Landgericht Bochum:
Urteil vom 13. November 2012
Aktenzeichen: I-17 O 106/12

(LG Bochum: Urteil v. 13.11.2012, Az.: I-17 O 106/12)

Tenor

1. Dem Beklagten wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Waren/Artikel aus dem Sortiment Handy & Organizer zu veröffentlichen oder zu unterhalten und dabei nicht anzugeben, ob der Preis die Mehrwertsteuer enthält oder nicht, wie auf dem Onlinemarktplatz F bei dem Artikel mit der Artikelnummer ...# geschehen.

2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 897,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2012 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Ausspruchs zu 1) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 Euro.

Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung bezüglich des Ausspruchs zu 2) und des Kostenausspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich von Handys und Handyzubehör.

Der Beklagte bot am 31.05.2012 auf dem Onlinemarktplatz F unter der Artikelnummer ...# ein Bluetooth Headset zum Preis von 11,99 EUR zum Sofortkaufen an. Angaben dazu, ob dieser Preis die Mehrwertsteuer beinhaltet, befanden sich in räumlicher Nähe zum Preis nicht, sondern nur unter 3.1 der durch Herunterscrollen über mehrere Bildschirmenseiten erreichbaren und im weiteren Verlauf der Angebotsseite zweimal wiedergegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten, wobei die zweite Wiedergabe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem gesonderten Scrollfenster erfolgte. Daneben befand sich ein Hinweis auf die Mehrwertsteuer unter der Rubrik "Versand und Zahlungsmethoden", die erst durch Anklicken eines entsprechend gekennzeichneten Reiters, der sich auf der ersten Bildschirmseite des Angebots befand, sichtbar gemacht werden konnte. Wegen der Einzelheiten des Angebots wird auf Bl. 4 ff. sowie Bl. 31 bis 33 Bezug genommen. Wenn bei dem Angebot der Bestellvorgang durch ein Klicken auf das Feld "Sofortkaufen" eingeleitet wurde, war in dem weiteren Verlauf des Bestellvorgangs kein Hinweis auf die Mehrwertsteuer enthalten.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Angebot des Beklagten im Hinblick auf die Angaben zur Mehrwertsteuer unzureichend sei und gegen die Preisangabenverordnung verstoße.

Mit Schreiben vom 01.06.2012 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Erstattung der Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 15.000,00 EUR auf. Wegen der Einzelheiten des Abmahnschreibens wird auf Bl. 17 bis 18 d. A. verwiesen.

Nachdem der Beklagte in der Folge keine Unterwerfungserklärung abgab, erwirkte die Klägerin im Verfahren 17 O 76/12 eine einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 15.06.2012, in der das Gericht folgendes anordnete:

"Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt,

im geschäftlichen Verkehr Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Waren / Artikel aus dem Sortiment Handy & Organizer zu veröffentlichen oder zu unterhalten und dabei nicht in der gebotenen Weise anzugeben, ob der Preis die Mehrwertsteuer enthält oder nicht, wie auf dem Onlinemarktplatz F bei dem Artikel mit der Artikelnummer ...# geschehen."

Nach Widerspruch bestätigte das erkennende Gericht mit Urteil vom 03.07.2012 die einstweilige Verfügung. Das Urteil wurde dem Beklagten am 10.07.2012 zugestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten der einstweiligen Verfügung vom 15.06.2012 wird auf Bl. 23/23 R und des Urteils vom 03.07.2012 auf Bl. 36 ff. d. A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 27.07.2012 forderte die Klägerin den Beklagten auf, eine Abschlusserklärung abzugeben und machte insoweit Kosten nach einem Gegenstandswert von 15.000,00 EUR hierfür geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 27.07.2012 wird auf Bl. 39 f. d. A. verwiesen.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage neben dem Unterlassungsanspruch auch die Abmahnkosten - unter Anrechnung einer Verfahrensgebühr - in Höhe von insgesamt 509,70 EUR sowie die Kosten für das Abschlussschreiben - unter Berücksichtigung einer bereits erfolgten Zahlung von 246,10 EUR - in Höhe von insgesamt weiteren 509,70 EUR geltend gemacht. Sie hat mit Schriftsatz vom 08.11.2012 die Klage bezüglich eines Teilbetrages von 116,60 EUR der Abmahnkosten zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren)

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Angebote zum Abschluss von Fernabsatzverträgen über Waren / Artikel aus dem Sortiment Handy & Organizer zu veröffentlichen oder zu unterhalten und dabei nicht anzugeben, ob der Preis die Mehrwertsteuer enthält oder nicht, wie auf dem Onlinemarktplatz F bei dem Artikel mit der Artikelnummer ... geschehen.

2.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 897,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2012 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass er seinen Hinweispflichten nach der Preisangabenverordnung vollständig und ausreichend nachgekommen sei. Der Kunde, der sich über die Versandoptionen und die Möglichkeiten zur Bezahlung informieren wolle, müsse vor der Bestellung zwingend den Reiter "Versand- und Zahlungsmethoden" aufrufen. Zudem sei in der Abmahnung nicht hinreichend deutlich gemacht, welches Tun oder Unterlassen die Klägerin begehre, weil in der der Abmahnung beigefügten vorformulierten Unterwerfungserklärung der Satz ohne Satzzeichen mit "und/oder" geendet habe. Schließlich bestreitet der Beklagte, dass die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten tatsächlich entstanden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der Sitzung vom 13.11.2012 sowie die Beiakte 17 O 76/12 ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann die begehrte Unterlassung (dazu I.) sowie auch die Erstattung der Abmahnkosten (dazu II.) und schließlich die Erstattung der Kosten für das Abschlussschreiben (dazu III.) verlangen.

I.

Der Klägerin steht gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG der Unterlassungsanspruch zu.

Das Angebot des Beklagten bei F am 31.05.2012 entspricht bezüglich der Hinweise auf die Mehrwertsteuer nicht den Anforderungen der Preisangabenverordnung. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV ist anzugeben, dass der Preis die Umsatzsteuer enthält. Nach § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV muss diese Angabe dem Angebot eindeutig zuzuordnen sein sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar gemacht sein. Ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit dem angegebenen Preis ist nicht erforderlich (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 1 PAngV Rn. 25). Es genügt, wenn die Informationen alsbald sowie leicht erkennbar oder gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss (BGH GRUR 2008, 84 ff. Rn. 31 m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügt der Hinweis auf die Mehrwertsteuer unter dem Reiter "Versand- und Zahlungsmethoden" nicht. Denn die darunter verborgene Seite wird nur sichtbar, wenn der Reiter angeklickt wird. Das Angebot kann somit aufgerufen werden, ohne dass dieser Hinweis sichtbar wird und in der Folge kann auch der Bestellvorgang eingeleitet werden, ohne dass dieser Reiter angeklickt werden muss. Soweit der Beklagte geltend macht, dass dies zwingend erfolgen müsse, um zu erfahren, wie das Produkt bezahlt werden kann, trifft dies so nicht zu. Denn jedenfalls die Variante "Paypal" ist im Angebot ausdrücklich genannt. Ein Kunde, der diese im Versandhandel sehr beliebte Zahlungsweise nutzen will, hat somit keine Veranlassung nach weiteren Varianten zu suchen; er wird insbesondere nicht unter dem Reiter "Versand- und Zahlungsoptionen" einen Hinweis auf die Mehrwertsteuer vermuten. Entsprechendes gilt bezüglich der Versandkosten, da das Angebot bereits unmittelbar den kostenlosen Versand ausweist.

Aber auch die durch weiteres Herunterscrollen erkennbaren Hinweise zu Ziffern 3.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten erfüllen die Anforderungen der Preisangabenverordnung nicht. Zwar kann nach der Formulierung des Leitsatzes der BGH-Entscheidung vom 04.10.2007 (GRUR 2008, 84 ff.), das nicht gegen die Preisangabenverordnung verstoßen wird, wenn nicht schon auf derselben Seite hingewiesen wird, der Eindruck entstehen, es reiche in jedem Fall aus, wenn der Hinweis sich irgendwo auf der Seite befinde. Das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung vom 02.03.2010 (MMR 2010, 618 f.) insoweit jedoch verdeutlicht, dass entscheidend die Zuordnung der Angabe zum Preis ist und dass diese Zuordnung augenfällig sein muss, wie immer sie auch im Einzelfall ausgestaltet sein mag. Ist es erforderlich, sich bis zum Ende des Angebots durchzuscrollen, um an die Informationen zu gelangen und kann der Bestellvorgang eingeleitet werden, ohne bis zum Ende gescrollt zu haben, ist dies zur Begründung des Verstoßes ausreichend (OLG Hamm a.a.O.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall die erforderliche augenfällige Zuordnung zum Preis mit den beiden Hinweisen unter Ziffern 3.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht gegeben. Um diese Hinweise wahrzunehmen, muss über mehrere Bildschirmseiten hinweg auf den unteren Teil der Angebotsseite gescrollt werden. Es ist möglich, den Bestellvorgang durch Betätigung des Feldes "Sofort-Kaufen" einzuleiten und durchzuführen, ohne auf die beiden Hinweise heruntergescrollt zu haben.

Ein Verstoß gegen die Vorgaben der Preisangabenverordnung ist damit gegeben. Er begründet auch die Wiederholungsgefahr, die der Beklagte nicht ausgeräumt hat, so dass der Anspruch zu bejahen ist. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht zu weit gefasst, weil über die Bezugnahme auf das mit Artikelnummer genau bezeichnete F-Angebot das monierte Verhalten ausreichend konkretisiert und eingegrenzt ist.

II.

Der Anspruch auf Erstattung der nach der Teilrücknahme noch geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 387,90 EUR besteht nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Denn nach den obigen Ausführungen zu I. war die Abmahnung vom 01.06.2012 berechtigt.

Die Abmahnung war auch - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht unklar. So erlaubt allein der Umstand, dass in der vom Beklagten mit dem Schriftsatz vom 02.11.2012 zur Akte gereichten vorgefertigten Unterwerfungserklärung, die von der Klägerin stammen soll, kein Satzende mit Punkt vorhanden ist und der Satz mit "und/oder" endet, keine Zweifel am Begehren der Klägerin. Denn auch wenn man in Erwägung zieht, dass bei diesem Vordruck ein weiteres Verlangen vergessen wurde, so ist doch klar, dass jedenfalls die dort genannte Unterlassung in Bezug auf die Nichtangabe der Mehrwertsteuer begehrt wird. Ohnehin ist insoweit das Abmahnschreiben selbst maßgebend; es wird nicht zuletzt durch die Bezugnahme auf das konkrete Angebot deutlich, welches Verhalten die Klägerin konkret moniert.

Die Höhe der nach der Teilrücknahme noch verlangten Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 15.000,00 EUR bei Ansatz einer 1,3fachen Gebühr und bei Addition der Auslagenpauschale von 20,00 EUR ist bei gleichzeitiger Berücksichtigung einer Anrechnung der Verfahrensgebühr nicht zu beanstanden.

Auch der hier geltend gemachte unmittelbare Zahlungsanspruch ist nach Maßgabe der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 19.10.2000, AZ: 4 U 139/99) gegeben. Denn danach kann derjenige, dem die Erstattung von Rechtsanwaltskosten zusteht, die Zahlung des Erstattungsbetrages unmittelbar an sich verlangen, § 250 BGB, ohne dass es darauf ankäme, ob er diese Kosten seinerseits bereits an seinen Anwalt gezahlt hat, wenn der Gegner die Erfüllung dieser Kostenforderung - wie im vorliegenden Fall - verweigert. Einer Fristsetzung im Sinne von § 250 BGB bedarf es dann nicht mehr und der Berechtigte kann unmittelbar die Zahlung der Rechtsanwaltskosten an sich selbst verlangen.

III.

Auch der Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für das Abschlussschreiben in Höhe von noch 509,70 EUR besteht nach §§ 677, 683, 670 BGB (GoA) bzw. nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG (analog).

Die Zustellung des Urteils, mit dem die einstweilige Verfügung bestätigt wurde, erfolgte am 10.07.2012, so dass bis zum Abschlussschreiben vom 27.07.2012 hinreichend Gelegenheit für den Beklagten bestand, die Abschlusserklärung selbst vorher abzugeben. Die Höhe der geltend gemachten Kosten ist ausgehend von einem Gegenstandswert von 15.000,00 EUR bei Ansatz einer 1,3fachen Gebühr (vgl. Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 02.07.2009, AZ: 4 U 39/09), zzgl. der Auslagenpauschale von 20,00 EUR und unter Anrechnung einer Teilzahlung von 246,10 EUR, nicht zu beanstanden. Ein unmittelbarer Zahlungsanspruch besteht hier nach den Ausführungen zu II. gleichermaßen.

IV.

Der Ausspruch zu den zugesprochenen Zinsen folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.






LG Bochum:
Urteil v. 13.11.2012
Az: I-17 O 106/12


Link zum Urteil:
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