Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Dezember 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 240/02
(BPatG: Beschluss v. 16.12.2003, Az.: 33 W (pat) 240/02)
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Kosten werden nicht auferlegt.
Gründe
I Bezüglich der seit dem 15. Dezember 1999 eingetragenen Marke 399 38 266 Snap-Tabfür 01: Chemische Erzeugnisse, insbesondere in Form von Komprimaten, für gewerbliche, wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke und für die chemische, pharmazeutische und die Lebensmittelindustrie; Kunstharze, insbesondere in komprimierter Form, Kunstharze und Kunststoffe, insbesondere in komprimierter Form, im Rohzustand; Bindemittel, insbesondere komprimierte Bindemittel; Feuerlöschmittel, insbesondere komprimierte Feuerlöschmittel; Mittel, insbesondere in komprimierter Form, zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse, insbesondere in Form von Komprimaten, zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel, insbesondere komprimierte Gerbmittel; Klebstoffe, insbesondere komprimierte Klebstoffe, für gewerbliche Zwecke; Mittel zur Herstellung von Getränken, insbesondere in der Form von Komprimaten; Teile und Bestandteile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 1 enthalten;
03: Wasch- und Bleichmittel, insbesondere in Form von Komprimaten; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, insbesondere in Form von Komprimaten; Seifen; Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere in der Form von Komprimaten; Zahnputzmittel, insbesondere in der Form von Komprimaten; Teile und Bestandteile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 3 enthalten;
05: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, Nahrungsergänzungsmittel, Vitamin- und Mineralstoffpräparate, sämtliche vorgenannte Waren insbesondere in der Form von Komprimaten; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, insbesondere in der Form von Komprimaten; Desinfektionsmittel, insbesondere in der Form von Komprimaten; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide, insbesondere in der Form von Komprimaten;
07: Werkzeuge und Maschinen zur Herstellung von Komprimaten, insbesondere von Tabletten, insbesondere für die pharmazeutische, chemische und Lebensmittelindustrie; Teile und Bestandteile der vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten;
29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild sowie Waren daraus; Fleischextrakte sowie Waren daraus; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte sowie Waren daraus; sämtliche vorgenannte Waren insbesondere in der Form von Komprimaten; Tabletten zur Herstellung von Lebensmitteln oder Lebensmittelzusätzen, insbesondere von Getränken, Suppen und Würzmitteln, soweit in dieser Klasse enthalten; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 29 enthalten;
30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel sowie Waren daraus; Mehle und Getreidepräparate sowie Waren daraus; Honig, Melassesirup sowie Waren daraus; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Tabletten zur Herstellung von Lebensmitteln oder Lebensmittelzusätzen, insbesondere von Getränken, Suppen und Würzmittel, soweit in dieser Klasse enthalten; Gewürze; sämtliche vorgenannte Waren insbesondere in der Form von Komprimaten; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 30 enthalten;
40: Herstellung von Komprimaten für die pharmazeutische, chemische und die Lebensmittelindustrie im Auftrag von Dritten;
42: Konzeption, Entwicklung und Konstruktion von Maschinen, Instrumenten, Apparaten, Werkzeugen und Tablettenform, insbesondere für die chemische Industrie, die pharmazeutische Industrie und die Lebensmittelindustriehat die Antragstellerin Antrag auf Löschung wegen absoluter Schutzunfähigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG gestellt. Sie macht geltend, dass es sich bei der angegriffenen Marke um einen Fachbegriff für eine Tablettenform mit Bruchkerben handele, die sich durch Fingerdruck einfach teilen lasse. Die Markeninhaberin hat dem Antrag auf Löschung fristgemäß widersprochen.
Mit Beschluss vom 18. März 2002 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts den Löschungsantrag zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenabteilung lässt sich nicht feststellen, dass die Marke zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG vom Schutz ausgeschlossen war. Zwar werde das Kürzel "Tab", auch in der Pluralform "Tabs", vom Verkehr seit Jahren als Ausdruck für gepresstes Pulver in Tablettenform und damit als Synonym für Tabletten verwendet. Die Gesamtmarke "Snap-Tab" vermittle jedoch keinen hinreichend klaren Bedeutungsinhalt in bezug auf die Waren und Dienstleistungen. Dem Markenbestandteil "Snap" kämen neben der von der Antragstellerin genannten Bedeutung "zerbrechen, entzweibrechen" auch weitere Sinngehalte zu, wie "Plätzchen", "Knacken", "knack", "Kinderspiel", "Blitz-", "kurze Zeit", "im Nu". Die Marke sei daher nicht geeignet, als ohne Weiteres verständlicher Hinweis auf ein bestimmtes Merkmal der Waren und Dienstleistungen zu dienen, zumal zur Beschreibung der Eigenschaft einer (guten) Teilbarkeit auch Wörter wie "break", "split", "divide" näher lägen. An dieser Beurteilung ändere auch die Erwähnung des Ausdrucks "Snap-Tab" in zwei Fachartikeln (desselben Autors) nichts, in denen der Ausdruck für eine vom Autor mit entwickelte neue Tablettenform verwendet werde. Hieraus könne nicht abgeleitet werde, dass der Ausdruck zum Zeitpunkt seiner Eintragung einen klaren Sinngehalt besessen habe oder ein Fachbegriff gewesen sei. Auch die von der Antragstellerin weiter vorgelegten Verwendungsbeispiele aus der Produktwerbung einiger Pharmahersteller ließen nicht erkennen, dass die Werbung vor dem Eintragungszeitpunkt stattgefunden habe. Nach diesem Zeitpunkt datierende Fundstellen seien nicht entscheidungserheblich. Damit könne das Vorliegen von Eintagungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 MarkenG zum Eintragungszeitpunkt nicht festgestellt werden. Da die Marke aufgrund ihres eher verschwommenen Sinngehalts und der sich reimenden Bestandteile auch die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise, liege auch kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass der von ihr vorgelegte Fachartikel aus dem Jahr 1995 stamme und die angegriffene Marke erst 1999 angemeldet worden sei. Die Tablette sei also schon vier Jahre bekannt gewesen. Nachdem die Markenabteilung den beschreibenden Bedeutungsgehalt von "Tab" als Synonym für Tabletten und "Snap" als "zerbrechen, entzweibrechen" erkannt habe, sei es verwunderlich, dass die angegriffene Mark insbesondere für pharmazeutische Produkte schutzfähig sein solle. Auch ausländische Eintragungen der angegriffenen Bezeichnung änderten nichts an der fehlenden Eintragbarkeit der Marke.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Markeninhaberin verweist darauf, dass die österreichischen Marken 205 013 - Wortmarke "SNAP-TAB" und 205 014 - Wort-Bildmarke "SNAPTAB" trotz der in Österreich obligatorischen Amtsprüfung auf absolute Schutzfähigkeit für die Antragstellerin eingetragen seien, was auch die Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke dokumentiere. Auch aus den vom Senat ermittelten und den Beteiligten vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Internet-Auszügen, in denen die angegriffene Bezeichnung von verschiedenen Unternehmen verwendet werde, ergebe sich nichts anderes. Soweit diese Internetinhalte nicht ohnehin erst nach dem Tag der Eintragung der angegriffenen Marke datierten, handele es sich bei den darin genannten Unternehmen um Kooperationspartner der Markeninhaberin.
Der Antragstellerin seien die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, denn der Löschungsantrag diene allein der Behinderung der Markeninhaberin. Wenn die Antragstellerin mit der angeblichen Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke argumentiere, während sie selbst in Österreich identische Marken zur Eintragung bringe, belege dies eine bösgläubige Vorgehensweise der Antragstellerin.
Der Senat hat Unterlagen über die Benutzung der Bezeichnung "Snap Tab" ermittelt, die den Beteiligten mitgeteilt worden sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet.
1. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag zu Recht zurückgewiesen, da jedenfalls nicht festgestellt werden kann, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG). Es liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Dezember 1999 ein Eintragungshindernis nach § 8 MarkenG, insbesondere nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG bestand.
So verfügt die Wortfolge "Snap Tab" über keinen aus sich heraus verständlichen beschreibenden Bedeutungsgehalt, der ein Freihaltungsbedürfnis oder den Mangel an Unterscheidungskraft von vornherein nahe legen würde. Zwar ist die Bezeichnung "Tab" als Kurzform für "Tablette" üblich (vgl. z.B. 24. Senat vom 13. November 2001, 24 W (pat) 102/00 - 2-Komponenten-Tabs; vom 11. April 2000, 24 W (pat) 131/99 - TURBO-TABS sowie den Beteiligten übersandte Verwendungsbeispiele aus dem Pharmabereich). Auch könnte der Bedeutungsgehalt des englischen Worts "snap" i.S.v. "schnappen" möglicherweise noch beachtlichen Teilen des inländischen Verkehrs geläufig sein. Unter dem sich damit ergebenden Bedeutungsgehalt einer "Schnapp-Tablette" wird sich der Verkehr ohne weitere Erläuterungen jedoch keine konkrete Tablettenform vorstellen können.
Es ließ sich auch nicht feststellen, dass die angegriffene Marke schon zum Zeitpunkt ihrer Eintragung ein Fachbegriff mit sachlichbeschreibender Bedeutung war oder wenigstens in der Entwicklung zu einer Fachbezeichnung begriffen war. Zwar ist die Bezeichnung "Snap Tab" nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Senats und dem Inhalt der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen bereits vor diesem Datum mehrfach verwendet worden, die Art und Häufigkeit der festgestellten Verwendungen sind jedoch nicht ausreichend, um bereits zu diesem Zeitpunkt das Vorliegen eines auch nur zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG oder den Mangel an Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu belegen.
Dies gilt zunächst für die von der Antragstellerin eingereichten Aufsätze des Autors Christof Schumann in zwei Fachzeitschriften auf dem Gebiet des Apothekenwesens und der Pharmazie von 1995. Zwar wird die Bezeichnung "Snap Tab" in den Aufsätzen mehrfach wie eine neue Sachbezeichnung verwendet, etwa wenn sie als Überschrift des Aufsatzes in "Deutsche Apotheker Zeitung" oberhalb der Unterüberschrift "Eine neue, exakt teilbare Tablette" steht. Auch Formulierungen wie "die neue entwickelte Snap Tab-Form", die wie eine beschreibende Bezeichnung gebildet ist (vgl. z.B. "Oblong-Form" oder "Viereck-Form"), sprechen durchaus für eine Verwendung, die typisch ist für eine beschreibend wirkende Benutzung. Dennoch vermögen die Aufsätze das Vorliegen eines Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG zum Eintragungszeitpunkt nicht zu belegen. So enthalten sie keineswegs durchgehend Formulierungen, die allein auf eine Verwendung der Bezeichnung "Snap Tab" als Sachbeschreibung schließen lassen. Beispielsweise ist die Nachstellung von "Snap Tab" in dem Satz "die neu entwickelte Tablettenform Snap Tab gewährleistet eine einfache und außerordentlich patientenfreundliche Tablettenteilung" (Aufsatz in Deutsche Apotheker Zeitung, S. 30, li.Sp. u.) eher typisch für eine markenmäßige Verwendung.
Auch die Art der Gegenüberstellung in Tabellen, in denen die Wirkung der neuen Tablettenform im Vergleich zu anderen bzw. herkömmlichen Produkten anschaulich gemacht werden soll, entspricht eher einer markenmäßigen Verwendung. So wird in den drei Tabellen, die im Aufsatz in der Zeitschrift PHARMAZIE enthalten sind, in der jeweils linken Spalte unter der Rubrik "Präparat" die Tabellenüberschrift "Snap Tab" verwendet, während die Vergleichsprodukte an entsprechender Stelle nur "Produkt A", "Produkt B" usw. lauten. Dies deutet auf einen Vergleich konkreter Produkte hin, bei denen die Nennung der Konkurrenzprodukte zur Vermeidung wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten anonymisiert erfolgt.
Vor allem spricht der unterhalb der ersten Tabelle (3. Seite des Aufsatzes in PHARMAZIE) angebrachte Zusatz "*) Snap Tab ist ein Produkt der Firma A... in G..." deutlich dafür, dass die Bezeichnung "Snap Tab" vom Autor als Produktname verstanden wird und er dies gegenüber dem Leser auch klarstellen will.
Schließlich deuten auch das aus den Aufsätzen erkennbare Arbeitsverhältnis des Autors und die Geschäftsbeziehungen seiner damaligen Arbeitgeberin auf einen freigewählten Produktnamen hin. In optisch abgesetzten Passagen wird der Autor als Leiter der Abteilung Pharmazeutische Entwicklung der A... GmbH vor- gestellt. Innerhalb der Aufsatztexte wird außerdem die Zusammenarbeit mit der Markeninhaberin bei der Entwicklung der neuen Tablettenform erwähnt. Darüber hinaus enthält jeder der beiden Aufsätze im Anhang eine Danksagung an die Markeninhaberin für die gemeinsame Entwicklungsarbeit und präzise Fertigung der Presswerkzeuge. Damit stellen sich die Aufsätze als Versuch dar, ein von der A... GmbH in Zusammenarbeit mit der Markeninhaberin entwickeltes neues Produkt in der Fachwelt vorzustellen. Zwar mögen einige Textpassagen aus markenstrategischer Sicht im Hinblick auf einen möglichen späteren Markenschutz unglücklich formuliert sein, die Aufsätze lassen in ihrer Gesamtheit jedoch deutlich erkennen, dass es um ein bestimmtes Produkt geht, das aus einem bzw. allenfalls aus zwei miteinander kooperierenden Unternehmen stammt. Ein bereits im Jahr 1995 vorliegendes Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG vermögen die Aufsätze damit nicht ausreichend zu belegen.
Dies gilt auch für die vom Senat ermittelten weiteren beiden Verwendungen aus der Zeit bis zur Eintragung der angegriffenen Marke im Dezember 1999. In der Internetseite www.kyowa.co.jp/netext/er981019.htm, deren redaktioneller Inhalt den Datumsvermerk "October 19th, 1998" trägt, wird unter der Überschrift "Development of a New Scored Tablet" über die Entwicklung einer neuen teilbaren Tablette berichtet. Im Gegensatz zu den o.g. Aufsätzen geht es hier allerdings um Tabletten, die bereits in der Blisterverpackung und zudem beidseitig geteilt werden können. Unterhalb des erläuternden Textes taucht auch nicht exakt die angegriffene Bezeichnung, sondern die Wortfolge "Snap Tap" (tap = (engl.) "klopfen", vgl. Langenscheidts Handwörterbuch Engl.-Deutsch) in folgender Bildüberschrift auf: "A new scored tablet of Coniel, "Snap-Tap"". Abgesehen von der begrifflichen Abweichung spricht die Nachstellung in Anführungszeichen eher für eine markenmäßige Verwendung. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Inhalte japanischer Webseiten, selbst wenn sie in englischer Sprache verfasst sind, ohne Weiteres das Verständnis der inländischen Verkehrskreise zu beeinflussen vermögen. Ob es sich bei der K... Co., Ltd. zudem um eine Kooperationspartne- rin der Markeninhaberin handelt, wie von dieser substantiiert behauptet wird, mag unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
Auch die österreichische Internetseite www.ahcnet.at/fach/fachinfos/daten/boehringer/movalis15tab.htm, die unter der Angabe "Stand der Information: Jänner 1999" Informationen über das Produkt "Movalis 15 mg-Tabletten" enthält, belegt kein Eintragungshindernis. Darin ist eine Kurzanleitung zum Teilen der Tablette enthalten, in der es am Ende heißt: "...sie zerbricht in zwei gleich große Teile ("Snapa-Tab"-Design)." Sowohl die mit der Einfügung eines unbestimmten Artikels verbundene sprachliche Variation des Ausdrucks, der hier nicht substantiviert sondern mit Schwerpunkt auf dem Verb "Snap" gebildet ist, wie auch die Schreibweise und die Verwendung von Anführungszeichen geben selbst für Österreich, erst recht für Deutschland, keinen hinreichenden Aufschluss darüber, dass die Bezeichnung "Snap Tab" zu diesem Zeitpunkt ein Fachbegriff war oder aufgrund hinreichend sicherer tatsächlicher Anhaltspunkte dabei war, sich zu einem Fachbegriff zu entwickeln.
Alle weiteren Belege, die möglicherweise beschreibende Verwendungen der angegriffenen Bezeichnung enthalten, datieren aus der Zeit nach Eintragung der angegriffenen Marke. Hiervon können allenfalls die zeitnah zur Eintragung erschienenen Veröffentlichungen noch eingeschränkt berücksichtigt werden. Davon bezieht sich jedoch der in der Verpackungs-Rundschau 2/2000 erschienene Text "Hierzu hat A... beispielsweise die auf Fingerdruck in ihre Sollbruchstücke zerbrechende Snap-Tab-Tablette in den Markt eingeführt" nur auf die Tätigkeit der bereits aus den o.g. Aufsätzen bekannten Geschäftspartnerin der Markeninhaberin. Der noch über einen Internet-Archiv-Dienst (www.archive.org) abrufbare Stand der Internetseite http://home.intekom.com/pharm/captohex.html zum Februar 2000 mit dem Text: "...white tablets with a 120¡ "snap tab" break mark..." stammt von einem südafrikanischen Hersteller und erlaubt ebenfalls keine Rückschlüsse auf die drei Monate zuvor in Deutschland herrschenden Verhältnisse.
Auch die von der Antragstellerin vorgelegten undatierten Auszüge aus einem Druckwerk über Pharma-Produkte, zu denen die Antragstellerin erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass es sich um Auszüge aus der Gelben Liste 2000, Bd. I, handele, und in denen der Ausdruck "Snap-Tab" in Zusammenhang mit Hinweisen auf die leichte Teilbarkeit von Tabletten des Herstellers "ratiopharm" verwendet wird, vermögen ein Eintragungshindernis nicht zu belegen. Angesichts der nur eingeschränkt möglichen rückschauenden Betrachtung reichen diese Belege allein nicht für die Feststellung des Bestehens von Eintragungshindernissen schon zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Dezember 1999.
Schließlich lässt auch eine Zusammenschau sämtlicher o.g. Hinweise auf Verwendungen der Bezeichnung "Snap Tab" oder abgewandelter Formen eine solche Feststellung nicht zu. Zwar taucht die angegriffene Bezeichnung bis zum Eintragungszeitpunkt mehrfach in Zusammenhang mit der Problematik der exakten Teilbarkeit von Tabletten auf. Keine der aufgefundenen, zumeist auch noch ausländischen Verwendungen ist dabei jedoch so eindeutig sachlich beschreibend, dass sie sich klar von Verwendungen abgrenzen lässt, die ebenso gut markenmäßige Benutzungen sein können. Insbesondere die von der Antragstellerin eingereichten Aufsätze lassen eher auf einen Versuch der A... GmbH und der Markenin- haberin schließen, die Bezeichnung "Snap Tab" als Marke zu etablieren oder sich diese Möglichkeit zumindest offen zu halten. Auffällig ist auch, dass zwischen den Aufsätzen aus dem Jahr 1995 und den weiteren Verwendungsbeispielen eine mehrjährige Lücke klafft. Erst etwa ein Jahr vor der Eintragung tauchen dann wieder zwei Verwendungen auf, bei denen es sich jedoch um Auslandsveröffentlichungen handelt und die gegenüber der angegriffenen Marke begriffliche oder sprachliche Variationen enthalten. Auf der Basis einer derart uneindeutigen und lückenhaften Tatsachengrundlage lässt sich selbst ein - bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung - zukünftiges Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Hersteller von Pharmazeutika oder entsprechenden Werkzeugen nicht feststellen. Gleiches gilt für den Mangel an Unterscheidungskraft. Die Frage, ob ein Eintragungshindernis auch heute noch besteht, kann daher offen bleiben. Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.
2. Für die von der Markeninhaberin beantragte Kostenauferlegung besteht kein Grund. Wie aus der Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hervorgeht, trägt jeder Verfahrensbeteiligte im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren seine eigenen Kosten in der Regel selbst. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände, wie etwa ein mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbarendes Verhalten, das etwa dann vorliegen kann, wenn ein Beteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 71, Rdn. 13, 25).
Als derart aussichtslos erscheinender Versuch kann der Löschungsantrag ebenso wenig angesehen werden, wie seine weitere Verfolgung im Beschwerdeverfahren. Die unter Ziffer 2. besprochenen und weitere, den Beteiligten übersandte Belege aus der Zeit nach Eintragung der angegriffenen Marke stellen Verwendungshinweise dar, die - wie ausgeführt - im Ergebnis zwar nicht für den Erfolg des Antrags ausgereicht haben, dennoch aber keineswegs aus der Luft gegriffene Zweifel an der anfänglichen und gegenwärtigen Schutzfähigkeit der Marke begründen, so dass weder der Löschungsantrag noch die Beschwerde der Antragstellerin als von vornherein aussichtslos oder nahezu aussichtslos erschienen.
Eine Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil sie sich mit der Anmeldung der beiden österreichischen Marken 205 013 - Wortmarke "SNAP-TAB" und 205 014 - Wort-Bildmarke "SNAPTAB" zu ihrem Löschungsantrag scheinbar in Widerspruch gesetzt hat. Das markenrechtliche Löschungsverfahren kann von jedermann angestrengt werden und dient damit dem öffentlichen Interesse an der Freihaltung des Registers von schutzunfähigen Marken. Das eigene Verhalten der Antragstellerin spielt deshalb keine Rolle (kein Einwand der "unclean hands" im markenrechtlichen Löschungsverfahren nach § 50 MarkenG, vgl. BPatG GRUR 1999, 746, 747 li.Sp.), zumal solche Markenanmeldungen, was bei parallel betriebenen Löschungsverfahren nicht unüblich ist, auch aus rein defensiven Gründen erfolgen können.
Winkler Dr. Hock Kätker Cl
BPatG:
Beschluss v. 16.12.2003
Az: 33 W (pat) 240/02
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