Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 313/03
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2004, Az.: 30 W (pat) 313/03)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 3. September 2003 aufgehoben, soweit darin die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Gründe
I.
Die Wortmarke ENDOSKOPIA soll nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses über die bereits von der Markenstelle bewilligten Waren und Dienstleistungen hinaus noch für folgende weiteren Waren und Dienstleistungen
"medizinische Gymnastikgeräte, Geräte für Kraft- und Belastungstests, Geräte zur Muskulaturkräftigung, Reflexhämmer, Wirbelsäulenmodelle, Blutdruckmessgeräte; Dienstleistungen eines Arztes oder Tierarztes, nämlich Befragen des Patienten, manuelles Abtasten des Körpers, Osteoporoseuntersuchungen; Chirotherapie, manuelle Therapie, medizinische Kräftigungstherapie; Schönheitspflege für Menschen und Tiere"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung - auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses - teilweise zurückgewiesen mit der Begründung, es handele sich im Bezug auf die ursprünglich beanspruchten Waren- und Dienstleistungen um eine unmittelbar beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Angabe. Die angemeldete Wortmarke sei nahezu identisch mit dem im Deutschen verwendeten Fachbegriff "Endoskopie", einem allgemein bekannten medizinischen Begriff für ein spezielles diagnostisches Verfahren. Zudem entspreche sie vollständig der polnischen, tschechischen und slowakischen Bezeichnung für Endoskopie. Insoweit bestehe im Zuge der EU-Osterweiterung zumindest ein künftiges Freihaltebedürfnis.
Der Anmelder legt Beschwerde ein und beschränkt das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis und führt zur Begründung aus, die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen hätten erkennbar mit Endoskopie nichts zu tun.
In der mündlichen Verhandlung schränkt der Anmelder das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis weiter auf den oben genannten Umfang ein.
Der Anmelder beantragt - auf der Grundlage des neuen, eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses -, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Demnach dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche zur Beschreibung der jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Demzufolge ist eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann, vom Markenschutz ausgenommen. Dabei unterfallen dem Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr. 2 MarkenG lediglich unmittelbar beschreibende Zeichen und Angaben, wogegen regelmäßig kein Freihaltebedürfnis entgegensteht, wenn eine beschreibende Aussage nur angedeutet wird und erst aufgrund gedanklicher Schlussfolgerung erkennbar ist. (vgl. Ströbele /Hacker, MarkenG 7.A., § 8 Rdn 293).
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern "endos" für "innen, drinnen" sowie "skopia" für "das Spähen, Ausschauen". Endoskopia hat auch Eingang in die neugriechische Sprache gefunden und wird hier neben dem vom Englischen übernommenen endoskopy verwendet (vgl Barbinotis, neugriechisches Lexikon, 2002).
Dabei existiert der Fachbegriff "Endoskopie", der sich hieraus ableitet im Deutschen in der Bedeutung "diagnostische und/oder therapeutische Betrachtung von Körperhöhlen und Hohlorganen" (Roche Lexikon Medizin 4. Aufl) wobei Endoskopie auch intraoperativ oder kombiniert mit Röntgendiagnostik angewandt wird (Roche Lexikon aaO).
Dem Fachverkehr ist die griechische Wortbildung als medizinischer Fachausdruck vertraut, für den allgemeinen Verkehr ist der medizinische Begriff Endoskopie allgemein bekannt und daher in der angemeldeten Marke leicht erkennbar. Die Veränderung im letzten Buchstaben ist so gering, dass der Verkehr diesen Unterschied sehr häufig nicht bemerken wird und den angemeldeten Begriff "ENDOSKOPIA" mit dem ihm bekannten Fachbegriff Endoskopie gleichsetzen wird. Diese Abwandlung ist daher nicht geeignet, von einer beschreibenden Angabe wegzuführen (vgl BGH GRUR 2003, 882 - Lichtenstein).
Die Bezeichnung ist jedoch in Bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht geeignet, eine unmittelbar zur Beschreibung geeignete Sachaussage zu geben, so dass insoweit ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht angenommen werden kann.
Nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses werden keine Waren und Dienstleistungen mehr beansprucht, für die "ENDOSKOPIA" einen im Vordergrund stehenden Bedeutungsgehalt im Sinne von Endoskopieverfahren als Diagnose- oder Therapiemöglichkeit haben kann.
Zwar gehen einem Eingriff mittels Endoskopie umfangreiche klinische Untersuchungen voraus und es folgen dem Eingriff spezielle Therapiemaßnahmen nach, diese Maßnahmen sind jedoch nicht mehr unmittelbar in Zusammenhang mit dem eigentlichen Endoskopieverfahren zu sehen, das sich von seiner Bedeutung auf die Beobachtung von Körperhöhlen und Hohlorganen beschränkt, so dass die angemeldete Marke insoweit keine Sachangabe mehr darstellen kann.
So können die Waren "Reflexhämmer, Wirbelsäulenmodelle, Blutdruckmessgeräte" und die Dienstleistungen "Befragen des Patienten, manuelles Abtasten des Körpers , Osteoporoseuntersuchungen" im speziellen Fall als Mittel und Maßnahmen im Rahmen der Voruntersuchung und des Aufklärungsgespräches vor einem operativen Eingriff mittels Endoskopie Einsatz finden. Zum anderen werden sie neben den weiteren beanspruchten Waren "medizinische Gymnastikgeräte, Geräte für Kraft- und Belastungstests, Geräte zur Muskulaturkräftigung" sowie den übrigen beanspruchten Dienstleistungen "Chirotherapie, manuelle Therapie, medizinische Kräftigungstherapie, Schönheitspflege" eingesetzt als Therapiemittel und Maßnahmen im Rahmen einer Kräftigungstherapie nach einem solchen Eingriff. Grundsätzlich aber werden sie als Therapiemittel und Maßnahmen im Rahmen einer konservativen Behandlung dann eingesetzt, wenn gerade ein operativer Eingriff - auch mittels Endoskopie - vermieden werden soll (vgl. www.dralfen.de).
Da die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen somit nicht für den endoskopischen Eingriff selbst Verwendung finden, kann ein unmittelbarer und konkreter beschreibender Bezug nicht mehr festgestellt werden.
Allenfalls bei Osteoporoseuntersuchungen ist ein direkter Zusammenhang insoweit denkbar, als zur Untersuchung gelegentlich auch eine Entnahme von Knochenproben erforderlich sein kann, wenn sich über Osteodensitometrie, CT und Röntgenaufnahme keine zuverlässigen Befunde ergeben. Für eine dann angezeigte Entnahme von Knochenproben wird - wie bei allen Probeentnahmen - der operative Eingriff so schonend wie möglich erfolgen. Soweit man generell mit Endoskopie minimalinvasive Eingriffe bezeichnet, mag deshalb für solche Untersuchungen Endoskopie eine gewisse Rolle spielen. Jedoch steht diese Methode in diesem Zusammenhang wohl nicht so deutlich im Vordergrund, dass sie sich als schlagwortartiger Hinweis für eine Osteoporosebehandlung selbst eignet. Die Dienstleistung Osteoporoseuntersuchungen wenden sich an den Laien. Dieser wird das Zeichenwort im Zusammenhang mit einer Osteoporoseuntersuchung allenfalls schlussfolgernd dahin interpretieren können, dass ihm im Rahmen der Untersuchung uU auch endoskopisch Knochenmaterial entnommen werden könnte. Auf solche nicht im Vordergrund stehenden Bedeutungen bezieht sich aber das Freihalteinteresse der Mitbewerber des Anmelders nicht.
Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die genannten beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt mehr zugeordnet werden kann und sich auch nicht feststellen lässt, dass das angemeldete Zeichen stets nur in seinem Wortsinn und nicht auch als Marke verstanden wird, fehlt "ENDOSKOPIA" insoweit auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
Es besteht auch kein Grund, der angemeldeten Marke für die og Waren und Dienstleistungen die Eintragung im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG wegen Täuschungsgefahr zu versagen. Die angegriffene Marke kann für die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen zumindest theoretisch auch rechtmäßig benutzt werden und muß nicht in jedem denkbaren Fall sich als eine unrichtige Angabe erweisen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG 7. Aufl, § 8 Rdn 554).
Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Wf
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2004
Az: 30 W (pat) 313/03
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