Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 11. April 2008
Aktenzeichen: 1 ZU 115/07
(AGH des Landes Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 11.04.2008, Az.: 1 ZU 115/07)
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers vom
27. Dezember 2007 gegen die Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin vom 23. November 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.
Der Gegenstandswert wird auf € 50.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Der jetzt 49-jährige Antragsteller ist seit dem 31. Oktober 1988 als Rechtsanwalt im Bezirk der Antragsgegnerin zugelassen.
Nachdem die Antragsgegnerin im Sommer des Jahres 2007 Kenntnis von mehreren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller erhielt, forderte sie ihn mit Schreiben vom 06. August 2007 unter Fristsetzung von vier Wochen zur Stellungnahme auf, worauf der Antragsteller nicht reagierte.
Auch eine weitere Aufforderung zur Stellungnahme vom 11. Oktober 2007, der eine elf Positionen umfassende Forderungsaufstellung beigelegt war, veranlasste den Antragsteller nicht zu einer Stellungnahme.
Daraufhin widerrief die Antragsgegnerin unter dem 23. November 2007 die Zulassung des Antragstellers.
Diese Widerrufsverfügung ist dem Antragsteller unter dem 27. November 2007 zugestellt worden.
Die Widerrufsverfügung ist gestützt auf eine auf dreizehn Positionen angewachsene Forderungsaufstellung.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 27. Dezember 2007, am gleichen Tage vorab beim Anwaltsgerichtshof per Telefax eingegangen.
Trotz des üblichen Hinweises des Senatsvorsitzenden vom 21. Januar 2008 unter Fristsetzung zum 22. Februar 2008 hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. April 2008 lediglich Ausführungen zu einzelnen Forderungen gemacht, die teils ausgeglichen worden sein sollen, teils in Zukunft getilgt werden sollen.
Ausführungen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Antragsteller nicht gemacht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Antragsteller nicht erschienen.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft zurecht widerrufen.
Dabei konnte der Senat in der Sache auch in Abwesenheit des Antragstellers entscheiden, da hierfür lediglich eine im vorliegenden Fall gegebene ordnungsgemäße Ladung ausreichend ist (s. Feuerich-Weyland, BRAO-Kommentar, 7. Auflage, § 40 Rdn. 4).
Die Antragsgegnerin hat zurecht in der angefochtenen Widerrufsverfügung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO angenommen; diese Voraussetzungen sind auch im nachhinein nicht entfallen.
Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung des Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn entweder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet worden ist oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist.
Im übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse gerät, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen geregelt nachzukommen.
Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn.
Zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom 23. November 2007 war weder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet worden noch war er in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen.
Damit lagen die tatsächlichen Voraussetzungen für die Vermutung des Vermögensverfalls gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides nicht vor. Hierauf ist die Widerrufsverfügung auch nicht gestützt.
Allerdings waren zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Reihe von Forderungen gegen den Antragsteller offen und tituliert und es gab eine ganze Reihe von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (insgesamt zwölf Vollstreckungsmaßnahmen). Dabei musste teilweise sogar wegen Kleinstforderungen von € 45,00 (lfd. Nr. 7 der Forderungsaufstellung) die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Dies führt dazu, dass positiv festzustellen ist, dass die Voraussetzungen des Vermögensverfalls zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung vorlagen.
III.
Der somit für die Zeit des Erlasses der Widerrufsverfügung positiv feststellbare Vermögensverfall ist auch in der Folgezeit nicht zweifelsfrei entfallen.
Zwar hat der Antragsteller bis zur mündlichen Verhandlung mehrere Forderungen beglichen und deren Ausgleich auch belegt, allerdings sind selbst nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers teils noch Forderungen offen (so etwa Ziffer 10 der Forderungsaufstellung), teilweise werden Belege für den Ausgleich von Forderungen nicht vorgelegt (Forderung des Versorgungswerkes sowie die seitens der Antragsgegnerin festgesetzten zwei Zwangsgelder).
Daher ist davon auszugehen, dass die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers nach wie vor ungeordnet und schlecht sind.
Im übrigen fehlt es trotz des üblichen Hinweises des Senatsvorsitzenden vom
21. Januar 2008, dass konkret zu den Einkommen- und Vermögensverhältnissen vorzutragen ist, an jeglicher Darstellung des Antragstellers zu seinen Verbind-
lichkeiten, seinem Einkommen und seinen Vermögensverhältnissen.
Dies geht zu seinen Lasten.
IV.
Der Vermögensverfall des Antragstellers führt auch zu einer Gefährdung der Interessen Rechtsuchender.
Ein Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden, abweichend von den üblichen Fällen des Vermögensverfalls, nicht gefährdet wären, ist vom Antragsteller nicht behauptet und auch aus den Umständen nicht erkennbar.
Demgemäß ist die Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin zurecht ergangen.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 201 BRAO, die Entscheidung über den Ersatz der notwendigen Auslagen beruht auf § 13 a FGG.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates zu den §§ 202 II BRAO, 30 II KostO in Zulassungssachen.
AGH des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 11.04.2008
Az: 1 ZU 115/07
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