Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juni 2005
Aktenzeichen: 11 W (pat) 34/02

(BPatG: Beschluss v. 09.06.2005, Az.: 11 W (pat) 34/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Dichtleiste für eine bewegliche Fensterscheibe eines Fensters" ist unter Inanspruchnahme der Prioritäten vom 21. Juni 1989 (GB 8914206) und vom 23. Juni 1989 (GB 8914421) am 12. Juni 1990 beim Deutschen Patentamt eingereicht worden. Die Prüfungsstelle für Klasse E06B des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 28. Januar 2002 gemäß § 48 PatG zurückgewiesen, da der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem herangezogenen druckschriftlichen Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2005 eine Neufassung der Ansprüche 1 - 11 übergeben und ausgeführt, dass die Merkmale des nun geltenden Anspruchs 1 ursprünglich offenbart seien und sein Gegenstand gegenüber dem im Prüfungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik patentfähig sei.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent aufgrund der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Neufassung der Ansprüche 1 - 11 sowie einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Dichtleiste (24) für eine in einem Fensterrahmen (8) bewegliche Fensterscheibe (46) eines Fensters eines Fahrzeuges, mit einem Körper (26) aus flexiblem Material, welcher einen Kanal (44) zur Aufnahme der Fensterscheibe (46) definiert, wobei der Kanal (44) einen Boden aufweist und eine Wand, die als Lippe (42) auf der einen Seite des Kanals an der Fensterscheibe (46) anliegt und verglichen mit der Dicke der Fensterscheibe (46) relativ dünn und mit einem Verstärkungsträger (48) aus Metall verstärkt ist, der den Rand der Fensterscheibe übergreift, und mit einem fest auf einem Flansch (18) des Fensterrahmens (8) sitzenden Kanal (28), der von einem Verstärkungsträger (34) umgriffen wird, welcher zwei zueinander parallele Seitenwände und einen hierzu quer verlaufenden und die Seitenwände verbindenden Boden aufweist, und mit einer an dem Körper (26) ausgebildeten und gegenüber der Fahrzeugkarosserie (5) abdichtenden Schulter (38), dadurch gekennzeichnet, dass der erste Verstärkungsträger (48) in der Lippe (42) im wesentlichen eben und streifenförmig ausgebildet und vollständig in das Material der Lippe (42) eingebettet ist, dass der den Kanal (28) umgreifende Verstärkungsträger (34) von dem Verstärkungsträger (48) in der Lippe (42) getrennt ist, und dass die Seitenwände und der Boden des den Kanal (28) umgreifenden Verstärkungsträgers (34) zwischen dem Boden des die Fensterscheibe (46) aufnehmenden Kanals (44) und der Schulter (38) angeordnet sind."

Auf diesen Anspruch sind die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Ansprüche 2 - 11 rückbezogen, die Ausgestaltungen der Dichtleiste nach dem geltenden Anspruch 1 betreffen.

Aufgabe der Erfindung ist es, eine verbesserte Dichtleiste für eine bewegliche Fensterscheibe eines Fensters zu schaffen (Offenlegungsschrift Sp 1 Z 30-32).

Diese Aufgabe wird nach den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen dadurch gelöst, dass ein metallischer Verstärkungsträger 48 zur Versteifung der dünnen Lippe 42 des Dichtleistenkörpers 26 vorgesehen ist.

Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur für Maschinenbau mit einschlägigen Erfahrungen in der Herstellung von Dichtleisten, insbesondere in deren Anwendung an Fahrzeugtüren.

Der geltende Anspruch 1 ist nicht zulässig.

1) Zum ursprünglichen Offenbarungsgehalt Nach den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen, die mit der im Folgenden genannten DE 40 18 745 A1 (OS) übereinstimmen, besteht der Anmeldungsgegenstand in der Ausbildung einer Dichtleiste für den Fensterrahmen 8 einer Fahrzeugtür 6 zur dichtenden Aufnahme einer vertikal verschiebbaren Fensterscheibe 46 (Fig 1 u. 2). Die Dichtleiste besteht aus zwei voneinander separaten Teilen (erste Dichtleiste 24 mit Körper 26 und zweite Dichtleiste mit Körper 52), die jeweils durch metallische Verstärkungsträger 34 und 58 zur Unterstützung der Sicherung der Dichtleistenkörper 26 und 52 an den Flanschen 18 und 20 des Fensterrahmens 8 verstärkt sind (Fig 2 iVm Sp 2 Z 6-20 und Sp 2 Z 60 bis Sp 3 Z 5).

Im Bereich des seitlichen Fensterrahmens 8 (vgl Fig 1, Schnitt II-II) - nahe des B-Pfostens des Fahrzeuges 5 - weist erfindungsgemäß der Dichtleistenkörper 26 einen weiteren Verstärkungsträger 48 auf, welcher in der die Fensterscheibe 46 außen abdichtenden Lippe 42 eingebettet ist. Diese Versteifung ermöglicht ein festes Anliegen der Lippe 42 an der Fensterscheibe 46 trotz relativ dünner Ausbildung der Lippe 42, was störende Windgeräusche vermeidet (Fig 2 iVm Sp 1 Z 33-58, Sp 2 Z 42-54, Sp 3 Z 18-22, Z 36-39).

Im Bereich des oberen Fensterrahmens 8 (vgl Fig 1, Schnitt IV-IV) - nahe dem Teil 5A (Dach) des Fahrzeuges 5 - ist nach der OS (Fig 4 iVm Sp 3 Z 23-39) zum leichteren Hineingleiten der sich schließenden Fensterscheibe 46 in den Kanal 44 die Lippe 42 des Dichtleistenkörpers 26 nicht versteift, sondern durch Weglassen des Verstärkungsträgers 48 flexibel ausgebildet. Außerdem ist am Boden des Kanals 44 an Stelle der Lippe 51 der Steg 62 angeordnet. Am Ende des Schließvorgangs zieht der Druck der sich vertikal in Richtung Kanalboden verschiebenden Fensterscheibe 46 auf den Steg 62 die Lippe 42 in Kontakt mit der Fensterscheibe 46.

Nach der OS können in weiterer Ausbildung die drei Verstärkungsträger 34, 48, 58 der Dichtleiste zur Anpassung an notwendige Krümmungen im seitlichen Fensterrahmen zur Vergrößerung ihrer Flexibilität zB geschlitzt oder aus Draht ausgeführt sein (Fig 3 iVm Sp 2 Z 20-33, Sp 3 Z 2-5, 58-62).

Als weitere Ausbildung ist offenbart, dass der Körper 26 der Dichtleiste zur Abdichtung zwischen der geschlossenen Tür 6 und der Fahrzeugkarosserie (Teil 5) eine Schulter 38 aufweist (Fig 2, 4 iVm Sp 2 Z 34-41) und aus unterschiedlich hart extrudiertem oder oberflächenbehandeltem Kunststoff- oder Gummimaterial besteht (Sp 3 Z 6-17).

Außerdem ist der OS der Aufbau des die Dichtleiste aufnehmenden Fensterrahmens 8 der Tür 6 zu entnehmen, wonach der Fensterrahmen 8 insgesamt zur Bildung von Kanälen 14, 16 und 22 doppelwandig verschweißt ist, sodass sich der nach außen gerichtete Flansch 18 und der entlang der Fensterscheibe gerichtete Flansch 20 bilden (Fig 2, 4 iVm Sp 1 Z 66 - Sp 2 Z 5).

Für den Fachmann ergibt sich somit als wesentlicher Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen die Verbesserung der Dichtung zwischen Fensterrahmen 8 und Fensterscheibe 46, am seitlichen Fensterrahmen durch die Versteifung der Lippe 42 mittels des Verstärkungsträgers 48 (Fig 2) und am oberen Fensterrahmen durch die Beweglichkeit der Lippe 42 mittels des Steges 62 (Fig 4). Erstere Maßnahme ist bereits in den beiden prioritätsbegründenden Anmeldungen offenbart, letztere Maßnahme stellt eine Weiterbildung der Erfindung gegenüber den beiden prioritätsbegründenden Anmeldungen dar.

2) Zur nun geltenden Fassung des Anspruchs 1 Gegenüber der ursprünglichen Offenbarung gemäß der DE 40 18 745 A1 (OS) weist die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Fassung des nun geltenden Anspruchs 1 mit dem letzten kennzeichnenden Merkmal ein nicht ausreichend ursprünglich offenbartes Merkmal auf. Dies betrifft die nur zeichnerisch dargestellte Lage des Verstärkungsträgers 34, wonach die Seitenwände und der Boden des den Kanal 28 umgreifenden Verstärkungsträgers 34 zwischen dem Boden des die Fensterscheibe 46 aufnehmenden Kanals 44 und der Schulter 38 angeordnet sind.

Der Vertreter der Anmelderin bezeichnet in der mündlichen Verhandlung dieses Merkmal als wichtig für die Erfindung, da durch die nun beanspruchte Lage des Verstärkungsträgers 34 eine Versteifung der Dichtleiste 24 gegenüber der hohen Schließkraft eintrete, welche von der heute üblicherweise von Elektromotoren bewegten Fensterscheibe 46 beim Schließvorgang auf die Dichtleiste 24 ausgeübt würde. Durch die Versteifung der Dichtleiste 24 trete keine unerwünschte Ausbauchung der Außenwand der Schulter 38 auf. Zum Nachweis der ursprünglichen Offenbarung der nun als erfindungswesentlich beanspruchten Lage des Verstärkungsträgers 34 verweist der Vertreter der Anmelderin lediglich auf die zeichnerische Darstellung in Fig 2 der Anmeldung.

Nach Schulte PatG § 34 Rdn 317 ist aber nur ausreichend offenbart, was der Fachmann beim Studium der Zeichnung als eine wesentliche technische Information entnimmt, auch wenn in der Beschreibung diesem technischen Aspekt keine Beachtung geschenkt wird. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ohne Beschreibung dieses technischen Aspekts in den ursprünglichen Unterlagen keine ausreichende Offenbarung vorliegt, wenn der Fachmann beim Studium der Zeichnung in der Lage des Verstärkungsträgers 34 zwischen dem Boden des Kanals 44 und der Schulter 38 keine wesentliche technische Information entnimmt.

Letzteres trifft nach Auffassung des Senats zu. Denn für den Fachmann ist die nun beanspruchte Lage des Verstärkungsträgers 34 beim Studium der Zeichnungen nicht als erfindungswesentlich angegeben. Nach den Zeichnungen der Figuren 2 und 4 bildet der Fensterrahmen 8 zusammen mit dem versteifenden Flansch 18 eine feste Halterung für die Dichtleiste 24, deren Kanal 28 das freie Ende des Fensterrahmens 8 und Flansches 18 form- und kraftschlüssig umgreift. Über die Erstreckung des zur Fahrzeugaußenseite hin ragenden freien Endes von Fensterrahmen 8 und Flansch 18 enthält die OS keine schriftliche Festlegung.

Auch zur Tiefe des Kanals 28 gibt es keine schriftlichen Angaben. Deshalb sind die Erstreckungen der freien Enden von Fensterrahmen 8 und Flansch 18 sowie der Tiefe des Kanals 28 in Richtung Fahrzeugaußenseite (in Fig 2 und 4 jeweils nach rechts) durch die Offenbarung der Erfindung nicht festgelegt, sondern nur beispielhaft in den Fig. 2 und 4 gezeichnet. Der Fachmann kann dies nur so verstehen, dass er diese Erstreckungen beliebig nach eigenen Wünschen wählen kann. Damit ist es ihm aus der Offenbarung auch erlaubt, Erstreckungen zu wählen, bei denen Fensterrahmen 8, Flansch 18 und Kanaltiefe 28 nicht bis über den Boden des Kanals 44 und nicht bis über die Fensterscheibe 46 ragen. Weil ersichtlich der Verstärkungsträger 34 die Erstreckungen von Fensterrahmen 8, Flansch 18 und Kanaltiefe 28 nur zu umgreifen hat, ist auch eine Erstreckung des Verstärkungsträgers 34 bis hin zwischen Boden des Kanals 44 bzw Fensterscheibe 46 und Türrahmen 5A nicht festgelegt.

Dass nach Fig 2 der Flansch 18 des doppelwandigen Fensterrahmens 8 bis in den Bereich zwischen dem Boden des Kanals 44 und der Schulter 38 ragt, ist daher nicht als erfindungswesentlich erkennbar und damit auch nicht die Tiefe des Kanals 28 und auch nicht die Lage des Verstärkers 34, da er erfindungsgemäß nur den Kanal 28 umgreift (vgl Sp 2, Z 10-20). Demnach ist für den Fachmann ein anderer Ort für den Verstärkungsträger 34 als zwischen dem Boden des Kanals 44 und der Schulter 38 jederzeit denkbar, eben weil der Flansch 18 nicht bis in diesen Bereich ragen muss. Ohne jeglichen Hinweis in den Ansprüchen oder in der Beschreibung der ursprünglichen Unterlagen dazu kann daher der Fachmann die nun beanspruchte Lage des Verstärkungsträgers 34 weder aus den Zeichnungen noch anderswo als wesentliche technische Information erkennen.

Da ursprünglich auch nicht die in der mündlichen Verhandlung angesprochene Problematik der ausbauchenden Schulter 38 bei einer unerwünscht hohen Fensterschließkraft offenbart ist, sucht der Fachmann auch nicht nach Lösungswegen dieses Problems, schon gar nicht in den Zeichnungen. Als einzige in etwa mit einer Fensterschließkraft zusammenhängende Textstelle findet sich in Sp 3, Z 33-34, dass "der Druck der Fensterscheibe 46" beim Schließen des Fensters das Einziehen der Lippe 42 bewirkt. Dabei handelt es sich aber nur um die Funktionsbeschreibung des Steges 62 und der Lippe 42 des Dichtleistenkörpers 26 am oberen Fensterrahmen nach Fig 4. Hier ist eine bestimmte Fensterschließkraft zum Einziehen der Lippe 42 sogar erwünscht. Nichts in der OS deutet auf eine unerwünscht hohe Schließkraft hin, weshalb der Fachmann in der zeichnerisch dargestellten Lage des Verstärkungsträgers 34 keine beachtenswerte technische Information sieht oder erkennen kann.

Abgesehen davon wird der Fachmann aufgrund des nach wie vor beanspruchten ersten Verstärkungsträgers 48 nicht auf die Fig 4, sondern auf die Fig 2 gelenkt, weil nur beim in Fig 2 gezeichneten seitlichen Fensterrahmen erfindungsgemäß der in der Lippe 42 der ersten Dichtleiste 24 eingebettete Verstärkungsträger 48 sinnvoll ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Fachmann beim Studium dieser Fig 2 iVm der Beschreibung erkennen könnte, dass die nun beanspruchte, aufgrund der Position des Flansches 18 frei wählbare Lage des Verstärkungsträgers 34 einer zu hohen Fensterschließkraft entgegenwirken soll, wo doch am seitlichen vertikalen Fensterrahmen 8 nach Fig 2 keinerlei Fensterschließkraft in Richtung des Bodens des Kanals 44 auftritt. Beim Studium der Fig 2 wird der Fachmann vielmehr die nun beanspruchte Lage des Verstärkungsträgers 34 nicht als erfindungswesentlich erkennen und beachten.

Auch bei dem am oberen Fensterrahmen 8 angebrachten Teil der ersten Dichtleiste 24 nach Fig 4 beachtet der Fachmann - entsprechend der Fig 2 - die Lage des Verstärkungsträgers 34 nicht weiter, da er sein Augenmerk nun auf den Steg 62 richtet, der - wie o.a. - durch den Druck beim Schließvorgang der Fensterscheibe 46 das Einziehen der Lippe 42 bewirkt. Im Gegenteil wird der Fachmann durch das Abfedern der sich schließenden Fensterscheibe 46 am elastischen Steg 62 von einer weiteren versteifenden Maßnahme gegenüber der Fensterschließkraft in Schließrichtung hinter dem Steg 62 eher abgelenkt, noch dazu er das Problem der ausbauchenden Schulter nicht kennt. Somit trifft im vorliegenden Fall auch nicht zu, dass nach Schulte PatG § 34 Rdn 319 c) ausreichende Offenbarung vorliegen könnte, wenn das lediglich gezeichnete Merkmal in mehreren Figuren - hier Fig 2 und 4 - vorkommt.

Aus diesen Gründen führt auch eine Kombination der beiden Fig 2 und 4 nicht zu einer ausreichenden Offenbarung nur aufgrund der Zeichnungen (vgl Schulte PatG § 34 Rdn 319 d). Für den Fachmann stellt sich nämlich die wesentliche technische Information aus den beiden Figuren 2 und 4 folgendermaßen dar:

Nach Fig 2 (seitlicher vertikaler Fensterrahmen) bewirkt der Verstärkungsträger 48 eine Versteifung der dünn gestalteten Lippe 42 quer zur Schließrichtung der Fensterscheibe 46, die dauernd in ihrer Position innerhalb des Kanals 44 ist (Sp 3 Z 38, 39). Eine Fensterschließkraft in Richtung Kanalboden tritt am seitlichen vertikalen Fensterrahmen 8 nicht auf, weshalb eine nun als erfindungswesentlich geltend gemachte besondere Maßnahme zur Versteifung des Dichtleistenkörpers 26 in Fensterschließrichtung für den Fachmann nicht erkennbar ist.

Nach Fig 4 (oberer Fensterrahmen) tritt zwar eine bestimmte Schließkraft in Form eines "Drucks der Fensterscheibe 46 auf den Steg 62" auf, die aber nach der Beschreibung (Sp 3 Z 23-39) durch Verformung des Stegs 62 die Lippe 42 in Kontakt zur Fensterscheibe 46 zieht, wozu der beanspruchte Verstärkungsträger 48 eher hinderlich und eine Versteifung und Anordnung von Fensterrahmen 8, Flansch 18 und Verstärkungsträger 34 zwischen Fensterscheibe 46 und Dichtleistenkörper 26 nicht als notwendig erkennbar ist.

Selbst wenn der Fachmann diese beiden Figuren kombinieren würde, also den Verstärkungsträger 48 der seitlichen Dichtleiste nach Fig 2 auch in der oberen Dichtleiste nach Fig 4 vorsehen würde, gäbe dies keinen Hinweis auf die Erfindungswesentlichkeit der Lage des Verstärkungsträgers 34 zur Vermeidung des Ausbauchens der Schulter 38. Denn zwischen der nun beanspruchten Lage des Verstärkungsträgers 34 und den beiden ursprünglich offenbarten Maßnahmen zum dauernden Anliegen der Lippe 42 an der Fensterscheibe 46 im Bereich des seitlichen Fensterrahmens (Fig 2) und zum temporären Anliegen der Lippe 42 an der Fensterscheibe 46 im Bereich des oberen Fensterrahmens (Fig 4) besteht nämlich keinerlei technischer Zusammenhang oder gar kombinatorische Wirkung. Die Ursprungsoffenbarung betrifft nämlich in erster Linie die Abdichtung zwischen Fensterrahmen und Fensterscheibe, wogegen das nun beanspruchte strittige Merkmal auf die Abdichtung zwischen Tür und Karosserie mittels der Schulter 38 Einfluss nehmen soll, was ursprünglich nur am Rande erwähnt ist (Sp 2 Z 34-41).

Aus diesen Gründen erkennt der Fachmann auch nicht ohne weiteres (vgl Schulte PatG § 34 Rdn 318), dass das lediglich gezeichnete Merkmal der nun beanspruchten Lage des Verstärkungsträgers 34 ohne Erwähnung in der Beschreibung oder den Ansprüchen zur ursprünglichen Offenbarung der Erfindung gehört.

Denn die Aufmerksamkeit des Fachmannes wird - wie dargelegt - in keiner Weise auf das nun beanspruchte strittige Merkmal gelenkt wird, sondern auf das dauernde bzw. temporäre Anliegen der Lippe 42 an der Fensterscheibe 46, um die Dichtung zwischen Fensterrahmen und Fensterscheibe zu verbessern.

Ferner ist nach Schulte PatG § 34 Rdn 319 a) ein gezeichnetes Merkmal ausreichend deutlich offenbart, wenn es zwar als solches nicht beschrieben, aber darauf allgemein in der Beschreibung verwiesen ist. Auch dies trifft hier nicht zu, da in der Beschreibung (Sp 2 Z 15-34) zum Verstärkungsträger 34 lediglich seine Funktion, die Sicherung der Dichtleiste 24 auf dem Fensterrahmen 8 zu unterstützen, und seine möglichen Formen zur Vergrößerung seiner Flexibilität, wie zB durch Herstellung aus Metallstreifen mit oder ohne Schlitze oder aus Draht, ursprünglich offenbart sind. Ein allgemeiner Verweis in der Beschreibung auf die nun zusätzlich geltend gemachte Lage des Verstärkungsträgers 34 zur Verbesserung der Abdichtung zwischen Tür und Karosserie durch eine versteifende Wirkung auf die Schulter 38 ist nicht offenbart.

Für den Fachmann ist das lediglich gezeichnete Merkmal der Lage des Verstärkungsträgers 34 zwischen dem Boden des Kanals 44 und der Schulter 38 auch nach Struktur und Funktion nicht so unmittelbar, klar und eindeutig, dass eine ausreichende Offenbarung dieses Merkmals vorläge (vgl Schulte PatG § 34 Rdn 319 e). Der Fachmann würde bei - angenommener - zu hoher Schließkraft der Fensterscheibe 46 antriebsseitig auf eine Schließkraftbegrenzung oder aber bei einem Fensterrahmen der in den Fig 2 und 4 gezeigten Art mit beispielsweise weit nach außen ragendem Flansch 18 auf die Stabilität des Fensterrahmens 8 setzen, der im Bereich des Flansches 18 überdies als doppelwandig dargestellt und als verschweißt beschrieben ist. Diese Maßnahmen würden dem Fachmann als wirkungsvolle Versteifung erscheinen, wogegen der mit dem geltenden Anspruch 1 nun angestrebten Versteifung die in der OS beschriebene Flexibilität des Verstärkungsträgers 34 durch seine Herstellung zB aus geschlitzten Streifen oder aus Draht entgegensteht (Sp 2 Z 20-33). Auch diese Textstelle ist beim Studium der Fig 2 zu berücksichtigen, da eine Zeichnung nicht losgelöst vom Gesamtinhalt der Anmeldung zu werten ist (vgl Schulte PatG § 34 Rdn 321).

Schließlich trägt auch die allgemein gehaltene Aufgabe, die Dichtleiste für eine bewegliche Fensterscheibe, also die Dichtung zwischen Fensterrahmen und Fensterscheibe zu verbessern, nicht dazu bei, dass der Fachmann die Erfindungswesentlichkeit der nun beanspruchten Lage des Verstärkungsträgers 34 zur Verbesserung der Dichtung zwischen Tür und Karosserie nur anhand von Zeichnungen erkennt (vgl Schulte PatG § 34 Rdn 319 b).

Nach alledem ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die allein der Zeichnung zu entnehmende Lage des Verstärkungsträgers 34 zwischen dem Boden des Kanals 44 und der Schulter 38 gemäß dem geltenden Anspruch 1, die in der Beschreibung keine Stütze findet, nicht als zur Erfindung gehörig offenbart ist weshalb dieses Merkmal nicht zum Gegenstand der Anmeldung gehört (vgl BGH, 26. Januar 1967, Ia ZB 17/66 - Dampferzeuger).

Mit den Merkmalen des geltenden Anspruches 1 ist somit der Anmeldungsgegenstand in unzulässiger Weise geändert, da er über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Der geltende Anspruch 1 ist daher nicht gewährbar.

Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 - 11 fallen mit diesem.

Bei dieser Sachlage war es nicht notwendig, auf die übrigen hinsichtlich ihrer ausreichenden ursprünglichen Offenbarung kritischen Merkmale im geltenden Anspruch 1 oder auf die Frage der Patentfähigkeit einzugehen.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Henkel Prietzel-Funk Skribanowitz Harrer Bb






BPatG:
Beschluss v. 09.06.2005
Az: 11 W (pat) 34/02


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