Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 23. Januar 2004
Aktenzeichen: 10 TaBV 43/03

(LAG Hamm: Beschluss v. 23.01.2004, Az.: 10 TaBV 43/03)

1. Ein Antrag, mit dem dem Arbeitgeber aufgegeben werden soll, Versetzungen von Arbeitnehmern ohne Zustimmung des Betriebsrates vorzunehmen, ist als Globalantrag wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig.

2. Die Zuweisung eines Filialmitarbeiters zu einer anderen Filiale, die mit einem räumlichen Ortswechsel in eine andere politische Gemeinde verbunden ist, stellt eine Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG dar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.02.2003 - 2 BV 24/02 - teilweise abgeändert.

Der Antrag des Betriebsrates zu 1) wird abgewiesen.

Auf den Hilfsantrag des Betriebsrates wird dem Arbeitgeber aufgegeben, es zu unterlassen, Filialmitarbeitern/-innen für die Dauer von voraussichtlich länger als einem Monat einen Arbeitsort zuzuweisen, der in einer anderen politischen Gemeinde liegt als der bisherige Arbeitsort, sofern der Betriebsrat die Zustimmung nicht erteilt oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht ersetzt worden ist oder der Arbeitgeber die für die Durchführung dieser Versetzung als vorläufig personelle Maßnahmen gemäß § 100 BetrVG nach § 100 Abs. 2 BetrVG bestimmten Schritte vorgenommen hat.

Gründe

Im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten noch um die Zustimmung des Betriebsrates bei Versetzungen.

Der Arbeitgeber betreibt ein Unternehmen der Backwarenindustrie mit ca. 110 Filialen, in denen mehr als 900 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Im Betrieb des Arbeitgebers ist ein Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, gebildet.

Auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter des Arbeitgebers finden die Tarifverträge des Bäckereihandwerks Anwendung, in denen u.a. eine Probezeit von einem Monat vorgesehen ist.

In der Vergangenheit beschäftigte der Arbeitgeber mehrfach Mitarbeiter über die im jeweiligen Arbeitsvertrag vorgesehene sechsmonatige Befristung hinaus weiter, ohne den Betriebsrat zuvor um Zustimmung gebeten zu haben. Der Betriebsrat nahm daraufhin den Arbeitgeber auf Mitbestimmung bei der Entfristung von Arbeitsverträgen in Anspruch.

Die Beteiligten streiten ferner um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Versetzung von Mitarbeitern von einer Filiale des Arbeitgebers zu einer anderen Filiale.

Im Herbst des Jahres 2001 wurde eine Filiale des Arbeitgebers in S4xxxxxxx, A2 M7xxxxxxxx, geschlossen. Zwei dort beschäftigte Mitarbeiter wurden nach L2xxx bzw. nach D2xxxxx versetzt. Bei einem Gespräch zwischen den beteiligten Mitarbeitern und dem Arbeitgeber, an dem auch die Betriebsratsvorsitzende teilnahm, mahnte der Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte an und wies auf die Notwendigkeit der Zustimmung des Betriebsrates hin. Eine Zustimmung des Betriebsrates wurde jedoch nicht eingeholt.

Zum 01.06.2002 schloss der Arbeitgeber eine Filiale in B5x S5xxxxxxxx, in der zwei Mitarbeiterinnen als Bäckereifachverkäuferinnen beschäftigt waren. Den beiden Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx wurde vom Arbeitgeber angekündigt, sie würden ab 01.06.2002 nach G2xxxxxxx versetzt. Die beiden Mitarbeiterinnen waren mit dieser Maßnahme nicht einverstanden.

Am 22.05.2002 war es in der Filiale B5x S5xxxxxxxx anlässlich der bevorstehenden Schließung zu einem Gespräch zwischen den betroffenen Mitarbeiterinnen, Betriebsratsmitgliedern sowie Vertretern der Geschäftsleitung gekommen. In diesem Gespräch wies der Betriebsrat auf die Zustimmungspflichtigkeit der bevorstehenden Versetzungsmaßnahmen hin.

Die Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx, wohnhaft in P2xxxxxxx bzw. S6xxxxxxxx, wurden anschließend vom Arbeitgeber angewiesen, zum 01.06.2002 ihre Tätigkeit in G2xxxxxxx aufzunehmen, ohne dass der Betriebsrat um Zustimmung zur Versetzung gebeten worden war. Die betroffenen Mitarbeiterinnen erkrankten kurze Zeit nach der Arbeitsaufnahme in G2xxxxxxx.

Mit Schreiben vom 05.06.2002 (Bl. 37 d.A.) wies der Betriebsrat erneut auf die Zustimmungspflichtigkeit der Versetzungsmaßnahmen hin.

Mit Schreiben vom 12.07.2002 (Bl. 16 d.A.) bat der Arbeitgeber um Zustimmung zur Versetzung der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx. Hinsichtlich der Mitarbeiterin H4xxxxxx habe sich inzwischen herausgestellt, dass diese aufgrund eines Ausscheidens einer anderen Mitarbeiterin zum 01.08.2002 in P2xxxxxxx eingesetzt werden könne.

Mit Schreiben vom 16.07.2002 (Bl. 18 d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Versetzung der Mitarbeiterin M6xxxxxxx.

Der Arbeitgeber teilte dem Betriebsrat daraufhin mit Schreiben vom 29.07.2002 (Bl. 19 d.A.) mit, dass er von einer Versetzung der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx nach G2xxxxxxx Abstand nehme.

Mit der am 17.07.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hatte der Betriebsrat bereits das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet, mit dem er die Unterlassung der Vornahme von Versetzungen sowie Entfristungen ohne Zustimmung des Betriebsrates verlangte.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht bei der Entfristung von befristet eingestellten Mitarbeitern zur Seite. Die Weiterbeschäftigung von befristet eingestellten Mitarbeitern über den Befristungszeitpunkt hinaus stelle eine Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG dar.

Der Betriebsrat hat ferner die Ansicht vertreten, der Arbeitgeber habe auch in grober Weise gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Versetzungen von Mitarbeitern verstoßen. Die Beschäftigung in einer anderen Filiale sei mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden. Es habe sich bei den Versetzungen der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx auch nicht um eine vorübergehende Versetzung gehandelt, die Versetzung sei auf Dauer vorgesehen gewesen. Dies sei den Mitarbeiterinnen auch zuvor so angekündigt worden. Von einer vorübergehenden Versetzung sei nie die Rede gewesen. Darüber hinaus hätten sich die Fahrzeiten der betroffenen Mitarbeiterinnen um 39 Minuten bzw. 1 Stunde und 30 Minuten verlängert. Ferner seien diese Mitarbeiterinnen in G2xxxxxxx einer neuen Filialleitung unterstellt gewesen und hätten sich in einen neuen Kollegenkreis integrieren müssen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, Versetzungen vorzunehmen, sofern der Betriebsrat die Zustimmung nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht ersetzt worden ist,

dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, Entfristungen von befristeten Arbeitsverhältnissen vorzunehmen, sofern der Betriebsrat die Zustimmung nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht ersetzt worden ist,

für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Verpflichtung aus den Ziffern 1. und 2. dem Arbeitgeber ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich der Entfristung von befristeten Arbeitsverträgen sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates verbraucht. Dem Betriebsrat sei bekannt gewesen, dass die in den Arbeitsverträgen vorgesehenen Befristungen allein der Erprobung dienten und bei Bewährung der Mitarbeiter eine Fortsetzung im unbefristeten Arbeitsverhältnis erfolge. Insoweit habe der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bereits bei der erstmaligen Anhörung zur Einstellung der betroffenen Mitarbeiter ausgeübt.

Der Arbeitgeber hat ferner die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Versetzung von Mitarbeitern von einer Filiale zur anderen Filiale bestehe nicht. Auch bei der Versetzung der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx von der Filiale B5x S5xxxxxxxx nach G2xxxxxxx liege kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand vor, da eine gravierende Änderung der Arbeitsbedingungen nicht eingetreten sei. Die geringfügig verlängerten Fahrtzeiten zur Filiale in G2xxxxxxx seien den Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx zumutbar. Darüber hinaus bedinge jeder Filialwechsel eine Veränderung der Filialleitung und des Kollegenkreises. Die Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx hätten im Übrigen in G2xxxxxxx nicht länger als einen Monat gearbeitet, sie seien schon nach kurzer Zeit arbeitsunfähig geworden. Im Übrigen habe der Arbeitgeber den Betriebsrat mit Schreiben vom 16.07.2002 um Zustimmung zur Versetzung gebeten, nachdem die Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx mit der Maßnahme nicht einverstanden gewesen seien.

Durch Beschluss vom 12.02.2003 hat das Arbeitsgericht dem Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Vornahme von Versetzungen stattgegeben und den Antrag des Betriebsrates im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung des stattgebenden Beschlusses hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Versetzung von Mitarbeitern von einer Filiale zur anderen stelle eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Mit der Maßnahme sein ein Ortswechsel und die Eingliederung in eine andere organisatorische Einheit verbunden. Die streitigen Versetzungsmaßnahmen seien auch nicht für weniger als einen Monat geplant gewesen. Der Arbeitgeber habe gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in vollem Bewusstsein verstoßen, weil er die Rechtsauffassung des Betriebsrates gekannt habe; der Betriebsrat habe immerhin mehrfach sein Mitbestimmungsrecht moniert. Soweit der Antrag des Betriebsrates abgewiesen worden ist, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es liege kein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG vor, soweit der Betriebsrat bei der Weiterbeschäftigung von befristet eingestellten Mitarbeitern über den Befristungszeitpunkt hinaus nicht erneut angehört worden sei. Insoweit habe es sich um die Beurteilung einer schwierigen Sach- und Rechtslage gehandelt, die Rechtsauffassung des Arbeitgebers sei nicht offensichtlich unzutreffend gewesen. Dem Betriebsrat sei es unbenommen, die Rechtsfrage im Verfahren nach den §§ 99 Abs. 4, 100, 101 BetrVG überprüfen zu lassen.

Gegen den dem Arbeitgeber am 18.02.2003 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Arbeitgeber am 18.03.2003 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Betriebsrat hat gegen den ihm ebenfalls am 18.02.2003 zugestellten Beschluss ebenfalls am 17.03.2003 Beschwerde eingelegt und diese mit dem am 17.04.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beschwerde des Betriebsrates wurde durch den im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer am 04.07.2003 abgeschlossenen Teilvergleich erledigt.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe dem Unterlassungsantrag des Betriebsrates nicht stattgeben dürfen. Der Antrag des Betriebsrates, soweit ihm das Arbeitsgericht stattgegeben habe, sei viel zu unbestimmt. Es könne nicht der Vollstreckung überlassen werden, darüber zu entscheiden, ob eine Versetzung vorliege oder nicht.

Darüber hinaus sei der Antrag auch unbegründet. In den vom Betriebsrat gerügten Fällen liege keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG vor. Die Anweisung, die ansonsten identische Arbeitsleistung in einer anderen Filiale zu erbringen, stelle keine erhebliche Änderung der äußeren Umstände dar, unter denen die Arbeit zu erbringen sei. Das Tätigkeitsfeld bleibe unstreitig unverändert. Dass mit anderen Mitarbeitern zusammen gearbeitet werden müsse, sei keine erhebliche Änderung, die des Schutzes des § 95 Abs. 3 BetrVG bedürfe. Im Übrigen ähnele sich die grundsätzliche Struktur der einzelnen Filialen stark. In allen Filialen des Arbeitgebers seien das gleiche Angebot und die gleichen Produkte zu finden. Dass in der G3xxxxxxxxx Filiale zudem ein Cafebetrieb mit Mittagstisch bereit stehe, stehe der Vergleichbarkeit der Arbeitsleistung nicht entgegen. Der Verkauf von Backwaren, Salaten und warmen Gerichten unterscheide sich nicht derart gravierend von dem Verkauf belegter Brötchen, dass dies die Art der zu erbringenden Arbeit verändern würde. Auch die unterschiedlichen Öffnungszeiten führten nicht zu einer Veränderung der Art der Arbeitsleistung.

Auch der Wechsel in eine andere geographische Gemeinde bringe keine erhebliche Änderung der Arbeitsumstände im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG mit sich. Geographische Grenzen seien für die Überprüfung der Frage, ob eine erhebliche Änderung der Arbeitsumstände vorliege, unerheblich. Nicht jede Zuweisung eines anderen Arbeitsortes in einer anderen geographischen oder politischen Gemeinde stelle zugleich eine Versetzung dar. Die Veränderung des Arbeitsortes innerhalb einer größeren politischen Gemeinde könne wesentlich einschneidender für den Betroffenen sein als der Wechsel von einer kleineren politischen Gemeinde in eine andere. Aus diesem Grunde könne auch dem vom Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz gestellten Hilfsantrag nicht stattgegeben werden.

Schließlich liege in der Unterlassung der Einholung der Zustimmung des Betriebsrates jedenfalls keine grobe Pflichtverletzung. Insoweit habe der Arbeitgeber in der Vergangenheit in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt. Nach dem eigenen Vorbringen des Betriebsrates habe der Arbeitgeber sich in einem Rechtsirrtum befunden. Eine beharrliche und generelle Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates liege insoweit nicht vor. Die Durchführung eines Verfahrens nach § 101 BetrVG wäre zur Wahrnehmung der Interessen des Betriebsrates ausreichend gewesen.

Der Arbeitgeber beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.02.2003 - 2 BV 24/02 - teilweise abzuändern und die Anträge des Betriebsrates insgesamt abzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde des Arbeitgebers zurückzuweisen,

hilfsweise dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, Filialmitarbeitern/-innen für die Dauer von voraussichtlich länger als einem Monat einen Arbeitsort zuzuweisen, der in einer anderen geographischen Gemeinde liegt als der bisherige Arbeitsort, sofern der Betriebsrat die Zustimmung nicht erteilt oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht ersetzt worden ist oder dem Arbeitgeber die für die Durchführung dieser Versetzungen als vorläufige personelle Maßnahmen gemäß § 100 BetrVG nach § 100 Abs. 2 BetrVG bestimmte Schritte vorgenommen hat.

Der Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung, das Arbeitsgericht habe dem Unterlassungsanspruch hinsichtlich der bemängelten Versetzungen zu Recht stattgegeben. Bei dem erstinstanzlich gestellten Unterlassungsantrag handele es sich nicht um einen Globalantrag. Durch den im Antrag verwendeten Begriff der Versetzung seien nur solche Fälle erfasst, bei denen die Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 BetrVG vorlägen und die damit - mit Ausnahme der Fälle des § 100 BetrVG - mitbestimmungspflichtig seien. Der Antrag sei auch bestimmt genug.

Mindestens müsse dem Hilfsantrag des Betriebsrates stattgegeben werden.

Die Entsendung eines Arbeitnehmers an einen anderen als den bisherigen Arbeitsort stelle die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs dar, die für sich betrachtet immer eine Versetzung sei. Bei einem Ortswechsel genüge es in jedem Fall, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in einer anderen geographischen Gemeinde erbringen solle.

Zu Recht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG vorgelegen habe. Den Mitarbeiterinnen sei ein anderer Arbeitsbereich für voraussichtlich mehr als einem Monat zugewiesen worden. Weder der Einsatz von Frau H4xxxxxx noch der von Frau M6xxxxxxx in G2xxxxxxx sei auf höchstens einen Monat beschränkt gewesen. Die Versetzung sei auf Dauer geplant gewesen. Dies ergebe sich allein aus dem Schreiben des Arbeitgebers vom 12.07.2002.

Mit der Versetzung nach G2xxxxxxx sei auch eine erhebliche Änderung der Arbeitsumstände verbunden gewesen, unter denen die Mitarbeiterinnen zu arbeiten gehabt hätten. Während die Filiale in B5x S5xxxxxxxx keine eigene Leitung gehabt habe, sei in G2xxxxxxx eine eigene Filialleiterin tätig. In der Filiale in G2xxxxxxx seien 14 Mitarbeiterinnen tätig gewesen, in B5x S5xxxxxxxx lediglich zwei. Auch insoweit hätte ein Wechsel der Arbeitsbedingungen stattgefunden, als sich die betroffenen Mitarbeiterinnen an ein vollständig anderes Kollegenumfeld anzupassen gehabt hätten.

Hinzu komme, dass bereits aufgrund des Ortswechsels selbst eine Versetzung vorliege. Dabei komme es nicht einmal darauf an, ob geographische Gemeindegrenzen überschritten seien oder nicht. Bei den Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx habe sich die Zeit, die für den Weg zur Arbeit habe aufgewendet werden müssen, erheblich verlängert. Die Fahrtzeit der Mitarbeiterin M6xxxxxxx von ihrem Wohnort in P2xxxxxxx nach B5x S5xxxxxxxx habe 30 Minuten betragen, die Fahrtzeit von P2xxxxxxx nach G2xxxxxxx hingegen eine Stunde und neun Minuten. Die Fahrtzeit der Mitarbeiterin H4xxxxxx von S6xxxxxxxx nach B5x S5xxxxxxxx haben maximal 25 Minuten gedauert; die Fahrtstrecke von S6xxxxxxxx nach G2xxxxxxx betrage hingegen eine Stunde 55 Minuten. Auch insoweit hätten sich die Arbeitsbedingungen der betroffenen Mitarbeiter erheblich verändert.

Hinzu komme, dass in B5x S5xxxxxxxx lediglich belegte Brötchen verkauft worden seien, während in G2xxxxxxx eine "Snack"-Abteilung vorhanden sei, in der ein kompletter Mittagstisch (Salate, wechselnde warme Gerichte und Backwaren) angeboten würden.

Durch die unterlassene Einholung der Zustimmung zur Versetzung habe der Arbeitgeber auch in grober Weise seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verletzt. Der Betriebsrat habe sein Mitbestimmungsrecht in derartigen Fällen schon anlässlich der Schließung der Filiale in S4xxxxxxx geltend gemacht und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte nicht länger hinnehmen werde. Darüber hinaus seien die Beteiligungsrechte des Betriebsrates auch schon zuvor bei der Schließung der Filiale B 64 in B3xxxx erfolglos geltend gemacht worden sowie bei der Versetzung von weiteren zwei Mitarbeiterinnen innerhalb von P2xxxxxxx. Auch im Personalgespräch vom 22.05.2002 sei der Arbeitgeber vom Betriebsrat ausdrücklich auf das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG hingewiesen worden. Da der Arbeitgeber in diesem Fall wiederum die Zustimmung des Betriebsrates zu der Versetzung der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx nicht eingeholt habe, könne nur von einer hartnäckigen Verweigerung der Einhaltung der Mitbestimmungsrechte durch den Arbeitgeber ausgegangen werden. Der Arbeitgeber könne sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist nur teilweise begründet.

Die im zweiten Rechtszug vorgenommene Erweiterung des noch streitigen Antrages des Betriebsrates um einen Hilfsantrag ist zulässig, weil der Arbeitgeber sich schriftsätzlich auf den Hilfsantrag eingelassen hat, ohne der Antragserweiterung zu widersprechen, §§ 87 Abs. 2 Satz 3, 81 Abs. 3 ArbGG.

Die Beschwerde des Arbeitgebers ist begründet, soweit sie sich gegen den vom Betriebsrat gestellten Hauptantrag richtet. Demgegenüber musste dem vom Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz gestellten Hilfsantrag stattgegeben werden, er ist begründet.

1. Für die vom Betriebsrat gestellten Anträge ist das Beschlussverfahren die zutreffende Verfahrensart, §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig, nämlich die Mitbestimmungspflichtigkeit von Versetzungen im Sinne der §§ 95 Abs. 3, 99 Abs. 1 BetrVG.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrates und die Beteiligung des Arbeitgebers ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Die von der personellen Maßnahme betroffenen Mitarbeiter waren am vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 25.05.1982 - 6 ABR 105/79 - AP ArbGG 1979 § 80 Nr. 3; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/ Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 99 Rz. 235).

3. Der Hauptantrag des Betriebsrates ist unzulässig, weil er nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

Ein auf Unterlassung gerichteter Antrag des Betriebsrates muss so genau bestimmt sein, dass der Arbeitgeber der Entscheidung unschwer entnehmen kann, welches Verhalten ihm aufgegeben worden ist. Die Geltendmachung eines Unterlassungsantrages im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren erfordert einen Antrag, der auf einzelne, tatbestandlich umschriebene, konkrete Handlungen als Verfahrensgegenstand bezogen ist. Für den Fall der Untersagung einer Maßnahme ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates bedarf es der genauen Bezeichnung derjenigen betrieblichen Fallgestaltungen, für die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in Anspruch genommen wird (BAG, Beschluss vom 08.11.1983 - 1 ABR 57/81 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 11; BAG, Beschluss vom 18.04.1985 - 6 ABR 19/84 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 5; BAG, Beschluss vom 17.03.1987 - 1 ABR 65/85 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 7; BAG, Beschluss vom 13.03.2001 - 1 ABR 34/00 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 34 m.w.N.). Der Streitgegenstand muss so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage selbst mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Das gilt auch und vor allem für Anträge, mit denen die Unterlassung von Handlungen verlangt wird. Mit der Entscheidung über den Antrag muss feststehen, welche Maßnahmen der Schuldner zu unterlassen hat; diese Prüfung darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG, Beschluss vom 11.12.1991 - 7 ABR 16/91 - AP BetrVG 1972 § 90 Nr. 2; BAG, Beschluss vom 24.01.2001 - 7 ABR 2/00 - AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 50 m.w.N.).

Bei dem Hauptantrag des Betriebsrates, dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, Versetzungen ohne Zustimmung des Betriebsrates vorzunehmen, handelt es sich um einen unzulässigen Globalantrag. Dieser Antrag ist nicht geeignet, eine Klärung der zwischen den Beteiligten bestehenden aktuellen Meinungsverschiedenheit über die Mitbestimmungspflichtigkeit von Versetzungen im Betrieb des Arbeitgebers herbeizuführen. Mit ihm kann eine Befriedungswirkung nicht erreicht werden. Eine dem Hauptantrag stattgebende Entscheidung des Gerichts würde im Ergebnis lediglich den Gesetzestext in § 99 Abs. 1 BetrVG wiederholen. Ein Antrag, der lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt, ist dann unzulässig, wenn gerade der Inhalt der Norm streitig ist (BAG, Beschluss vom 17.03.1987 - 1 ABR 65/85 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 7 - unter B. III. 1. der Gründe; BAG, Beschluss vom 11.11.1997 - 1 ABR 21/97 - AP BDSG § 36 Nr. 1 - unter B. III. 1. c) der Gründe. So liegt der vorliegende Fall. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall gerade um die Frage, unter welchen Umständen von einer Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG auszugehen ist. Die Frage nach dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei "Versetzungen" erfordert daher eine unterschiedliche Antwort je nach den Umständen der konkreten Fallgestaltung. Einem Ausspruch des Gerichts, so wie er vom Betriebsrat mit dem Hauptantrag beantragt wird, könnte der Arbeitgeber nicht entnehmen, ob sich die ausgesprochene Verpflichtung, die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen, auch auf die Fälle bezieht, in denen ein Mitarbeiter von einer Filiale zu einer anderen Filiale, die ausgesprochen nah beieinander liegen, versetzt wird. Dies macht deutlich, dass der Betriebsrat seinen Antrag gerade auf die umstrittenen personellen Maßnahmen beziehen und diese eindeutig umschreiben muss. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall gerade über den Begriff der Versetzung. Während der Betriebsrat verschiedene Maßnahmen des Arbeitgebers als Versetzung ansieht, hält der Arbeitgeber diese Maßnahmen nicht für Versetzungen. Würde dem Hauptantrag stattgegeben, könnte der Arbeitgeber den gerichtlichen Tenor nicht entnehmen, was er unterlassen soll.

Darüber hinaus umfasst der Hauptantrag auch Versetzungsmaßnahmen, die für die Dauer von weniger als einem Monat angelegt sind, sowie Versetzungen, die aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind (§ 100 Abs. 1 BetrVG). Versetzungen, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat nicht überschreiten, sowie Versetzungsmaßnahmen, die nach § 100 Abs. 1 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind, bedürfen jedoch nicht der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates. Auch insoweit ist der Hauptantrag des Betriebsrates zu weit gefasst.

4. Demgegenüber mangelt es dem in der Beschwerdeinstanz gestellten Hilfsantrag nicht an der erforderlichen Bestimmtheit.

Dem Hilfsantrag lässt sich eindeutig entnehmen, was der Arbeitgeber künftig unterlassen soll. Der Antrag beschränkt sich nicht auf die Wiederholung des Gesetzeswortlautes der §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG. Im Hilfsantrag hat der Betriebsrat verdeutlicht, bei welchen Versetzungsmaßnahmen er ein Mitbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt. Der Betriebsrat hat den Hilfsantrag nur auf solche Versetzungen beschränkt, die die Dauer von einem Monat überschreiten und bei denen es sich nicht um eine aus sachlichen Gründen dringend erforderliche Maßnahme nach § 100 BetrVG handelt. Der Betriebsrat hat auch verdeutlicht, dass er mit dem im Hilfsantrag verwendeten Begriff der "geographischen Gemeinde" die politischen Gemeindegrenzen verstanden wissen möchte.

II

Der Hilfsantrag des Betriebsrates ist auch nach § 23 Abs. 3 BetrVG begründet.

1. Unabhängig von der Frage, ob bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG überhaupt ein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegeben ist (BAG, Beschluss vom 06.12.1994 - 1 ABR 30/94 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 24; BAG, Beschluss vom 13.03.2001 - 1 ABR 34/00 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 34), ist der in § 23 Abs. 3 BetrVG geregelte Anspruch des Betriebsrates auf künftige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte durch § 101 BetrVG nicht ausgeschlossen (BAG, Beschluss vom 17.03.1987 - 1 ABR 65/85 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 7; BAG, Beschluss vom 07.08.1990 - 1 ABR 68/89 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 82; LAG Hessen, Beschluss vom 15.12.1998 - NZA-RR 1999, 584; Fitting, a.a.O., § 101 Rz. 12; Kraft, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 101 Rz. 16; DKK/Kittner, BetrVG, 8. Aufl., § 101 Rz. 18 m.w.N.).

2. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind gegeben. Der Arbeitgeber hat in grober Weise gegen seine Verpflichtung, die Zustimmung des Betriebsrates bei einer Versetzung von Filialmitarbeitern/-innen im Sinne des Hilfsantrages einzuholen, verstoßen. Die Versetzung von Mitarbeitern/-innen im Sinne des Hilfsantrages ist nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

a) Im Betrieb des Arbeitgebers werden unstreitig mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Versetzung von Filialmitarbeitern entfällt nicht deshalb, weil die von der streitigen personellen Maßnahme betroffenen Mitarbeiter möglicherweise mit der Tätigkeit in einer anderen Filiale einverstanden sind. Das Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers mit der personellen Maßnahme schließt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG auch bei einer Versetzung nicht aus (BAG, Beschluss vom 18.02.1986 - 1 ABR 27/84 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 33; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 136; Weber/Ehrich, BB 1996, 2246, 2250).

Die notwendige Beteiligung des Betriebsrates bei einer Versetzung im Sinne des Hilfsantrages entfällt auch dann nicht, wenn die Versetzungsmaßnahme individualrechtlich zulässig wäre (BAG, Beschluss vom 26.05.1988 - 1 ABR 18/87 - AP BetrVG 1992 § 95 Nr. 13; BAG, Beschluss vom 14.11.1989 - 1 ABR 87/88 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 76; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 100; DKK/Kittner, a.a.O. § 99 Rz. 88; Weber/Ehrich, BB 1996, 2246, 2249 m.w.N.). Das Beteiligungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG ist dem Betriebsrat zwar auch zum Schutz des einzelnen Arbeitnehmers, vor allem aber auch zum Schutz der Interessen der Belegschaft gegeben worden (BAG, Beschluss vom 18.02.1986 - 1 ABR 27/84 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 33; BAG, Beschluss vom 01.08.1989 - 1 ABR 51/88 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 17).

b) Die Versetzung eines Mitarbeiters/-in für die Dauer von voraussichtlich länger als einem Monat von einer Filiale zu einer anderen Filiale, die in einer anderen politischen Gemeinde liegt als die bisherige Filiale, stellt entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitgebers eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG dar.

aa) Nach der Legaldefinition in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist eine Versetzung im Sinne dieses Gesetzes die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Unter Arbeitsbereich ist dabei der konkrete Arbeitsplatz einschließlich seiner Beziehungen zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht zu verstehen. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs liegt immer dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich übertragen wird, so dass der Gegenstand der nunmehr geforderten Arbeitsleistung, also der Inhalt der Arbeitsaufgabe, ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert (BAG, Beschluss vom 19.02.1991 - 1 ABR 21/90 - AP BetrVG 1992 § 95 Nr. 25; BAG, Beschluss vom 23.11.1993 - 1 ABR 38/93 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 33; BAG, Urteil vom 02.04.1996 - 1 AZR 743/95 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 34; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 103; DKK/Kittner, a.a.O., § 99 Rz. 90). Dabei kommt es darauf an, ob sich die Tätigkeiten vor und nach der Zuweisung so voneinander unterscheiden, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann (BAG, Beschluss vom 22.04.1997 - 1 ABR 84/96 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 14; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36).

Der Begriff des Arbeitsbereichs wird in § 81 BetrVG durch die Aufgabe und Verantwortung sowie durch die Art der Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes umschrieben. Welche Arbeitsbereiche in einem Betrieb vorhanden sind, ergibt sich aus der jeweiligen Organisation des Betriebes (BAG, Beschluss vom 22.04.1997 - 1 ABR 84/96 - AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 14; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36). Arbeitsbereich ist danach der konkrete Arbeitsplatz und seine Beziehung zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl., § 241 Rz. 21 m.w.N.). Allerdings stellt nicht jede Änderung des Arbeitsbereichs eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar; die Veränderung muss vielmehr so erheblich sein, dass ein vom bisherigen zu unterscheidender Arbeitsbereich vorliegt und sich das Gesamtbild der Tätigkeit ändert (BAG, Beschluss vom 23.11.1993 - 1 ABR 38/93 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 33; BAG, Urteil vom 02.04.1996 - 1 AZR 743/95 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 34; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 104; DKK/Kittner, a.a.O., § 99 Rz. 91).

bb) Nach diesen Grundsätzen muss beim Wechsel einer Filialkraft von einer Filiale zu einer Filiale in einer anderen politischen Gemeinde die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs gesehen werden. Die Entsendung eines Arbeitnehmers von einer Filiale zu einer anderen Filiale an einem anderen Arbeitsort bedeutet schon vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Zum Arbeitsbereich gehört nämlich in erster Linie der Arbeitsort. Der Ortswechsel wird schon nach allgemeiner Anschauung als Versetzung angesehen. Nur eine geringfügige räumliche Verlegung des bisherigen Arbeitsplatzes am selben Ort stellt noch keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG dar (BAG, Beschluss vom 10.04.1984 - 1 ABR 67/82 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 4 - unter B. 5. der Gründe; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 5/99 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 36 - unter B. II. 2. b) der Gründe; LAG Berlin, Beschluss vom 22.11.1991 - NZA 1992, 854; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 121; Kraft, a.a.O., § 99 Rz. 60 ff., 63). Hiernach stellt die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer anderen Filiale, die in einer anderen politischen Gemeinde liegt als die bisherige Filiale, schon aufgrund der räumlichen Veränderung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs dar. Ob bei einem nicht unerheblichen veränderten Anfahrtsweg auch eine Ortsveränderung innerhalb einer Gemeinde die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs darstellt, brauchte die Beschwerdekammer aufgrund der Fassung des Hilfsantrages nicht zu entscheiden.

Darüber hinaus wird in der Mehrzahl der Fälle mit einer Änderung des Arbeitsortes der betroffenen Filialmitarbeiter/-innen auch eine Änderung der zugewiesenen Arbeitsaufgabe oder einer Eingliederung in eine andere organisatorische Einheit verbunden sein, so dass schon von daher eine Versetzung anzunehmen ist. Vom Schutzzweck der Norm des § 95 Abs. 3 BetrVG ist es aber schon gerechtfertigt, die bloße Veränderung des Arbeitsortes als Versetzung anzusehen. Der Ort der Arbeitsleistung ist für den Arbeitnehmer von entscheidender Bedeutung (BAG, Beschluss vom 18.02.1986 - 1 ABR 427/84 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 33 - unter B. II. 1. b) der Gründe). Allein deshalb ist es gerechtfertigt, das Beteiligungsrecht des Betriebsrates zum Schutz des Arbeitnehmers auch dann eingreifen zu lassen, wenn lediglich der Arbeitsort - von Bagatellfällen abgesehen - geändert werden soll.

c) Der Arbeitgeber hat auch in grober Weise gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten aus § 99 Abs. 1 BetrVG verstoßen.

§ 23 Abs. 3 BetrVG verlangt hiernach eine grobe Verletzung der betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten. Auf ein Verschulden des Arbeitgebers kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist allein, ob der Verstoß objektiv so erheblich war, dass unter Berücksichtigung des Gebotes vertrauensvollen Zusammenarbeit die Anrufung des Arbeitsgerichts durch den Betriebsrat gerechtfertigt erscheint. Die Pflichtverletzung muss objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein. Ein grober Verstoß ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber mehrfach erzwingbare Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates übergangen hat (BAG, Beschluss vom 16.07.1991 - 1 ABR 69/90 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 44 - unter B. II. 2. a) der Gründe; BAG, Beschluss vom 23.06.1992 - 1 ABR 11/92 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 20 - unter B. II. 3. der Gründe; BAG, Beschluss vom 22.06.1993 - 1 ABR 62/92 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 22 - unter B. III. 3. a) der Gründe; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 4/99 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105 - unter B. II. 2. b) der Gründe; LAG Hamm, Beschluss vom 19.07.2002 - NZA-RR 2002, 642; Fitting, a.a.O., § 23 Rz. 59 ff., 62; DKK/Trittin, a.a.O., § 23 Rz. 73; ErfK/Eisemann, 3. Aufl., § 23 BetrVG Rz. 25; Wiese/Oetker, GK-BetrVG, a.a.O., § 23 Rz. 174 m.w.N.). Kein Fall grober Pflichtverletzung ist allerdings dann gegeben, wenn der Arbeitgeber in einer schwierigen ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt (BAG, Beschluss vom 08.08.1989 - 1 ABR 63/88 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 18 - unter B. III. der Gründe; BAG, Beschluss vom 14.11.1989 - 1 ABR 87/88 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 76 - unter B. II. 2. der Gründe; BAG, Beschluss vom 16.07.1991 - 1 ABR 69/90 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 44 - unter B. II. 2. a) der Gründe; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2001 - AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 36; Fitting, a.a.O., § 23 Rz. 63; DKK/Trittin, a.a.O., § 23 Rz. 77; Wiese/Oetker, a.a.O., § 23 Rz. 178).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze musste ein grober Verstoß des Arbeitgebers gegen die Verpflichtung die Zustimmung des Betriebsrates bei Versetzungen von Mitarbeitern von einer Filiale zur anderen Filiale im Sinne des Hilfsantrages einzuholen, angenommen werden. Die - oben geschilderte - Rechtslage bei der Zuweisung einer Filialkraft zu einer anderen Filiale, mit der ein Ortswechsel verbunden ist, war und ist eindeutig und höchstrichterlich geklärt. Der Arbeitgeber hatte keine schwierige, ungeklärte Rechtsfrage zu beantworten. Er kann nicht für sich in Anspruch nehmen, nach einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt zu haben. Bei den personellen Maßnahmen, bei denen der Betriebsrat in der Vergangenheit ein Mitbestimmungsrecht der für sich in Anspruch genommen hat, handelte es sich immerhin um Versetzungen zu einer Filiale, die weit voneinander entfernt waren, es handelte sich nicht um sogen. Bagatellfälle im o.a. Sinn.

Der Betriebsrat hat den Arbeitgeber in der Vergangenheit auch mehrfach auf die Inanspruchnahme eines Mitbestimmungsrechtes aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung eine Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG vorlag. Trotz der mehrfachen Hinweise des Betriebsrates hat der Arbeitgeber bei den geplanten Versetzungen der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx es wiederum unterlassen, vor Durchführung der geplanten Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrates eingeholt. Die Versetzungen der Mitarbeiterinnen H4xxxxxx und M6xxxxxxx war zum 01.06.2002 geplant. Das Mitbestimmungsverfahren hat der Arbeitgeber erst mit Schreiben vom 16.07.2002 eingeleitet, nachdem die Maßnahme bereits mehr als sechs Wochen zuvor durchgeführt worden war. Da der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht mehrfach übergangen hatte, konnte ein grober Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten nicht verneint werden.

d) Auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben.

Für die Wiederholungsgefahr besteht bereits eine tatsächliche Vermutung, wenn in der Vergangenheit ständig Mitbestimmungsrechte verletzt worden sind (BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 4/99 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach den §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG ist in der Vergangenheit unstreitig mehrfach bei der Versetzung von Mitarbeitern von einer Filiale in eine andere Filiale verletzt worden. Einwendungen hiergegen sind vom Arbeitgeber mit der Beschwerde nicht vorgebracht worden. Der Arbeitgeber hat auch keine besonderen Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass eine weitere Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nicht in Betracht kommt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Der Arbeitgeber hat vielmehr auch noch im Beschwerdeverfahren das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei personellen Einzelmaßnahmen in Fällen der vorliegenden Art geleugnet.

III

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrates, dem Arbeitgeber für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld anzudrohen, zu Recht entsprochen. Dieser Antrag folgt aus § 890 ZPO. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Die Androhung der Verhängung des Ordnungsgeldes bei Nichtbefolgung der ausgesprochenen Verpflichtung kann bereits im Erkenntnisverfahren erfolgen (LAG Hamburg, Beschluss vom 27.01.1992 - NZA 1992, 568; Fitting, a.a.O., § 23 Rz. 72, 79; Oetker, a.a.O., § 23 Rz. 185; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 23 Rz. 28 m.w.N.).

IV

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist für die Beteiligten ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Gegen diesen Beschluss ist für die Beteiligten mangels ausdrücklicher Zulassung die Rechtsbeschwerde nicht statthaft, § 92 Abs. 1 ArbGG.

Wegen der Möglichkeit, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbständig beim

Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, Fax-Nr.: (03 61) 26 36 - 2 00 0 anzufechten, werden die Beteiligten auf die Anforderungen des § 92 a ArbGG verwiesen.

Schierbaum Hilpert Jacobs

/N.






LAG Hamm:
Beschluss v. 23.01.2004
Az: 10 TaBV 43/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/922bd52f7973/LAG-Hamm_Beschluss_vom_23-Januar-2004_Az_10-TaBV-43-03




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