Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. Januar 1999
Aktenzeichen: 6 U 50/98
(OLG Köln: Urteil v. 13.01.1999, Az.: 6 U 50/98)
1. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass die in einem Vertrag zwischen der zuständigen Wahrnehmungsgesellschaft und einer Videothek angegebene Anzahl vorgehaltener MietVideokassetten lediglich an den erkennbar stichprobenmäßig und in unregelmäßigen Abständen durchgeführten Kontrollterminen, nicht aber während der übrigen Zeiten in den Geschäftsräumen der Videothek erheblich überschritten wurde. 2. Zur Frage der Darlegungs- und Beweislast bei dem Einwand eines Videothekenbetreibers, bei den von den Kontrolleuren bei ihren Besuchen im Geschäftslokal vorgefundenen Videokassetten habe es sich zum größten Teil um Kauf- bzw. Leerkassetten gehandelt.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Januar 1998 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln -28 O 355/97- wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Wert der mit diesem Urteil für die Beklagte verbundenen Beschwer beträgt 25.467,71 DM.
Gründe
Die in formeller Hinsicht einwandfreie Berufung ist zwar insgesamt zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil den zuvor gegen die Beklagte ergangenen Vollstreckungsbescheid aufrechterhalten. Die darin titulierte Vergütungsforderung in Höhe von zusammen 25.467,71 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit der am 28. Mai 1997 erfolgten Zustellung des Mahnbescheids sowie vorprozessualer Mahnkosten in Höhe von 6,50 DM erweist sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten als berechtigt.
Die gemäß § 27 Abs. 1 und Abs. 3 UrhG prozeßführungsbefugte und aktivlegitimierte Klägerin kann von der Beklagten Zahlung der mit den streitgegenständlichen Rechnungen vom 20.Oktober 1995, 22. Mai 1996 und 25. November 1996 für die darin jeweils angegebenen Zeiträume nachberechneten Vergütung betreffend das Vermieten von Videokasseten und CD´s verlangen.
Die Klägerin hat durch Vorlage der den erwähnten Rechnungen zugrundeliegenden Protokolle über Besuche ihrer Außendienstmitarbeiter in den Geschäftsräumen der Beklagten am 18. Mai 1994, 28. März 1995, 3. Januar 1996 und 20. Mai 1996 (Anlagen BE 1 - BE 4 = Bl. 102 - 105 d.A. ) nicht nur spezifiziert dargelegt, daß an den jeweils angegebenen Terminen der Kontrollbesuche eine die nach den Verträgen zugrundegelegte Menge erheblich übersteigende Anzahl an Vermietexemplaren von Videokasseten und CD´s vorgefunden worden sei. Nach diesen Protokollen spricht vielmehr auch eine tatsächliche Vermutung dafür, daß diese Überschreitung der in den Verträgen angegebenen Anzahl von Vervielfältigungsstücken auch während der übrigen, in den streitgegenständlichen Rechnungen in Ansatz gebrachten Zeiträumen vorhanden war. Denn es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, daß in den Geschäftsräumen der Beklagten lediglich an den erkennbar stichprobenmäßig und in unregelmäßigen Abständen durchgeführten Kontrollterminen, nicht aber auch während der übrigen Zeiträume die genannte Anzahl von Viodeokasseten und CD´s vorgehalten worden wäre und lediglich zufällig, exakt an den jeweils in den Protokollen festgehaltenen Terminen der Besuche der Außendienstmitarbeiter der Klägerin die nach den Verträgen vorausgesetzte Anzahl der Exemplare - in zudem ganz erheblichen Umfang - in dem festgestellten Umfang überschritten worden sei.
Soweit die Beklagte gegenüber der für die Vermietung von Videokassetten nachberechneten Vergütungsforderung einwendet, es habe sich bei den in Ansatz gebrachten "Mehrexemplaren" teilweise um "Kaufkassetten", teilweise - und in erheblichem Umfang - um "Leerhüllen" gehandelt, vermag das keine abweichende Entscheidung herbeizuführen. Denn dieser - erstmals in der Berufung vorgebrachte - Einwand ist als unsubstantiiert, mithin im Ergebnis unbeachtlich zu erachten. Was die angeblich mangelnde Unterscheidung zwischen Kauf - und Vermietkasseten angeht, so stehen diesem Einwand bereits die in den vorbezeichneten Protokollen der Außendienstmitarbeiter enthaltenen Vermerke entgegen, ausweislich deren zwischen einerseits den zur Vermietung vorgehaltenen Kassetten und andererseits zwischen den zum Kauf angeboten Exemplaren eine Unterscheidung getroffen worden ist. Anhaltspunkte dafür, daß die Außendienstmitarbeiter sich bei diesen Festellungen in dem hier in Rede stehenden ganz erheblichen und augenfälligen Umfang "verzählt" bzw. geirrt haben könnten, lassen sich dem Vortrag der Beklagten oder dem Sachverhalt im übrigen nicht entnehmen. Denn nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten ist davon auszugehen, daß die "Verkaufsexemplare" räumlich getrennt von den Vermiet-Videos angeboten worden sind, so daß aus diesem Grunde ein versehentliches Mitzählen bzw. Hinzurechnen dieser zum Kauf angebotenen Kassetten zu den nach dem Tarif für die Vermietung in Ansatz zu bringenden Exemplaren fern liegt.
Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich des weiteren Einwands der Beklagten, wonach sich die für die Nachentrichtung der Vergütung in Ansatz gebrachte Zahl der zur Vermietung bereitgehaltenen Video-Kassetten deshalb als unrichtig erweise, weil in den Geschäftsräumen der Videothek eine ganz erhebliche Anzahl von Leerkassetten bereitgehalten worden sei, um aus Konkurrenzgesichtspunkten einen tatsächlich aber nicht vorhandenen größeren Bestand vorzutäuschen. Die Beklagte hat das hier in Rede stehende Ladenlokal, welches von den räumlichen Voraussetzungen
her zur Aufnahme des die vertraglich vorausgesetzte Zahl von 1000 Videokassten ganz erheblich übersteigenden Bestands von immerhin 6.400 Videokassetten geeignet war, mit Vertrag vom 15. Juli 1993 gemietet. Es ist aber nicht nachvollziehbar, daß die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt ein Ladenlokal angemietet und eingerichtet hat, um dort ein die tatsächlichen Möglichkeiten der Vermietung von Kassetten und die hieraus erzielbaren wirtschaftlichen Erträge um ein Mehrfaches übersteigendes Angbot zu suggerieren, um damit der Konkurrenz eines erst deutlich später, nämlich am Jahresende 1993 eröffneten Mitbewerbers gewachsen zu sein. Dies alles würdigend ist daher das beklagtenseits erfolgte Bestreiten der Richtigkeit der von der Klägerin für die nachberechneten Zeiträume in Ansatz gebrachten, zur Vermietung bereitgehaltenen Videokasseten als unsubstantiiert zu behandeln mit der Folge, daß für die Ermittlung der Vergütungsforderung die insoweit von der Klägerin geltend gemachten Zahlen zugrundezulegen sind.
Aus den letztgenannten Erwägungen scheitert auch der gegenüber der Richtigkeit des in den verfahrensbefangenen Rechnungen eingestellten Mehrbestands an CD´s vorgebrachte Einwand der Beklagten, der aus dem dargestellten Grund ebenfalls als unsubstantiiert und daher nicht durchgreifend einzuordnen ist.
Die geltend gemachten Zinsen stehen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 288, 291 BGB seit der mit Zustellung des Mahnbescheides herbeigeführten Rechtshängigkeit zu. Die vorprozessualen Mahnkosten kann die Klägerin gemäß §§ 284, 286 BGB als verzugsbedingten Schaden für die nach erstmaliger Mahnung vorgenomme zweite Mahnung ersetzt verlangen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des Unterliegens der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 13.01.1999
Az: 6 U 50/98
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