Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 36/07

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2007, Az.: 27 W (pat) 36/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beschwerdegegnerin sucht für die nach dem Madrider Markenabkommen am 29. März 2001 u. a. für die Waren

"Jouets; peluches; figurines; personnages, jeux; balles et ballons de jeu; cerfs volants"

unter der Nr. 752 228 international registrierte Marke ADDY JUNIOR

(mit Priorität aus Frankreich vom 19. Mai 2000)

um Schutz in Deutschland nach.

Widerspruch erhoben ist aus der prioritätsälteren deutschen Marke 732 242 (angemeldet am 20. Februar 1959, eingetragen am 21. Dezember 1959)

Paddydie für Waren der Klasse 28, nämlich für

"Spielwaren, insbesondere Spielfahrzeuge, Tretroller, Tierfiguren, Schwimmtiere, Puppen und Spiele; Turn- und Sportgeräte"

Schutz genießt. Der Widerspruch richtet sich gegen die vorgenannten Waren der jüngeren Marke und wird auf alle Waren der Widerspruchsmarke gestützt.

Die Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen vom 8. Dezember 2004 und vom 18. April 2006, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auch unter Berücksichtigung teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die jüngere Marke einen ausreichenden Abstand ein. Dem stehe nicht entgegen, dass die angegriffene Marke deshalb von dem Bestandteil "ADDY" geprägt werde, weil der weitere Zeichenbestandteil "JUNIOR" ein glatt beschreibender Hinweis auf die Zielgruppe der angebotenen Waren sei. Wegen des markanten Sprenglauts "P" am erfahrungsgemäß stärker beachteten Wortanfang der Widerspruchsmarke bestehe nämlich keine klangliche Verwechslungsgefahr zwischen "ADDY" und "Paddy". Dagegen spreche auch, dass es sich jeweils um relativ kurze Wörter handele, bei denen Abweichungen deutlicher in Erscheinung träten als bei längeren Wörtern. Hinzu komme, dass zumindest ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise in die Widerspruchsmarke den englischen Vornamen bzw. die Namensabkürzung "Paddy" erkenne, was dazu führe, dass die klanglichen Unterschiede schneller und besser erfasst würden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Marken klanglich für verwechselbar, wobei lediglich die Ähnlichkeit von "ADDY" und "Paddy" zu beurteilen sei. Die Vokalfolgen "A-Y" seien ebenso identisch wie die Mittelkonsonanten "DD". Der zusätzliche Mitlaut am Wortanfang der Widerspruchsmarke könne ein sicheres Auseinanderhalten der Wörter nicht bewirken, da er unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen überhört werde.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Dezember 2004 und vom 18. April 2006 aufzuheben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 732 242 anzuordnen.

Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat sich weder im Amtsverfahren noch im Beschwerdeverfahren zur Sache geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil die einander gegenüberstehenden Marken nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 112, § 114 MarkenG unterliegen. Nach diesen Bestimmungen ist einer IR-Marke im Falle eines Widerspruchs die Schutzerstreckung auf Deutschland zu verweigern (§ 114 Abs. 3 MarkenG), wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2005, 326 - Il Padrone/Il Portone), wobei eine Wechselwirkung der maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, der Zeichenähnlichkeit sowie der Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs zu berücksichtigen ist.

Zwischen den sich gegenüberstehenden Waren besteht Identität.

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Allein das Alter der Widerspruchsmarke führt noch nicht zu einer gesteigerten Kennzeichnungskraft.

Den danach erforderlichen weiten Abstand von der Widerspruchsmarke hält das angegriffene Zeichen in jeder Hinsicht ein. Die von der Widersprechenden geltend gemachte und hier allein in Betracht kommende klangliche Verwechslungsgefahr liegt selbst dann nicht vor, wenn man - wie die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss - von einer Prägung der jüngeren Marke durch den vorangestellten Bestandteil "ADDY" ausgeht. Den klanglichen Unterschied am Wortanfang der Widerspruchsmarke durch den deutlich wahrnehmbaren Sprenglaut "P" hält der Senat für ausreichend. Zutreffend hat die Markenstelle in diesem Zusammenhang auf den Erfahrungssatz hingewiesen, dass Abweichungen am Wortanfang eher auffallen als bei den übrigen Markenteilen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 131). Hinzu kommt, dass Abweichungen bei den kurzen Wörtern "ADDY" und "Paddy" deutlicher auffallen als Abweichungen von längeren Markenwörtern (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 135). Gegen eine Verwechslungsgefahr spricht schließlich auch der abweichende Begriffsgehalt beider Marken (Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 151). Dies gilt nicht nur für den englischsprachigen Vornamen "PADDY" (so die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss), sondern auch für "ADDY", was klanglich bei der naheliegenden englischen Aussprache wie die Abkürzung des deutschen Namens Eduard oder Edgar (= E-di) klingt. Bei einer deutschen Aussprache (= A-dy) kommt eine klangliche Verwechslungsgefahr wegen des unterschiedlichen Klangbilds nicht in Betracht.

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und so verwechselt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbs. MarkenG). Eine derartige Verwechslungsgefahr aufgrund des gemeinsamen Bestandteils "ADDY" scheitert bereits daran, dass dieser Bestandteil in beiden Marken nicht eigenständig hervortritt.

Die Beschwerde konnte nach alledem keinen Erfolg haben. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG bestand kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2007
Az: 27 W (pat) 36/07


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