Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 26. Oktober 1995
Aktenzeichen: 4 0 70/95
(LG Düsseldorf: Urteil v. 26.10.1995, Az.: 4 0 70/95)
Tenor
I.
Die Widerklage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte
und die Widerklägerin zu 2.) als Gesamt-
schuldner.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 9.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die
Sicherheitsleistung kann auch durch die selbst-
schuldnerische Bürgschaft einer in der Bundes-
republik Deutschland niedergelassenen als Zoll-
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und Steuerbürgin anerkannten Bank oder öffent-
lich rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
Gründe
Die Beklagte ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der X, der Widerklägerin zu 2.), die weltweit direkt oder indirekt über Tochtergesellschaften und Franchise-Verträge Schnellrestaurants unter der Bezeichnung "X" betreibt. Die Widerklägerin zu 2. ) ist Inhaberin zahlreicher deutscher Marken mit dem Wortbestandteil "X" - "X". Hierzu gehören u. a. folgende Zeichen:
sowie zahlreiche weitere Zeichen hinsichtlich derer auf die Anlagen B1 und B49 verwiesen wird.
Ferner wurde das nachstehend wiedergegebene Zeichen am 22. Mai 1992 unter der Nr. X zugunsten der Widerklägerin zu 2.) für die Dienstleistung "Verpflegung von Gästen in Selbstbedinungsrestaurants" als durchgesetztes Zeichen eingetragen.
Aufgrund eines Lizenzvertrages vom 01.01.1978 ist die Beklagte zum Gebrauch der X Zeichen und zur Geltendmachung der Markenrechte in eigenem Namen berechtigt.
Die Klägerin, die nach eigenen Angaben Lacke und Farben herstellt und vertreibt, ist eingetragene und allein verfügungsberechtigte Inhaberin der deutschen Marke X (Wortzeichen) "X", die auf einer Anmeldung vom 30. Juni 1993 beruht und am 19. September 1994 eingetragen worden ist. Das eingetragene Warenverzeichnis lautet: "X" (Anlage K 1). Mit Schreiben vom 31. Mai 1994 forderten die Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) die Klägerin auf, die dem Zeichen X zugrundeliegende Warenzeichenanmeldung durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patentamt zurückzunehmen, ferner es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr -in der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung "X" zur Kennzeichnung von Waren der Klasse II gemäß dem Warenverzeichnis der Anmeldung X zu verwenden, die so gekennzeichneten Waren anzukündigen oder in Verkehr zu bringen. Desweiteren sollte die Klägerin Auskunft erteilen und den der Beklagten entstandenen und noch entstehenden Schaden erstatten. Nachdem die Klägerin diese Ansprüche mit Patentanwaltsschreiben vom 22. Juni 1994 hatte zurückweisen
lassen, teilten die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) Ende 1994 mit, daß sie sich mit dem Zeichen "X" und seiner verletzenden Benutzung niemals abfinden würden.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagten stünden die vorprozessual erhobenen Ansprüche nicht zu.
Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, festzustellen, daß der Beklagten gegen sie keine Ansprüche, insbesondere nicht auf Unterlassung, Auskunftsteilung und Schadensersatz wegen Benutzung der Marke X "X" für die Waren-/Dienstleistungen Lacke und/oder Farben zustehen, haben die Klägerin und die Beklagte nach Erhebung der Widerklage durch die Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage für erledigt erklärt.
Die Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) beantragen,
die Klägerin zu verurteilen,
1.) durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patentamt in die Löschung des deutschen Warenzeichens X einzuwilligen;
2.) es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,— DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahre zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung "X " für Lacke und Farben zu benutzen.
Sie machen geltend, daß Zeichen "X " greife in die Rechte an der Kennzeichenfamilie der X-
Gesellschaften ein. Die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich zum einen aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz, der auch den Fall mittelbarer Verwechslungsgefahr erfasse, so daß die fehlende Ähnlichkeit oder Identität der einander gegenüberstehenden Zeichen unerheblich sei. Ein Fall mittelbarer Verwechslungsgefahr sei unter dem Gesichtspunkt des hier vorliegenden Serienzeichens gegeben. Denn die X-Zeichen, die sämtlich den gleichen Wortstamm aufwiesen, bildeten den klassischen Fall eines Serienzeichens, für das charakteristisch sei, daß der Bestandteil "X"/"X" mit Gattungsbezeichnungen, insbesondere mit englischsprachigen, zusammengesetzt werde. Dieselbe Form der Wortbildung verwende auch die Klägerin mit der Bezeichnung "X ", so daß das Zeichen "X " den Eindruck erwecke, als ob es von X stamme oder jedenfalls Beziehungen wirtschaftlicher, organisationsmäßiger oder rechtlicher Art zu X bestünden.
Sie könnten sich jedoch auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz stützen, da die Klägerin den guten Ruf und die Wertschätzung der Waren und Leistungen der Widerklägerin zu 2.) für ihre eigenen Waren ausnutze. Die Bezeichnung X sei nicht nur eine bekannte Marke, sie genieße für die X-Gesellschaften den Schutz einer berühmten Marke, da sie einen Bekanntheitsgrad von 99 % habe. Damit besitze sie eine weit überragende Verkehrsgeltung und Alleinstellung. Dies gelte aber nicht nur für die Marke X, sondern auch für die Silbe "X" in Alleinstellung, wie sich aus der Anlage B 55 vorgelegten Umfrage ergebe. Auch die von ihnen - der Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) - geschaffene X-Sprache habe sich im Verkehr zur Kennzeichnung ihrer Waren durchgesetzt. Durch die Verwendung der Bezeichnung "X " nutze die Klägerin den Werbewert der "X"-Zeichen aus und verwende ihn für eigene Zwecke. Sie übertrage die Gütevorstellung, die der Verkehr mit den X-Zeichen verbinde, auf ihr eigenes Unternehmen und profitiere davon, ohne
eine eigene Leistung für diese Bezeichnung erbracht zu haben. Es gebe keine vernünftige Erklärung dafür, warum die Klägerin gerade "X" als Vorsilbe für ihre Produkte gewählt habe, als die des Versuches einer Anlehnung.
Aber auch die Wertschätzung der X-Marken sei durch die klägerische Marke "X " beeinträchtigt. Gerade im Verhältnis zu Nahrungsmitteln werde durch die Verwendung der Marke "X " für chemische Produkte eine unpassende Assoziation zu Lasten der bekannten Marke ausgelöst. Auch hier komme es nicht auf die Entfernung der einander gegenüberstehenden Zeichen an; der Schutz vor Beeinträchtigungen werde durch § 14 Abs. 2 Nr. 3 Markengesetz gerade auch außerhalb des Gleichartigkeitsbereiches gewährt.
Die Klägerin tritt diesen Ausführungen entgegen und beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien riebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe :
Die Widerklage ist unbegründet.
Der Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) stehen die gegen die Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Einwilligung in die Löschung der angegriffenen Marke "X " und auf Unterlassung der Nutzung der Bezeichnung "X " für Lacke und Farben nicht zu.
Sie können sich weder auf markenrechtliche Ansprüche aus den §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 5, 15 Abs. 2 MarkenG
noch auf Ansprüche nach den Grundsätzen über den Schutz einer berühmten Marke aus den §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB berufen.
I.
Ansprüche aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 Markengesetz scheitern bereits daran, daß die zugunsten der Klägerin eingetragene Marke "X " nicht geeignet ist, mit einem der zugunsten der Widerbeklagten zu 2.) geschützten X-Zeichen Verwechselungen hervorzurufen, weil es jedenfalls an der erforderlichen Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit bzw. Branchennähe fehlt. Dabei kann zwar zunächst zu Gunsten der Beklagten und der Widerklägerin zu 2.) davon ausgegangen werden, daß die Bezeichnung "X" natürliche Unterscheidungskraft besitzt und die ursprüngliche Kennzeichnungskraft sich ganz erheblich dadurch erhöht hat, daß "X" als Bezeichnung für Schnellrestaurants der Widerklägerin zu 2.) oder ihrer Franchise-Unternehmen im Verkehr weitgehend durchgesetzt ist. Bei der Beurteilung des Ähnlichkeitsgrades der einander gegenüberstehenden Zeichen läßt sich jedoch nur feststellen, daß zwischen "X" (oder einem der anderen zu Gunsten der Widerbeklagten zu 2.) geschützten "X-Zeichen") und der angegriffenen Bezeichnung "X " nur eine auf den Zeichenbestandteil "X" beschränkte Übereinstimmung besteht, die einander gegenüberstehenden Bezeichnungen sich damit jedoch nicht einmal ähnlich sind, und zwar auch nicht das Zeichen X und das Kennzeichen „X ".
Bei der Beurteilung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr im engeren oder weiteren Sinn, also der Frage, ob die angesprochene Verkehrskreise durch die gegenüberstehenden Bezeichnungen zu der irrigen Annahme verleitet werden, die Waren stammten aus dem selben Geschäftsbetrieb oder zwischen den beteiligten Unternehmen bestünden
jedenfalls irgendwelche wirtschaftlichen Zusammenhänge, kommt es jedoch nicht nur auf den Grad der Kennzeichnungskraft der schutzbeanspruchenden Bezeichnung und den Grad der Ähnlichkeit der betroffenen Bezeichnungen an, sondern auch auf die Beurteilung der Warenähnlichkeit bzw. Branchennähe. Zwischen den genannten Bestimmungsfaktoren besteht dabei eine Wechselwirkung dergestalt, daß je höher die Kennzeichnungskraft ist und je ähnlicher die einander gegenüberstehenden Bezeichnungen ausgestaltet sind, desto weniger nahe können die Branchen sein, in denen die beteiligten Unternehmen tätig sind, um Verwechslungsgefahr zu begründen, und umgekehrt (BGH, GRUR 1966, 267 (269) -White Horse; GRUR 1975, 606 (609) -IFA; GRUR 1990, 1042 (1044) Datacolor; GRUR 1991, 863 (864) -Avon). Allerdings kann selbst die Identität der Bezeichnungen dann nicht zur Annahme von Verwechslungsgefahr führen, wenn der Verkehr die Unternehmen weder organisatorisch noch wirtschaftlich in Verbindung bringt, weil sie in völlig verschiedenen Branchen tätig sind (BGH, GRUR 1966, 267 (269) - White Horse; GRUR 1990, 1042 (1044) - Data-Color; GRUR 1991, 863 (865) - Avon). So ist etwa eine verkehrsbekannte langjährige einseitige Ausrichtung eines Unternehmens auf einen sehr spezifischen Tätigkeitsbereich nicht geeignet, Verkehrsvorstellungen über mögliche Ausweitungen in ganz andere Tätigkeitsbereiche hervorzurufen (BGH, GRUR 1984, 471 (473) - Gabor/Caber). Dies gilt gleichermaßen für Ausweitungen des eigenen Tätigkeitsbereichs wie für wirtschaftliche Verbindungen mit'anderen Unternehmen. Denn auch die Vorstellung von solchen Verbindungen setzt regelmäßig gewisse Anhaltspunkte voraus, die etwa in Gemeinsamkeiten der betroffenen Tätigkeitsbereiche gesehen werden können. Diese Gemeinsamkeiten können in der Zugehörigkeit der Waren zu einer durch einen gemeinsamen Oberbegriff sinnvoll verbindbaren Kategorie, in der wechselseitigen Verwendung von Hersteller- oder Vertriebsknowhow oder unter Umständen bereits in Berührungen der Tätigkeitsbereiche in
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Randgebieten bestehen (BGH, GRUR 1986, 253 (254) - Zentis/Säntis; GRUR 1991, 863 (865) - Avon). Im Verhältnis der Parteien liegen Branchennähe begründende Gemeinsamkeiten nicht vor. Die Klägerin stellt her und vertreibt Lacke, während die Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) ausschließlich im Restaurant- und Nahrungsmittelbereich tätig sind. Eine Begründung, warum das Publikum bei der Bezeichnung "X " im Waren- und Dienstleistungsbereich Farben und Lacke dennoch wirtschaftliche Beziehungen zu "X" annehmen sollte, haben die Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) auch nicht dargetan. Auf Entscheidungen, die zu Sachverhalten ergangen sind, bei denen Branchenidentität bestand, wie z. B. in der von der Beklagten in Bezug genommenen "X" (OLG Karlsruhe, GRUR 1992, 860) kann sich die Beklagte aus den oben ausgeführten Erwägungen gerade nicht berufen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Verkehr annehmen sollte, die Beklagte und die Widerklägerin zu 2.) betätigten sich nicht mehr ausschließlich wie bisher erfolgreich auf dem Gebiet der Schnellrestaurants, sondern agierten nunmehr auch im chemischen Bereich bei der Herstellung von Farben und Lacken (vgl. auch OL'G München zu „X", Anlage K 6).
Auf die als Anlage B 52 vorgelegte Umfrage zur Verwechslungsgefahr der Klagezeichen mit "X" läßt sich nicht zur Begründung einer gegenteiligen Auffassung heranziehen, da die Umfrage so angelegt war, daß die Befragten veranlaßt wurden, über solche wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zu spekulieren, ohne im übrigen die Branche, in der die Marke "X" in Erscheinung trat, überhaupt zu erwähnen.
II.
Die Beklagte und die Widerklägerin zu 2 können sich aber auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin nutze
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den guten Ruf oder die Wertschätzung einer ihnen geschützten bekannten Kennzeichnung für sich aus, § 14 Abs. 2 Nr. 3 1. Alt. MarkenG. Denn als geschützte Kennzeichnung können sie sich weder auf „X" noch auf „X" in Alleinstellung berufen.
Die Kennzeichnung „X" mag zwar eine bekannte Marke sein, insoweit fehlt es aber bereits an einer Identität oder hinreichenden Ähnlichkeit mit dem angegriffenen Zeichen „X ", da der übereinstimmende Zeichenbestandteil „X" des Zeichens X nicht so charakteristisch oder prägend ist, daß „X" in den Hintergrund gedrängt würde.
Soweit die Beklagtenseite auf „X" in Alleinstellung abstellt, ist bereits fraglich, ob es sich hierbei um ein der Widerklägerin zu 2 geschütztes bekanntes Zeichen im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG handelt. Die Annahme der Ausnutzung einer für eine fremde Leistung geschaffenen Rufes setzt nicht nur voraus, daß die Marke im Verkehr einen gewissen Ruf erlangt hat, also bekannt geworden ist, ohne bereits eine berühmte Marke zu sein, sondern weiterhin, daß diesem Ruf auch eine Werbewirkung und Ausstrahlung für das in Frage stehende Warengebiet zukommt. Dafür, ob einer Kennzeichnung ein so überragender Ruf zuzuerkennen ist, daß ihr Inhaber diesen auch außerhalb seiner eigentlichen Warenbereiche nutzen könnte, kommt es entscheidend auf die Eigenart der Kennzeichnung selbst, auf die Art der unter der Kennzeichnung vertriebenen Waren, auf deren Qualität und Ansehen, auf einen etwa damit verbundenen Prestigewert und vor allem auf das Verhältnis dieser Waren zu denjenigen an, für die der Ruf der Kennzeichnung genutzt werden soll (BGH GRUR 1991, 465, 466 - Salomon). Hinsichtlich der Kennzeichnung „X" in Alleinstellung fehlt es - auch ohne daß es auf eine Schwächung durch die von der Klägerin geltend gemachte Verwendung der Silbe „X" auch in anderen Unernehmensbezeichnungen ankäme - gerade an der charakteristischen Einmaligkeit und Eigenart, die den Verkehr zwangsläufig
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allein an ihren Charakter als Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens denken läßt. Dafür genügt, daß es überhaupt eine Vielzahl von zusammengesetzten Zeichen mit dem Bestandteil „X" außerhalb der Schnellrestaurant-Branche gibt. Zudem ist im Verkehr bekannt, daß es sich bei der Silbe „X" um einen Namensbestandteil aus der schottischen Sprache handelt.
Jedenfalls fehlt es aber an der - für eine Rufausbeutung erforderlichen - objektiven Möglichkeit einer Rufübertragung. So mögen die Beklagte und die Widerklägerin zu 2 zweifelsohne einen Ruf auf dem Gebiet der Schnellrestaurants haben. Was jedoch diesem Ruf für eine Werbewirkung und Ausstrahlung auf dem Gebiet der Lacke und Farben zukommen soll, ist nicht erkennbar und von der Beklagten auch nicht dargetan. Bei Luxusartikeln wie „X" (BGH GRUR 85, 550) und „X" (BGH GRUR 83, 247) ist nachvollziehbar, daß auch in branchenfremden Bereichen durch das Anhängen der Eindruck entstehen kann, der Verbraucher erwerbe ein Produkt, das gegenüber dem der Konkurrenz besser ist und Vorzüge hat. Um ein solches Luxusprodukt oder ein solches mit Prestigewert handelt es sich hier nicht. Welche auf den weit entfernt liegenden Bereich Farben und Lacke übertragbaren Gütevorstellungen der Verkehr mit „X" verbinden soll, ist auch vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Vielmehr ist, wie auch die von der Beklagten in Bezug genommene Dimple-Entscheidung des BGH (aaO Seite 553) differenziert, bei in jeder Hinsicht weitem Warenabstand und zum Gütetransfer ungeeigneten Artikeln zwischen den verschiedenen Warenbereichen gezielt zu unterscheiden, wobei manche Bereiche von vorneherein ausgeschlossen werden.
III.
Eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung, die die geltend gemachten Ansprüche auf der
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Grundlage des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG rechtfertigen könnten, scheidet ebenfalls aus. Denn mangels Übereinstimmung der einander gegenüberstehenden Zeichen ist eine Ausstrahlung der Wirkungen des einen Zeichens auf das andere ausgeschlossen, so daß bei einer Benutzung von „X " keine nachteiligen Imageauswirkungen auf „X"-Produkte zu befürchten sind.
IV.
Die Beklagte und Widerklägerin zu 2 können aber auch gegenüber der Klägerin und ihrer Marke „X " nicht den Schutz einer berühmten Marke in Anspruch nehmen, §§ 12, 823 Abs. 1 BGB. Denn berühmt in diesem Sinne ist allenfalls „X, mit dem „X " bereits mangels ausreichender Ähnlichkeit nicht verwechselbar ist. „X" mag zwar als durchgesetztes Zeichen auf dem Sektor „Verpflegung von Gästen in Selbstbedienungsrestaurants" eintragungsfähig gewesen sein. Diese Eintragungsfähigkeit setzt jedoch nicht die gleiche Bekanntheit wie eine berühmte Marke voraus. Nach der als Anlage B 55 eingereichten Meinungsumfrage kommt „X" in Alleinstellung allenfalls auf einen Bekanntheitsgrad von 66%, was jedoch für eine berühmte Marke nicht ausreicht (BGH, GRUR 1991, 863 - Avon).
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 91a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Rechtsstreites gemäß § 91a ZPO zu entscheiden, was zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte führt, da sie aufgrund der obigen Ausführungen auch insoweit unterlegen wäre.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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Streitwert: Für die Klage und Widerklage: 100.000,--DM,
§ 19 Abs 1 Satz 1 GKG
Dr. Meier-Beck Richter am LG Schuh-Offermanns
Dr. Becker befindet
sich im Urlaub und
kann deshalb nicht
unterschreiben.
Dr. Meier-Beck
LG Düsseldorf:
Urteil v. 26.10.1995
Az: 4 0 70/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/928c0a31896b/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_26-Oktober-1995_Az_4-0-70-95