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf, den Zugang zur Nutzung der Internet-Seiten O-com und T.org. im Rahmen des von dieser vermittelten Nutzungsangebotes zu sperren. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, sie sei für die Einhaltung der Bestimmungen des Mediendienstestaatsvertrages zuständig und treffe daher die zur Beseitigung eines Verstoßes erforderlichen Maßnahmen. Die genannten Internetseiten enthielten unzulässige Inhalte. Die Seite T.org habe - auch auf Grund ihrer zahlreichen Links zu Seiten, die sich mit Grundsatzfragen der rassistischen Ideologie beschäftigten - insgesamt die Funktion einer Verteilerdrehscheibe auch für die deutsche rechtsextremistische Szene. Dieses Angebot, das insgesamt ähnlich einer Zeitung nach Sparten redaktionell gestaltet sei, sei unzulässig, weil es gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoße, indem zum Hass gegen Juden und Ausländer aufgestachelt werde, und weil dort außerdem Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet würden. Weiterhin werde der Krieg verherrlicht, hilfsweise sei das Angebot auch geeignet, Kinder und Jugendliche sitlich zu gefährden, da die auf dieser Seite propagierte nationalsozialistische Ideologie mit den sittlichen Grundwerten der Gesellschafts- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland unvereinbar sei. Auf der Seite O.com, die ebenfalls ähnlich einer Zeitung redaktionell gestaltet sei, werde nationalsozialistisches Propagandamaterial angeboten, und es würden die Opfer des Nationalsozialismus auf zynische Art verunglimpft. Auch diese Seite habe auf Grund der zahlreichen Verweise und Links die Funktion einer Verteilerscheibe für die deutsche rechtsextremistische Szene; das Angebot verstoße ebenfalls gegen den Mediendienstestaatsvertrag, weil es strafrechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufe, den Krieg verherrliche und hilfsweise darüber hinaus auch offensichtlich geeignet sei, Kinder und Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. Nach den Bestimmungen des Mediendienstestaatsvertrages könnten Maßnahmen auch gegen Anbieter für fremde Inhalte, zu denen lediglich der Zugang vermittelt werde ("Access-Provider"), gerichtet werden, wenn sich Maßnahmen gegenüber Content- und Service-Providern als nicht durchführbar oder nicht Erfolg versprechend erweisen. Bestandteil der o.g. unzulässigen Angebote seien etliche Links zu deutschen Content-Providern. Alle Versuche, jene durch technische Abfragen zu ermitteln, seien ohne Erfolg geblieben, da die Content-Provider anonym agierten bzw. offensichtlich Scherz- oder Deckadressen angegeben hätten. Eine direkte Inanspruchnahme der Service- Provider T.org und O.com erweise sich mangels Anerkennung und Vollstreckbarkeit eines europäischen Urteils oder Titels in den USA als nicht durchführbar. Auf eine tatsächliche Aufforderung der Antragsgegnerin und der gemeinsamen Stelle der Jugendministerien "Jugendschutznet", die beiden unzulässigen Angebote zu sperren, hätten diesen beiden Service-Provider nicht reagiert, sodass Maßnahmen gegen die im Sinne des Mediendienstestaatsvertrages Verantwortlichen weder durchführbar noch Erfolg versprechend seien. Die Sperrung der o.g. unzulässigen Angebote sei auch technisch möglich. Als Ergebnis der durchgeführten technischen Recherchen und des Anhörungsverfahrens ergäben sich nach dem derzeitigen Stand der Technik drei Sperrmöglichkeiten, nämlich 1. der Ausschluss von Domains im Domain-Name-Server (DNS), 2. die Verwendung eines Proxy-Servers, mit dem Anfragen auf die unzulässigen Angebote gefiltert oder aber auf eine andere vordefinierte Seite im Browser umgeleitet würden und 3. der Ausschluss von IP`s durch Sperrung im Router. Weitere technische Möglichkeiten seien derzeit noch in der Erprobung. Bereits die genannten Sperrmöglichkeiten bewirkten - ohne technische Veränderungen am Rechner des Nutzers -, dass bei Eingabe der o.g. Domain-Namen die unzulässigen Angebote nicht mehr abgerufen werden könnten. Außerdem hätten mehrere Zugangsvermittler die unzulässigen Angebote mittlerweile gesperrt, womit bewiesen sei, dass die Sperrung technisch möglich sei. Die Maßnahme sei auch zumutbar, da die Sperrung durch Ausschluss von Domains in DNS ausreichend sei, sich diese Sperrvariante durch einfache Konfiguration der DNS herbeiführen lasse und sie nur einen einmaligen geringen Personalaufwand erfordere. Auf der anderen Seite müsse bei einer weiteren Verbreitung unzulässiger rechtsextremistischer Inhalte damit gerechnet werden, dass diese auch bei etlichen Nutzern verfingen, womit nicht nur eine abstrakte, sondern auch eine konkrete Gefahr entstehe, da im Letzten Verfassungsschutzbericht knapp 16000 Straftaten mit erwiesenem oder vermutetem rechtsextremistischem Hintergrund verzeichnet seien, davon mehr als 1000 Gewaltdelikte bzw. Angriffe gegen Personen. Die Sperrung sei auch verhältnismäßig, insbesondere sei sie geeignet. Hierfür reiche es nämlich aus, wenn die Beseitigung der Rechtsgutverletzung gefördert werde, sodass es der Geeignetheit der Maßnahme nicht entgegenstehe, dass technisch versierte Nutzer die Sperrung ggf. umgehen könnten; vielmehr sei ausreichend, dass die DNS- Sperrung für den durchschnittlichen Nutzer eine nicht unwesentliche Zugangserschwernis bedeute. Die Sperrungsverfügung verstoße auch nicht gegen das Grundrecht der Nutzer auf Informationsfreiheit, da dieses gemäß Art. 5 Abs. 2 GG durch den Mediendienstestaatsvertrag eingeschränkt werden könne .
Gegen die mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Sperrverfügung, die ihr am 12. Februar 2002 zugestellt wurde, erhob die Antragstellerin am 13. März 2002, einem Mittwoch, Widerspruch. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, als Access-Provider unterfalle sie nicht dem Mediendienstestaatsvertrag. Außerdem werde von ihr etwas rechtlich Unmögliches verlangt, denn die vorgeschlagene Sperrung sei umgehbar. Die Sperrverfügung sei auch unverhältnismäßig, denn das Gleiche Angebot sei auch unter der Seite http://www.A1.com erreichbar. Diese Seite sei aber von der Verfügung nicht betroffen. Um auch derartige Seiten zu sperren, sei nicht nur ein geringer, sondern ein erheblicher Personalaufwand erforderlich. Schließlich richte sich die Verfügung an die falsche Stelle und sei widersprüchlich und zu unbestimmt.
Unter dem 24. April 2002 teilte Herr T1 (Leiter des Hochschulrechenzentrums der Universität E3) als Koordinator der o.g. Projektgruppe mit, die Prüfungen seien noch nicht abgeschlossen, eine funktionsfähige Lösung habe bislang noch nicht präsentiert werden können, da zwar die erforderlichen Hardware-Komponenten bereitgestellt seien sowie eine Teststrecke vorinstalliert sei, es aber bislang noch an der entsprechenden Filtersoftware der Firma X2 fehle. Die Router-Technik zum Umlenken eines Teils der Internet-Requests von den Internet-Service-Providern auf die Filtermaschine scheine nach allen Diskussionen solide funktionsfähig und jederzeit einsatzfähig zu sein. Diese Technik werde primär dazu verwendet, Verkehrsströme im Internet lastabhängig über unterschiedliche Backbone-Strecken zu leiten. Das Herausfiltern von kritischen URL werde daher wohl kein allzu großes Problem darstellen, da die Software dies in unterschiedlichen Einsatzformen vom heimischen PC bis zum Unternehmens-Zwangsproxy erreiche. Ein Problem bereite dagegen die transparente Weiterleitung der unkritischen Requests, durch die erreicht werden solle, dass der nachfolgende Netzverkehr nicht ebenfalls über das Filter- System (fehl-)geleitet wird. Die Umgehungsmöglichkeiten für den genannten Umleitungsdienst seien allerdings beträchtlich.
Unter dem 14. Mai 2002 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, über den Widerspruch werde nicht vor dem 16. Mai 2002 entschieden, da erst der Zwischenbericht der Projektgruppe abgewartet werden solle.
Am 16. Mai 2002 wurden die Zwischenergebnisse der genannten Projektgruppe der Antragsgegnerin vorgestellt. In einer daraufhin von der Antragsgegnerin verbreiteten Presseerklärung Nr. 206/2002 heißt es u.a., es sei bis heute nicht gelungen, eine potenzielle Filter- und Sperrtechnologie gegen rechtsextremistische Angebote im Internet zu testen. Theoretisch, so habe man in vier Sitzungen des Projekt-Teams festgestellt, müsse das Ganze funktionieren. Eine Praxiserprobung habe jedoch nicht stattgefunden, da eine der beteiligten Firmen die nötige Software nicht geliefert habe. Man hoffe, das Projekt bis zum Ende des Jahres durchführen zu können. Drei Firmen hätten nämlich eine Filter- und Sperrtechnologie vorgestellt, die es den Providern ermöglichen sollte, in eigener Regie strafbare und unzulässige Internet-Inhalte aufzuspüren und zu sperren.
Nachdem sie unter dem 3. Juni 2002 die alsbaldige Entscheidung über den Widerspruch angekündigt hatte, wies die Antragsgegnerin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2002 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Widerspruch sei zulässig, aber unbegründet. Im Einzelnen wiederholte und vertiefte sie die Gründe des Ausgangsbescheides, insbesondere zur Anwendbarkeit des (neuen) Mediendienstestaatsvertrages und zur Zumutbarkeit der Sperrung der betroffenen Seiten. Die Entscheidung auf der Grundlage des Mediendienstestaatsvertrages sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt, denn dessen Normen ließen der Behörde kein Entschließungsermessen. "Hilfsweise" stützte sie die Verfügung in dem Widerspruchsbescheid auch auf § 14 Abs. 1 OBG NRW i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 des Teledienstegesetzes. Auf Grund der Verstöße gegen strafrechtliche Verbotsnormen sei die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Angesichts der aufgezeigten Gefahren, die von den rechtsextremistischen Internet- Angeboten für den demokratischen Rechtsstaat, den öffentlichen Frieden sowie für die Gesundheit und das Leben Einzelner ausgehen, halte sie die Inanspruchnahme der Antragstellerin als Access-Provider für unverzichtbar. Die Inanspruchnahme als Access-Provider sei auch nach dem OBG NRW rechtmäßig. Die Auswahl unter mehreren Verursachern erfolge nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei grundsätzlich die tatsächlich und rechtliche Möglichkeit der Gefahrenbeseitigung, lediglich ergänzend hingegen das Verschulden, ausschlaggebend sei. Da es sich nicht als durchführbar bzw. erfolgversprechend erwiesen habe, gegen die Service- oder Content-Provider als Primärverantwortliche vorzugehen, komme allein die Inanspruchnahme des Access-Providers in Betracht, da dies die einzige Möglichkeit der Gefahrabwehr sei. Die Antragstellerin werde als Zustandsstörerin in Anspruch genommen. Denn nach Kenntniserlangung von den verbotenen Sites sei sie nicht mehr "Nichtverantwortlicher" i.S.d. § 19 OBG NRW. Dabei müsse zwischen den unterschiedlichen Bedeutungen des Ausdrucks "Nichtverantwortlicher" i.S.d. TDG und des OBG NRW unterschieden werden. Während es im TDG ausschließlich um zivil- und strafrechtliche Haftungs-Gesichtspunkte gehe, spiele das Korrektiv des Verschuldens und der Rechtswidrigkeit der Handlung im Ordnungsrecht keine Rolle. Verantwortlichkeit bedeute hier vielmehr verschuldensunabhängige Ursächlichkeit.
Der Widerspruchsbescheid wurde der Antragstellerin am 19. Juli 2002 zugestellt.
Am 14. August 2002 erhob die Klägerin unter Ergänzung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren Klage (VG Düsseldorf 15 K 5503/02).
Mit Schreiben vom 6. September 2002 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Sperrungsverfügung vom 6. Februar 2002 an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung vom 10. September 2002 wies die Antragsgegnerin unter dem 10. Oktober 2002 zurück.
Am 21. Oktober 2002 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, zu dessen Begründung sie ihr gesamtes bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft sowie eine eidesstaatliche Versicherung des Leiters ihres technischen Bereichs vom 21. Oktober 2002 mit Ergänzung vom 27. November 2002 vorlegt, in der dieser im Wesentlichen Möglichkeiten zur Umgehung einer Sperrverfügung aufzeigt. Außerdem ist sie der Auffassung, wegen des Verfahrensablaufs sei vor dem Erlass der Vollziehungsanordnung eine Anhörung erforderlich gewesen. Unabhängig davon überwiege ihr Interesse das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung, zumal für bei Vollzug der Verfügung ein erheblicher Einrichtungs- und Kontrollaufwand bestehe, der - falls die Verfügung letztlich aufgehoben würde - völlig umsonst gewesen sei. Insoweit bezieht sie sich der Sache nach auf einen Beschluss des VG Minden vom 31. Oktober 2002 (1 L 1110/92).
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 6. Februar 2002 und 17. Juli 2002 (VG Düsseldorf 15 K 5503/02) wiederherzustellen,
hilfsweise,
die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 6. September 2002 in der Fassung des Schreibens vom 10. Oktober 2002 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 6. September 2002 in der Fassung des Schreibens vom 10. Oktober 2002 und legt ergänzend eine Stellungnahme des Leiters der o.g. Projektgruppe vom 30. November 2002 vor, in der dieser im Wesentlichen ausführt, dass die Sperrung bestimmter Internet-Seiten nicht ungewöhnlich sei, da in einigen Unternehmensnetzen bzw. als Serviceleistung einiger Internet-Service-Provider für ihre Kunden Sperrungen z.B. gegen fremde Internetdienste oder gegen Kinder-Pornographie vorgesehen seien. Der zeitliche Gesamtaufwand für die Sperrung auf DNS-Basis betrage ca. 1 Personenstunde pro Quartal. Eine nennenswerte Behinderung des Internetverkehrs durch die Sperrung der beiden betroffenen Seiten werde nicht erfolgen, zumal der nachlaufende Datenverkehr dadurch überhaupt nicht betroffen sei. Außerdem bezieht sie sich auf eine Entscheidung des VG Arnsberg vom 6. Dezember 2002 (13 L 1848/92).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens 15 K 5503/02 Bezug, sowie die im Verfahren 15 L 3749/02 von der Antragsgegnerin übersandten Generalakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat insgesamt keinen Erfolg.
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antrag nicht deshalb unzulässig, weil die angefochtene Entscheidung etwa bestandskräftig wäre. Zwar hat die Antragstellerin Widerspruch gegen die mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Sperrungsverfügung vom 6. Februar 2002 erst am 13. März 2002 (einem Mittwoch) und damit nicht gemäß § 70 Abs. 1 VwGO innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe, die hier am 12. Februar 2002 erfolgte, erhoben. Hat aber die Widerspruchsbehörde auf einen verspäteten Widerspruch auf Grund ihrer Sachherrschaft eine Entscheidung in der Sache getroffen und sich nicht auf die Versäumung der Widerspruchsfrist berufen, so ist - wenn nicht Rechte Dritter betroffen sind - im Nachfolgenden gerichtlichen Verfahren die Beachtlichkeit der Verspätung des Widerspruchs ausgeschlossen.
Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 1982 - 2 C 4/80 -, NVwZ 1983, S. 608 und vom 4. August 1982 - 4 C 42/79 -, NVwZ 1983, S. 285, beide m.w.N.; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 70 Rz. 9 m.w.N. pro et contra.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn die Antragsgegnerin hat den Widerspruch der Antragstellerin in dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich als zulässig, aber unbegründet zurückgewiesen und damit in der Sache entschieden.
Der Antrag ist unbegründet. Die Kammer sieht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Klage VG Düsseldorf 15 K 5503/02 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen und damit dem Hauptantrag zu entsprechen oder aber - wie die Antragstellerin hilfsweise begehrt - die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 6. September 2002/10. Oktober 2002 aufzuheben. Denn bei der vorliegend allein möglichen summarischen Prüfung ist die Vollziehungsanordnung sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden, und/oder ein Rechte der Antragstellerin verletzender, sich auf das Ergebnis auswirkender Rechtsfehler lässt sich nicht feststellen.
Dies gilt zunächst hinsichtlich des Hauptantrags.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden.
Zunächst war eine (isolierte) Anhörung vor dem Erlass der Vollziehungsanordnung nicht erforderlich, denn das Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW bezieht sich nicht auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt handelt, und findet angesichts der abschließenden Regelung in § 80 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch keine entsprechende Anwendung.
Vgl. hierzu im Einzelnen VGH BW, Beschluss vom 7. Januar 1994 - 10 S 1942/93 -, NVwZ 1995, S. 17 (19) sowie die ständige Rechtsprechung der Kammer, z.B. Beschlüsse vom 20. August 2001 - 15 L 349/01 - und vom 29. Juli 1997 - 15 L 2902/97 -; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 80 Rz. 82 i.V.m. Rz. 78, Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2002, § 80 Rz. 140 sowie Kaltenborn, Die formellen Anforderungen an eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO, DVBl 1999, S. 828 (830 f.), alle m.w.N. pro et contra.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass - wie die Antragstellerin meint - zwischen dem Erlass der Sperrverfügung im Februar 2002 und dem Erlass der Vollziehungsanordnung (VZA) im September 2002 ein Zeitraum von 7 Monaten liegt. Denn mit der Erhebung der Klage (VG Düsseldorf 15 K 5503/02) am 14. August 2002 konnte die Sperrverfügung auf Grund der durch § 80 Abs. 1 VwGO vorgegebenen aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsmittels nicht vollzogen werden, obwohl die Antragsgegnerin mehrfach - so z.B. in dem Widerspruchsbescheid - deutlich gemacht hatte, dass sie an einer zeitnahen Umsetzung der Sperrungsverfügung interessiert ist. Dass die Antragsgegnerin die durch die Klageerhebung entstandene neue rechtliche Situation zum Anlass genommen hat, die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist daher nicht zu beanstanden.
Die Vollziehungsanordnung genügt auch dem Begründungserfordernis gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, d.h. wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet wird, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen ist. Diese Begründungspflicht hat drei Funktionen, die sich jeweils an unterschiedliche Adressaten richten: Die Behörde selbst wird gehalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung klar zu machen und die Frage des Sofortvollzugs besonders sorgfältig zu prüfen. Außerdem wird der Betroffene über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend sind, unterrichtet. Schließlich wird das Gericht durch Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehung in die Lage versetzt, eine Rechtskontrolle vorzunehmen.
Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 1994 - 18 B 1171/94 -, NWVBl 1994. S. 424 (425) und Schoch in Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO a.a.O, § 80 Rz. 176, beide m.w.N.
Aus welchen Umständen sich ein besonderes öffentliches Interesse ergeben kann, ist dabei unterschiedlich zu beurteilen. Da gemäß § 80 Abs. 1 VwGO Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben, kann das allgemeine öffentliche Interesse an der Vollziehung von Verwaltungsakten die Vollziehungsanordnung bereits in formeller Hinsicht nicht rechtfertigen.
Vgl. hierzu z.B. BVerfG, Beschluss vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 - , NVwZ 1996, S. 58 (59)
Liegt einer der Fälle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 bis 3, Satz 2 VwGO vor, in denen der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung hat entfallen lassen, bedarf es der Vollziehungsanordnung erst gar nicht. Unabhängig davon kann sich aber auch ohne eine gesetzgeberische Grundentscheidung i.S.d. § 80 Abs. 2 VwGO im Einzelfall ein den Erlass der Vollziehungsanordnung (VZA) in formeller Hinsicht rechtfertigendes öffentliches Interesse aus der Begründung ergeben; ob dieses dann tatsächlich besteht, ist eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung. In formeller Hinsicht reicht es aus, dass die Behörde eine einzelfallbezogene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben hat. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend begründet. Die Antragsgegnerin hat in der Vollziehungsanordnung vom 6. September 2002 (dort S. 2 bis 6) im Einzelnen dargelegt, warum aus ihrer Sicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Sperrverfügung das Interesse der Antragstellerin, von Vollziehungsmaßnahmen (vorerst) verschont zu bleiben, überwiegt. Dass es u.U. durchaus mehrere Jahre dauern kann, bis die vorliegende Sperrverfügung unanfechtbar ist, ist ein Gesichtspunkt, der bei entsprechender Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses eine Vollziehungsanordnung jedenfalls bei komplexeren Entscheidungen, so z.B. wenn - wie hier - erstmalig Sperrverfügungen gegen Access-Provider auf Grund des Mediendienstestaatsvertrages erlassen werden, im Ansatz zu rechtfertigen vermag. Ob das angeführte öffentliche Interesse tatsächlich vorliegt, ist - wie bereits dargelegt - keine Frage der Begründung der Vollziehunganordnung, sondern von der Kammer bei der vorzunehmenden Interessenabwägung eigenständig zu prüfen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kammer macht von der ihr durch § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO eingeräumten Befugnis, die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederherzustellen, Gebrauch, wenn das Interesse des Betroffenen, von der Vollziehung (vorerst) verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies ist entweder dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Vollziehung es geht, offensichtlich rechtswidrig ist, sodass ein öffentliches Interesse an der Vollziehung nicht bestehen kann oder aber wenn aus sonstigen Gründen das private Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten die entgegenstehenden öffentlichen Interessen überwiegt.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der Antrag unbegründet, weil die angegriffenen Entscheidungen bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keine offensichtlichen Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin aufweisen und auch keine sonstigen Gründe ersichtlich sind, das Suspensivinteresse der Antragstellerin höher zu bewerten als das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entscheidung.
Die gilt zunächst, wenn man die (offensichtliche) Rechtwidrigkeit der Maßnahme zum Ausgangspunkt der Interessenabwägung nimmt. Die angefochtene Entscheidung ist nämlich nicht offensichtlich rechtswidrig. Es spricht vielmehr vieles bzw. einiges für ihre Rechtmäßigkeit.
Dabei spricht alles dafür, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der (Bekanntgabe der) letzten behördlichen (Sach-) Entscheidung, hier also den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2002 abzustellen.
Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 16. März 1995 - 15 B 2839/93 -, NVwZ- RR 1995, S. 502 (502/503), Schmidt in Eyermann, VwGO, 11. Auflage 2000, § 80 Rz. 83 und 84, Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, 3. Auflage 1998 Rz. 619 sowie Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 80 Rz. 288 f., alle m.w.N.
Die Frage des für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunktes mag allerdings letztlich offen bleiben, da sich an dem Ergebnis auch dann nichts ändert, wenn man auf den Zeitpunkt des Erlasses der Vollziehungsanordnung (September 2002) oder den der gerichtlichen Entscheidung abstellt.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme kommt es dabei nicht darauf an, ob die Behörde die richtige Ermächtigungsgrundlage bezeichnet hat, sondern maßgeblich ist allein das Recht, das sie zu rechtfertigen vermag, es sei denn der angefochtene Verwaltungsakt wird dadurch in seinem Wesen verändert.
Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 - 9 C 28.89 -, DVBl 1990, S. 490 (490/491) und VGH BW, Urteil vom 26. Mai 1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, S. 397 (398) m.w.N.
Die angefochtene Sperrverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 2 bzw. Abs. 3 des Mediendienstestaatsvertrages vom 27. Juni 1997 (GV NRW S. 158) - MDStV 1997 - in der am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Fassung des Art. 3 des Sechsten Staatsvertrages zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, des Rundfunkfinanzierungstaatsvertrages und des Mediendienste-Staatsvertrages (Sechster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 7. Juni 2002 (GV NRW S. 178) - MDStV 2002 -, da die Antragstellerin den Zugang zu einem Mediendienst vermittelt, im Übrigen aber auch in § 14 Abs. 1 OBG NRW i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 des Teledienstegesetzes vom 22. Juli 1997 (=Art. 1 des Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste [IuKDG]) - TDG 1997 - (BGBl I 1870) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (EGG) vom 14. Dezember 2001 (BGBl I 3721) - TDG 2001 -, wenn man davon ausgeht, dass es sich bei ihr um die Diensteanbieterin eines Teledienstes handelt.
Ausschließlich diese beiden Gesetze, nicht hingegen das Telekommunikationsgesetz vom 25. Juni 1996 in der Fassung des Gesetzes vom 21. Oktober 2002 (BGBl I 4186) - TKG - können auf die Antragstellerin Anwendung finden. Denn die Antragstellerin ist nicht Telekommunikationsdienstleister i.S.d. § 4 TKG, sondern entweder Mediendiensteanbieter i.S.d. § 3 Nr. 1 MDStV 2002 oder Telediensteanbieter i.S.d. § 3 Nr. 1 TDG 2001. Die Abgrenzung zwischen Telekommunikationsdiensten auf der einen und Tele- bzw. Mediendiensten auf der anderen Seite erfolgt danach, ob lediglich die technische Seite, d.h. der "(Daten)Transport" betroffen ist, oder ob es um inhaltliche Angebote - seien sie individual- oder massenkommunikationsbezogen - geht.
Vgl. zur Abgrenzung im Einzelnen Tettenborn in: Beck`scher IuKDG- Kommentar, 2001, § 2 MDStV Rz. 50 und § 2 TDG Rz. 88 sowie Schuster, Beck`scher TKG-Kommentar, 2000, § 4 Rz. 4 und 4a, beide m.w.N; vgl. auch Eichhorn, Internet-Recht, 2000, S. 35 bis 39.
Für Sperrungsverfügungen gegenüber Access-Providern, die den Zugang zu inhaltlichen Angeboten wie den vorliegenden, auf die noch einzugehen sein wird, vermitteln, kann das TKG daher nicht herangezogen werden.
Vgl. Spindler/Volkmann, Die öffentlichrechtliche Störerhaftung der Access- Provider, K&R 2002, S. 398 [399 f.] unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Art. 12 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt - "Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr" ("E- commerce-Richtlinie"), ABl. Nr. L 178 vom 17. Juli 2000 m.w.N. sowie Zimmermann, Polizeiliche Gefahrenabwehr und das Internet, NJW 1999, S. 3145 (3149); a.A. Stadler, Sperrungsverfügung gegen Access-Provider, MMR 2002, S. 343 (344) und wohl auch Strömer, Online-Recht, 3. Auflage 2002, S. 14.
Die angefochtene Sperrverfügung kann daher ihre Rechtsgrundlage ausschließlich in den spezialgesetzlichen Eingriffsermächtigungen des MDStV 2002 oder (allgemeinen gesetzlichen Regelungen im Zusammenspiel mit denen) des TDG 2001 finden, da allein die Anwendung dieser Regelungswerke auf die Antragstellerin ernsthaft in Betracht kommt.
Dabei spricht vieles dafür, dass die Antragstellerin einen Mediendienst anbietet - mit der Konsequenz, dass § 22 Abs. 2 bzw. Abs. 3 MDStV 2002 auf sie Anwendung findet. Selbst wenn aber die Antragstellerin einen Teledienst betreiben und deshalb dem Anwendungsbereich des TDG 2001 unterfallen sollte, wäre das Ergebnis kein anderes, da auch in einem solchen Fall die angefochtene Verfügung durch die jeweilige Rechtsgrundlage gedeckt sein wird bzw. jedenfalls darauf gestützt werden kann.
Die angefochtene Sperrverfügung ist durch die o.g. Rechtsgrundlage gedeckt, wenn der Mediendienstestaatsvertrag auf die Antragstellerin Anwendung findet.
Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Insbesondere hat mit der Antragsgegnerin die zuständige Behörde gehandelt. Dies ergibt sich aus § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Mediendienstestaatsvertrag vom 17. September 1997 (GV NRW 184), die ihre Rechtsgrundlage in Art. 2 des Gesetzes zum Staatsvertrag über Mediendienste vom 27. Juni 1997 (GV NRW 158) in der insoweit in der Folgezeit unveränderten Fassung findet.
Auch in materieller Hinsicht kann die Verfügung auf den Mediendienstestaatsvertrag gestützt werden. Gemäß § 22 Abs. 2 MDStV 2002 trifft die zuständige Aufsichtsbehörde, wenn sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Mediendienstestaatsvertrages festgestellt hat, die zur Beseitigung dieses Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Diensteanbieter (Satz 1). Dabei kann sie insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen (Satz 2). Gemäß § 22 Abs. 3 MDStV 2002 können Maßnahmen auch gegen Diensteanbieter von fremden Inhalten nach den §§ 7 bis 9 MDStV 2002 gerichtet werden, wenn sich Maßnahmen gegenüber den Verantwortlichen nach § 6 Abs. 1 MDStV 2002 als nicht durchführbar oder nicht Erfolg versprechend erweisen, sofern eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.
Es spricht bei der vorliegend allein möglichen summarischen Prüfung vieles dafür, dass die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage gegeben sind.
Der Mediendienstestaatsvertrag 2002 - und nicht das TDG 2001 - wird auf die Antragstellerin anwendbar sein. Denn es ist davon auszugehen, dass es sich bei ihr um den Diensteanbieter eines Mediendienstes i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV 2002 handelt. Die Antragstellerin ist Diensteanbieter i.S.d. § 3 Nr. 1 MDStV 2002, weil sie als juristische Person fremde Mediendienste zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 MDStV 2002 sind Mediendienste an die Allgemeinheit gerichtete Informations- oder Kommunikationsdienste. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV 2002 sind Mediendienste insbesondere Abrufdienste, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht. Mediendienste, auf die der MDStV 2002 Anwendung findet, sind dabei von Telediensten, die durch das Teledienstegesetz (TDG) geregelt werden, abzugrenzen.
Vgl. hierzu im Einzelnen Tettenborn, in: Beck´scher IuKDG-Kommentar, Müchen 2001 § 2 MDStV Rz. 48 und § 2 TDG Rz. 78 m.w.N.
Vom Anwendungsbereich des MDStV, der für Dienste gilt, die an die Allgemeinheit gerichtet sind und damit massenkommunikationsbezogen sind, sind danach [nur] ausgenommen Dienste, bei denen der individualkommunikative Charakter im Vordergrund steht (vgl. auch § 2 Abs. 1 TDG 2001), was der Fall ist, wenn die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen dem Nutzer und dem Anbieter bezogen sind, wie dies etwa beim Telebanking oder bei der Übermittlung von Röntgenbildern oder Krankendaten durch das Krankenhaus an den Hausarzt der Fall ist. Ausgenommen sind ferner Dienste, die primär die reine Informationsvermittlung zum Ziel haben, was z.B. bei Fahrplänen, Devisenkursen usw. der Fall ist. Anders liegt es dagegen, wenn Dienste [vorrangig] die Absicht haben, Zugriff auf Seiten zu vermitteln, die der allgemeinen Meinungsbildung dienen (sollen); dann handelt es sich um Mediendienste (vgl. auch § 2 Abs. 1 MDStV 2002). Für die Abgrenzung kommt es also darauf an, ob der Inhalt, zu dem der Zugang vermittelt wird, zur allgemeinen Meinungsbildung bestimmt und damit Mediendienst ist oder ob die reine Faktenvermittlung bzw. die individualkommunikative Komponente im Vordergrund steht und damit von einem Teledienst auszugehen ist.
Vgl. hierzu im Einzelnen Spindler/Volkmann, Die öffentlichrechtliche Störerhaftung der Access-Provider, K&R 2002, S. 398 (399), Tetteborn, a.a.O., § 2 MDStV Rz. 48 m.w.N.; vgl. auch Zimmermann, Polizeiliche Gefahrenabwehr und das Internet, NJW 1999, S. 3145 (3146), Eichborn, Internet-Recht, 2000, S. 32 sowie Strömer, Online-Recht, 3. Auflage 2002, S. 11 bis 13 [der allerdings a.a.O. auf S. 14 Access-Provider pauschal dem TKG unterstellt].
Dabei ist davon auszugehen, dass die vertragsschließenden Parteien bei Abschluss des Mediendienstestaatsvertrages mit der Begriffsdefinition des § 2 Abs. (1 und) 2 ersichtlich für weitere Entwicklungen offen halten und die Anwendbarkeit des Mediendienstestaatsvertrages auf andere Mediendienste als die ausdrücklich definierten sicherstellen wollten. Anders wäre es nämlich kaum erklärbar, dass die Aufzählung der Mediendienste nur beispielhaft ("insbesondere") erfolgt. Nach diesen Grundsätzen spricht vorliegend alles dafür, dass die Antragstellerin Diensteanbieterin eines Mediendienstes ist. Denn sie vermittelt, soweit es um die hier in Rede stehenden beiden Seiten (http://www.T.org sowie http://www.O) geht, Zugang nicht zu reinen Informationsangeboten i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG 2001, sondern zu Seiten, bei denen die Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht. Dies ergibt sich eindeutig aus den Seiten selbst, und zwar nicht nur aus ihrem Inhalt, sondern auch aus der (redaktionellen) Gestaltung. Dem steht auch nicht entgegen, dass über Links auf den betroffenen Internetseiten kommerzielle Produkte wie z.B. CDs rechtsradikaler Gruppen geordert werden können, zumal diese Kaufangebote in erkennbarem inhaltlichen Zusammenhang mit den sonstigen Aussagen der Internet- Seite stehen und ebenfalls zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit bestimmt sind. Stellt man daher auf die beiden betroffenen Websites ab,
vgl. hierzu Schuster in: Beck`scher Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2000, § 4 TKG Rz. 4a sowie Zimmermann, a.a.O., S. 3146, beide m.w.N.; a.A. Strömer, a.a.O, S. 13,
ist die Antragstellerin (jedenfalls insoweit) Diensteanbieterin i.S.d. § 3 Nr. 1 MDStV 2002, weil sie Zugang zu einem Mediendienst i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV 2002 vermittelt.
Gemäß der dann anwendbaren Bestimmung des § 22 Abs. 3 i.V.m. 2 Sätze 1 und 2 MDStV 2002 trifft die zuständige Aufsichtsbehörde die zur Beseitigung eines Verstoßes u.a. gegen § 12 MDStV 2002 erforderlichen Maßnahmen und kann dabei insbesondere die Sperrung von Angeboten anordnen.
Es spricht alles dafür, dass ein Verstoß gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 MDStV 2002 gegeben ist. Dabei geht die Kammer davon aus, dass hierfür bereits das Vorliegen der objektiven tatbestandlichen Voraussetzungen der Strafrechtsnorm ausreicht, da es im Bereich des Ordnungsrechts auf Gesichtspunkte wie Verschulden o.ä. grundsätzlich nicht ankommt und es im Übrigen auch nicht Aufgabe des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein kann, eine umfassende Prüfung subjektiver Merkmale vorzunehmen. Gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert.
Vgl. hierzu im Einzelnen Lackner/Kühl, StGB., 24. Auflage 2001, § 130 Rz. 2 m.w.N.
Diese Voraussetzungen sind hier offensichtlich erfüllt. Hinsichtlich der Seite http://www.O.com ergibt sich dies bereits eindeutig aus dem Namen. Aber auch inhaltlich wird auf dieser sowie der Seite http://www. T.org u.a. die Ermordung von Juden im Nationalsozialismus verherrlicht und die Schaffung "Befreiter Zonen" propagiert. Darüber hinaus werden auf beiden Seiten ersichtlich Kennzeichen der NSDAP (Hakenkreuz usw.) und damit Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation verwendet, sodass auch der Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2, Abs. 2 i.V.m. § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB erfüllt ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit analog § 117 Abs. 5 VwGO auf die im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Ausgangsbescheides (dort S. 3 und 5) mit der Maßgabe Bezug genommen, dass das Schutzgut der genannten strafrechtlichen Vorschriften, nämlich der öffentliche Friede bzw. die Verhinderung einer Staatsgefährdung, gerade im Inland liegt, sodass es insoweit unbeachtlich ist, dass die Inhalte - wie im vorliegenden Fall - über Provider in den USA bereitgehalten werden.
Vgl. Spindler/Volkmann, a.a.O., S. 398 (400) m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 StR 184/00 -, MMR 2001, S. 228 (230).
Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 MDStV 2002 können Maßnahmen zur Sperrung von Angeboten nach § 22 Abs. 2 MDStV 2002 auch gegen den Diensteanbieter von fremden Inhalten nach §§ 7 bis 9 MDStV 2002 ergehen, wenn sich Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nach § 6 Abs. 1 MDStV 2002 als nicht durchführbar oder nicht Erfolg versprechend erweisen, sofern die Sperrung technisch möglich und zumutbar ist. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 2 MDStV 2002 bleiben die Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung von Nutzungen von Informationen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit nach §§ 7 bis 9 MDStV 2002 unberührt. Unter Zugrundelegung dieser Bestimmungen konnte die Antragstellerin in Anspruch genommen werden.
Die Antragstellerin ist aus den oben dargelegten Gründen Diensteanbieter i.S.d. § 3 Nr. 1 MDStV 2002. Sie bietet auch fremde Inhalte i.S.d. §§ 7 bis 9 MDStV 2002 an. Sie ist nämlich Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermittelt oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermittelt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 MDStV 2002). Dass sie dabei lediglich als Durchleiter von Informationen fungiert und ihre Stellung der eines "Postboten" gleicht, ist dabei unschädlich. Denn schon die amtliche Überschrift der Bestimmung "Durchleitung von Informationen" macht deutlich, dass auch die bloße Weiterleitung und Übermittlung von der Bestimmung erfasst werden soll.
Vgl. hierzu Spindler/Volkmann, a.a.O. S. 401.
Der Gesetzgeber wollte - wie sich im Umkehrschluss aus § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MDStV 2002 ergibt - die Übermittler und damit auch die Access-Provider als (im Sinne des MDStV 2002) Nichtverantwortliche einstufen, sofern diese die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben. Auch diese "Nichtverantwortlichen" sollen aber nach der Regelung des § 22 Abs. 3 MDStV 2002 unter den dort bezeichneten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden können. Insoweit handelt es sich bei § 22 Abs. 3 MDstV 2002 um eine spezialgesetzliche Sonderregelung, die im Anwendungsbereich des MDStV 2002 gemäß § 19 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 4 OBG NRW den allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen über die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher in § 19 Abs. 1 bis Abs. 3 OBG NRW vorgeht.
Vgl. aber auch Bornemann, Der Sechste Rundfunkänderungsstaatsvertrag - ein Überblick, K&R 2002, S. 301 (305), der offenbar davon ausgeht, dass in Fällen wie dem vorliegenden eine Inanspruchnahme des Access-Providers als Zustandsstörer möglich ist.
Maßnahmen gegen die (primär) Verantwortlichen nach § 6 Abs. 1 MDStV 2002, die sog. Content-Provider oder die Service-Provider, sind nicht durchführbar bzw. nicht Erfolg versprechend. Dies hat die Antragsgegnerin auf S. 8 und 9 des Widerspruchsbescheides im Einzelnen dargelegt, ohne dass die Antragstellerin dem substantiiert entgegengetreten wäre.
Die Ordnungsverfügung ist auch hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Hierfür reicht es aus, wenn der Betroffene eindeutig erkennen kann, was von ihm gefordert wird. Bei einer ordnungsrechtlichen Verfügung ist es daher erforderlich, dass sie einen Inhalt hat, der es erlaubt, sie ohne weitere Konkretisierung zwangsweise durchzusetzen. Dabei ist zwar grundsätzlich erforderlich, dass nicht nur das zu erreichende Ziel, sondern auch das Mittel zur Zweckerreichung festgelegt wird. Allerdings reicht es hinsichtlich des Mittels aus, wenn die Behörde mehrere Mittel aufzeigt, dem Ordnungspflichtigen aber (unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) die Wahl überlässt, auf welchem Wege er seiner Ordnungspflicht nachkommt.
Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 45.87 -, BVerwGE 84, S. 354 (358f.), Hess. VGH, Beschluss vom 26. Juli 1994 - 4 TH 1779/93 -, BRS 56 Nr. 212, sowie Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2001, § 37 Rz. 16 m.w.N. pro et contra.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die angefochtene Verfügung ist hinsichtlich des vorgegebenen Ziels (Sperrung der genannten Seiten) eindeutig. Dass sie der Antragstellerin mehrere Möglichkeiten (insbesondere die DNS-Lösung) zur Sperrung der beiden Seiten aufgezeigt hat, ist unschädlich, da die Antragstellerin das sie am wenigsten belastende Mittel wählen kann, um die ihr auferlegte Sperrungsverpflichtung zu erfüllen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 MDStV 2002 liegen daher vor.
Die Ordnungsverfügung ist auch sonst aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Bezirksregierung in der angefochtenen Entscheidung das ihr im Rahmen des § 22 Abs. 3 MDStV 2002 zustehende Ermessen, das die Kammer nur daraufhin überprüfen kann, ob es dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt wurde und die Grenzen des Ermessens eingehalten wurden (§§ 40 VwVfG NRW, 114 Satz 1 VwGO) in (im Ergebnis) rechtlich nicht zu beanstandender Weise betätigt. Insbesondere durfte die Antragsgegnerin auf Grund der o.g. gesetzlichen Grundentscheidung die Antragstellerin als Access-Provider in Anspruch nehmen. Aus den angefochtenen Entscheidungen sowie der Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung geht hervor, dass die Antragsgegnerin sich bewusst ist, dass die Haftung der Access-Provider nur "subsidiär" sein soll, vorliegend aber mangels Greifbarkeit der primär Verantwortlichen zur effektiven Gefahrenabwehr erfolgen konnte (und hier wohl auch musste).
Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Sperrverfügung.
Insbesondere wird von der Antragstellerin nichts tatsächlich Unmögliches oder Unverhältnismäßiges verlangt.
Die Sperrung ist technisch möglich. Ausweislich der detaillierten Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 9. Dezember 2002 und der eidesstattlichen Versicherung des LRD T1 vom 30. November 2002 ist die in Rede stehende Sperrung mit relativ geringem Aufwand technisch machbar. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass eine ganze Reihe der Access-Provider, an die entsprechende Sperrverfügungen ergangen sind - so z.B. die Antragsteller im Verfahren VG Arnsberg 13 L 1848/02 - der ihnen auferlegten Sperrverpflichtung nachgekommen sind.
Die Ordnungsverfügung verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot. Insbesondere ist die getroffene Maßnahme geeignet zu Erreichung eines legitimen Zwecks. Eine ordnungsrechtliche Maßnahme ist nämlich bereits dann "geeignet", wenn durch sie irgendeine Förderung des gewünschten Erfolgs möglich ist bzw. sie einen Beitrag zu dessen Erreichung leistet. Es kommt mithin darauf an, dass es sich um einen "Schritt in die richtige Richtung" handelt.
Vgl. hierzu Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 13. Auflage 2001, Rz. 333; Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Auflage 2001, Rz. F 222 sowie Belz/Mussmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Auflage 2001, § 5 Rz. 3.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Sperrungsverfügung geeignet. Denn sie wird - jedenfalls für den durchschnittlichen geschäftlichen oder privaten Nutzer, auf dessen Horizont insoweit abzustellen ist - den Zugriff auf die in Rede stehenden Web-Seiten erschweren. Dass es für versierte Internet-User möglich sein wird, auf andere Weise zu den genannten Seiten zu gelangen, ist dabei aus Rechtsgründen unbeachtlich. Vorsorglich merkt die Kammer aber an, dass die Antragsgegnerin gehalten sein wird, derartige Verbotsverfügungen in Nordrhein- Westfalen flächendeckend - auch etwa gegenüber neuen Access-Providern - zur Gefahrenabwehr einzusetzen und die Umsetzung der Sperrung zu kontrollieren.
Die Ordnungsverfügung ist auch im Übrigen nicht unverhältnismäßig. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass verfassungsrechtliche Gleichheits- oder Freiheitsrechte verletzt sind.
Dabei scheidet ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, der im Hinblick auf das bisherige Nichtvorgehen gegen Access-Provider in anderen Bundesländern gerügt wird, bereits deshalb aus, weil jeder Träger öffentlicher Gewalt den allgemeinen Gleichheitssatz nur innerhalb seiner eigenen Zuständigkeit zu beachten hat.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619 und 1628/83 -, BVerfG 79, S. 127 (158) sowie Osterloh in Sachs (Hrsg.) Grundgesetz, 2. Auflage 1999, Art. 3 Rz. 81 f. m.w.N.
Innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs ist die Antragsgegnerin vorliegend aber gegen alle Access-Provider vorgegangen, wie zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist.
Es ist auch nicht erkennbar, dass mit der Sperrungsverfügung in die Grundrechte der Informations- bzw. Meinungsfreiheit oder Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG eingegriffen oder gegen das Zensurverbot (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG) verstoßen würde. Dabei mag im Einzelnen offen bleiben, ob man die Freiheit der Übermittlung von Informationen aus dem Internet als durch die Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG oder durch die Meinungsäußerungs- und - verbreitungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet sieht.
Vgl. zum Problem Starck in von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Band 1, 4. Auflage 1999, Art. 5 Abs. 1,2 Rz. 97 m.w.N.
Denn jedenfalls ist ein Eingriff in jede der o.g. durch Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG gewährleisteten Freiheiten durch die grundgesetzliche Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG gedeckt, und auch das Zensurverbot aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG steht der angegriffenen Maßnahme nicht entgegen.
Gemäß Art. 5 Abs. 2 GG finden die Gewährleistungen des Art. 5 Abs. 1 GG ihre Schranken unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und in den Bestimmungen zum Schutz der Jugend. Jedenfalls die genannten strafrechtlichen Bestimmungen, deren Verletzung durch § 22 Abs. 3 MDStV 2002 sanktioniert wird, sind "allgemeine Gesetze", denn sie richten sich nicht gegen eine Meinung als solche, sondern ihr Regelungsgegenstand ist der Schutz des Staates und seiner Verfassung gegen Angriffe auf ihren Bestand als schlechthin, unabhängig von der konkreten Tendenz oder Wirkung einer Meinungsäußerung, zu schützendes Rechtsgut.
Vgl. BVerfGE 47, S. 198 (232) sowie Degenhart in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: November 2002, Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 Rz. 239 und - ausdrücklich zu §§ 86, 86a StGB - Rz. 241 m.w.N.
Dies gilt insbesondere für die hier in Rede stehenden strafrechtlichen Staats- und Verfassungsschutzbestimmungen, die jeweils Ausprägungen der Verfassungsentscheidung für die wehrhafte Demokratie sind.
Vgl. Degenhart, a.a.O. Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, Rz. 239.
Mit den genannten strafrechtlichen Bestimmungen werden die Freiheitsrechte aus Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 bzw. 2 GG vorliegend wirksam eingeschränkt.
Das Zensurverbot aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, das nach allgemeiner Meinung kein eigenständiges Grundrecht darstellt, sondern als "Schrankenschranke" einzuordnen ist,
vgl. hierzu Wendt in von Münch/Kunig, Grundgesetz, Band 1, 5. Auflage 2000, Art. 5 Rz. 66 sowie Starck, a.a.O., Rz. 159, beide m.w.N.,
steht der angefochtenen Maßnahme ebenfalls nicht entgegen. Dabei mag offen bleiben, ob Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG überhaupt eingreift, was im Hinblick darauf bezweifelt werden kann, dass von dem Zensurverbot allein die sog. Vor- oder Präventivzensur, d.h. ein Verfahren, vor dessen Abschluss ein Werk nicht veröffentlicht werden darf, erfasst wird.
Vgl. hierzu einerseits Degenhart. a.a.O., Art. 5 Abs. 1 und 2, Rz. 930 und andererseits Spindler/Volkmann, a.a.O., S. 407.
Denn auch Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG verbietet nicht jeden rechtsstaatlichen Eingriff eines staatlichen Organs, wenn z.B. eine Rundfunksendung oder aber - wie hier - ein Medien- oder Teledienst unter Verstoß gegen strafrechtliche Normen die freiheitlich- demokratische Grundordnung zu verletzen droht.
Vgl. hierzu Herrmann, Rundfunkrecht, 1994, § 5 Rz. 40 m.w.N.; vgl. aber auch Degenhart, a.a.O., Art. Rz. 930 a.E., der meint, die Schutzfunktion des Zensurverbots schließe den sofortigen Vollzug administrativer Beschränkungen [wohl auch bei strafbaren Inhalten im Internet] in aller Regel aus.
Auch eine Verletzung von Grundrechten der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, die wohl neben den genannten aus Art. 5 Abs. 1 GG anwendbar sein werden,
vgl. hierzu im Einzelnen Ricker/Schiwy, Rundfunkverfasssungsrecht, 1997, Rz. B 196 bis 205 m.w.N. pro et contra,
lässt sich nicht feststellen, und zwar unabhängig davon, ob man eine Beeinträchtigung der Berufs- oder der Eigentumsfreiheit annimmt.
Geht man davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Antragstellerin um einen Beruf und bei der Sperrungsverfügung um einen Eingriff in die Berufsfreiheit handelt, kann ein Eingriff durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Bei § 22 Abs. 3 MDStV 2002 bzw. einer hierauf beruhenden Verfügung handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung, die verfassungsrechtlich durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist.
Vgl. hierzu allgemein Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 5. Auflage 2000, Art. 12 Rz. 25 und 32 m.w.N.
Derartige Gründe sind die oben im Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 2 GG genannten. Anhaltspunkte dafür, dass die vorliegende Berufsausübungsregelung derart gravierend wäre, dass sie nicht nur einzelne, sondern alle Berufsausübenden, d.h. hier alle (nordrheinwestfälischen) Access-Provider zur Berufsaufgabe zwingt, was zur Konsequenz hätte, dass die Voraussetzungen einer Berufswahlbeschränkung vorliegen müssten,
vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1984 - 1 BvL 18/82, 46/83 und 2/84 -, BVerfGE 68, S. 158 (170 f.) sowie Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 12 Rz. 25 und 32 m.w.N.,
sind nicht gegeben.
Sieht man in der auf den MDStV 2002 gestützten Maßnahme einen Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb,
vgl. hierzu Tettinger in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2002, Art. 14 Rz. 95 und 222 m.w.N.,
liegt eine Verletzung ebenfalls nicht vor. Denn gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken durch die Gesetze bestimmt. Ein solches Gesetz stellt § 22 Abs. 3 MDStV 2002 dar, auf den die angefochtenen Entscheidungen gestützt sind. Eine aus den oben dargelegten Gründen zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit stellt - regelmäßig, so auch hier - eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 1. März 1979 - 1 BvR 532/73 u.a. - , BVerfGE 50, S. 290 (364 f.) und Tettinger, a.a.O. Art. 14 Rz. 222 a.E. m.w.N.
Geht man entgegen den bisherigen Ausführungen davon aus, dass die Antragstellerin nicht Diensteanbieterin eines Mediendienstes, sondern als Anbieterin eines Teledienstes einzustufen ist, bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Verfügung. Es spricht nämlich einiges dafür, dass die Sperrungsverfügung ihre Rechtsgrundlage dann in § 14 Abs. 1 OBG NRW i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG 2001 findet. Die angefochtene Verfügung ist auch dann - jedenfalls im Ergebnis - weder formell noch materiell zu beanstanden.
Die Antragsgegnerin ist insbesondere zuständig für den Erlass der Verfügung. Sie ist auf Grund der Zuständigkeitsübertragung durch Art. III des Gesetzes zum 5. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 12. Dezember 2000 (GV NRW S. 706) zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des TDG zuständig. Damit wollte der Landesgesetzgeber ausdrücklich die Aufsichtszuständigkeiten für Mediendienste und Teledienste bei einer Behörde, nämlich der Antragsgegnerin, zusammenführen, weil ihm eine einheitliche Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit über beide Bereiche sinnvoll erschien.
Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 13. September 2000, LT-Drucks. 13/176, S. 21.
Damit ist der Antragsgegnerin durch Gesetz auf einem bestimmten Sachgebiet eine Aufgabe der Gefahrenabwehr übertragen worden, sodass sie Sonderordnungsbehörde i.S.d. § 12 Abs. 1 OBG NRW ist, für die - bei der Annahme, dass es sich bei der Antragstellerin nicht um eine Anbieterin eines Mediendienstes handelt - spezialgesetzliche Eingriffsbefugnisse fehlen.
Gemäß § 14 Abs. 1 OBG NRW können die zuständigen Ordnungsbehörden - hier also die Antragsgegnerin - die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine im Einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwenden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 OBG NRW sind erfüllt. Gefahr ist ein schadensgeneigter Sachverhalt, der bei ungehindertem Fortlauf zu einem Schaden, das heißt zu einer Minderung des vorhandenen Bestandes an Rechtsgütern führen wird oder bereits geführt hat.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 1985 - 4 B 1434/84 -, NVwZ 1985, S. 355 (356) m.w.N.
Öffentliche Sicherheit ist die Gesamtheit des objektiven Rechts, sodass jeder Verstoß gegen eine öffentlichrechtliche Rechtsnorm die öffentliche Sicherheit stört.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1985 - 4 C 36/82 -, NVwZ 1986, S. 470 sowie Friauf, Polizei und Ordnungsrecht, in: Schmidt-Assmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Auflage 1999, S. 105 (128 Rz. 38) m.w.N.
Demzufolge kann die ordnungsrechtliche Generalklausel als Eingriffsnorm bei der Verletzung von Verbotsvorschriften dienen, die selbst keine Sanktionsnorm vorsehen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1985, a.a.O., S. 470/471; Friauf, a.a.O. S. 128 Rz. 38.
Dies gilt auch bei der Verletzung bundesrechtlicher Verbotsvorschriften.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1979 - 8 C 77/78 - NJW 1981, S. 242 (242/243).
Nach diesen Grundsätzen liegt eine Gefahr jedenfalls deshalb vor, weil die Antragstellerin unter Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG 2001 i.V.m. §§ 130, 86 StGB den Zugang zu den beiden Seiten vermittelt. Geht man nämlich davon aus, dass die Antragstellerin Diensteanbieterin i.S.d. § 3 Nr. 1 TDG 2001 ist, weil sie (überwiegend) fremde Teledienste zur (individualkommunikativen) Nutzung bereithält, greifen die §§ 8 ff. TDG 2001 ein, die Regelungen über die Verantwortlichkeit enthalten. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG 2001 sind Diensteanbieter im Sinne der §§ 9 bis 11 2001 TDG zwar nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Davon bleiben aber gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG 2001 Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 TDG 2001 unberührt. Die Regelung des § 8 Abs 2 Satz 2 TDG 2001 entspricht im Wesentlichen der Bestimmung des § 5 Abs. 4 TDG 1997. Diese Bestimmung wurde im Gesetzgebungsverfahren seinerzeit ausdrücklich vor allem auf Wunsch der Bundesländer aufgenommen und sollte vor allem den Bedenken zur Durchsetzbarkeit im Hinblick auf etwaige Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte Rechnung tragen. Die Möglichkeiten des Polizei- und Ordnungsrechts sollten jedenfalls hinsichtlich einer Sperrung zur Verfügung stehen.
Vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfes zu Art. 1 des IuKGD, BT- Drucks. 13/7385, S. 20/21 [zu § 5 Abs. 4 TDG 1997] sowie Maennel, in Beck`scher IuKDG-Kommentar, 2001, § 5 TDG [1997] Rz. 19 und 13.
Allerdings legt die Vorschrift nicht selbst von sich aus die Verantwortlichkeiten fest, sondern sagt nur, in welchen Fällen eine Verantwortung nach dem geltenden allgemeinen Recht in Betracht kommen kann.
Vgl. hierzu Maennel, a.a.O. § 5 TDG [1997] Rz. 14.
Zur Sperrung eines als unzulässig erkannten - weil gegen die o.g. strafrechtlichen Bestimmungen verstoßenden - Angebots ist der Provider aber verpflichtet.
Vgl. hierzu Strömer, Online-Recht, 3. Auflage 2002, S. 225 m.w.N.
Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG 2001 liegen vor. Die Antragstellerin ist nicht i.S.d. §§ 9 bis 11 TDG 2001 verantwortlich, aber aus den dargelegten Gründen zur Sperrung des Zugangs zu den unzulässigen Seiten verpflichtet. Dabei mag offen bleiben, ob die Antragsgegnerin die Antragstellerin im Hinblick auf die o.g. spezialgesetzliche Regelung der (Nicht-) Verantwortlichkeit im Rahmen ihrer Ermessensbestätigung zu Recht als "Zustandsstörerin" angesehen hat.
Vgl. hierzu einerseits Spindler/Volkmann, a.a.O., S. 403 und Stadler, a.a.O., S. 344 bzw. 347 und andererseits Bornemann, a.a.O., S. 305.
Denn da es nach den eingangs dargelegten Grundsätzen - unabhängig von der im Einzelfall gegebenen Begründung - allein darauf ankommt, ob das Recht den erlassenen Verwaltungsakt zu rechtfertigen vermag, und die anzustellenden Ermessenserwägungen praktisch mit den im Zusammenhang mit § 22 Abs. 3 MDStV 2002 angestellten identisch sind, geht die Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon aus, dass auch eine Inanspruchnahme als Nichtverantwortlicher nach den allgemeinen Grundsätzen gemäß § 19 Abs. 1 bis 3 OBG NRW hätte erfolgen können und müssen. Die Antragsgegnerin hat in dem Widerspruchsbescheid (dort S. 15) ausdrücklich ausgeführt, da gegen die Content- und Service-Provider nicht vorgegangen werden könne, komme als Einzige Maßnahme die Inanspruchnahme der Antragstellerin in Betracht. Dies stelle die einzige Möglichkeit zur Beseitigung der Gefahr dar. Bei dieser Sachlage ist die Einordnung der Antragstellerin als Zustandsstörerin für die zu treffende Sachentscheidung nicht nur nicht ursächlich gewesen, sondern es kann praktisch ausgeschlossen werden, dass bei Einordnung der Antragstellerin als Nichtstörerin i.S.d. § 19 Abs. 1 OBG NRW eine andere Sachentscheidung getroffen worden wäre. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin im Rahmen des MDStV 2002 ausdrücklich als Nichtverantwortliche eingeordnet hat. In einem solchen Fall wäre unter Zugrundelegung des Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NRW die Maßnahme im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.
Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 - 1 WB 36/88 -, BVerwGE 86, S. 244 (252/253).
Ob aus einer Inanspruchnahme aus Nichtstörerin ggf. Ansprüche gemäß § 39 Abs. 1 OBG NRW (ggf. in entsprechender Anwendung) herzuleiten wären,
vgl. hierzu Stadler, a.a.O., S. 343 (346/347), Spindler/Volkmann, a.a.O., S. 398 (405) und Zimmermann, NJW 1999, S. 3145 (3149 Fn. 46),
ist hier nicht zu entscheiden.
Erweist sich die angefochtene Verfügung unabhängig von der anzuwendenden Ermächtigungsgrundlage als nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern spricht mehr für ihre Rechtmäßigkeit, geht auch die weiter vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerin aus. Denn mit ihr wird der Antragstellerin nur auferlegt, den Zugang zu den beiden genannten Internetseiten zu sperren; dies ist aus den oben dargelegten Gründen mit relativ geringem Aufwand möglich. Somit wird der wirtschaftliche Aufwand, der durch die Befolgung der Sperrverfügung für sie entstehen würde und auf den sie sich immer wieder berufen hat, auch für ein Unternehmen ihrer Größe relativ gering sein. Ihr Interesse daran, auch weiterhin den Zugang zu websides, die u.a. den Straftatbestand der Volksverhetzung i.S.d. § 130 StGB erfüllen, vermitteln zu können, erscheint demgegenüber nicht schützenswert, da es von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist. Auf der anderen Seite besteht nämlich ein erhebliches öffentliches Interesse an der Erschwerung des Zugangs zu Web-Seiten mit derartigen, gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßenden Inhalten.
Vgl. auch VG Arnsberg, Beschluss vom 6. Dezember 2002 - 13 L 1848/02 -; a.A. VG Minden, Beschluss vom 31. Oktober 2002 - 11 L 1110/92 -; vgl. auch Degenhart, a.a.O., Art. 5 Abs. 1 und 2 GG Rz. 930 a.E., der meint, für den Fall des Eingreifens des Zensurverbots des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG sei "ein sofortiger Vollzug administrativer Beschränkungen in aller Regel auszuschließen."
Bei dieser Sach- und Rechtslage hat auch der Hilfsantrag keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG. Die Kammer hat dabei mangels anderer konkret greifbarer Anhaltspunkte den gesetzlichen Auffangwert zugrundegelegt, der da es sich nur um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, zu halbieren ist.
VG Düsseldorf:
Beschluss v. 19.12.2002
Az: 15 L 4148/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/91684940e539/VG-Duesseldorf_Beschluss_vom_19-Dezember-2002_Az_15-L-4148-02