Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Januar 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 57/99

(BPatG: Beschluss v. 13.01.2000, Az.: 25 W (pat) 57/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das am 22. Januar 1996 als farbige Eintragung (rote Punkte/schwarze Schrift) angemeldete Wort/Bildzeichensiehe Abb. 1 am Endeist am 14. November 1996 ua für "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster" in das Markenregister eingetragen worden. Die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte am 20. Februar 1997.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren, am 17. Mai 1996 für die Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Diagnostika für medizinische Zwecke" eingetragenen Marke 395 48 459 B R A N E, deren Benutzung nicht bestritten ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem Beschluß die Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zwar seien unter Berücksichtigung der für einen Teil der Waren möglichen Warenidentität, der anzunehmenden normalen Kennzeichnungskraft der als Phantasiewort anzusehenden Widerspruchsmarke und der Einbeziehung allgemeiner Verkehrskreise strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen. Der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke als Einwortmarke unterscheide sich jedoch von der angegriffenen Wort-Bild-Marke auch dann hinreichend deutlich, wenn diese nur mit ihrem Wortbestandteil "BRAIN" wiedergegeben und davon ausgegangen werde, daß der weitere Firmenbestandteil "B... GmbH" in den Hintergrund trete. Denn klanglich stünden sich mit "Brain" und "Brane" Wörter mit deutlich abweichender Silbenzahl und unterschiedlichem Sprech- und Betonungsrhythmus gegenüber. Inwieweit eine englische Aussprache von "BRAIN" (engl. "brain" für "Gehirn" bzw "Verstand") in Betracht komme, könne wegen der identischen deutschen Aussprache dahinstehen, während eine englische Aussprache der Widerspruchsmarke im Sinne von "Brän" (engl. "bran" für "Kleie") mangels bestehender Anhaltspunkte nicht naheliege, auch wenn im Englischen das Endungs-E gewöhnlich nicht gesprochen werde. Dem Verkehr würden sich nämlich - jedenfalls in entscheidungserheblichem Umfang - diese begrifflichen Anklänge nicht dartun, so daß er auch keinen Anlaß zu einer derartigen Aussprache besitze.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem (sinngemäßen) Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Zutreffend sei der angegriffene Beschluß von möglicher Warenidentität ausgegangen, so daß an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Markenabstand sehr strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Vergleichsmarken wiesen den übereinstimmenden Wortanfanges "BRA" sowie den gemeinsamen Konsonanten "N" auf und seien bei englischen Aussprache "brein" in klanglicher Hinsicht identisch, so daß eine Verwechslungsgefahr bestehe.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt habe mit zutreffender Begründung festgestellt, daß die Vergleichsmarken in ihrem Gesamteindruck deutlich verschieden seien. In klanglicher Hinsicht unterschieden sich die Markenwörter bereits hinreichend durch ihre Unterschiede in der Silbenanzahl und somit auch im Sprech- und Betonungsrhythmus. Die von der Widersprechenden unterstellte englische Aussprache der Widerspruchsmarke gebe es nicht, da es sich um ein Phantasiewort handele und ein Wortstamm "brane" in der englischen Sprache nicht existiere.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG).

In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Der Widerspruch ist deshalb von der Markenstelle gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden.

Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels anderer Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Nach der maßgebenden Registerlage können sich die Marken jedenfalls für die der Klasse 5 zugeordneten Waren wie "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse" auch auf identischen Waren begegnen, wobei mangels Festschreibung einer Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen auch die allgemeinen Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Wenn danach auch jedenfalls insoweit strenge Anforderungen an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Markenabstand zu stellen sind, besteht auch unter Berücksichtigung dieser Umstände nach Auffassung des Senats keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Es kann deshalb hinsichtlich der weiteren im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Waren (Klassen 09, 41 und 42) dahingestellt bleiben, ob der Widerspruch nicht insoweit bereits mangels einer bestehenden Warenähnlichkeit zurückzuweisen war.

Eine Verwechslungsgefahr kommt vorliegend nur ernsthaft in Betracht, wenn dem Bestandteil "B R A I N" der angegriffenen Marke eine den Gesamteindruck prägende und zudem selbständig kollisionsbegründende Bedeutung als klanglich der Widerspruchsmarke ähnliches Wort "Brain" zugemessen wird. Hiergegen spricht allerdings bereits die besondere graphische Gestaltung der angegriffenen Marke, deren graphischen Elemente jedenfalls in der speziellen Kombination mit dem Bestandteil "B R A I N" nicht als bedeutungslose Zutat vernachlässigt werden können (vgl BGH GRUR 1999, 498, 499 - Achterdiek). Weiterhin kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Verkehr in "B R A I N" ein als lautliche Einheit zu artikulierendes Wort und nicht eine Kombination von einzelnen Buchstaben ohne Wortcharakter sehen wird, da dieser Bestandteil durch große, farbige Punkte in Einzelbuchstaben aufgelöst ist, welche trotz der für eine Abkürzung eher untypischen Anordnung unschwer als Abkürzung der vollständigen Firmenbezeichnung der Widersprechenden erkennbar sind.

Im übrigen würde ein Verständnis von "BRAIN" als englisches Wort für "Gehirn" jedenfalls insoweit der Annahme einer selbständig kollisionsbegründenden Bedeutung innerhalb der Gesamtmarke entgegenstehen, als darin bezüglich der beanspruchten Waren eine Angabe zur Indikation oder Wirkungsweise zu sehen wäre. Dies gilt auch, soweit die Marke nur mit dem fraglichen Wortbestandteil benannt werden sollte. Denn eine solche, auf Bestandteile mit beschreibendem Gehalt verkürzte Markenbenennung führt nicht zwingend dazu, daß diese auch im Rechtssinne prägend und isoliert kollisionsbegründend sind (vgl Althammer/ Ströbele, MarkenG, 5. Aufl., § 9 Rdn 143).

Dies braucht vorliegend jedoch nicht vertieft zu werden, da eine Verwechslungsgefahr auch dann nicht besteht, wenn man zugunsten der Widersprechenden den Wortcharakter des Bestandteils und eine isolierte kollisionsbegründende Bedeutung unterstellt. Denn auch das Wort "Brain" unterscheidet sich in seinem Gesamtklangbild deutlich von der in der Silbenanzahl, im Sprechrhythmus und im Vokalbestand abweichenden Widerspruchsmarke "Brane". Hierbei ist eine an das englische Wort "bran" angelehnte Aussprache der Widerspruchsmarke - welche im übrigen weder der Artikulation von "brain" im Englischen noch im Deutschen entspricht - nicht in die Betrachtung der klanglichen Ähnlichkeit der Markenwörter einzubeziehen. Denn die Widerspruchsmarke entspricht weder dem englischen Wort "bran" noch hat der Verkehr - ungeachtet der im übrigen erforderlichen Sprachkenntnisse - aus sonstigen Gründen Veranlassung zu einer derartigen Sichtweise und Artikulation, da es sich bei "brane" nicht um ein der englischen Sprache zugehöriges Wort bzw einen Wortstamm oder -bestandteil handelt. Hinzu kommt, daß selbst im Hinblick auf die englische Bezeichnung "bran" für "Kleie" nicht einmal ein Bezug zu den Waren der Widerspruchsmarke besteht, der ein derartiges Verständnis nahelegt und der Verkehr deshalb um so eher Veranlassung hat, in der Widerspruchsmarke eine Phantasiebezeichnung zu sehen. Ohnehin sind englischsprachige Bezeichnungen - erst recht fremdsprachige Phantasiebezeichnungen - zur Kennzeichnung von pharmazeutischen Erzeugnissen im Inland recht ungebräuchlich (vgl auch PAVIS PROMA, Knoll, 25 W (pat) 216/98 - benicool = Beniktol; PAVIS PROMA, Kliems, 25 W (pat) 112/97 - acis ­ ISIS).

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Knoll Engels Pü/Fa Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/25W(pat)57-99.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 13.01.2000
Az: 25 W (pat) 57/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/92fe056a0f24/BPatG_Beschluss_vom_13-Januar-2000_Az_25-W-pat-57-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share