Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 75/04

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az.: 28 W (pat) 75/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des DPMA - Markenstelle für Klasse 29 - vom 20. September 2001 und 8. Januar 2004 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 926 309 zurückgewiesen worden ist.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 926 309 wird die Löschung der angegriffenen Marke 396 44 268 für die Waren

"Biere, alkoholfreie Getränke, Fruchtsäfte, Sirupe; alkoholische Getränke"

angeordnet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Unter der Rollennummer 396 44 268 ist seit dem 26. November 1996 die Wortmarke Kondials Kennzeichnung für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, darunter

"diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Bier, alkoholfreie Getränke, Fruchtsäfte, Sirupe, alkoholische Getränke"

eingetragen. Die Veröffentlichung erfolgte am 28. Februar 1997.

Die Inhaberin der rangälteren, seit dem 23. Dezember 1974 für "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer" eingetragenen Marke (Rollennummer 926 309)

KONDI hat hiergegen Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin Unterlagen eingereicht, wonach die Widerspruchsmarke seit 1994 umfangreich als Zweitmarke neben der Firmenbezeichnung FAXE für einen Energydrink in Dosen und anderen Gebinden benutzt wird, das sich zu einer Art Kultgetränk entwickelt habe.

Die Markenstelle hat den Widerspruch mangels rechtserhaltender Benutzung zurückgewiesen, und zwar der Erstprüfer mit der Begründung, die als benutzt nachgewiesenen Ware "Limonade" lasse sich unter keine der im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Oberbegriffe subsumieren, während der Zweitprüfer die Benutzung verneint hat, weil die Widerspruchsmarke ausschließlich im Kontext der Firmenkennzeichnung verwendet werde und mit dieser eine derart enge Verbindung eingehe, dass sie für den Verkehr nicht selbständig präge und nicht mehr als eigenständige Marke erkannt werde.

Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie den Widerspruch auf die Waren "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Bier, alkoholfreie Getränke, Fruchtsäfte, Sirupe, alkoholische Getränke" beschränkt. Sie hält die Benutzung sowohl in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht für ausreichend glaubhaft gemacht, so dass angesichts identischer Markenworte für alle noch angegriffenen Waren, die sämtlich im Ähnlichkeitsbereich lägen, eine Verwechslungsgefahr anzunehmen sei.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Beschlüsse zurückzuweisen. Die Widerspruchsmarke werde nicht selbständig, sondern nur in einer Gesamtmarke "FAXE Kondi" benutzt und dazu noch für Waren, die im Warenverzeichnis keine Entsprechung hätten, zumal die Widersprechende auf die ursprünglich dort zusätzlich enthaltenen "alkoholfreien Getränke" im Eintragungsverfahren selbst verzichtet habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache überwiegend Erfolg, denn zwischen den Marken besteht insoweit Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG).

Da vorliegend die angegriffene Marke mit der Widerspruchsmarke identisch ist, kann eine Verwechslungsgefahr nur ausgeschlossen werden, wenn es an einer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren fehlt oder - wie das die Markeninhaberin und die Markenstelle angenommen haben, auf Seiten der Widersprechenden mangels Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung überhaupt keine Waren berücksichtigt werden können. Beides ist entgegen der Auffassung von Markeninhaberin und Markenstelle indes nicht der Fall.

Auf die von der Markeninhaberin zulässigerweise erhobene Einrede der Nichtbenutzung hat die Widersprechende unter Vorlage von umfangreichem Material zur Glaubhaftmachung zunächst einmal in tatsächlicher Hinsicht ausreichend dargetan, dass sie die Widerspruchsmarke in den hier relevanten Zeiträumen von 1992 bis 1997 bzw. 2000 bis heute umfangreich als Kennzeichnung für ein limonadenähnliches Erfrischungsgetränk verwendet hat bzw. noch verwendet. Das ist zwischen den Beteiligten im Grunde unstreitig. Streit besteht lediglich hinsichtlich der Frage, ob es sich hierbei um eine rechtserhaltende Benutzung handelt, da die Widerspruchsmarke regelmäßig nicht in Alleinstellung, sondern im Kontext mit dem Firmennamen der Widersprechenden als "Faxe Kondi" in Erscheinung tritt, worin die Markeninhaberin eine unzulässige Veränderung der eingetragenen Form sieht. Auch die Markenstelle ist im Erstbeschluss zu der Ansicht gelangt, die Widerspruchsmarke habe durch diese Art der Benutzung ihre Eigenständigkeit verloren, zumal nach der Rechtsprechung zu Kombinationszeichen in Fällen der Firmen- und Produktkennzeichnung regelmäßig beide Bestandteile den Gesamteindruck der Marke prägten, die Widerspruchsmarke also vom Verkehr nicht mehr mit der eingetragenen Marke gleichsetzt würde, er also in der benutzten Form nicht mehr dieselbe Marke erkenne. Diese Auffassung steht nicht nur im Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen, sondern sie ist vor allem im rechtlichen Ansatz unzutreffend, da bei der Beurteilung der Benutzung einer Marke abweichend von ihrer eingetragenen Form etwa durch Verwendung von Zusätzen, Weglassungen, Trennungen, Änderung der Größenverhältnisse usw. allein auf § 26 Abs 3 MarkenG abzustellen ist, mithin auf die Frage, ob durch die konkrete Benutzung der kennzeichnende Charakter der Marke verändert wird. Für eine (ggfls. zusätzliche) Anwendung der Grundsätze der sog. Prägetheorie des Bundesgerichtshofs ist hingegen bei der Benutzungsprüfung kein Raum. Vorliegend wird die Widerspruchsmarke erkennbar als Zweitmarke neben der Firmenkennzeichnung eingesetzt, und zwar in der Weise, dass die beiden Marken gleichrangig räumlich übereinander bzw. unmittelbar nebeneinander angeordnet sind. Es handelt sich hierbei um eine typische Mehrfachkennzeichnung von Waren, wobei beide Marken ihre betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen, ohne dass etwa ein neuer Gesamtbegriff oder eine neue Gesamtmarke entsteht, in der etwa die Widerspruchsmarke in den Augen des Verkehrs aufgeht oder zumindest völlig zurücktritt. Dass auch die Bezeichnung "Faxe Kondi" als Marke geschützt ist, ist nach der ausdrücklichen Regelung in § 26 Abs 3 S 2 MarkenG markenrechtlich irrelevant. Damit kann aber von einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke in ihrer konkreten Verwendung keine Rede sein, d.h. die Art ihrer Verwendung steht der Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen.

Der Senat hat schließlich auch keine Bedenken, die benutzte Ware "limonadenähnliches Erfrischungsgetränk" unter den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Begriff der "kohlensäurehaltigen Wässer" zu subsumieren. Bei der Frage, ob die tatsächlich mit der Marke gekennzeichneten Waren unter entsprechende Begriffe eines Warenverzeichnisses fallen, darf bekanntlich nicht nur vom allgemeinen Sprachgebrauch ausgegangen werden, sondern es ist gleichermaßen die Fachterminologie der Klassifikation mit einzubeziehen. Hinzukommt, dass das registerrechtliche Kollisionsverfahren ein reines Rechtsverfahren ist, so dass die Subsumtionsfrage letztlich normativ zu entscheiden ist.

Vorliegend ist die Widerspruchsmarke für "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer" eingetragen; der ursprünglich bei der Anmeldung noch im Warenverzeichnis enthaltene Oberbegriff "alkoholfreie Getränke" ist im damaligen Eintragungsverfahren von der Widersprechenden fallengelassen worden. Das bedeutet indes nicht, dass die Widersprechende damit die Marke nicht mehr rechtserhaltend für alkoholfreie Getränke benutzen könnte, denn diese sind zwar in der Warenklasse 32 als Oberbegriff aufgeführt, doch finden sich dort noch eine Reihe von Einzelgetränken wie Wässer, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, die sich auch als alkoholfreie Getränke darstellen, diesen aber nicht zwingend zugeordnet sind. Mangels einer einheitlichen Terminologie ist es mithin im Einzelfall schwierig, ob ein Getränk etwa auf dem Markt der Erfrischungsgetränke mit seinen modischen Designerdrinks und laufend innovativen Produkten allein unter den Oberbegriff der alkoholfreien Getränke fällt oder zusätzlich unter eine der in der Klassifikation aufgeführten Einzelwaren subsumiert werden kann. Für einzelne Fallbereiche wird die Beantwortung dieser Frage etwa durch untergesetzliche Regelungen des Lebensmittelrechts erleichtert, wie etwa die FruchtsaftVO, die VO über Fruchtnektar und Fruchtsirup oder die Mineral- und TafelwasserVO. Im übrigen sind alkoholfreie Getränke bzw. die Untergruppe alkoholfreie Erfrischungsgetränke rechtlich nicht näher definiert, sieht man einmal von der VO über koffeinhaltige Erfrischungsgetränke und die Leitsätze für Erfrischungsgetränke der Lebensmittelbuchkommission ab. In allen diesen Bestimmungen findet sich der Begriff "kohlensäurehaltige Wässer" überhaupt nicht, sondern kann allenfalls über § 11 der Mineral- und TafelwasserVO iVm der Zusatzstoff-ZulassungsVO inhaltlich erschlossen werden. Auch der EU-Zolltarif bzw. die EU-Klassifizierung der Waren für die Statistik des Warenverkehrs kennen nur den Oberbegriff "Wasser, einschließlich Mineralwasser und kohlensäurehaltiges Wasser", wobei lediglich noch eine Unterscheidung mit oder ohne Zusatz von Zucker, Süßmitteln oder Aromastoffen getroffen wird. Das zeigt aber gleichzeitig, dass unter die Wässer zumindest rechtlich gesehen nicht nur farb- und geschmacklose wasserhaltige Getränke fallen, sondern auch die ganze Bandbreite der modernen limonadenähnlichen Designerdrinks, wenn sie wie vorliegend auf der Basis von (ggfls. auch kohlensäurehaltigem) Wasser konzipiert sind.

Zwischen den von der Widersprechenden benutzten "limonadenähnlichen Erfrischungsgetränken" und den im Tenor aufgeführten Waren der angegriffenen Marke besteht, abgesehen von Identität hinsichtlich des Oberbegriffs "alkoholfreie Getränke", nach den herrschenden Markgepflogenheiten eine mehr oder minder ausgeprägte Warenähnlichkeit (vgl. iE Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl. 2005, S. 3 f), was gleichermaßen auch noch für die "alkoholischen Getränke" zumindest im Oberbegriff (zB wegen der sog. Alcopops) gilt. Eine Warenähnlichkeit hinsichtlich der diätetischen Erzeugnisse kann hingegen nicht mehr festgestellt werden; eine solche besteht allenfalls in bezug auf Mineral- oder sonstige Wässer mit einem gewissen diätetischen Effekt (zB isotonische Getränke), nicht aber gegenüber den speziellen limonadenähnlichen Erfrischungsgetränken der Widersprechenden. Lediglich insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen, im übrigen hatte sie Erfolg.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 MarkenG.

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BPatG:
Beschluss v. 06.07.2005
Az: 28 W (pat) 75/04


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