Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 28. November 2000
Aktenzeichen: X ZB 20/99
(BGH: Beschluss v. 28.11.2000, Az.: X ZB 20/99)
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 21. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 6. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,--DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin reichte am 26. Oktober 1996 eine Patentanmeldung unter Inanspruchnahme der inneren Priorität aus der Voranmeldung DE 196 25 331.4 vom 25. Juni 1996 betreffend ein Werkzeug und ein Verfahren zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze aus der Metallschale einer Hüftgelenkendoprothese beim Deutschen Patentamt ein.
Die Prüfungsstelle des Deutschen Patentamtes hat die Anmeldung zurückgewiesen, weil das Schutzbegehren auch auf ein nicht gewerblich anwendbares Verfahren gerichtet sei. Ein Verfahren zum Auswechseln eines Pfanneneinsatzes der in einer Metallschale gelagert sei, welche direkt oder über eine Außenschale im Beckenknochen verankert sei, sei offensichtlich mit einem chirurgischen Eingriff am menschlichen oder tierischen Körper verbunden und erfordere ärztliche Fachkenntnisse. Chirurgische Verfahren seien aber dem Patentschutz nicht zugänglich.
Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin ihr Patentbegehren mit den ursprünglichen Ansprüchen als Hauptantrag sowie zwei Hilfsanträgen weiterverfolgt.
Ansprüche 1 und 5 des Hauptantrages lauten:
"1. Werkzeug zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze (1) aus der Metallschale (4) einer Hüftgelenkendoprothese, dadur ch ge kenn zei chnet , daß das Werkzeug aus mit dem Pfanneneinsatz (1) verspannbaren Elementen besteht.
5. Verfahren zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze (1) aus der Metallschale (4) einer Hüftgelenkendoprothese mit einem Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadur ch ge kenn zei chnet , daß das Werkzeug im Pfanneneinsatz (1) verspannt wird und dadurch im Pfanneneinsatz fixiert ist und anschließend der Pfanneneinsatz (1) durch einen Schlagimpuls oder eine Hebelkraft aus seiner Verankerung in der Metallschale (4) gelöst wird."
Die Ansprüche 2 bis 4 betreffen Ausgestaltungen des Werkzeugs, der Anspruch 6 eine Ausgestaltung des Verfahrens nach Anspruch 5.
Der Hilfsantrag 1 hat die Ansprüche 1 bis 5, wobei die Ansprüche 1 bis 4 identisch mit denen des Hauptantrages sind.
Anspruch 5 des Hilfsantrages 1 hat folgenden Wortlaut:
"Verwendung eines Werkzeugs nach einem der Ansprüche 1 bis 4 zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze (1) aus der Metallschale (4) einer Hüftgelenkendoprothese, dadur ch ge kenn zei chnet , daß das Werkzeug im Pfanneneinsatz (1) verspannt wird und dadurch im Pfanneneinsatz fixiert ist und anschließend der Pfanneneinsatz (1) durch einen Schlagimpuls oder eine Hebelkraft aus seiner Verankerung in der Metallschale (4) gelöst wird."
Der Hilfsantrag 2 beseht aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4.
Das Bundespatentgericht hat den Beschluß der Prüfungsstelle aufgehoben und die Sache mit den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. Die weitergehende Beschwerde hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Bundespatentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Anmelderin mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, soweit die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen wurde.
II. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft; in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.
1.
Nach Ansicht des Bundespatentgerichts handelt es sich bei dem von der Anmelderin beanspruchten Verfahren um ein solches zur chirurgischen Behandlung des menschlichen Körpers, das nach § 5 Abs. 2 PatG nicht als gewerblich anwendbare Erfindung gilt. Denn die Metallschale der Hüftgelenkendoprothese, aus der der konisch geklemmte Keramik-Pfanneneinsatz entfernt werden solle, sei nach der Patentbeschreibung direkt oder über eine äußere Schale im Beckenknochen verankert. Infolgedessen sei es ein instrumenteller Eingriff in den lebenden Körper eines Menschen, wenn der Pfanneneinsatz -wie anspruchsgemäß vorgesehen - ausgewechselt werde. Es handele sich um einen einheitlichen Vorgang, der nicht in einzelne chirurgische und nicht-chirurgische Schritte (Zugänglichmachen der Prothese, etc.) aufgegliedert werden könne. Den Anmeldungsunterlagen sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß das Verfahren unter bestimmten Umständen auch außerhalb des menschlichen Körpers anwendbar sei. Die Anmelderin habe auch keine ein chirurgisches Verfahren ausschließende Unterlagen vorgelegt. Der Grundsatz, daß nur diejenigen Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers vom Patentschutz ausgenommen worden seien, die sich ausschließlich in einem nicht gewerblichen Bereich vollzögen, könne schon deshalb nicht auf Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen Körpers angewendet werden, weil chirurgische Verfahren ohne Rücksicht darauf, ob sie aus medizinischen oder anderen - z.B. kosmetischen -Gründen erfolgten, nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen anzusehen seien.
2.
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, daß das von der Anmelderin beanspruchte Verfahren keinen Eingriff in den lebenden menschlichen Körper lehre. Zwar sei es richtig, daß die Metallschale, aus der der Pfanneneinsatz entfernt werden solle, direkt oder über eine äußere Schale im Bekkenknochen verankert sein könne. Dadurch würden aber weder der Pfanneneinsatz noch die Metallscheibe zu Bestandteilen des lebenden Körpers eines Menschen. Zudem bedürfe es für die Ausübung der beanspruchten Lehre keinerlei chirurgischer oder auch nur medizinischer Kenntnisse und handele es sich auch nicht um eine dem Arzt vorbehaltene Tätigkeit. Daß der Chirurg in praxi doch selbst nach dem Verfahren vorgehen und dies nicht irgendeinem halbwegs geschickten Laien überlassen werde, sei nach Wortlaut, Sinn und Zweck von § 5 Abs. 2 PatG völlig unerheblich. Im übrigen sei der Anwendungsbereich der Vorschrift auf Fälle eingeschränkt, in denen es um Verfahren gehe, die ausschließlich eine Anwendbarkeit im Rahmen einer chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers gestatten. Um ein solches handele es sich hier jedoch nicht, weil das beanspruchte Verfahren auch in nicht intraoperativer Weise angewendet werden könne, etwa, wenn eine Hüftgelenkendoprothese vollständig entfernt worden sei, aber weiterhin verwendet werden solle, nachdem der beschädigte oder abgenutzte Pfanneneinsatz ausgetauscht sei, oder sich vor Durchführung einer Operation zur Implantation einer Hüftgelenkendoprothese die Notwendigkeit ergebe, einen bereits eingesetzten Keramik-Pfanneneinsatz auszutauschen oder zu verändern.
Die Angriffe der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch.
a) Das von der Anmelderin in Anspruch 5 des Hauptantrages beanspruchte Verfahren betrifft das Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze aus der Metallschale einer Hüftgelenkendoprothese mit einem Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 4. Nach den Angaben der Beschreibung bestehen Hüftgelenkendoprothesen aus einem Prothesenschaft, der im Oberschenkelknochen verankert ist, und einem auf den Prothesenschaft aufgesetzten Kugelkopf. Der Kugelkopf ist in einem Pfanneneinsatz gelagert, der wiederum in einer Metallschale eingesetzt ist, die direkt oder über eine Außenschale im Beckenknochen verankert ist. Die Fixation von Keramik-Pfanneneinsätzen in einer Metallschale einer Hüftgelenkendoprothese mit Hilfe einer konischen Klemmung ist -wie in der Beschreibung weiter ausgeführt wird -mittlerweile bewährter Stand der Technik. Dabei ist jedoch die Technik zum intra- oder postoperativen Extrahieren eines einmal fixierten Pfanneneinsatzes bisher noch nicht befriedigend gelöst. Das zerstörungsfreie Entfernen des Pfanneneinsatzes mit Hilfe von Greifwerkzeugen erfordert einen unvertretbar hohen konstruktiven Aufwand, während die Entfernung durch Zerstören des Pfanneneinsatzes wegen der auftretenden Keramiksplitter bzw. toxischen Schleifschlämme eine medizinisch nicht akzeptable Lösung darstellt.
Nach den Darlegungen in der Beschreibung ergibt sich daraus das Problem, ein Werkzeug und ein Verfahren zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze aus der Metallscheibe einer Hüftgelenkendoprothese anzugeben, mit denen das Entfernen einfach und sicher gewährleistet ist.
Zur Lösung des Problems wird neben einem Werkzeug, das aus mit dem Pfanneneinsatz verspannbaren Elementen besteht, ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem ein solches Werkzeug im Pfanneneinsatz so verspannt wird, daß es darin fixiert ist. Anschließend soll dann der Pfanneneinsatz durch einen Schlagimpuls oder eine Hebelkraft aus seiner Verankerung in der Metallschale gelöst werden.
b) Ein solches Verfahren dient der chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und wird am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen, § 5 Abs. 2 Satz 1 PatG.
(1)
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde dient das von der Anmelderin beanspruchte Verfahren der Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers. Zwar ist eine Hüftgelenkendoprothese nicht von vornherein Teil des menschlichen oder tierischen Körpers. Zu einem solchen wird sie jedoch, wenn sie -bestimmungsgemäß - durch Implantation an die Stelle eines natürlichen Hüftgelenks tritt und dessen Funktion ausübt. Zweck von § 5 Abs. 2 Satz 1 PatG ist es, Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers als nicht gewerbliche Tätigkeit vom Patentschutz auszunehmen, um die Entscheidungsfreiheit des Arztes bei der Auswahl von Maßnahmen zur Beseitigung von Krankheiten oder von Untersuchungsmethoden zu deren Erkennung zu erhalten (vgl. BGHZ 48, 313, 319 ff., 326 -Glatzenoperation; EPA v. 14.10.1987 -T 116/85, ABl. EPA 1989, 13, 18 -Schweine; v. 5.5.1994 -T 24/91, ABl. EPA 1995, 512, 515 -Hornhaut;
v.
11.6.1997 -T 329/94, ABl. EPA 1998, 241, 244 -Verfahren zur Blutextraktion; Bernhardt/Kraßer, Patentrecht, 4. Aufl., S. 129 f.; Busse, PatG, 5. Aufl., § 5 PatG, Rdn. 19; Schulte, PatG, 5. Aufl., § 5 PatG, Rdn. 11; Singer/Stauder, EPÜ, 2. Aufl., Art. 52 EPÜ, Rdn. 61). Hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn von der Bestimmung zwar die Behandlung natürlicher Gewebe- bzw. Organteile erfaßt würde, nicht aber die Behandlung von Endoprothesen, die in den menschlichen Körper eingebracht worden sind, um die körperliche Funktion der jeweiligen natürlichen Gewebe- bzw. Organteile zu ersetzen. In beiden Fällen soll mit der Behandlung die Funktionsfähigkeit des menschlichen oder tierischen Körpers wieder hergestellt werden. Der Umstand, daß Endoprothesen aus Fremdmaterial bestehen und daher kein organischer Bestandteil des menschlichen oder tierischen Körpers sind, bleibt demgegenüber ohne Bedeutung.
(2)
Das von der Anmelderin beanspruchte Verfahren betrifft überdies die chirurgische Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers. Nach allgemeiner Auffassung beinhalten derartige Verfahren einen Eingriff in den lebenden Körper des Menschen oder des Tieres, wobei der Eingriff operativ (blutig) mit Instrumenten oder konservativ (unblutig) erfolgen kann (EPA v. 30.7.1993 -T 182/90, ABl. EPA 1994, 641, 644 f. -Durchblutung; Benkard, PatG, 9. Aufl., § 5 PatG, Rdn. 8; Busse, aaO, Rdn. 26; Moufang, GRUR Int.1992, 10, 18; Singer/Stauder, aaO, Rdn. 65). Mit der Ausübung des hier von der Anmelderin beanspruchten Verfahrens ist ein operativer Eingriff notwendigerweise dann verbunden, wenn die Metallschale der Hüftgelenkendoprothese, aus der der konisch geklemmte Keramik-Pfanneneinsatz entfernt werden soll, direkt oder über eine Außenschale im Beckenknochen des Prothesenträgers verankert ist. Dann bedarf es nicht nur vor Beginn und nach Beendigung des beanspruchten Verfahrens eines chirurgischen Tätigwerdens. Auch das Extraktionsverfahren selbst ist als Teil des operativen Eingriffs anzusehen, weil es mit diesem in einem funktionellen Zusammenhang steht. Denn der operative Eingriff ist durch das beanspruchte Verfahren veranlaßt, und seine Ausgestaltung wird durch dieses bedingt. Dieser funktionelle Zusammenhang deutet sich auch in der Beschreibung der Anmeldung an, wenn darauf abgehoben wird, daß das Entfernen des Pfanneneinsatzes durch Zerstören desselben -im Gegensatz zu dem beanspruchten Extraktionsverfahren - wegen der auftretenden Keramiksplitter bzw. toxischen Schleifschlämme keine medizinisch akzeptable Lösung darstellt. Die Ausübung des beanspruchten Verfahrens wirkt sich im übrigen auch dadurch körperlich aus, daß die Metallschale, aus der der konisch geklemmte Keramik-Pfanneneinsatz entfernt werden soll, direkt oder über eine Außenschale im Beckenknochen des Prothesenträgers verankert ist. Nach alledem kann der Rechtsbeschwerde, die einräumt, daß das beanspruchte Verfahren in praxi von dem Chirurgen selbst ausgeübt und nicht einem halbwegs geschickten Laien überlassen wird, auch nicht in der Ansicht zugestimmt werden, daß es sich bei dem Verfahren nicht um eine dem Arzt vorbehaltene Tätigkeit handele. Aufgrund der genannten Zusammenhänge ist vielmehr anzunehmen, daß das Verfahren intraoperativ ausschließlich von einem Arzt ausgeübt werden darf. Das in Rede stehende Verfahren stellt sich daher, wenn es an einer implantierten Hüftgelenkendoprothese zur Anwendung kommt, als Teil eines operativen Eingriffs dar, der am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen wird.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde setzt sich der Senat mit seiner Beurteilung auch nicht in Widerspruch zu der Rechtspraxis des Europäischen Patentamtes, wonach ein Verfahren zur Durchflußmessung kleiner Flüssigkeitsmengen selbst dann nicht von vornherein gemäß Art. 52 Abs. 4 EPÜ von einer Patentierung auszuschließen ist, wenn es in einem implantierten Medikamentendosiergerät angewendet wird, solange kein funktioneller Zusammenhang zwischen dem beanspruchten Verfahren und der vom Gerät abgegebenen Medikamentendosis besteht (EPA v. 25.9.1987 -T 245/87, EPA ABl. 1989, 171, 174 -Durchflußmessung; vgl. auch EPA v. 5.5.1994 -T 24/91, aaO, 517 -Hornhaut). Der vom Europäischen Patentamt beurteilte Fall hebt sich von dem hier zu entscheidenden bereits dadurch in ausschlaggebender Weise ab, daß es sich bei einem Medikamentendosiergerät um kein Körperteil handelt. Denn im Gegensatz zu einer Endoprothese übernimmt ein solches Gerät auch nach seiner Implantation nicht die Funktion eines natürlichen Gewebe- bzw. Organteils wie etwa eines Hüftgelenks. Im übrigen stellt sich das hier von der Anmelderin beanspruchte Verfahren, wenn es an einer implantierten Hüftgelenkendoprothese ausgeübt wird, als Teil einer chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers dar, was in dem vom Europäischen Patentamt entschiedenen Fall von vornherein nicht in Frage stand.
(3) Auch der Hinweis, daß das von der Anmelderin beanspruchte Extraktionsverfahren gewerblich, etwa in einer medizinisch-technischen Werkstatt, ausgeübt werden kann, führt die Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Zu Unrecht verweist sie in diesem Zusammenhang auf den "Hydropyridin"-Beschluß des Senats, in dem dieser ausgeführt hat, daß nach § 5 Abs. 2 Satz 1 PatG nur diejenigen Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers vom Patentschutz ausgenommen sind, die sich ausschließlich in einem nicht gewerblichen Bereich vollziehen und deshalb nicht gewerblich anwendbar sind (Sen., BGHZ 88, 209, 215 -Hydropyridin). Der Beschluß hatte eine Erfindung betreffend die Verwendung einer bekannten chemischen Substanz zur Behandlung einer bisher noch nicht mit dieser Substanz behandelten Krankheit zum Gegenstand. Eine solche Erfindung ist gewerblich anwendbar, weil sie nicht allein ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers beinhaltet, sondern darüber hinaus auch die zeitlich vorgelagerte, augenfällige Herrichtung der chemischen Substanz zur Behandlung der Krankheit umfaßt, die -auch nach Einführung der heute in § 5 Abs. 2 PatG enthaltenen Regelung durch das Gesetz über internationale Patentübereinkommen vom 21. Juni 1976 (BGBl. II, 649, 654) -als gewerblich zu qualifizieren ist (Sen., aaO, 210 ff. -Hydropyridin, m.w.N.). Demgegenüber vollzieht sich das hier von der Anmelderin beanspruchte Verfahren, vorausgesetzt es wird an einer mit dem menschlichen Körper verbundenen Hüftgelenkendoprothese ausgeübt, von seinem Beginn bis zu seinem Ende als chirurgisches Behandlungsverfahren. Die Herstellung des Werkzeugs, mit dem das Verfahren durchgeführt werden soll, gehört nicht zu seinem Gegenstand.
Dem nicht gewerblichen Charakter des in Anspruch 5 beanspruchten Verfahrens steht auch nicht entgegen, daß es alternativ auch gewerblich angewendet werden kann, etwa -worauf die Rechtsbeschwerde verweist -wenn eine Hüftgelenkendoprothese bereits vollständig aus dem menschlichen oder tierischen Körper entfernt worden ist, aber weiter verwendet werden soll, oder wenn sich vor Durchführung einer Operation die Notwendigkeit ergibt, den eingesetzten Keramik-Pfanneneinsatz auszutauschen. Lassen sich die Anwendungsbereiche eines Verfahrens einerseits in chirurgische oder therapeutische und andererseits in gewerbliche Anwendungsfälle aufteilen, so ist das Verfahren zwar nicht vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn es der Anmelder allein auf gewerbliche Anwendungsfälle ausrichtet, wohl aber, wenn es darüber hinaus auch -wie hier -chirurgische oder therapeutische Anwendungen erfaßt (vgl. EPA v. 11.6.1997 -T 329/94, EPA ABl. 1998, 241, 245 -Verfahren zur Blutextraktion; Busse, aaO, Rdn. 20).
c) Das von der Anmelderin in Anspruch 5 des Hauptantrages beanspruchte Verfahren verliert seinen nicht-gewerblichen Charakter auch nicht dadurch, daß es im Hilfsantrag 1 als Verwendungsanspruch formuliert worden ist, in dem es statt eines Verfahrens zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze aus der Metallschale einer Hüftgelenkendoprothese mit einem Werkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 4 nunmehr die Verwendung eines Werkzeugs nach einem der Ansprüche 1 bis 4 zum Entfernen konisch geklemmter Keramik-Pfanneneinsätze aus der Metallschale einer Hüftgelenkendoprothese betreffen soll, der Anspruch ansonsten aber unverändert geblieben ist. Denn als Verwendung kommt im vorliegenden Fall allein die Ausführung eines Verfahrens nach Anspruch 5 des Hauptantrages in Betracht.
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat für nicht erforderlich gehalten, § 107 Abs. 1 PatG.
BGH:
Beschluss v. 28.11.2000
Az: X ZB 20/99
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