Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. April 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 320/99
(BPatG: Beschluss v. 05.04.2000, Az.: 32 W (pat) 320/99)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren
"Zuckerwaren- und Schokoladewarendragees"
eingetragene Marke 395 01 714.9
"SALMITOS"
wurde Widerspruch erhoben aus der für "Zuckerwaren" geschützten prioritätsälteren Marke 675 778
"SALMI".
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erlassen wurde, mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.
Im Hinblick auf die teilweise Warenidentität seien zwar an den Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen, jedoch seien diese vorliegend gewahrt.
Vom Gesamteindruck her seien die Vergleichsmarken sowohl optisch als auch akustisch durch die deutlich erkennbare Endsilbe "tos" am Ende der angegriffenen Marke, die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung habe, so verschieden, dass nicht mit Verwechslungen zu rechnen sei.
Es bestehe auch keine Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Die Widerspruchsmarke sei zwar in der angegriffenen Marke enthalten, jedoch erscheine die Buchstabenfolge "Salmi" in der angegriffenen Marke nicht als Stammbestandteil einer Zeichenserie. Die angegriffene Marke "SALMITOS" erscheine als Gesamtwort, das nicht willkürlich in Einzelbestandteile zergliedert werde. Es bestünden keinerlei Hinweise, dass der Verkehr die Silbe "-TOS" als Hinweis auf eine Verkleinerungsform ansehen könne. Darüber hinaus sei eine Zeichenserie der Widersprechenden mit dem Bestandteil "SALMI" nicht bekannt, so dass auch nicht zu erwarten stehe, dass der Verkehr annehme, die Widersprechende verwende die Bezeichnung "SALMI" als Stammbestandteil einer Zeichenserie.
Die Widersprechende vertritt in ihrer Beschwerdebegründung die Ansicht, angesichts der teilweise sich identisch gegenüber stehenden Waren sei ein deutlicher Zeichenabstand zu fordern, der vorliegend nicht gewahrt sei.
Bei der Prüfung einer möglichen Verwechslungsgefahr sei mehr auf die Übereinstimmungen als auf die Abweichungen abzustellen. Dies habe der Bundesgerichtshof in der mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren "salvent/Salventerol" - Entscheidung ausgesprochen. Im vorliegenden Fall sei weiter zu berücksichtigen, dass der Verkehr den Wortanfängen von Zeichen größere Aufmerksamkeit schenke als den Endsilben.
Schließlich müsse auch in Erwägung gezogen werden, dass zahlreichen Spanien-Urlaubern Wortbildungen geläufig seien, bei denen eine Endsilbe wie bei der angegriffenen Marke als Verkleinerungsform identifiziert werde.
Da der Bestandteil "SALMI" das angegriffene Zeichen im wesentlichen präge, während die letzte Silbe "TOS" nur eine geringfügigere Bedeutung habe, sei angesichts der Warenidentität mit Verwechslungen zu rechnen.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patentamts aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.
Wegen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und die Amtsakten der Marken 395 01 714.9 und 675 778 verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte Beschwerde (§ 66 Abs. 1, 2 und 5 MarkenG) ist auch im übrigen zulässig. Sie kann jedoch keinen Erfolg haben, da die sich gegenüberstehenden Marken nicht verwechselbar ähnlich sind.
Die sich gegenüberstehenden Waren sind teilweise identisch. Teilweise liegen sie im engeren Ähnlichkeitsbereich. Damit sind bei unterstellter durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, wenn Verwechslungen vermieden werden sollen. Den danach erforderlichen Abstand hält die angegriffene Marke noch ein.
Bei visueller und phonetischer Aufnahme weisen die sich gegenüberstehenden Marken bis auf den gemeinsamen Bestandteil "SALMI" keine weiteren Gemeinsamkeiten auf. Bei der angegriffenen Marke handelt es sich um ein dreisilbiges Wort, während die Widerspruchsmarke nur aus zwei Silben besteht. Unter diesen Umständen wird es den angesprochenen Verkehrskreisen auch aus der oft unsicheren Erinnerung heraus ohne Mühe möglich sein, die Marken mit der gebotenen Sicherheit auseinander zuhalten.
Die Übereinstimmung in dem Bestandteil "SALMI" führt nicht zu Verwechslungen. Der isolierte Schutz eines aus einem zusammengesetzten Zeichen herausgelösten Elements ist dem Markenrecht grundsätzlich fremd. Eine Verkürzung der angegriffenen Marke auf den Bestandteil "Salmi" wäre daher nur zulässig, wenn diesem Bestandteil der Marke maßgebliche Bedeutung zugebilligt werden könnte, weil gerade dieser Bestandteil den Gesamteindruck der Marke prägt oder zumindest wesentlich mitbestimmt (vgl. BGH GRUR, 1993, 118, 120 "Corvaton/Corvasal; 1993, 972, 974 "Sana/Schosana"; 1998, 924, 925 "Salvent/Salventerol").
Bei der Marke "SALMITOS" käme deshalb eine isolierte Gegenüberstellung des Bestandteils "SALMI" dann in Betracht, wenn gerade dieser Bestandteil den Gesamteindruck prägen oder doch wesentlich mitbestimmen würde.
Die Buchstabenfolge "SALMI" am Wortbeginn der angegriffenen Marke tritt indes weder eigenständig hervor, noch prägt sie deren Gesamteindruck oder bestimmt ihn wesentlich mit. Da es sich bei diesem Bestandteil allenfalls um einen Hinweis auf Salmiakpastillen handelt, besteht kein Anlaß, die angegriffene Marke in verschiedene Buchstabenfolgen zu unterteilen und sich anstatt an dem vollen Markenwort nur an einer Buchstabenfolge aus dieser Gesamtbezeichnung zu orientieren, auch wenn dieses Element wie "SALMI" ausgesprochen werden könnte. Selbst den meisten Spanienurlaubern, die Grundkenntnisse in Spanisch haben, sind die Feinheiten der spanischen Sprache nicht geläufig. Daher werden auch diese Verkehrskreise - im Gegensatz zur Auffassung der Widersprechenden - bei der Begegnung mit der angegriffenen Marke überwiegend nicht zu dem Ergebnis gelangen, die Endung "itos" könne die im Plural stehende spanische Verkleinerungsform des Wortes "Salmi" sein, um sich an diesem Wortteil zu orientieren. Vielmehr kann angesichts des geschlossenen Eindrucks, den das Markenwort "SALMITOS" erweckt, nicht davon ausgegangen werden, dass nur der Bestandteil "SALMI" den Gesamteindruck der Marke prägt oder wesentlich mitbestimmt. Es steht daher nicht zu erwarten, dass der Verkehr sich bei der angegriffenen Marke nur an dem Bestandteil "SALMI" orientieren wird.
Dieser Einschätzung stehen auch nicht die Grundsätze entgegen, welche der Bundesgerichtshof in seiner "salvent/Salventerol"-Entscheidung (BGH GRUR 1998, 924, 925) aufgestellt hat. Diese Entscheidung erging für Waren auf dem pharmazeutischen Sektor, auf dem im Hinblick auf die dort üblichen Usancen für die Kennzeichnung von Waren andere Voraussetzungen gelten, weil der Verkehr erfahrungsgemäß dort den Endungen nur eine geringfügig prägende Bedeutung beimisst.
Da somit der Bestandteil "SALMI" die angegriffene Marke weder wie deren Gesamteindruck prägt noch ihn wesentlich mitbestimmt, wird der Verkehr die Marke bei einer Benennung nicht auf den Einzelbestandteil "SALMI" verkürzen, sondern sie immer im Ganzen mit "SALMITOS" benennen. Damit scheidet jedoch eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in klanglicher oder schriftbildlicher Hinsicht aus.
Für eine gedankliche Verbindung unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens sind ebenfalls keine Anhaltspunkte vorhanden. Die Widersprechende hat weder eine mit "SALMI" als Stammbestandteil gebildete Zeichenserie, noch bietet sich diese kennzeichnungsschwache Silbenfolge als Stamm einer Zeichenserie an.
Somit sind assoziative Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 leHs MarkenG nicht zu befürchten. Unter diese Art von Verwechslungsgefahr fallen nicht jegliche wie auch immer geartete Assoziationen, sondern ausschließlich Fälle einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr (vgl. Althammer/Ströbele a.a.O. Rd. Nr. 176 zu § 9 MarkenG). Da sich von der Länge her deutlich unterschiedliche Marken gegenüberstehen, die nur im kennzeichnungsschwachen beschreibenden Bestandteil "SALMI" übereinstimmen, ist nicht damit zu rechnen, dass markenrechtlich relevante Verkehrskreise dennoch wirtschaftliche oder sonstige Verbindungen zwischen den sich gegenüberstehenden Unternehmen vermuten.
Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Forst Klante Dr. Fuchs-Wissemann Na
BPatG:
Beschluss v. 05.04.2000
Az: 32 W (pat) 320/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/93c31240b66d/BPatG_Beschluss_vom_5-April-2000_Az_32-W-pat-320-99