Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 111/04

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2006, Az.: 24 W (pat) 111/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. März 2004 aufgehoben, soweit darin die Löschung der angegriffenen Marke 396 52 095 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 184 083 angeordnet worden ist.

2. Der Widerspruch aus der Marke 1 184 083 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke 396 52 095 USANA ist am 16. Juni 1997 für die Waren

"Nichtmedizinische Hautpflegemittel, nämlich Gesichtscremen, Gesichtsreiniger, Gesichtstonikum, Körperlotionen und Handcrem-Hautexfoliant; Vitamine, Mineralien und Nahrungsmittelzusätze für medizinische Zwecke."

in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen und am 19. Juli 1997 veröffentlicht worden.

Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Waren

"Wasch- und Reinigungsmittel, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Seifen, Zahnputzmittel; Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke, Pflaster und Verbandmaterial; Eßbestecke, Bestecke für Maniküre und Pediküre; Kinderwagen und Kindersportwagen; Papp- und Papierwaren, nämlich Handtücher, Taschentücher, Haushaltstücher, Kosmetiktücher, Toilettenpapier, Einschlagpapier, Schachteln und sonstige Aufbewahrungsbehältnisse; Druckschriften, Zeitschriften, Bücher, Fotografien, Schreibwaren, Spielkarten; Möbel, Spiegel; kleine handbetätigte Haus- und Küchengeräte sowie tragbare Behälter für Haushalt und Küche, Glas-, Porzellan- und Steingutwaren für Haushalt und Küche, Kämme, Schwämme, Bürsten; Bekleidungsstücke, Windeln aus Stoff, Zellstoff, Papier, Windelhöschen, Kinderlätzchen, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportgeräte; Fleisch-, Wurst- und Fischwaren, Fleischextrakte, getrocknetes und gekochtes sowie konserviertes Obst und Gemüse, Fleisch- und Fischkonserven, Milch, Milchprodukte, nämlich Sauermilcherzeugnisse, Joghurterzeugnisse, Kefirerzeugnisse, Buttermilcherzeugnisse, Sahneerzeugnisse, Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, Molkenerzeugnisse (auch als Getränke) für Nahrungszwecke, Sauermilchquarkerzeugnisse, alkoholfreie Milchmischgetränke; Milchhalbfetterzeugnisse, Butter, Käse; Puddings; Speisecremes, im wesentlichen bestehend aus Milch, Sauermilch, Joghurt, Kefir, Buttermilch, Sahne, Molke, Sauermilchquark, Butter und/oder Frischkäse; alle vorgenannten Waren auch unter Zusatz von Früchten und auch von Kräutern, Gewürzen oder Säften und Extrakten aus diesen; Getreidepräparate für Nahrungszwecke, Brot, feine Back- und Konditorwaren, nichtmedizinische Bonbons, Schokolade und Schokoladenwaren, Speiseeis; alkoholfreie Getränke, Fruchtsaftgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe für die Zubereitung von Getränken."

eingetragenen Wortmarke 1 184 083 Humana Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit am 28. Juli 2000 beim DPMA eingegangenem Schriftsatz die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht hat, so eine eidesstattliche Versicherung des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds der A... eG, Herrn B..., vom 23. November 2000, in der Gesamtabsatzzahlen für mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Waren in Deutschland sowie jeweils konkret auf die Waren "Nährstofflösungen in Flaschen ‡ 90 ml" und "Elektrolyte in 4er Einheiten" bezogene Absatzzahlen in den Jahren 1994 bis 1996 genannt sind sowie außerdem Preislisten, Rechnungskopien, Etiketten, Verpackungskartons und Prospekte.

Mit Beschluss vom 2. März 2004 hat die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 184 083 angeordnet, da zwischen den Marken Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Zur Begründung führt die Markenstelle im Wesentlichen aus, dass die Widersprechende auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede eine gemäß §§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für die Waren "Diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" im fraglichen Zeitraum glaubhaft gemacht habe. Zwar könnten die in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 23. November 2000 pauschal für die beiden Warengruppen "Kindernahrungen" und "diätetische Nährmittel" aufgeführten Umsätze in den Jahren 1994 bis 1996 nicht berücksichtigt werden, weil die Widerspruchsmarke nicht für Kindernahrung bzw. Babynahrung eingetragen und eine Aufschlüsselung nach den jeweiligen Waren nicht erfolgt sei. Verwertet werden könnten aber die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung über den, dem Umfang nach ausreichenden Umsatz mit "Nährstofflösungen" und "Elektrolyte", welche unter die eingetragenen Warenbegriffe "Diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" fielen. Die Prospekte und Packungsmuster zeigten, dass die Marke auch in der eingetragenen Form auf den Warenverpackungen benutzt worden sei. Die benutzten Waren der Widerspruchsmarke wiesen zu den Waren "Vitamine, Mineralien und Nahrungsmittelzusätze für medizinische Zwecke" der angegriffenen Marke eine enge, zu den übrigen nichtmedizinischen Hautpflegemitteln ein mittlere Ähnlichkeit auf. Insoweit seien an den von den Marken einzuhaltenden Abstand strenge Anforderungen zu stellen. Trotz der Anlehnung des Markenwortes "Humana" an die beschreibende Angabe "human" werde im Weiteren von einer noch normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Soweit sich die Widersprechende darauf berufe, dass für sie die Marke Nr. 644 175 "Humana", Nr. 924 702 "Humana" und Nr. 968 989 "Humana Babysatt" für einschlägige Säuglings- und Kleinkindernährmittel aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden seien, sei dies ohne Belang. Hieraus ergebe sich nur, dass Eintragungshindernisse überwunden und die Marken im Zeitpunkt ihrer Eintragung Unterscheidungskraft besessen hätten. In ihrem klanglichen Gesamteindruck wiesen die Markenworte "USANA" und "Humana", die sich in der Anzahl der Silben, im Betonungsrhythmus und in der klang tragenden Lautfolge "-uana" deckten, große Übereinstimmung auf. Demgegenüber wirkten die vorhandenen Abweichungen in den Konsonanten (-s-/H-m-) im Gesamtklang nur wenig auffällig, so dass eine ernstliche Verwechslungsgefahr bestehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Nach ihrer Auffassung müsse der Widerspruch schon mangels Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung zurückgewiesen werden. Sie habe unbeschränkt die Einrede der Nichtbenutzung erhoben, weshalb die Widersprechende im Hinblick darauf, dass die fünfjährige Benutzungsschonfrist bereits vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke abgelaufen sei, die Benutzung ihrer Marke für beide Zeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG glaubhaft machen müsse. Hierzu habe sie jedoch nichts vorgetragen und auch die Markenstelle habe sich nur mit dem ersten Fünfjahreszeitraum vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke befasst. Im Übrigen bestehe zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr. Die Widerspruchsmarke verfüge nur über eine verminderte Kennzeichnungskraft, da sie sich einzig durch das angefügte "a" von der beschreibenden Angabe "human" unterscheide, die im Zusammenhang mit Produkten der hier fraglichen Art dahingehend verstanden werde, dass diese für den menschlichen Verzehr bzw. die Anwendung beim Menschen bestimmt und geeignet seien. Umstände, die zu einer nachträglichen Steigerung der Kennzeichnungskraft führen könnten, seien nicht vorgetragen. Unabhängig vom Grad der Warenähnlichkeit hätte daher bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein eher milder Maßstab angelegt werden müssen. Im Hinblick darauf gewährleisteten die vorhandenen unverkennbaren Abweichungen in den regelmäßig stärker beachteten Wortanfängen gegenüber den gemeinsamen nicht markanten Endungen die hinreichende Unterscheidung der Marken. Hinzu komme, dass die Widerspruchsmarke einen ohne weiteres fassbaren verständlichen Sinngehalt beinhalte.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke 396 52 095 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 184 083 angeordnet worden ist, und den Widerspruch aus der Marke 1 184 083 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

Sie hat im Beschwerdeverfahren weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht, und zwar eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der A... GmbH, Herrn C..., vom 2. Dezember 2004, sowie dazu beigefügt eine Aufstellung über Absätze mit Nährstofflösungen und Heilnahrungen in den Jahren 2001 bis August 2004, Kopien von Verbundkartonagen und Faltschachteln, Prospekte, Kopien von Anzeigen in Zeitschriften, Rechnungskopien sowie Artikel und Studien zur Marktentwicklung und Markenbekanntheit von "Humana". Damit werde auch für den zweiten Zeitraum der Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke für die hier relevanten Waren geführt. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei nicht von einer verminderten, sondern von einer infolge großer Verkehrsbekanntheit überdurchschnittlich hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Dies belegten die eingereichten diversen Publikationen und Zeitungsberichte, abgesehen davon, dass die überdurchschnittliche Bekanntheit der Marke "Humana" gerichtsbekannt sei. Bereits im Jahr 1953 sei die Marke Nr. 644 175 "Humana" für Säuglingsnahrung aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden. Im Laufe der Jahrzehnte habe sich das "Humana"-Produktangebot den Anforderungen und Bedürfnissen der Kunden angepasst, wobei Umfang der Benutzung und Werbung stetig zugenommen hätten. Es könne deshalb angenommen werden, dass sich die Bekanntheit der Marke "Humana" zwischenzeitlich auch auf diätetische Nährmittel beziehe. Laut einem Bericht der Nielsen-Marktforschung habe der Marktanteil an Heilnahrungen in den Jahren 2001-2004 zwischen 57 % und 67 % betragen. Ausgehend von überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft und vorhandener Warenidentität kämen sich die Marken in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht zu nahe, um eine ernsthafte Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.

II.

Die am 26. März 2004 eingelegte, nach den bis zum 30. Juni 2006 geltenden Bestimmungen des § 165 Abs. 4 und 5 Nr. 1 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Vergleichsmarken keine markenrechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass der die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 184 083 anordnende Beschluss der Markenstelle keinen Bestand haben konnte und der Widerspruch zurückzuweisen war (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor der Markenstelle zulässig die Benutzung der am 10. März 1992 eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten, nachdem diese im Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 19. Juli 1997 bereits länger als fünf Jahre eingetragen war (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Eine Einschränkung der Nichtbenutzungseinrede auf einen der beiden Fünfjahreszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG ist in dem Einredeschriftsatz der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 28. Juli 2000 nicht enthalten. Im Übrigen hat sie im Beschwerdeverfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke ausdrücklich auch in dem Fünfjahreszeitraum vor der Entscheidung über den Widerspruch bestritten. Die Widersprechende hat daher die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke gemäß § 26 MarkenG für beide in § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG bestimmten Fünfjahreszeiträume glaubhaft zu machen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 14), vorliegend also für die Zeit vom 19. Juli 1992 bis 19. Juli 1997 sowie vom 1. August 2001 bis 1. August 2006. Dies ist der Widersprechenden mit dem im Verfahren vor der Markenstelle und ergänzend im Beschwerdeverfahren eingereichten Benutzungsunterlagen auch gelungen, allerdings nur für die Waren "diätetische Nährstofflösungen für Säuglinge, Kinder und Kranke".

Nur für diese vom registerlichen Markenschutz der Widerspruchsmarke umfassten Waren ist verwertbares Glaubhaftmachungsmaterial zur Bejahung einer nach Art, Form und Umfang rechtserhaltenden Benutzung der Marke in beiden maßgeblichen Zeiträumen eingereicht worden. Für Nährstofflösungen sind in jeder der zwei vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, bzw. in einer der zweiten Versicherung beigefügten Tabelle, konkret bezifferte Absatzmengen jeweils für die Jahre 1994 bis 1996 und 2001 bis August 2004 angegeben. Die sich zwischen 294 072 Flaschen ‡ 90 ml (in 2003) und 689 019 Flaschen ‡ 90 ml (in 1994) bewegenden, nicht unbeträchtlichen jährlichen Absatzmengen belegen insoweit in beiden relevanten Fünfjahreszeiträumen eine dem Umfang nach ausreichende Benutzung.

Soweit darüber hinaus in der ersten eidesstattlichen Versicherung auch für die Waren "Elektrolyte" sowie in der zweiten eidesstattlichen Versicherung für die Waren "Heilnahrungen" konkrete Absatzmengen aufgeführt sind, können diese keine Berücksichtigung finden, weil sie sich jeweils nur auf einen, nicht aber auf beide maßgeblichen Fünfjahreszeiträume beziehen.

Die des Weiteren in den zwei Versicherungen undifferenziert für sämtliche unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Waren aus den Produktbereichen "Baby- und Kindernahrung" sowie "diätetische Nährmittel" aufgeführten Gesamtumsatzzahlen sind zur Glaubhaftmachung ebenfalls nicht tauglich. Zwar kann der Markenstelle nicht darin gefolgt werden, dass die Widerspruchsmarke für "(nicht diätetische) Baby- oder Kindernahrung" generell keinen Schutz genießt und bereits im Hinblick darauf eine Aufschlüsselung der Umsatzzahlen erforderlich wäre. Im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke sind nämlich außer "diätetischen Erzeugnissen für Säuglinge, Kinder und Kranke" u. a. auch die Warenoberbegriffe "Milch, Milchprodukte, nämlich Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, Molkenerzeugnisse (auch als Getränk) für Nahrungszwecke, Getreidepräparate für Nahrungszwecke" enthalten, die in der eingetragenen ungruppierten Form und ohne einen auf Waren der Klassen 29 oder 30 einschränkenden Zusatz auch entsprechende, in die Klasse 5 fallende Babykost bzw. Säuglingsnahrung mit umfassen und unter die folglich zumindest ein Teil der von der Widersprechenden angebotenen nicht diätetischen Säuglings- und Kindernahrungen subsumiert werden kann. Eine Aufschlüsselung der Umsätze nach einzelnen Waren oder wenigstens Warengruppen ist aber gleichwohl vor allem deshalb erforderlich, weil ohne eine solche die notwendige Zuordnung der getätigten Umsätze zu den insoweit in Betracht kommenden verschiedenen eingetragenen Warenbegriffen nicht möglich ist und sich daher nicht feststellen lässt, für welche der geschützten Waren eine Benutzung stattgefunden hat bzw. ob dies in einem ausreichenden Umfang geschehen ist.

Für Nährstofflösungen ist des Weiteren eine funktionsgerechte Verwendung der Widerspruchsmarke auf den betroffenen Waren in der eingetragenen Form dargetan. Sowohl für den ersten als auch für den zweiten Benutzungszeitraum wurden Produkt-Abbildungen in Prospekten vorgelegt, die mit Nährstofflösungen gefüllte Gläser zeigen, welche mit dem in seiner Form der eingetragenen Marke entsprechenden Schriftzug "Humana" gekennzeichnet sind.

Die Benutzung der Widerspruchsmarke für solche Nährstofflösungen rechtfertigt es jedoch nicht, bei der Entscheidung über den Widerspruch den eingetragenen weiten Oberbegriff "diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" zugrunde zu legen. Vielmehr ist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG von den tatsächlich benutzten Waren "diätetischen Nährstofflösungen zur Energie- und Nährstoffsubstitution für Säuglinge, Kinder und Kranke" auszugehen, zumal diese als eine abgrenzbare Warenuntergruppe innerhalb des breit gefächerten Oberbegriffs "diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" anzusehen sind (vgl. BGH GRUR 2002, 59, 63 "ISCO"; GRUR 2002, 65, 67 "Ichthyol"; BGH MarkenR 2006, 409, 410 f. (Nr. 21, 22) "Ichthyol II").

Im Übrigen ist die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) "Sabèl/Puma"; GRUR Int. 1999, 734, 736 (Nr. 18-21) "Lloyd"; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) "Marca/Adidas"; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) "THOMSON LIFE"; BGH GRUR 2004, 865, 866 "Mustang"; GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May").

Geht man für die Widerspruchsmarke von den o. g. benutzten diätetischen Nährstofflösungen aus, besteht ein enges Ähnlichkeitsverhältnis zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Vitamine, Mineralien und Nahrungsmittelzusätze für medizinische Zwecke". Die übrigen "nichtmedizinischen Hautpflegemitteln" der angegriffenen Marke weisen hingegen zu diätetischen Nährstofflösungen für Säuglinge, Kinder und Kranke im Hinblick auf die grundsätzlich unterschiedliche Beschaffenheit und Anwendungsform der Produkte einen deutlich größeren Abstand auf. In Anbetracht gleichwohl möglicher Überschneidungen hinsichtlich einer die Hautgesundheit fördernden Wirkung der beiderseitigen Mittel sowie hinsichtlich darin enthaltener Zusatzstoffe kann insoweit daher allenfalls eine mittlere Warenähnlichkeit angenommen werden (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 204).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann für die hier zu berücksichtigenden diätetischen Nährstofflösungen lediglich als durchschnittlich bewertet werden.

Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Widerspruchsmarke nicht um ein Fantasiewort handelt, sondern um die weibliche Form des in der medizinischen Fachsprache gebräuchlichen lateinischen Ausdrucks "humanus/-a/um" (= den Menschen betreffend, menschlich; vgl. u. a. Dagobert Tutsch, Taschenlexikon der Medizin, 1990, S. 225). Der aus dem Lateinischen abgeleitete Stamm "human" ist zudem in der Bedeutung "menschlich" ein allgemein geläufiges, auch in Zusammensetzungen, wie z. B. Humangenetik, Humanmedizin, Humanwissenschaften, gebräuchliches Wort des deutschen Sprachschatzes (vgl. u. a. Naumann und Göbel, Neues deutsches Wörterbuch, 1996, S. 433). Auch wenn den angesprochenen Durchschnittsverbrauchern die in der medizinischen Fachsprache gebrauchte Femininform "humana" des Adjektivs "humanus" nicht ohne weiteres bekannt sein sollte, werden sie gleichwohl in dem Markenwort "Humana" gerade in Zusammenhang mit diätetischen Nährstofflösungen, die speziell auf den menschlichen Gebrauch abgestimmt sein können, aufgrund des darin enthaltenen Begriffs "human" den sich hieraus ergebenden beschreibenden Anklang ohne weiteres erfassen. Die durch das dem Wort "human" angefügte Endungs-"a", respektive durch die unübliche lateinische Wortform bewirkte Verfremdung verleiht der Widerspruchsmarke zwar die erforderliche Unterscheidungskraft, jedoch erreicht diese - im Vergleich zu einem normal kennzeichnungskräftigen Fantasiewort - von Haus aus maximal den unteren Bereich des Durchschnitts (vgl. BPatG GRUR 2005, 772 "Public Nation/PUBLIC"; BPatGE 44, 1, 3 "Korodin").

Eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke über den Durchschnitt hinaus durch intensive Benutzung im Verkehr kann jedenfalls für die hier in Rede stehenden diätetischen Nährstofflösungen für Säuglinge, Kinder und Kranke nicht angenommen werden. Soweit sich die Widersprechende in diesem Zusammenhang auf die im Jahr 1953 aufgrund Verkehrsdurchsetzung erfolgte Eintragung der Marke Nr. 644 175 "Humana" beruft, können daraus schon deshalb keine Rückschlüsse auf die Verkehrsbekanntheit der Marke "Humana" für diätetische Nährstofflösungen gezogen werden, weil der Marke Nr. 644 175 für andere Waren, nämlich für "Säuglingsmilch" eingetragen worden ist. Abgesehen davon hat die Markenstelle zu Recht darauf hingewiesen, dass aus der Eintragung einer Marke aufgrund festgestellter Verkehrsdurchsetzung zunächst nur folgt, dass sie die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG (bzw. vor dem 1. Januar 1995 des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG) überwunden und im Zeitpunkt ihrer Eintragung, hier also im Jahr 1953, für die geschützten Waren normale Unterscheidungskraft besessen hat (vgl. u. a. BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"). Erkenntnisse über die Benutzungsverhältnisse und die Verkehrsbekanntheit der Marke ein halbes Jahrhundert später können daraus nicht hergeleitet werden.

Auch die von der Widersprechenden vorgetragenen Tatsachen bezüglich des Umfangs der Benutzung und der Bekanntheit der Marke "Humana" in den darauf folgenden Jahrzehnten sowie die von ihr dazu eingereichten, insbesondere die Zeit von 1994 bis 2004 betreffenden Unterlagen, rechtfertigen es nicht, zu dem im hier anhängigen Widerspruchsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke am 29. November 1996 sowie auch noch zum Entscheidungszeitpunkt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 35 m. N. w.) eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die hier interessierenden diätetischen Nährstofflösungen anzunehmen. Zwar lassen die eidesstattlich versicherten Gesamtumsatzzahlen für die Produktbereiche Baby- und Kindernahrungen sowie diätetische (Baby- und Kinder-) Nährmittel in den Jahren 1994 bis 1996 in Höhe von DM 93 905 000,-- (in 1995) und DM 97 563 000,-- (in 1996) und in den Jahren 2001 bis September 2004 von € 31 300 000,-- (in 2004) und € 39 900 000,-- (in 2003) grundsätzlich auf eine für diese Warenbereiche im Verkehr gut eingeführte Marke mit nicht geringer Kennzeichnungskraft schließen. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Bekanntheit hinsichtlich der jeweils in diese Warenbereiche fallenden einzelnen Produkte oder Produktgruppen je nach den dafür getätigten (Einzel-)Umsätzen oder auch den gehaltenen Marktanteilen mitunter stark differieren kann. Ausgehend von den in den beiden eidesstattlichen Versicherungen angegebenen Absatzzahlen für Flaschen mit Nährstofflösungen ‡ 90 ml zwischen 689 019 Flaschen in 1994 und 294 072 Flachen in 2003 sowie einem Verkaufspreise von ca. DM 0,60 pro Flasche (lt. Preisliste 1/95 Kliniken) ist der auf Nährstofflösungen entfallende Anteil an den o. g. Gesamtumsätzen (mit einem gemittelten und gerundeten Wert von ca. 0,5 %) nur sehr gering zu veranschlagen. Für Nährstofflösungen liegen, außer den Prospekten mit dem Gesamtsortiment der Widersprechenden im Bereich Säuglings- und Kleinkindernahrung, zudem keine Werbeanzeigen in Zeitschriften vor und auch die Erhebungen der Nielsen-Marktforschung vom 2. September 2004 über Absatzmengen und Marktanteile von "Humana"-Produkten im Vergleich zu Konkurrenzerzeugnissen beziehen sich nicht auf Nährstofflösungen.

Dabei sind Nährstofflösungen, die Konzentrate von isolierten oder chemisch synthetisierten Nährstoffen darstellen und der Nahrungsergänzung dienen (vgl. Spektrum, Akad. Verl., Lexikon der Ernährung, Bd. 3, 2002, S. 5 zu "Nährstoffkonzentrat"), von den seitens der Widersprechenden hauptsächlich vertriebenen - diätetischen - Säuglings- und Kindernahrungen, auch den Heilnahrungen zur Behandlung von Durchfallerkrankungen und Ernährungsstörungen oder den Spezialnahrungen bei Kuhmilchunverträglichkeit (SL) zu unterscheiden, bei denen es sich ihrer Art und Beschaffenheit nach um - diätetische - Basis-Nahrungsmittel handelt. Die nach der Nielsen-Marktforschung auf dem Sektor der Säuglings- und Kindernahrungen für einzelne, ganz spezielle Produktausrichtungen, etwa Heilnahrungen, SL-Nahrungen oder HA (hypoallergen) Breie, ermittelten hohen Marktanteile der jeweiligen "Humana"-Erzeugnisse und eine daraus möglicherweise resultierende erhöhte Bekanntheit der Marke Humana für diese speziellen Produktbereiche lassen sich daher nicht auf die Produktgruppe der Nährstofflösungen übertragen. So beschränkt sich der erweiterte Schutzumfang einer Marke grundsätzlich auf die Waren, für die durch eine entsprechende Benutzung eine gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen ist (vgl. BGH GRUR 2004, 239, 240 "DONLINE"; GRUR 2004, 235, 237 "Davidoff II"). Aber selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden angesichts einer nicht zu verkennenden gewissen Nähe zwischen Nährstofflösungen und insbesondere Heilnahrungen, welche oftmals zusätzlich Nährstoffkonzentrate enthalten und einen ähnlichen Verwendungszweck wie Nährstofflösungen haben bzw. sich mit diesen in ihrer Verwendung ergänzen können, eine gewisse Ausstrahlungswirkung der möglicherweise erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Säuglings- und Kinder-Heilnahrungen auf Nährstofflösungen für Säuglinge, Kinder und Kranke unterstellen wollte, würde diese unter Berücksichtigung der oben dargelegten, gerade insoweit bestehenden ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke allenfalls die Annahme einer im mittleren Bereich des Durchschnitts liegenden Kennzeichnungskraft rechtfertigen.

Unter Zugrundelegung von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nach Auffassung des Senats die Ähnlichkeit der Marken in keiner Hinsicht hinreichend ausgeprägt, um selbst in Bezug auf die den diätetischen Nährstofflösungen der Widerspruchsmarke nahestehenden Waren der Klasse 5 der angegriffenen Marke eine entscheidungserhebliche Verwechslungsgefahr bejahen zu können. Zu bedenken ist dabei auch, dass die im engeren Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren medizinischen Zwecken bzw. der Erhaltung der Gesundheit dienen. In diesem gesundheitsrelevanten Bereich wenden die Abnehmer den Produkten und ihrer Kennzeichnung aber regelmäßig besondere Aufmerksamkeit zu (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 951 "ACELAT/Acesal"), vor allem dann, wenn, wie hier bei den von der Widersprechenden benutzten Nährstofflösungen, die Gesundheit von Säuglingen und Kleinkindern betroffen ist. Markenunterschiede werden insoweit daher eher auffallen als bei Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs, die eher flüchtig und ohne größere Sorgfalt bei der Auswahl erworben werden.

Was die Ähnlichkeit der Marken in dem maßgeblichen Gesamteindruck anbelangt, tritt in schriftbildlicher Hinsicht die auffällig abweichende Gestaltung der vorderen Wortteile "US-/Us-" und "HUM-/Hum-" gegenüber dem übereinstimmenden hinteren Wortbereich "-ANA/-ana" bei jeder berücksichtigungsfähigen Schreibweise in einer die Gefahr von Verwechslungen klar ausschließenden Weise hervor.

Doch auch in klanglicher Hinsicht wahrt die jüngere Marke noch einen ausreichend deutlichen Abstand von der Widerspruchsmarke. Zwar bestehen formal betrachtet nicht unerhebliche Gemeinsamkeiten in der Silbenzahl, dem Sprech- und Betonungsrhythmus, sowie dem gemeinsamen Lautbestand "uana". Allerdings bewirkt hier das abweichende Konsonantengefüge gerade in den regelmäßig stärker beachteten vorderen Wortteilen "USA-" und "Huma" eine nachhaltige Umprägung in der Phonetik der Markenwörter. Vor allem der Wechsel am Eingang der Zweitsilben zwischen dem stimmhaft weichen Lippenverschlusslaut "m" und dem scharfen Zischlaut "s" schafft dort einen jederzeit gut vernehmbaren Klangkontrast. Demgegenüber kommt der Übereinstimmung in der häufig vorkommenden, farblosen Endung "-na" eine im Gesamtklang der Marken nur untergeordnete Bedeutung zu. Nicht ganz außer acht zu lassen ist schließlich, dass in der Widerspruchsmarke aufgrund des darin enthaltenen allgemein geläufigen Wortes "human" ein für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteres fassbarer Sinnanklang hervortritt, der das Auseinanderhalten der Marken zumindest erleichtert und dazu beiträgt, die Verwechslungsgefahr zu verringern (vgl. u. a. BGH GRUR 2003, 1044, 1046 "Kelly"; 2004, 600, 601 "dcfix/CD-FIX").

Es bestand kein Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 23.11.2006
Az: 24 W (pat) 111/04


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