Bundespatentgericht:
Urteil vom 27. Juli 2000
Aktenzeichen: 2 Ni 25/99
(BPatG: Urteil v. 27.07.2000, Az.: 2 Ni 25/99)
Tenor
1. Das europäische Patent 0 237 268 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß seine Ansprüche folgende Fassung erhalten:
"1. Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld definiert wird, in das die Probe eingeführt und ionisiert wird, wodurch Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitig eingefangen werden und bei dem das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Ionen aufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabil werden, das Fallenfeld verlassen und derart erfaßt werden, daß eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen kurz vor jedem Scan automatisch durch Ionisieren der Probe für eine kurze feste Zeitdauer, Messen der gesamten gebildeten Ionen, Leeren der Ionenfalle, abermaliges Einführen der Probe in die Ionenfalle und Steuern der Anzahl von Probeionen auf der Basis der gemessenen gesamten gebildeten Ionen derart gesteuert wird, daß die Sättigungsund die Raumladungseffekte minimiert werden.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Probe dadurch ionisiert wird, daß ein ionisierender Strahl in das Fallenfeld projiziert wird, so daß die darin befindliche Probe ionisiert wird, wourch Ionen gebildet und im Fallenfeld eingefangen werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Anzahl der Probeionen gesteuert wird, indem der ionisierende Strahl so gesteuert wird, daß die Anzahl der gebildeten Ionen gesteuert wird, so daß die Ionenfalle nicht gesättigt oder räumlich geladen wird.
3.
Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der ionisierende Strahl durch Steuern seiner Dauer gesteuert wird.
4.
Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der ionisierende Strahl durch Steuern seiner Intensität gesteuert wird.
5.
Verfahren nach Anspruch 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß der ionisierende Strahl ein Elektronenstrahl ist.
6.
Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, gekennzeichnet durch Messen des Ionengehalts der Ionenfalle vor Ausführen der Analyse und Verwenden der Messung zum Steuern des ionisierenden Strahles.
7.
Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Ionengehalt der Ionenfalle durch Ionisieren für eine kurze vorbestimmte Zeit und Messen des gesamten Ionengehalts gemessen wird."
2.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 237 268 (Streitpatent), das am 5. März 1987 unter Inanspruchnahme der Priorität der US-Patentanmeldung 837 702 vom 7. März 1986 angemeldet worden ist. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent, das vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer 37 68 533 geführt wird, betrifft ein Verfahren zur Massenanalyse einer Probe. Es umfaßt 8 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der deutschen Übersetzung gemäß Patentschrift folgenden Wortlaut hat:
"Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld definiert wird, in das die Probe eingeführt und ionisiert wird, wodurch Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitig eingefangen werden und bei dem das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Ionen aufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabil werden, das Fallenfeld verlassen und derart erfaßt werden, daß eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen derart gesteuert wird, daß die Sättigung und die Raumladung minimisiert werden."
Wegen der Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
Die Klägerin hat die Klage gegen die seinerzeit in die Rolle eingetragene F...n Corporation erhoben. Nach Rechtshängigkeit der Klage ist das Streitpatent am 20. Dezember 1999 vom Deutschen Patentund Markenamt in der Rolle umgeschrieben worden auf die F... Corp. (n. d. Ges. d. Staates D...). In der mündlichen Verhandlung haben beide Parteien erklärt, sie seien sich einig, daß die derzeitige Inhaberin des Streitpatents die Beklagte sei.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
(1)
europäisches Patent 0 113 207 (Dokument G1/Anlage NK3) bzw dazugehörige Offenlegungsschrift 0 113 207 A2 (Anlage NK3a);
(2)
P.H. Dawson "Radiofrequency Quadrupole Mass Spectrometers" in Advances in Electronics and Electron Physics Supplement 13B, 1980, S. 173 bis 256 (Dokument G5/Anlage NK7);
(3)
P.H. Dawson, N.R. Whetten "Mass Spectroscopy Using RF Quadrupole Fields" in Adv. in Electronics and Electron Physics, 27, 1969, S. 59 bis 185 (Dokument G6/Anlage NK8);
(4)
S. Mastoris "The Three Dimensional Quadrupole Mass Spectrometer", in UTIAS Technical Note 172, 1972, Seiten i bis v und 1 bis 15, Figuren 1 bis 15 (Dokument G7/Anlage NK9);
(5)
M.C. Doran u.a. "Effects of Charge-Exchange Reactions on the Motion of Ions in Three-Dimensional Quadrupole Electric Fields, Part III. A Two-Ion Model", in International Journal of Mass Spectrometry and Ion Physics, 33, 1980, S. 139 bis 158 (Dokument G8/Anlage NK10);
(6)
"Quadrupole Mass Spectrometry and its Applications", herausgegeben von P.H. Dawson, Elsevier Publishing Company, Amsterdam, 1976, S. 52, 53, 182, 183, 190, 191, 198, 199, 206, 207, 216, 217 (Dokument G9/Anlage NK11);
(7)
R.F. Wuerker u.a. "Electrodynamic Containment of Charged Particles" in Journal of Applied Physics, Vol. 30, Nr. 3, 1959, S. 342 bis 349 (Dokument G13/Anlage NK15);
(8)
"Lecture Notes in Chemistry", herausgegeben von G. Berthier u.a., Nr. 31, H. Hartmann, K.-P. Wanczek "Ion Cyclotron Resonance Spectrometry II", Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1982, S. 474 bis 481 (Dokument G14/Anlage NK16);
(9)
K.P. Wanczek "Ion Cyclotron Resonance Spectrometry -A Review" in International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes, 60, 1984, S. 11, 16, 17 (Dokument G15/Anlage NK17);
(10)
US-Patent 4 535 235 (Dokument G16/Anlage NK18);
(11)
J.B. Jeffries u.a. "Theory of Space-Charge Shift of Ion Cyclotron Resonance Frequencies" in International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes, 54, 1983, S. 169 bis 187 (Dokument G17/Anlage NK19);
(12)
T.J. Francl u.a. "Experimental Determination of the Effects of Space Charge on Ion Cyclotron Resonance Frequencies" in International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes, 54, 1983, S. 189 bis 199 (Dokument G18/Anlage NK20);
(13)
E.B. Ledford u.a. "Space Charge Effects in Fourier Transform Mass Spectrometry. Mass Calibration" in Analytical Chemistry, Vol. 56, Nr. 14, 1984, S. 2744 bis 2748 (Dokument G19/Anlage NK21);
(14)
US-Patent 3 742 212 (Anlage NK22);
(15)
US-Patent 4 105 917 (Anlage NK23).
Darüber hinaus beruft sie sich darauf, daß in den Jahren 1963 bis 1974 Dr. J... in den B...-Laboratorien (M... H... in N... J..., V.St.A.) Massenspektren von Wasserstoff-Ionen unter Verwendung von Quadrupol-Ionenfallen untersucht und dabei alle Merkmale des Verfahrens nach Patentanspruch 1 des Streitpatents vorweggenommen habe. Zudem habe zwischen 1972 und 1975 Dr. E... mit Dr. J... zusammengearbeitet und ein Verfahren praktiziert, wodurch das Verfahren nach Patentanspruch 1 des Streitpatents vorweggenommen oder jedenfalls nahegelegt worden sei. Zur Darlegung dieser offenkundigen Vorbenutzungen reicht sie folgende Unterlagen ein:
(16)
Affidavit von Dr. Keith Jefferts vom 10. Mai 1999 (Dokument G2/Anlage NK4);
(17)
Erstentscheidung der Internationalen Handelskommission der Vereinigten Staaten in Sachen "Bestimmte Ionenfallen-Masenspektrometer und Spektrometerkomponenten", Untersuchung Nr. 337-TA-393, in englischer Sprache (Dokument G3/Anlage NK5) sowie in deutscher Übersetzung (Dokument G4/Anlage NK6);
(18)
Affidavit von Dr. Earl Ensberg vom 21. Mai 1999 (Dokument G10/Anlage NK12)
und benennt als Zeugen die Herren Dr. J..., Dr. E..., Professor Dr. K... und T....
Sie hält das Streitpatent auch in den von der Klägerin hilfsweise verteidigten Fassungen gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik und gegenüber den Vorbenutzungen für nicht patentfähig, sofern diese Fassungen nicht schon wegen unzulässiger Erweiterung unzulässig seien. Insbesondere stelle auch der in den Hilfsanträgen 4 bis 6 verwendete Ausdruck "kurz vor" keine korrekte Übersetzung des in der erteilten englischen Fassung des Streitpatents verwendeten Ausdrucks "just prior" dar, wofür sie Beweis eines Sprachsachverständigen anbietet.
Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 237 268 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise verteidigt sie ihr Patent in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträge 1 bis 6.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Sie bezieht sich ua auf folgende Druckschriften:
(19)
K.B. Jefferts "Rotational Hfs Spectra of H2+ Molecular Ions" in Physical Review Letters, Vol. 20, Nr. 2, 1968, S. 39 bis 41 (Anlage BK2);
(20)
"Practical Aspects of Ion Trap Mass Spectrometry", Vol. I, Fundamentals of Ion Trap Mass Spectrometry, herausgegeben von R.E. March, J.F.J. Todd, 1995, CRC Press, Inc., Boca Raton, S. 8 bis 13 (Anlage BK4).
Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen und ihrer weiter eingereichten Unterlagen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Gründe
Die Klage, mit der der in Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ iVm Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist nur zum Teil begründet. Denn das Streitpatent in der erteilten und in der nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigten Fassung hat keinen Bestand, wohingegen es in der nach Hilfsantrag 6 verteidigten Fassung patentfähig ist.
I.
Gemäß §§ 99 Abs. 1 PatG, 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die F... Corp. (n. d. Ges. d. Staates D...) als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich in der Rolle eingetragenen Patentinhaberin F... Corporation zulässigerweise als Beklagte in das vorliegende Verfahren eingetreten; die in der mündlichen Verhandlung insoweit zu Protokoll gegebene Erklärung ist (auch) als Zustimmung der Klägerin zu verstehen.
II.
Das Streitpatent betrifft (vgl. o.g. Beschreibungseinleitung Seite 3, Absatz 1) ein Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld definiert wird, in das die Probe eingeführt und ionisiert wird, wodurch Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitig eingefangen werden, und bei dem das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Ionen aufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabil werden, das Fallenfeld verlassen und derart erfaßt werden, daß eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird.
Nach den Angaben der Beklagten (z.B. Schriftsatz vom 29. November 1999, Seite 2, Absatz 3) wird im Oberbegriff des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag von einem Verfahren zur Massenanalyse einer Probe ausgegangen, wie es beispielsweise aus der US-Patentschrift 4 540 884 bekannt ist (vgl. hierzu auch die Streitpatentschrift, Seite 3, Zeilen 22 bis 29).
Das gattungsgemäße Verfahren ist auch aus der von der Klägerin (Anlage NK3a) zum Stand der Technik genannten -der US-Patentschrift 4 540 884 entsprechenden -europäischen Offenlegungsschrift 0 113 207 bekannt (vgl. den Anspruch 1 und die Figuren 1 bis 4 nebst der dazugehörigen Beschreibung). Das Ionenfallen-Massenspektrometer wird hierbei im Modus der "massenselektiven Instabilität" betrieben (mass selective instability; Seite 9, Satz 1). Bei dieser Betriebsweise wird durch Anlegen einer Hochfrequenzspannung (RF, Radio Frequency) -gegebenenfalls iVm einer zusätzlichen Gleichspannung (DC, Direct Current) -an die Ringelektrode (11) der Ionenfalle (10) ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld gebildet (Anspruch 2 und Fig. 1 iVm Seite 6, Zeilen 8 bis 20), das bei entsprechender Einstellung seiner Parameter -d.h. der Amplitude (V) und/oder der Frequenz () der Hochfrequenzspannung bzw. der Amplitude (U) der Gleichspannung -den gleichzeitigen Einschluß mehrerer Ionenarten unterschiedlicher spezifischer Masse (Masse-Ladungs-Verhältnis) ermöglicht, wobei jeweils nur solche Ionen eingeschlossen werden, deren Parameter a und q im stabilen Bereich des Stabilitätsdiagramms liegen (Seite 6, Zeile 21 bis Seite 8, Absatz 2 sowie Seite 13, letzter Absatz bis Seite 14, Absatz 1 zur Fig. 4). Durch sukzessive Änderung der Amplitude (V) und/oder der Frequenz () der Hochfrequenzspannung bzw. der Amplitude (U) der Gleichspannung werden die eingeschlossenen Ionen nacheinander in der Reihenfolge ihres Masse/Ladungs-Verhältnisses über den rechten Rand des Stabilitätsdiagramms (q = 0,91) in den instabilen Bereich verschoben, wobei sie die Ionenfalle (10) nacheinander verlassen und in einem externen Ionen-Detektor (electron multiplier 24) erfaßt werden (Ansprüche 3 bis 5 iVm Seite 9, Absatz 1 sowie Seite 15, Absatz 1 bis Seite 16, Absatz 1 zu den Figuren 1, 3 und 4).
Als nachteilig wird von der Beklagten angesehen, daß es bei dem bekannten gattungsgemäßen Verfahren bei hohen Ionenkonzentrationen zu Sättigungsund Raumladungseffekten kommen kann, die das Auflösungsvermögen (mass resolution) und die Empfindlichkeit (sensitivity) des Verfahrens verringern und so zu fehlerhaften Masse-Zuordnungen bei den Meßergebnissen führen (Streitpatentschrift, Seite 3, Zeilen 30 bis 33 iVm den Figuren 4 bis 6 nebst der dazugehörigen Beschreibung auf Seite 6, Zeilen 30 bis 40). Die sich aus den Ladungen der in der Ionenfalle befindlichen Ionen ergebende Raumladung erzeugt nämlich ein zusätzliches elektrisches Feld, das sich dem Quadrupol-Feld der Ionenfalle überlagert und dieses deformiert, wobei dieser Effekt um so ausgeprägter ist, je mehr Ionen sich in der Ionenfalle befinden, d.h. je stärker das von den Ionen erzeugte elektrische Feld ist. Sättigungseffekte sind dabei daran erkennbar, daß die Fläche der Meßsignalspitzen bei hohen Ionendichten nicht mehr proportional mit der Anzahl der gemessenen Ionen zunimmt, was sich in den Figuren 4 bis 6 der Streitpatentschrift in der Abflachung der Kurvensteigung niederschlägt.
Dem Streitpatentgegenstand liegt vor diesem Hintergrund das technische Problem zugrunde, ein gattungsgemäßes Verfahren zu schaffen, bei dem Raumladungsund Sättigungseffekte soweit vermieden sind, daß sich eine höhere Auflösung und Empfindlichkeit in einem größeren Ionenkonzentrationsbereich ergibt (Seite 3, Zeilen 41 bis 45 der Streitpatentschrift).
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
1.1. Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, 1.2. bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld defi niert wird, 1.3. die Probe in das dreidimensionale Quadrupol-Fallenfeld eingeführt wird, 1.4. die Probe ionisiert wird, 1.5. wobei Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitig eingefangen werden, 1.6. das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Io nen aufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabil werden und das Fallenfeld verlassen, 1.7. die das Fallenfeld verlassenden Ionen derart erfaßt werden, daß eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird, 1.8. wobei die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthalte nen Probeionen gesteuert wird, 1.9. derart, daß die Sättigung und die Raumladung minimiert werden.
Die vorstehenden Merkmale 1.8. und 1.9. sind nach den Angaben der Beklagten dahingehend auszulegen, daß die Anzahl der in der Ionenfalle enthaltenen Ionen derart gesteuert wird, daß die bekannten nachteiligen Effekte der Sättigung und der Raumladung in der Ionenfalle minimiert werden (Schriftsatz vom 29. November 1999, Seite 2, letzter Absatz bis Seite 3, Absatz 1).
Falls die Ionen in der Ionenfalle durch Ionisierung neutraler Teilchen vermittels eines ionisierenden Strahls -beispielsweise eines Elektronenstrahls (Anspruch 5) -erzeugt werden (Anspruch 2), kann die Anzahl der in der Ionenfalle enthaltenen Ionen durch die Dauer des ionisierenden Strahls (Anspruch 3) oder durch dessen Intensität (Anspruch 4) gesteuert werden. Die Ausführungsbeispiele (Figuren 7 bis 9) verdeutlichen, daß Sättigungsund Raumladungseffekte (Figuren 4 bis 6) durch geeignete Wahl der Ionisationszeit (Anspruch 3) vermeidbar sind.
Der seitens der Beklagten (Schriftsatz vom 29. November 1999, Seite 3, Absatz 2 bis Seite 4, Absatz 1) vertretenen Auffassung, der Anspruch 1 nach Hauptantrag lehre ausschließlich ein automatisches Regeln der Anzahl der Probeionen in der Ionenfalle von Meßzyklus zu Meßzyklus, d.h. er impliziere nicht auch eine gelegentliche manuelle Einstellung der Ionenanzahl -beispielsweise durch die Ionisationszeit -, kann schon deshalb nicht beigetreten werden, weil der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dem Wortlaut nach sowohl eine automatische als auch eine manuelle Einstellung der Anzahl der in der Ionenfalle enthaltenen Ionen umfaßt. Zudem ist gemäß den zur Erläuterung der Ansprüche heranzuziehenden Ausführungsbeispielen (Figuren 7 bis 9 mit dazugehöriger Beschreibung) die Anzahl der in der Ionenfalle enthaltenen Ionen jeweils manuell eingestellt worden
"... the ionization times were manually set..." (vgl. Seite 6, Zeilen 41 bis 49 der Streitpatentschrift).
Zur automatischen Steuerung der Ionisierungszeit ist gemäß der Beschreibung
("The ionization time can be automatically controlled" -vgl. Seite 6, Zeilen 50 bis 54) vorgesehen, daß die Probe kurz vor jedem Scan -d.h. vor jeder Variierung des dreidimensionalen Fallenfeldes gemäß dem vorstehenden Merkmal 1.6. -für eine kurze Zeitdauer ionisiert, der Gesamtgehalt der gebildeten Ionen gemessen und auf der Basis des gemessenen Gesamtgehalts der Ionen sodann -beispielsweise durch entsprechende Auswahl der Ionisierungszeit -die Anzahl der Probeionen für den Scan gesteuert wird. Ersichtlich handelt es sich hierbei um eine Kombination zusammengehörender Merkmale. So werden durch die kurze Ionisierung -von beispielsweise 100 Mikrosekunden -Sättigungseffekte bei der Messung des Gesamtgehalts der Ionen vermieden. Andererseits wird dadurch, daß die Messung des Ionen-Gesamtgehalts und die hierauf basierende Steuerung der Anzahl der Probeionen für den Scan jeweils kurz vor jedem Scan ausgeführt werden, sichergestellt, daß die auf der Basis des gemessenen Gesamtgehalts der Ionen festgelegte Ionisierungszeit für den Scan selbst bei starken Schwankungen der Teilchendichte -beispielsweise bei Gaschromatographen -bis zum Scan aktuell bleibt, d.h. nicht aufgrund inzwischen erfolgter Teilchendichteänderungen überholt ist. Bei der automatischen Steuerung wird mithin erst durch die Gesamtkombination der vorstehenden Merkmale gewährleistet, daß jedem Scan die richtige Ionisierungszeit zugeordnet wird. Die Zeitangabe "kurz vor jedem Scan" bestimmt sich dabei -wie für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich -aus der Relation zur Dauer eines Scans, weshalb von einer seitens der Parteien beantragten Beiziehung eines Sprachsachverständigen zur Auslegung der entsprechenden englischsprachigen Formulierung "just prior to performing a scan" (Seite 6, Zeilen 50 und 51 der Streitpatentschrift) abgesehen werden konnte. Denn nicht die sprachliche Bestimmung der in der Patentschrift verwendeten Begriffe ist entscheidend, sondern das Verständnis des unbefangenen Fachmanns (vgl. BGH GRUR 1999, 909 -Spannschraube).
Da der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag die Dauer und den zeitlichen Abstand der Steuerung zum Scan indessen völlig offenläßt, kann der Beklagten auch nicht dahingehend gefolgt werden, daß der zuständige Durchschnittsfachmann der hier als ein mit der Anwendung und Fortentwicklung von Verfahren zur Massenanalyse mittels Ionenfallen mit dreidimensionalem Quadrupolfeld befaßter berufserfahrener Physiker mit Universitätsabschluß zu definieren ist den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nur im Sinne einer automatischen Steuerung auslegen könne, weil eine kurze Messung des Gesamtgehalts der Ionen kurz vor jedem Scan von Hand nicht realisierbar sei. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag umfaßt dem Wortlaut nach vielmehr auch eine manuelle Steuerung, bei der zunächst die Anzahl der in der Ionenfalle enthaltenen Probeionen von Hand reduziert wird, bis keine Sättigungseffekte mehr auftreten, wobei der von Hand ausgelöste Scan dann mit einer entsprechenden Anzahl von Probeionen in der Ionenfalle durchgeführt wird. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag schließt nämlich Proben mit im wesentlichen gleichbleibender Teilchendichte nicht aus, bei denen eine solche manuelle Steuerung ohne weiteres möglich ist.
III.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthält nach einer Merkmalsanalyse folgende Merkmalsgruppen:
1.1. Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, 1.2. bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld definiert wird, 1.3. die Probe in das dreidimensionale Quadrupol-Fallenfeld eingeführt wird, 1.4. die Probe ionisiert wird, 1.5. wobei Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitig eingegangen werden, 1.6. das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Io nen aufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabil werden und das Fallenfeld verlassen, 1.7. die das Fallenfeld verlassenden Ionen derart erfaßt werden, daß eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird, 1.8'. wobei die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthalte nen Probeionen für jeden Scan automatisch gesteuert wird, 1.9. derart, daß die Sättigung und die Raumladung minimiert werden.
Mithin unterschiedet sich der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 von demjenigen gemäß Hauptantrag lediglich durch das zusätzlich aufgenommene Merkmal "für jeden Scan automatisch" in der Merkmalsgruppe 1.8'.
IV.
a) Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 weist nach einer Merkmalsanalyse folgende Merkmalsgruppen auf:
1.1. Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, 1.2. bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld definiert wird, 1.3. die Probe in das dreidimensionale Quadrupol-Fallenfeld eingeführtwird, 1.4. die Probe ionisiert wird, 1.5. wobei Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitigeingefangen werden, 1.6. das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Ionenaufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabilwerden und das Fallenfeld verlassen, 1.7. die das Fallenfeld verlassenden Ionen derart erfaßt werden, daß
eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird, 1.7.a. wobei die Probe dadurch ionisiert wird, daß ein ionisierender Strahl in das Fallenfeld projiziert wird, 1.7.b. so daß die darin befindliche Probe ionisiert wird, 1.7.c. wodurch Ionen gebildet und im Fallenfeld eingefangen werden, 1.8'. wobei die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen für jeden Scan automatisch gesteuert wird, 1.8'.a. durch Messen des Ionengehalts der Ionenfalle vor Ausführung der Analyse und 1.8'.b. Verwenden der Messung zum Steuern des ionisierenden Strahls, 1.9'. derart, daß die Sättigungsund die Raumladungseffekte minimiert werden.
Damit unterscheidet sich der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch die zusätzlichen Merkmalsgruppen 1.7.a. bis 1.7.c., 1.8'.a. und 1.8'.b.. Außerdem ist bei seiner Merkmalsgruppe 1.9'. der Begriff "Sättigung und Raumladung" durch "Sättigungsund Raumladungseffekte" ersetzt worden.
b) Der nebengeordnete Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 2 umfaßt folgende Merkmalsgruppen:
1.1. Verfahren zur Massenanalyse einer Probe, 1.2. bei dem ein dreidimensionales Quadrupol-Fallenfeld definiert wird, 1.3. die Probe in das dreidimensionale Quadrupol-Fallenfeld eingeführt wird, 1.4. die Probe ionisiert wird, 1.5. wobei Ionen im interessierenden Bereich gebildet und gleichzeitigeingefangen werden, 1.6. das dreidimensionale Fallenfeld derart variiert wird, daß Ionenaufeinanderfolgender spezifischer Massen sequentiell instabilwerden und das Fallenfeld verlassen, 1.7. die das Fallenfeld verlassenden Ionen derart erfaßt werden, daß
eine Anzeige der eingefangenen Ionenmassen bereitgestellt wird, 1.8'. wobei die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen für jeden Scan automatisch gesteuert wird, 1.8'.a'. durch Ionisieren der Probe für eine kurze feste Zeitdauer, 1.8'.b'. Messen der gesamten gebildeten Ionen, 1.8'.c'. Leeren der Ionenfalle, 1.8'.d'. abermaliges Einführen der Probe in die Ionenfalle und 1.8'.e'. Steuern der Anzahl der Probeionen auf der Basis der gemessenengesamten gebildeten Ionen, 1.9'. derart, daß die Sättigungsund die Raumladungseffekte minimiert werden.
Vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet er sich durch die zusätzlichen Merkmalsgruppen 1.8'.a'. bis 1.8'.e'. sowie durch die Formulierung "Sättigungsund Raumladungseffekte" anstelle von "Sättigung und Raumladung" in der Merkmalsgruppe 1.9'.
V.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 stimmt merkmalsmäßig mit dem Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 2 überein.
VI.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dahingehend abgeändert, daß bei ihm in der Merkmalsgruppe 1.8'. an die Stelle des Merkmals "für jeden Scan automatisch" die Formulierung "kurz vor jedem Scan automatisch" getreten ist.
VII.
Bei den Patentansprüchen 1 bzw. 2 gemäß Hilfsantrag 5 ist gegenüber den Patentansprüchen 1 bzw. 2 gemäß Hilfsantrag 2 das Merkmal "für jeden Scan automatisch" gegen die Formulierung "kurz vor jedem Scan automatisch" in der Merkmalsgruppe 1.8'. ausgetauscht worden.
VIII.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 dadurch, daß bei ihm in der Merkmalsgruppe 1.8'. die Formulierung "kurz vor jedem Scan automatisch" an die Stelle des Merkmals "für jeden Scan automatisch" getreten ist.
IX.
Die Gegenstände sämtlicher Patentansprüche gemäß Hauptantrag sind nicht patentfähig.
1. Es kann unerörtert bleiben, ob der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch den nachgewiesenen Stand der Technik neuheitsschädlich getroffen ist, denn seine Lehre beruht gegenüber dem Offenbarungsgehalt der europäischen Offenlegungsschrift 0 113 207 (Anlage NK3a) und der Druckschrift G8 (Anlage Nr 10) jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns.
Aus der europäischen Offenlegungsschrift 0 113 207 ist unbestritten ein gattungsgemäßes Verfahren mit den Merkmalsgruppen 1.1. bis 1.7. des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag bekannt. Der von der Klägerin vertretenen Auffassung, diese Druckschrift offenbare außerdem auch die Merkmalsgruppen 1.8. und 1.9. des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, kann nicht beigetreten werden. Denn soweit hier eine Elektronenlinse (gate electrode and lens 19) mit dazugehöriger Steuereinrichtung (filament lens controller 21) vorgesehen ist, mit deren Hilfe der Elektronenstrahl wie gewünscht einund ausschaltbar ist (Fig. 1 iVm Seite 9, letzter Absatz bis Seite 10, Absatz 1), besagt dies lediglich, daß der Elektronenstrahl während der Abfolge der einzelnen Verfahrensschritte jeweils zur richtigen Zeit einund ausschaltbar ist (vgl. auch die Fig. 3 nebst der dazugehörigen Beschreibung auf Seite 14, Absatz 2 bis Seite 15, Absatz 1). Jedenfalls findet sich in dieser Druckschrift kein Hinweis darauf, daß durch das wunschgemäße Einund Ausschalten des Elektronenstrahls die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen gesteuert werden könnte, wie dies der Lehre der Merkmalsgruppen 1.8. und 1.9. des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag in der Ausprägung gemäß den Unteransprüchen 2, 3 und 5 entspricht.
Aus der sich mit Raumladungseffekten bei Quadrupol-Ionenfallen befassenden Druckschrift G8 ist es andererseits jedoch bekannt, daß Raumladungen Verformungen des Stabilitätsdiagramms verursachen können, die bei normalerweise stabil in der Ionenfalle eingefangenen Ionenarten zur Instabilität führen, wobei das Ausmaß dieser Verformungen von der Ionendichte abhängt, die ihrerseits vom Probendruck und von der Dauer des Ionisierungspulses abhängig ist (Seite 140, vorletzte Zeile bis Seite 141, Zeile 4 sowie Seite 152, Zeile 5 bis Seite 153, Absatz 1). Der Hinweis, daß Raumladungseffekte durch die Ionendichte in der Ionenfalle bedingt sind und daß für diese -bei gegebenem Probendruck -die Einschaltdauer des Ionisierungsstrahls maßgeblich ist, impliziert für den Fachmann aber bereits die Problemlösung, wonach Raumladungseffekte durch Steuerung der Einschaltdauer des Ionisierungsstrahls minimierbar sind.
Bei sinngemäßer Anwendung dieser durch die Druckschrift G8 nahegelegten Problemlösung bei dem bekannten gattungsgemäßen Verfahren zur Massenanalyse einer Probe nach der europäischen Offenlegungsschrift 0 113 207 gelangt der Fachmann ohne erfinderisches Zutun bereits zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag in der Ausprägung gemäß den Unteransprüchen 2 und 3.
2. Die Gegenstände der auf den Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 gemäß Hauptantrag sind ebenfalls nicht patentfähig.
a) Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ergibt, sind die Ausführungsformen gemäß den Unteransprüchen 2 und 3 dem Fachmann auch bereits durch die europäische Offenlegungsschrift 0 113 207 und die Druckschrift G8 nahegelegt.
b) Der Unteranspruch 4 betrifft lediglich eine für den Fachmann auf der Hand liegende Alternative zum nichterfinderischen Gegenstand des Unteranspruchs 3. Denn es gehört zum Grundwissen des Fachmanns, daß die Anzahl der in der Ionenfalle erzeugten Ionen nicht nur durch die Dauer des ionisierenden Strahls (Anspruch 3), sondern ebenso durch dessen Intensität (Anspruch 4) steuerbar ist (vgl. hierzu auch die Druckschrift G7, Anlage NK9, Seite 11, Absätze 2 bis 4 iVm Seite 10, Absatz 1 und Seite 12, drittletzter Absatz).
c) Die Ausbildung des ionisierenden Strahls als Elektronenstrahl gemäß dem Unteranspruch 5 ist auch bereits aus der gattungsbildenden europäischen Offenlegungsschrift 0 113 207 bekannt ("ionizing electron beam for ionizing the sample molecules", Seite 9, Zeilen 27 bis 31 zur Fig. 1).
d) Der Unteranspruch 6 enthält ebenfalls nichts Patentbegründendes. Die durch die europäische Offenlegungsschrift 0 113 207 und die Druckschrift G8 -wie dargelegt -nahegelegte (manuelle) Steuerung der Ionendichte setzt nämlich zwingend eine Messung der Ionendichte durch Ionisierung der Probe und Messung der gesamten gebildeten Ionen voraus. Daß dabei eine kurze Ionisierung vorzusehen ist, ist dem Fachmann durch die Druckschrift G8 (Seite 140, vorletzte Zeile bis Seite 141, Zeile 4) nahegelegt, aus der sich implizit ergibt, daß die Messung verfälschende Sättigungseffekte durch Ionisierungspulse kurzer Dauer vermeidbar sind. Da durch die Messung der Ionendichte aber ein Teil der Probenteilchen verbraucht wird, d.h. die Probe nach der Messung der Ionendichte insoweit nicht mehr der ursprünglichen Probe entspricht, muß die Ionenfalle nach der Messung der Ionendichte geleert werden und es muß für den Scan eine neue Probe in die Ionenfalle eingeführt werden. Nach alledem kann die Steuerung der Anzahl der Probeionen für den Scan dann aber nur auf der Basis der gemessenen Ionendichte -d.h. der gesamten gemessenen Ionenanzahl -erfolgen (beispielsweise mittels einer Eichkurve, mit der jeder gemessenen Ionendichte eine geeignete Elektronenstrahldauer zugeordnet wird).
e) Die Unteransprüche 7 bzw. 8 wiederholen nur die nichterfinderische Lehre des Unteranspruchs 6 weniger vollständig und teilweise mit anderen Worten.
X.
Die auf eine automatische Steuerung der Anzahl der Probeionen in der Ionenfalle beschränkten Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 5 sind mit Ausnahme des Patentanspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 5 unzulässig erweitert. Sie können daher keine Grundlage für eine materielle Überprüfung der Patentfähigkeit bilden.
Die automatische Steuerung der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen ist -wie vorstehend dargelegt -in der Streitpatentschrift (Seite 6, vorletzter Absatz) nämlich nur im Rahmen der Merkmalskombination offenbart, daß die Probe kurz vor jedem Scan für eine kurze Zeitdauer ionisiert wird, daß der Gesamtgehalt der gebildeten Ionen gemessen wird und daß auf der Basis des gemessenen Gesamtgehalts der Ionen die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen für den Scan -beispielsweise durch Vorgabe einer entsprechenden Ionisierungszeit -gesteuert wird.
1.
Die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bzw. 4 sind insofern unzulässig erweitert, als bei ihnen die Merkmale der Merkmalskombination weggelassen worden sind, wonach die Probe jeweils für eine kurze Zeitdauer ionisiert, der Gesamtgehalt der gebildeten Ionen gemessen und auf der Basis des gemessenen Gesamtgehalts der Ionen die Anzahl der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen für den Scan gesteuert wird. Beim Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 fehlt zudem das Merkmal, wonach die automatische Steuerung der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen kurz vor jedem Scan erfolgt.
2.
Die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 bzw. 5 sind dadurch unzulässig erweitert, daß bei ihnen das Merkmal der Merkmalskombination weggelassen worden ist, wonach die Probe vor jedem Scan jeweils nur für eine kurze Zeit ionisiert wird. Beim Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 fehlt zusätzlich das Merkmal, wonach die automatische Steuerung der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen kurz vor jedem Scan erfolgt.
3.
Beim Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 fehlt ebenfalls das Merkmal der Merkmalskombination, wonach die automatische Steuerung der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen kurz vor jedem Scan erfolgt.
4.
Die Unteransprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 sind insofern unzulässig erweitert, als sie direkt oder indirekt auf die -wie dargelegt -unzulässig erweiterten Hauptansprüche zurückbezogen sind.
5.
Der nebengeordnete Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 2 ist unzulässig erweitert, weil bei ihm das Merkmal der Merkmalskombination fehlt, wonach die automatische Steuerung der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen kurz vor jedem Scan erfolgt.
6.
Der nebengeordnete Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 5 stimmt inhaltlich mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 überein. Da zum Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 5 keine Unteransprüche vorliegen, auf den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 aber Unteransprüche 2 bis 7 direkt oder indirekt zurückbezogen sind, wird der Hilfsantrag 6 insoweit als im Sinne der Beklagten vorrangig behandelt.
XI.
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 6 sind zulässig und deren Gegenstände erweisen sich auch als patentfähig.
1.a) Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 ist zulässig, denn die zunächst weiter gefaßte Lehre ist auf eine engere Lehre eingeschränkt und alle Anspruchsmerkmale sind aus der Streitpatentschrift als zur Erfindung gehörend offenbart herzuleiten (vgl. BGH GRUR 1990, 510, 511/512 Abschn III.3c -"Crackkatalysator I"; BGH GRUR 1991, 307, 308 -"Bodenwalze"). Er vereinigt in sich die Merkmale der erteilten Patentansprüche 1 und 6 und umfaßt außerdem sämtliche Merkmale der in der Beschreibung (Seite 6, vorletzter Absatz) im Zusammenhang mit der automatischen Steuerung offenbarten Merkmalskombination, wonach die Probe kurz vor jedem Scan jeweils für eine kurze Zeitdauer zu ionisieren, der Gesamtgehalt der gebildeten Ionen zu messen und auf der Basis des gemessenen Gesamtgehalts der Ionen die Anzahl der Probeionen für den Scan -beispielsweise durch entsprechende Auswahl der Ionisierungszeit -zu steuern ist. Daß für die kurzzeitige Ionisierung der Probe vor jedem Scan dabei eine kurze feste Zeitdauer vorzusehen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 6 in der -vorrangigen -englischsprachigen Fassung ("short fixed period of time").
Sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 sind auch in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart.
b) Die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 wird getragen von der speziellen automatischen Steuerung der in der Ionenfallen-Population enthaltenen Probeionen dahingehend, daß die Probe kurz vor jedem Scan jeweils für eine kurze Zeitdauer ionisiert, der Gesamtgehalt der gebildeten Ionen gemessen und auf der Basis des gemessenen Gesamtgehalts der Ionen die Anzahl der Probeionen für den Scan gesteuert wird. Diese Art der automatischen Steuerung ist dem Fachmann insofern nicht nahegelegt, als sich von dem gesamten seitens der Klägerin entgegengehaltenen Stand der Technik lediglich die mit den Affidavits G2 (Anlage NK 4) bzw. G10 (Anlage NK 12) geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen näher mit der Steuerung der Ionendichte in der Ionenfalle befassen, wobei diese jedoch lediglich manuelle Steuerungen vorsehen, die den Fachmann zudem in eine andere Richtung führen, weil sie zur Steuerung der Ionendichte in der Ionenfalle die Beobachtung raumladungsbedingter Frequenzverschiebungen sowie deren Minimierung durch Verringerung der Einschaltzeit und/oder des Stromes der Elektronenstrahlquelle (electron gun) vorschlagen (Affidavit G2, Seite 1, Abschnitt 3., letzter Satz bzw. Affidavit G 10, Seite 3, Abschnitt 7.).
Als Anzeichen für die erfinderische Qualität des automatischen Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 spricht zudem das diesbezügliche Lob der Fachwelt (vgl. das einschlägige Fachbuch gemäß Anlage BK 4, Abschnitt C. "Automatic Gain Control", insbesondere Seite 11, Absatz 2, letzter Satz).
Bei der dargelegten Sachlage konnte auf eine Beweisaufnahme über die von der Klägerin mit den Affidavits G2 bzw. G10 geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen verzichtet werden, da diese -wie dargelegt -die Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 auch dann nicht in Frage stellen können, wenn davon ausgegangen wird, daß sie in der geschilderten Form stattgefunden haben und für beliebige Dritte zugänglich waren, zumal die Klägerin auch mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Beweisantrag jedenfalls nicht geltend gemacht hat, daß die Steuerung der Ionendichte durch Herrn Dr. Ensberg automatisch kurz vor jedem Scan erfolgt sei, wie dies wesentlicher Bestandteil der Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 ist.
2. Die auf den Patentanspruch 1 direkt oder indirekt zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag 6 sind zulässig, denn sie entsprechen inhaltlich -in dieser Reihenfolge -den erteilten Unteransprüchen 2 bis 5 bzw. 7 und 8. Die Patentfähigkeit ihrer Gegenstände wird von derjenigen des Gegenstands des Hauptanspruchs mitgetragen.
XII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG iVm § 92 Abs. 1 ZPO. Das Obsiegen und Unterliegen beider Parteien ist in etwa gleich zu bewerten. Von einem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten hat der Senat im Hinblick auf die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht (§ 99 Abs 1 PatG) -es geht lediglich um die hälftigen Gerichtskosten, mithin im wesentlichen nur um die hälftige Klagegebühr -abgesehen.
Gutermuth Dr. Meinel Dr. Gottschalk Püschel Lokys Na
BPatG:
Urteil v. 27.07.2000
Az: 2 Ni 25/99
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