Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Juli 2012
Aktenzeichen: 25 WF 118/12
(OLG Köln: Beschluss v. 09.07.2012, Az.: 25 WF 118/12)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 11. April 2012 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leverkusen vom 27. März 2012 (38 F 105/11) abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Leverkusen vom 4. Oktober 2011 in Verbindung mit dem am 3. November 2011 erlassenen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (25 WF 265/11) sind von dem Antragsteller 692,34 € - sechshundertzweiundneunzig Euro und vierunddreißig Cent - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 25. November 2011 an die Antragsgegnerin zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragsgegnerin zur Last.
Gründe
I.
Im zugrunde liegenden Verfahren hat der Antragsteller die Antragsgegnerin auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung in Anspruch genommen. Nachdem die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hat das Amtsgericht - Familiengericht - mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 dem Antragsteller die Kosten auferlegt. Diese Entscheidung war Gegenstand des bei dem Senat anhängig gewesenen Beschwerdeverfahrens 25 WF 265/11, in welchem der Senat mit am 3. November 2011 erlassenen Beschluss die amtsgerichtliche Entscheidung bestätigt hat.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 22. November 2011 hat die Antragsgegnerin Kosten in Höhe von 1.068,34 € zum Ausgleich angemeldet; hierin enthalten ist eine 1,6-Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 481,60 €. Mit der angefochtenen Entscheidung hat die Rechtspflegerin die Kosten wie angemeldet festgesetzt.
Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Antragstellers, welchem die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat. Er macht geltend, im Beschwerdeverfahren sei lediglich eine 0,5-Verfahensgebühr entstanden. Zudem sei die Antragsgegnerin nicht als Rechtsanwältin tätig.
Im Beschwerdeverfahren hatten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die gemäß §§ 112 Ziff. 3, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO an sich statthafte, rechtzeitig innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegte, Bedenken auch mit Rücksicht auf den Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO nicht unterliegende und damit insgesamt zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leverkusen vom 27. März 2012 (38 F 105/11) hat in der Sache selbst den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
1. Da das zugrunde liegende Verfahren gemäß § 114 Abs. 1 FamFG dem Anwaltszwang unterliegt, kann die sich selbst vertretende Antragsgegnerin die ihr als Rechtsanwältin zustehenden gesetzlichen Gebühren zum Ausgleich anmelden. Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin als Rechtsanwältin zugelassen ist, hat der Senat nicht, nachdem sie eine Ablichtung ihres Anwaltsausweises vorgelegt hat. Neues hierzu bringt die Beschwerde auch nicht vor.
2. Gemäß Vorbemerkung 3.2.1. Ziff. 2. b) VV RVG, Ziff. 3200 VV RVG verdient der Rechtsanwalt in Verfahren über Beschwerden gegen die Endentscheidungen in Familiensachen (u.a.) eine 1,6-Verfahrensgebühr. (Nur) diesen Rechtszustand referiert die von der Antragsgegnerin zitierte Kommentierung von Baumgärtel/Hergenröder/Houben-Hergenröder, RVG, 15. Auflage Vorbem. 3.2.1. VV Rz. 6 und 8. Indessen handelt es sich bei der hier in Rede stehenden isolierten Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung nicht um eine "Endentscheidung in Familiensachen" in diesem Sinne.
a) Vorbemerkung 3.2.1. Ziff. 2. b) VV RVG betraf in der Ursprungsfassung "Verfahren über Beschwerden oder Rechtsbeschwerden gegen die den Rechtszug beendenden Entscheidungen in Familiensachen". Die Vorschrift entsprach nach dem Willen des Gesetzgebers § 61a Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO, der die Vergütung des Rechtsanwalts im Verfahren über die Beschwerde nach § 621e Abs. 1 ZPO regelte (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 213). Für die Bestimmung des § 621e Abs. 1 ZPO war aber anerkannt, dass mit den dort in Bezug genommenen "Endentscheidungen über Familiensachen" die isolierte Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung gerade nicht gemeint war (BGH NJW-RR 1990, 1218; Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage 2007, § 621e Rz. 11).
Durch Art. 47 Abs. 6 Ziff. 19 lit. k) FGG-RG (BGBl. I 2008 S. 2586 [2719]) hat die Bestimmung ihre heutige Fassung erhalten. Dass hiermit in Bezug auf die hier interessierende Fragestellung eine inhaltliche Änderung beabsichtigt war, lässt sich aus den Gesetzesmaterialien, die sich lediglich mit aus dem Anwaltszwang im Rechtsbeschwerdeverfahren resultierenden Folgeänderungen befassen (BT-Drs. 16/6308 S. 343), nicht ableiten.
b) Für den nach Inkrafttreten des FamFG bestehenden Rechtszustand wird allerdings verbreitet die Auffassung vertreten, dass eine "Endentscheidung" (§ 38 Abs. 1 S. 1 FamFG) begrifflich auch eine isolierte Kostenentscheidung sein könne (OLG Düsseldorf FuR 2010, 524; OLG Oldenburg NJW 2010, 2815; Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 17. Auflage 2011, § 38 Rz. 4; Bahrenfuß-Rüntz, FamFG, § 38 Rz. 2; Schulte-Bunert/Weinrich-Oberheim, FamFG, 3. Auflage 2012, § 38 Rz. 6; Zöller-Feskorn, ZPO, 29. Auflage 2012, § 38 FamFG Rz. 3; offen Prütting/Helms-Abramenko, FamFG, 2. Auflage 2011, § 38 Rz. 3). Diese Auffassung findet sich freilich entweder im Kontext der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels (so die zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Oldenburg) oder wird lediglich ganz allgemein vertreten (so die zitierten Literaturstellen). Für die Frage, welche Gebühren anfallen, kann sie keine Geltung beanspruchen. Das folgt aus dem Umstand, dass der Rechtsanwalt im gewöhnlichen zivilprozessualen Verfahren über Beschwerden gegen Kostenentscheidungen gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nur eine 0,5-Verfahrensgebühr gemäß Ziff. 3500 VV RVG verdient (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Auflage 2012, VV 3500 Rz. 6; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 91a Rz. 59). Es ist kein Sachgrund ersichtlich, der eine gebührenrechtlich andere Behandlung in Familienstreitsachen zu rechtfertigen vermöchte. Insbesondere sind, da gemäß §§ 112, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Familienstreitsachen § 91a ZPO Anwendung findet, die Kriterien, anhand derer das Gericht zu einer Verteilung der Kostenlast gelangt, in beiden Verfahrensarten identisch. Daher erwächst auch im Verfahren nach übereinstimmender Erledigungserklärung in einer Familienstreitsache nur eine 0,5-Verfahrensgebühr gemäß Ziff. 3500 VV RVG (so im Ergebnis auch AnwKomm-RVG-Mock/N. Schneider/Wahlen/Wolf, 6. Auflage 2012, VV Vorb. 3.2.1. Rz. 38; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, a.a.O., Vorb. 3.2.1. VV Rz. 24).
d) Eine 0,5-Verfahrensgebühr aus einem Verfahrenswert von 5.000,-- € beträgt 150,50 €, so dass sich der Gebührenanspruch der Antragsgegnerin insgesamt auf den Betrag von 692,34 € stellt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs.1 S. 2 FamFG, 91 Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert: bis 600,-- €
OLG Köln:
Beschluss v. 09.07.2012
Az: 25 WF 118/12
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