Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. September 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 58/02

(BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az.: 32 W (pat) 58/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. September 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarkeart-4uwurde vom Deutschen Patent- und Markenamt teilweise und zwar hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Form von Disketten, CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten oder anderer Datenträger, Computer-Software, soweit in Klasse 9 enthalten; magnetische und optische Datenträger;

Papier, soweit in Klasse 16 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerzeugnisse; gerahmte und ungerahmte Schnitte, Bilder und Drucke;

Durchführung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Betrieb eines Call-Centers, nämlich Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren (Auftrags- und Bestellannahme) sowie Beratung im Hinblick darauf; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen, Seminaren, Symposien und Kolloquien; Dienstleistungen eines Verlegers, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissenwegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich - je nach beanspruchter Ware bzw. Dienstleistung - die Marke lediglich in einer Sachangabe erschöpfe. "Art" sei auch im Inland als Kunst verständlich. art-4u bedeute somit "Kunst für dich". Die beanspruchten Waren seien entweder Kunst oder auf dem Gebiet der Kunsterziehung einsetzbar. Im Kontext mit den Dienstleistungen erschöpfe sich die Marke in der Benennung deren inhaltlichen Gegenstands.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Auffassung, dass die inländischen Verkehrskreise art-4u nicht zwingend im Sinne von "Kunst für Dich" verstünden. "Art" sei ein deutsches Wort, etwa im Sinne von "Sorte", und eine gängige Abkürzung von "Artikel". Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass die Marke von einer nicht zu vernachlässigender Zahl von Verbrauchern als einfache Abfolge von Zahlen und Ziffern wahrgenommen werde.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr., vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE). Der angemeldeten Marke "art-4u" kann nicht ohne weiteres ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt entnommen werden.

Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass die Marke innerhalb der hier angesprochenen allgemeinen inländischen Verkehrskreise, also auch bei den Teilen, die die Fremdsprache Englisch nur rudimentär oder gar nicht kennen, bekannt ist (vgl. BGH NJW-RR 1998, 1261 - Today). "Art" mit der Bedeutung "Kunst" ist im Inland nicht so bekannt, dass ausgeschlossen werden kann, dass nicht unbeträchtliche Teile des Verkehrs (vgl. BGH BlPMZ 1995, 444 - quattro) diese Bedeutung nicht kennen und tatsächlich an das deutsche Wort "Art" denken. Da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen erfahrungsgemäß in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. BGH BlPMZ 1999, 408 - YES), ist erst recht nicht auszuschließen, dass die von der Markenstelle angenommene Gesamtaussage wegen der nur für junge Verbraucher verständlichen Verwendung von "4" für "for" und "u" für "you" von nicht unbeträchtlichen Verbraucheranteilen nicht nachvollzogen wird. Eine hierfür notwendige umfassende Verbreitung einer derartigen Ausdrucksweise konnte nicht festgestellt werden.

Es kann ferner nicht davon ausgegangen werden, dass "art-4u" stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Auch bei der Eingabe des Begriffs in übliche Suchmaschinen des Internets ergaben sich keine Treffer mit einer beschreibenden Verwendung. Ohne weitere Feststellungen verbietet sich die Annahme, dass die Marke nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

Die Marke ist auch nicht deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). "art-4u" hat keinen eindeutigen Bedeutungsgehalt. Bei diesem Schutzhindernis reicht es aus, wenn nicht unbeträchtliche Teile des inländischen Verkehrs den Inhalt der Marke erfassen. Für die diesbezügliche Prüfung ist also von der Bedeutung "Kunst für Dich" auszugehen. Aber auch in diesem Fall bleibt offen, welches Merkmal mit "Kunst für Dich" beschrieben werden kann. Ein Eintragungshindernis an allgemeinen, nicht konkret waren- bzw. dienstleistungsbezogenen, in verschiedenen Branchen einsetzbaren Ausdrücken enthält die Vorschrift nicht (vgl. BGH BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU).

Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse. Dem Deutschen Patentund Markenamt bleibt es unbenommen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf seine Bestimmtheit zu überprüfen.

Dr. Albrecht Sekretaruk Bayer Ko






BPatG:
Beschluss v. 25.09.2002
Az: 32 W (pat) 58/02


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