Landgericht Köln:
Beschluss vom 17. Januar 2008
Aktenzeichen: 82 O 77/03
(LG Köln: Beschluss v. 17.01.2008, Az.: 82 O 77/03)
Tenor
Die Anträge auf gerichtliche Festsetzung des angemessenen Ausgleichs und der angemessenen Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG werden zurückgewiesen, soweit über sie nicht schon abschließend entschieden worden war.
Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten von sämtlichen Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Antragsteller zu 1 und 9; diese tragen ihre außergerich-tlichen Kosten selbst.
Der Geschäftswert beträgt € 200.000,00.
Gründe
I.
Die B Beteiligungs-Aktiengesellschaft, Aachen, ("B1") und die B Lebensversicherung Aktiengesellschaft, Aachen, ("B2") haben am 30. Juni 1997 einen Beherrschungsvertrag geschlossen, nach dem die B2 die Leitung ihrer Gesellschaft der B1 unterstellt hat.
Nach § 3 des Beherrschungsvertrages garantiert die B1 den außenstehenden Aktionären der B2 als angemessenen Ausgleich nach § 304 AktG für jedes volle Geschäftsjahr und für jede Aktie der B2 im Nennbetrag von DM 50,00 einen Gewinnanteil von 50 % des Betrags, der als Gewinnanteil auf eine Aktie der B1 im Nennbetrag von DM 50,00 in dem entsprechenden Geschäftsjahr entfällt; dies entspricht 500 % des Betrages, der als Gewinnanteil auf eine Aktie der B1 im Nennbetrag von DM 5,00 in dem betreffenden Geschäftsjahr entfällt.
Nach § 4 des Beherrschungsvertrages verpflichtet sich die B1, auf Verlangen außenstehender Aktionäre der B2 deren Aktien gegen eine Abfindung zu erwerben. B1 gewährt den außenstehenden Aktionären der B2 für 41 Aktien der B2 im Nennbetrag von je DM 50,00 insgesamt 203 Inhaberaktien der B1 im Nennbetrag von je DM 5,00 mit zeitgleicher Gewinnberechtigung, sowie eine bare Zuzahlung von DM 0,03 je Aktie der B2.
Die B1 und die B2 erstatteten am 30. Juni 1997 einen gemeinsamen Bericht über den Beherrschungsvertrag. Danach ist das angemessene Umtauschverhältnis sowie die bare Zuzahlung für die außenstehenden Aktionäre der B2 aufgrund eines Bewertungsgutachtens der D Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln, ("D") festgelegt worden. Am 21. Mai 1997 haben die B1 die E und Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg, ("E") und die B2 die F Deutsche Treuhand Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg, ("F") als sachverständige Prüfer gemäß § 293c AktG bestellt. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf die schriftlichen Berichte der D, F und E Bezug genommen.
Die Hauptversammlung der B2 hat am 1. September 1997 dem Beherrschungsvertrag mit der B1 zugestimmt. Die Hauptversammlung der B1 hat am 29. Juli 1997 dem Beherrschungsvertrag zugestimmt. Der vorbezeichnete Beherrschungsvertrag wurde am 11. September 1997 in das Handelsregister der B2 eingetragen. Die Bekanntmachung gemäß § 10 HGB erfolgte zuletzt im Bundesanzeiger vom 15. Oktober 1997. Bereits am 25. September 1997 war die Eintragung in einem anderen Blatt bekannt gemacht worden. Das streitgegenständliche Spruchverfahren ist im Dezember 1997 im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden.
Das Grundkapital der B2 betrug nach einer am 5. Mai 1997 von ihrer Hauptversammlung beschlossenen Barkapitalerhöhung DM 88.000.000. Es war aufgeteilt in 440.000 Inhaberaktien im Nennbetrag zu je DM 50,00 und in 1.320.000 Namensaktien im Nennbetrag von je DM 50,00. Das Grundkapital der B2 wurde zu 75% plus eine Aktie von der B1 gehalten, der Rest der Aktien befand sich im Streubesitz.
Die Inhaberaktien der B2 waren zum Börsenhandel mit amtlicher Notierung an den Wertpapierbörsen zu Düsseldorf, Berlin und Frankfurt am Main zugelassen.
Die B2 bot Versicherungsschutz im direkten Geschäft an, insbesondere durch Einzel- und Gruppen-Kapitalversicherungen sowie Risiko- und Rentenversicherungen. Darüber hinaus bot die Gesellschaft fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen sowie Unfall- und Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen an. Der Marktanteil der B2 - gemessen anhand der verdienten Bruttobeiträge betrug gemäß Geschäftsbericht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen in den Jahren 1996 und 1997 ca. 3,7 % und 3,8 %. Die B2 lag in den Jahren 1996 und 1997 unter 125 Lebensversicherungsunternehmen auf Rang 7 bzw. 6 des deutschen Lebensversicherungsmarktes und war daher als großer Lebensversicherer einzuordnen. Die verdienten Nettobeträge lagen in den Jahren 1994 bis 1996 bei DM 2.933.765.000, DM 3.169.137.000 und DM 3.360.394.000.
Die B1 übte die Holdingfunktion in der B-Gruppe ("B-Gruppe") aus. Das Versicherungs- und das Bauspargeschäft wurden ausschließlich von den Tochtergesellschaften betrieben.
Gemäß Verschmelzungsvertrag vom 17. Juni 1997 wurde die B Konzernrückversicherung AG ("B3") im Wege der Aufnahme durch Übertragung ihres Vermögens auf die B1 als Ganzes mit Zustimmung der Hauptversammlung der B3 vom 28. August 1997 verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgte am 13. Oktober 1997. Mit Beschluss der Hauptversammlung der B1 vom 30. August 1996 wurde der Unternehmensgegenstand um den Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts erweitert.
Das Grundkapital der B1 betrug DM 245.437.500 und war eingeteilt in 4.028.750 vinkulierte Namensaktien im Nennbetrag von je DM 50,00 (nominal DM 201.437.500) und 880.000 Inhaberaktien im Nennwert von je DM 50,00 (nominal DM 44.000.000). Im Zuge der Verschmelzung der B1 mit der B3 wurde das Grundkapital der B1 durch Beschluss der Hauptversammlung vom 29. August 1997 durch Ausgabe von 352.485 neuen Inhaberaktien um nominal DM 1.762.425,90 auf insgesamt DM 247.199.925 erhöht.
Die Antragsteller sind der Meinung, der von der B1 angebotene Ausgleich gemäß § 304 AktG sowie die angebotene Abfindung gemäß § 305 AktG seien unangemessen.
Die B2 sei zu niedrig bewertet worden. Der Wert der B2 betrage mindestens 2 Milliarden DM. Der Emissionspreis für die Aktie der B2 im Jahr 1991 habe deutlich über dem im Zusammenhang mit dem Beherrschungsvertrag 1997 ermittelten Wert der Aktie der B2 gelegen. Bei dem Squeeze Out der B2 im Jahr 2002 habe der Unternehmenswert rund 75% über dem Unternehmenswert des Jahres 1997 gelegen.
Die Ertragsplanung für die B2 sei falsch. Die Dynamik der B2 bei versicherungstechnischen Leistungen sei nicht berücksichtigt worden. Die Bruttobeiträge, das Eigenkapital und das Ergebnis der B2 seien gestiegen, ihr Wert allerdings um 50% gefallen. Die Kapitalanlagen der B2 seien fehlerhaft prognostiziert worden, zudem seien sie nicht in vollem Umfang betriebsnotwendig. Die Abzinsung der Kapitalanlagen mit einem Kapitalisierungszinssatz von 7,75% führe zu einer systematischen Wertvernichtung. Stille Reserven in den Kapitalanlagen und Synergieeffekte seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Anteil der Versicherungsnehmer am Rohüberschuss (Direktgutschrift und Zuführung zur RfB) sei zu hoch angesetzt worden. Die Beteiligungen der B2 seien methodisch falsch bewertet worden. Zudem seien die Beteiligungen der B2 an der G-AG ("G"), Hannover, sowie an der H S. A. ("H"), Paris, nicht bewertet worden. Der Kapitalisierungszinssatz sei überhöht und zudem nicht einheitlich angewendet worden. Der Basiszinssatz sei überhöht und falsch errechnet worden; es könne lediglich der zum Stichtag gültige Basiszinssatz Berücksichtigung finden. Ein Risikozuschlag sei nicht berechtigt, da das Unternehmensrisiko bereits in der Ertragsprognose berücksichtigt sei. Im Übrigen werde eine Barabfindung geschuldet, da die B1 seinerzeit von der J AG abhängig gewesen sei.
Die Antragsteller beantragen,
den angemessenen Ausgleich gemäß § 304 AktG und die angemessene Abfindung gemäß § 305 AktG gerichtlich festzusetzen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung, dass die Anträge teilweise bereits unzulässig seien. Im Übrigen seien die Anträge unbegründet, da der im Beherrschungsvertrag vom 30. Juni 1997 festgelegte Ausgleich und die Abfindung angemessen seien. Die von E, D und F ermittelten Umtauschverhältnisse für den Ausgleich und die Abfindung seien zutreffend ermittelt worden. In begründeten Ausnahmefällen sei von der Ertragswertmethode abgewichen worden. Synergieeffekte seien nach herrschender Meinung nicht zu berücksichtigen. Sämtliche Kapitalanlagen seien bei Lebensversicherungsunternehmen als betriebsnotwendiges Vermögen zu qualifizieren. Stille Reserven seien im Ertrag berücksichtigt worden, das gelte auch für die stillen Reserven in Rückstellungen. Der Kapitalisierungszinssatz sei nicht zu beanstanden. Es sei die auf Dauer erzielbare Umlaufrendite der letzten 15 bis 20 Jahre, im Durchschnitt 7,25%, zur Ermittlung des Basiszinssatzes zugrunde gelegt worden. Ein Risikozuschlag sei berechtigt, er müsse jedoch nach Versicherungssparte unterschiedlich ausfallen. Schließlich sei die B1 nicht von der J AG abhängig gewesen, wie sich bereits aus dem gemeinsamen Bericht zum Beherrschungsvertrag ergebe. Daher werde keine Barabfindung geschuldet.
Das Gericht hat durch Beweisbeschlüsse vom 16. Juni 1999, 11. August 1999 und 21. November 2003 Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Insofern wird auf die schriftlichen Gutachten beziehungsweise Ergänzungsgutachten der Sachverständigen K, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft mbH, ("K") vom 30. Oktober 2000 und 4. November 2002 sowie der Sachverständigen L, L1 & Partner GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ("L") vom 12. Oktober 2006 Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Anträge sind zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Zulässigkeit
Die noch anhängigen Anträge sind zulässig.
Die Anträge beurteilen sich nach den §§ 304 ff. AktG a. F. Das im Jahr 2003 in Kraft getretene Spruchverfahrensgesetz ist auf das vorliegende Altverfahren nicht anwendbar, § 17 Abs. 2 SpruchG.
Gemäß § 304 Abs. 3 Satz 3 AktG a. F., § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG a. F. hat das zuständige Gericht auf Antrag der außenstehenden Aktionäre den angemessenen Ausgleich und die angemessene Abfindung festzusetzen. Nach 304 Abs. 4 AktG a. F., § 305 Abs. 5 Satz 5 AktG a. F. ist jeder außenstehende Aktionär antragsberechtigt. Der Antrag kann nur binnen zwei Monaten seit der nach Maßgabe von § 10 HGB erfolgten Bekanntmachung der Eintragung des Beherrschungsvertrages in das Handelsregister gestellt werden. Folgeanträge können noch binnen einer Frist von zwei Monaten nach der durch das Gericht zu veranlassenden Bekanntmachung des Spruchverfahrens in den Gesellschaftsblättern gemäß § 306 Abs. 3 Satz 2 AktG a. F. gestellt werden.
Die Anträge der Antragsteller zu 2, 3 und 5 sind bereits mit Beschluss der Kammer vom 30. Juni 1998 für zulässig erklärt worden. Ferner ist der Antrag des Antragstellers zu 4 durch Beschluss der Kammer vom 30. Juni 1998 für zulässig erklärt worden. Die vorgenannten Beschlüsse sind bestandskräftig.
Die Anträge der Antragsteller zu 1 und 9 sind bereits durch Beschlüsse der Kammer vom 30. Juni 1998 und 24. Juli 1998 als unzulässig zurückgewiesen worden, da diese Antragsteller ihre Aktien erst nach der Eintragung des Beherrschungsvertrages in das Handelsregister erworben haben. Die Beschlüsse sind ebenfalls bestandskräftig.
Die übrigen Antragsteller haben ihre Antragsberechtigung nachgewiesen. Sie haben urkundlich belegt, dass sie zum Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses zu dem Beherrschungsvertrag in das Handelsregister Aktionäre der B2 waren.
Die Anträge sind auch fristgerecht bei Gericht eingereicht worden. Die zweimonatige Antragsfrist gemäß 304 Abs. 4 AktG a. F., § 305 Abs. 5 Satz 5 AktG a. F. ist am 15. Dezember 1997 abgelaufen, da die letzte Bekanntmachung im Sinne von § 10 HGB am 15. Oktober 1997 erfolgt war. Die Frist für die Folgeanträge ist im Februar 1998 abgelaufen, nachdem das Spruchverfahren seitens des Gerichts im Dezember 1998 im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden war.
Die Anträge der übrigen Antragsteller sind am 13. November 1997, 12. Dezember 1997, 18. November 1997 (LG Aachen) beziehungsweise 17. Dezember 1997 (LG Köln), 23. Dezember 1997 und 6. Januar 1998 bei Gericht eingegangen. Die Anträge zu 6 bis 8 sind zumindest als Folgeanträge zulässig.
Begründetheit
Die Anträge auf gerichtliche Festsetzung des angemessenen Ausgleichs und der angemessenen Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG sind unbegründet. Der im Beherrschungsvertrag vom 30. Juni 1997 angebotene Ausgleich und die dort angebotene Abfindung sind angemessen.
Beurteilungsgrundlage
Die Kammer hat sich in erster Linie auf das Gutachten der Sachverständigen L vom 12. Oktober 2006 gestützt, insbesondere auf das Gutachten über den Unternehmenswert der B1 ("Gutachten B1") und das Gutachten über den Unternehmenswert der B2 ("Gutachten B2"). Diese Einzelgutachten sind eingebettet in die von der Sachverständigen L vorgenommene Gesamtbewertung der B-Gruppe. Es handelt sich um ein schlüssiges und homogenes Gutachten, das weit über das Gutachten von K hinaus geht. Das Gutachten von K wurde daher lediglich zur Plausibilisierung des in sich schlüssigen, widerspruchsfreien und in jeder Hinsicht überzeugen Gutachtens der Sachverständigen L herangezogen. Das Gutachten der Sachverständigen L ist von den Verfahrensbeteiligten akzeptiert worden. Jedenfalls ist keine Kritik geäußert worden.
Barabfindung
Die Antragsteller haben zunächst keinen Anspruch auf Barabfindung gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 AktG a. F. Nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG a. F. muss der Beherrschungsvertrag als Abfindung eigene Aktien des anderen Vertragsteils anbieten, wenn dieser eine nicht abhängige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft ist. Falls der andere Vertragsteil eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft ist und das sie beherrschende Unternehmen eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland ist, müssen gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG a. F. entweder Aktien des anderen Vertragsteils oder der mit Mehrheit beteiligten Obergesellschaft oder eine Barabfindung angeboten werden. In allen anderen Fällen ist gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG a. F. eine Barabfindung vorzusehen. Streitig ist, ob in den Fällen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG a. F. das Wahlrecht bei den Partnern des Beherrschungsvertrages oder bei den Minderheitsaktionären liegt (vgl. Hüffer, AktG, 5. Auflage, § 305 Rn. 5).
Die Antragsteller sind der Meinung, dass die B1 eine Barabfindung schulde, da sie zum Stichtag von der J AG, der N Rückversicherung AG, der M Bank AG und der H beherrscht gewesen sei. Die J-Gruppe habe das Eindringen der H in den deutschen Markt verhindern können, indem sie der italienischen O-Gruppe die Zwei-Drittel-Mehrheit an der B1 verschafft habe, wie auch der Presse habe entnommen werden können. Es habe zudem ein Kooperationsvertrag zwischen der O-Gruppe und der B-Gruppe bestanden. In einer Pressemitteilung der B1 vom 21. Dezember 1997 sei mitgeteilt worden, die J AG und die H hätten vereinbart, sich von ihren Aktienpaketen an der B1 zu trennen und diese an die O-Gruppe zu veräußern. Auch wenn die H in den Hauptversammlungen der B1 nicht über die Mehrheit der Stimmen verfügt habe, sei aber aufgrund des Abstimmungsverhaltens der H, der M Bank AG, der N Rückversicherung AG und der J AG in den Hauptversammlungen der B1 von einer mehrfachen Abhängigkeit letzterer auszugehen.
Die Antragsgegnerinnen haben erläutert, dass die B1 im Jahr 1997 nicht in Mehrheitsbesitz stand und beherrscht wurde. Unstreitig ergab sich für die B1 zum Stichtag folgende Aktionärsstruktur:
H (zzgl. weitere 6% nicht stimmberechtigte Kapitalbeteiligung) 27,5% M Bank AG 14,7% N Rückversicherung AG 8,6% J AG 5,9% Gesamt 56,7%
Die restlichen ca. 38,2 % des Kapitals der B1 seien von institutionellen und privaten Anlegern gehalten worden, von denen nach Kenntnis des Vorstands der B1 keiner einen Stimmrechtsanteil von mehr als 5 % gehabt habe. Die H habe weder in der B1-Hauptversammlung des Jahres 1997 noch in den Hauptversammlungen der vorangegangenen Jahre über eine Präsenzmehrheit verfügt. Ihr Präsenzanteil habe in den Jahren 1994 bis 1997 bei 36,61%, 35,10%, 34,56% und 38,26% gelegen. Insofern haben die Antragsgegnerinnen die jeweiligen Teilnehmerverzeichnisse der Hauptversammlungen der B1 vorgelegt (Anlagen B 1 bis B 4 zum Schriftsatz vom 1. Juni 2007, Blatt 1173 ff.). Die B1 sei auch nicht durch die J AG, die M Bank AG, die N Rückversicherung AG und die H gemeinsam beherrscht worden. Richtig sei, dass Anfang der neunziger Jahre die M Bank AG, die N Rückversicherung AG und die J AG als Aktionäre der B1 verhindert hätten, dass die H ihren Anteil bei der B1 ausbaut. Am 13. Oktober 1997, also circa anderthalb Monate nach dem Stichtag für dieses Verfahren, habe die italienische O-Gruppe, die seinerzeit nicht an der B1 beteiligt gewesen sei, der französischen H-Gruppe ein öffentliches Übernahmeangebot unterbreitet. Die H habe dieses Übernahmeangebot abwehren wollen, wie sich aus der Presse ergebe. Die J AG habe auf Veranlassung der H am 18. November 1997 ein - aus Sicht der H - freundliches Gegenangebot unterbreitet. Im Rahmen von Verhandlungen der J AG mit der O-Gruppe gegen Ende Dezember 1997 sei vereinbart worden, dass die O-Gruppe weitere Übernahmeangebote bezüglich der H nicht unterbreiten werde, sodass die J AG zum Zuge gekommen sei. Im Gegenzug seien der O-Gruppe von der J AG die eigenen die von der H gehaltenen B1-Anteile überlassen worden. Dies sei mit der Pressemitteilung der B1 vom 21. Dezember 1997 bekannt gegeben worden. Die J AG habe als größter Erstversicherer in Deutschland nach einem Erwerb der H ohnehin mit einer Abgabe der H-Anteile an der B1 aus wettbewerbsrechtlichen Gründen rechnen müssen. Im Mai 1998 habe die O-Gruppe die B1-Aktien erworben.
Bei dieser Sachlage kann zunächst nicht davon ausgegangen werden, dass die B1 bei Abschluss des Beherrschungsvertrages von der H abhängig war. Die Antragsgegnerinnen haben die Beteiligungsverhältnisse zum Stichtag dargelegt. Diese werden von übrigen Verfahrensbeteiligten nicht infrage gestellt. Danach verfügte die H nicht über eine zur Beherrschung der B1 erforderliche Mehrheit der Anteile. Die B1 wurde auch nicht faktisch von der H beherrscht, da ihre Hauptversammlungspräsenzen dazu nicht ausreichten.
Auch von einer mehrfachen Abhängigkeit der B1 durch die H, die M Bank AG, die N Rückversicherung AG und die J AG kann nicht ausgegangen werden. Richtig ist zwar, dass die vorgenannten Gesellschaften zusammengerechnet mehr als 50% der Anteile an der B1 hielten. Eine Zusammenrechnung der Einflusspotenziale mehrerer Unternehmen setzt aber eine Interessenkoordination voraus, etwa im Rahmen eines Gleichordnungskonzerns oder durch vertragliche Vereinbarungen über eine einheitliche Stimmenabgabe u. ä. (Hüffer, AktG, 7. Auflage 2006, § 17 Rn. 13 ff.). Dazu haben die Antragsteller beziehungsweise die Vertreter der außenstehenden Aktionäre aber keine greifbaren Anhaltspunkte geliefert, die den Antragsgegnerinnen Veranlassung hätten geben müssen, zu dem Abstimmungsverhalten in den Hauptversammlungen der B1 im Jahr 1997 und in den vorangegangenen Jahren näher vorzutragen. Eine begründete Vermutung für ein abgesprochenes Vorgehen der vorgenannten Unternehmen in den Hauptversammlungen der B1 besteht nicht. Dass die vorgenannten Unternehmen im Einzelfall einheitlich abgestimmt hatten, etwa bei der Schaffung des Vertragskonzerns der B-Gruppe, setzt nicht zwingend eine Interessenkoordination voraus. Dass die vorgenannten Unternehmen durchaus unterschiedliche Interessen verfolgten, ist daraus zu ersehen, dass zunächst eine weitere Aufstockung der B1-Anteile seitens der H von der J AG, der M Bank AG und der N Rückversicherung AG verhindert worden war. Ob die Interessenunterschiede so weit gingen, dass sich die vorgenannten Unternehmen gegenseitig in Schach hielten, kann offen bleiben. Selbst wenn dies nicht der Fall war, kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Unternehmen im Hinblick auf die B1 zusammengearbeitet haben.
Das kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die J AG am 18. November 1997 ein aus der Sicht der H freundliches Gegenangebot unterbreitet hat. Das kann viele Gründe haben, auch strategische Gründe, um andere Akquisitionen vorzubereiten oder zu unterstützen. Offenbar verfolgte die J AG bei der Abgabe der B1-Anteile an die O-Gruppe ausschließlich eigene Interessen in dem Sinn, dass sie sich mit der O-Gruppe zum Vorteil beider einigte, wer bei der H und wer bei der B1 zum Zuge kommen sollte. Ansonsten wäre der H-Erwerb wahrscheinlich teuer für sie geworden. Warum es bei dieser Konstellation undenkbar sein soll, dass bezüglich der B1 bis zum Jahr 1996 keine Interessenkoordination stattgefunden hat, erschließt sich der Kammer nicht. Bei dieser Sachlage bestand für das Gericht trotz der Amtsermittlungspflicht keine Veranlassung zu weiteren Nachforschungen. Es ist anerkannt, dass die Beteiligten zunächst greifbare Anhaltspunkte, die weitere Ermittlungen rechtfertigen, liefern müssen (vgl. OLG Düsseldorf, AG 1999, 321, 325 "Lippe-Weser-Zucker AG"; OLG Düsseldorf, AG 2003, 688, 692 "Veba AG").
Abfindung in Aktien
Die angebotene Abfindung in Aktien der anderen Gesellschaft ist nach § 305 Abs. 3 AktG angemessen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in denen sie bei einer Verschmelzung der Gesellschaft mit dem anderen Vertragsteil des Beherrschungsvertrages zu gewähren wären, wobei Spitzenbeträge durch bare Zuzahlung ausgeglichen werden können. Die angemessene Barabfindung muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Beherrschungsvertrag berücksichtigen.
Für die Verschmelzungswertrelation ist die Bewertung beider Unternehmen erforderlich. Dieser Wert bestimmt sich maßgeblich danach, wie die Gesellschaft ohne Abschluss des Unternehmensvertrages wertmäßig zu beurteilen wäre. Der nach diesen Grundsätzen ermittelte Wert stellt die angemessene Abfindung dar, weil der ausscheidende Aktionär die Summe erhalten muss, die dem Wert seiner Beteiligung am Unternehmen voll entspricht. Nur die volle Abfindung ist angemessen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 27.04.1999 - 1 BvR 1613/94, AG 1999, 566 ff.; "DAT/Altana"OLG Düsseldorf, Beschl. vom 15. Januar 2004 - I-19 W 5/03 AktE, "Krupp Stahl/Hoesch-Krupp", AG 2004, 212, 213 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.).
Ertragswertmethode
Bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses sind die Gutachter zutreffend von der Ertragswertmethode ausgegangen und haben fiktiv darauf abgestellt, wie sich beide Unternehmen entwickelt hätten, wenn sie als selbstständige Einheiten fortgeführt worden wären. Die Ertragswertmethode ist in Rspr. und Schrifttum anerkannt (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 14.01.2004 - 19 W 1/03 AktE, AG 2004, 614, "Agrippina-Versicherungs-AG/Zürich Versicherungs-AG" mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.). Bei der Unternehmensbewertung ist primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Gegebenenfalls ist das Ergebnis um die gesonderte Bewertung von Beteiligungen und von sog. nicht betriebsnotwendigen Vermögen, das regelmäßig mit dem Liquidationswert angesetzt wird, zu ergänzen. Das Ergebnis der Prognose ist mit einem an der Rendite des öffentlichen Kapitalmarktes orientierten Kalkulationszinsfuß zu kapitalisieren (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 14.01.2004 - 19 W 1/03 AktE, AG 2004, 614, "Agrippina-Versicherungs-AG/Zürich Versicherungs-AG" mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.).
Unternehmenswert B2
Die Sachverständige L hat unter Berücksichtigung der Ergebnisse der B2 in der Zeit von 1994 bis 1996, der Gutachten der D, E und F und der Planungen der B2 ab 1997 einen diskontierten Unternehmenswert zum 31. Dezember 1996 in Höhe von TDM 1.685.400 wie folgt ermittelt:
Geschäftsjahr Jahreserfolg in TDM Barwert zum 31. Dezember 1996 in TDM 1997 80.800 75.500 1998 86.500 75.600 1999 93.300 76.200 2000 100.400 76.700 2001 108.100 77.200 2002 ff. 113.600 1.304.200 Ertragswert zum 31. Dezember 1996 1.685.400
Einzelheiten dazu ergeben sich aus der Anl. 1 zum B2-Gutachten.
Nach Aufzinsung dieses Betrages zum Stichtag 1. September 1997 beträgt der Wert der B2 TDM 1.764.076.
Damit wird der dem Beherrschungsvertrag zu Grunde liegende Wert der B2 von TDM 1.515.341 zum Stichtag erheblich überschritten.
Überschüsse B2
Besonderheiten von Lebensversicherungsunternehmen
Die Sachverständige L hat die Besonderheiten bei der Bewertung von Lebensversicherungsunternehmen berücksichtigt, vor allem die erhebliche Beitragsrückerstattung an Versicherungsnehmer (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. 10. 2005 - 19 W 11/04, NJW-RR 2006, 541 ff.).
Die Bundesaufsichtsbehörde verlangt gemäß der Verordnung über die Berechnung und Höhe des Rückgewährrichtsatzes, des Normrisikoüberschusses und Normzinsertrages in der Lebensversicherung (Rückgewährquote-Berechnungsverordnung - RQV) vom 28. März 1984 (BGBl. I, S. 496) bzw. gemäß Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (ZRQuotenV) vom 23. Juli 1996 (BGBI. I, S. 1190), dass die Lebensversicherungsunternehmen mindestens 90 % des Überschusses den Versicherungsnehmern als Beitragsrückerstattung wieder zukommen lassen. Als Überschuss ist dabei nicht der handelsrechtliche Jahresüberschuss, sondern der Rohüberschuss zu verstehen. Dieser ergibt sich vor Abzug der Überschussbeteiligung in Form der Direktgutschrift und/oder der Zuweisung an die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB).
In der Lebensversicherungsbranche wurden nach der Einschätzung der Sachverständigen L zur damaligen Zeit aus Wettbewerbsgründen etwa 95 % bis zu 98 % des Rohüberschusses an die Versicherungsnehmer zurückerstattet.
Der Rohüberschuss ist der Saldo der einzelnen Ergebnisquellen (im Wesentlichen Risiko-, Storno-, Kosten- und Kapitalanlageergebnis). Er umfasst u.a. auch alle durch Verkauf realisierten bzw. durch Zuschreibung aufgelösten stillen Reserven in den Kapitalanlagen.
Durch die hohe Überschussbeteiligung erhalten die Versicherungsnehmer und nicht die Aktionäre den weitaus größten Teil des Überschusses. Eine präzise Prognose der Überschussbeteiligungsquote ist insofern von Bedeutung, als dass bereits geringfügige Änderungen bei der Überschussbeteiligung zu erheblichen Auswirkungen auf den handelsrechtlichen Jahresüberschuss und damit auch auf den maximal zulässigen Ausschüttungsbetrag eines Lebensversicherungsunternehmens führen.
Die Erträge fallen sowohl aus der laufenden betrieblichen Tätigkeit des Lebensversicherers als auch aus der Realisierung von in der Substanz gebundenen stillen Reserven an. Der Ertragswert und damit die zu ermittelnde Abfindungsleistung soll auch die anteiligen stillen Reserven enthalten, die - nach Zurechnung der Überschussbeteiligung an die Versicherungsnehmer - im Unternehmen verbleiben. Die Prognose des Zukunftserfolgswertes wird wesentlich von der Entwicklung des Lebensversicherungsbestandes und der Entwicklung der Kapitalanlagen bestimmt. Diese wiederum werden sowohl von unternehmensexternen Einflussgrößen (z.B. gesamtwirtschaftliche Faktoren: Altersvorsorgebedarf, Preisentwicklungen, Kapitalmarktzins, etc.), als auch von unternehmensinternen Einflussgrößen (z. B. Vertrieb, Organisation und Management) determiniert.
Risiko- und Kapitalanlageergebnisse
Die Sachverständige L hat das Risiko- und Kapitalanlageergebnis der B2 detailliert geprüft.
Die Risikoergebnisse sind ausführlich und nachvollziehbar in der Anl. 3 zum B2-Gutachten dargestellt.
Die Entwicklung der Gesamtergebnisse aus Kapitalanlagen sowie die Korrekturen der Sachverständigen L sind im Einzelnen ab der Seite 51 des B2-Gutachtens näher erläutert worden. Daraus ergibt sich, dass die Kapitalanlagen in den Jahren 1991 bis 1996, gemessen an der Bilanzsumme, einen Anteil von über 82% am Ergebnis der Gesellschaft hatten. Auf Seite 96 und den Anl. 4a und 4 b des B2-Gutachtens wird erläutert, wie die besonders bedeutsamen Kapitalanlageergebnisse ermittelt und welche Korrekturen vorgenommen worden sind. Sachverständigenseits ist die Planungsrechnung der B2 im Hinblick auf das Kapitalanlageergebnis zwischen TDM 29.500 und TDM 102.800 gekürzt worden, das entsprach relativen Veränderungen zwischen 2,5% und 6,3%. Die Ausführungen der Sachverständigen L überzeugen.
Stille Reserven
Die Sachverständige L hat die Einwände der Antragsteller zur Berücksichtigung der stillen Reserven in den Kapitalanlagen wie folgt berücksichtigt:
Für die gesondert bewerteten Unternehmen sind die Kapitalanlageergebnisse neu berechnet worden. Dabei sind die Marktwerte jeder Asset-Klasse mit der jeweiligen zum Bewertungsstichtag langfristig prognostizierten Marktrendite verzinst worden. Die stillen Reserven sind so über die Marktverzinsung in die Kapitalanlageergebnisse eingeflossen.
Für die nicht gesondert bewerteten Unternehmen sind die Jahresabschlüsse analysiert worden. Soweit das anteilige Eigenkapital des jeweiligen Beteiligungsunternehmens den berücksichtigten Marktwert (Buchwert + anteilige stille Reserven) überstieg, ist der übersteigende Betrag - soweit dieser als ausschüttungsfähig klassifiziert werden konnte - in die Marktwertverzinsung einbezogen worden. Näheres ergibt sich aus den Erläuterungen in den Anlagebänden.
Ferner hat die Sachverständige L die stillen Reserven auf der Passivseite der Bilanz untersucht, insbesondere bezüglich der versicherungstechnischen Rückstellungen. Die Schadensrückstellungen wurden von der Sachverständigen L korrigiert, soweit diese für die Sicherstellung der Versicherungsschutzgewährung nicht erforderlich waren. Die nicht betriebsnotwendigen stillen Reserven sind aufgedeckt und angemessen im Rahmen der Ergebnisprognosen berücksichtigt worden.
Schwankungsrückstellung
Die Sachverständige L hat sich mit der Kritik der Antragsteller auseinander gesetzt. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bereinigung der Schwankungszurückstellung im Rahmen der ursprünglichen Unternehmensbewertung nicht zu beanstanden ist.
Die Schwankungsrückstellung erfüllt betriebswirtschaftlich zwei Aufgaben. Mit Hilfe der Ausgleichsfunktion werden die im Zeitablauf unterschiedlich hohen Schadensbelastungen der einzelnen Jahre durch Zuführungen und Entnahmen auf einen mittleren Wert hin verändert. Die Sicherheitsfunktionen hat die Aufgabe, durch Bereitstellung eines (zusätzlichen) Risikokapitals ein angemessenes Sicherheitsniveau für den zukünftigen Versicherungsschutz der Versicherungsnehmer zu gewährleisten. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zur Unternehmensbewertung wird die Schwankungsrückstellung zum Eigenkapital gerechnet, so dass Zuführungen und Entnahmen nicht in das Bewertungsergebnis des Versicherungsunternehmens einfließen. Dementsprechend werden der buchungstechnische Vorgang der Bildung und Auflösung von Schwankungsrückstellungen in der Planungsrechnung bei der Ermittlung des Unternehmenswertes nicht berücksichtigt.
Synergieeffekte
Die Unternehmen der B-Gruppe sind zum Bewertungsstichtag richtigerweise auf "standalone"-Basis bewertet worden. Sogenannte echte Synergieeffekte, die erst durch das Wirksamwerden des Beherrschungsvertrages entstehen, sind nicht zu berücksichtigen. Das entspricht der herrschenden und zutreffenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. nur OLG Stuttgart, Beschluss vom 04. Februar 2000 - 4 W 15/98, "Schwaben Zell/Hannover Papier", AG 2000, 428 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 19 W 1/96 AktE, "Hoffmann's Stärkefabriken", AG 2000, 323 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Februar 2004 - 19 W 3/00 AktE, "Eisenbahn-Verkehrsmittel-AG für Transport und Lagerung (EVA)", AG 2004, 324 ff.).
Die im Rahmen des Verschmelzungsvertrages zwischen der B1 und der B3 vom 17. Juni 1997 prognostizierten Synergieeffekte in Höhe von TDM 9.400 sind jedoch bei der Ermittlung der Unternehmenswerte im Rahmen des Beherrschungsvertrages zwischen der B1 und der B2 vom 30. Juni 1997 berücksichtigt worden, da aufgrund der zeitlichen Abfolge der Vertragsschlüsse bewertungstechnisch von einem zeitlich vorgelagerten Wirksamwerden des Verschmelzungsvertrages auszugehen war, auch wenn die Verschmelzung der B3 auf die B1 erst durch Eintragung in das Handelsregister zum 13. Oktober 1997 wirksam wurde.
Abzug der Ertragsteuern
Von den aus dem Risiko- und Kapitalanlageergebnis ermittelten Rohüberschüssen von TDM 1.150.000 für 1997, TDM 1.251.500 für 1998, TDM 1.336.900 für 1999, TDM 1.423.500 für 2000, TDM 1.517.800 für 2001 und TDM 1.598.800 für 2002 ff. hat die Sachverständige L die relativ geringen Ertragsteuern abgezogen.
Persönliche Ertragsteuern
Die persönliche Ertragsteuer der Anteilseigner hat die Sachverständige L entgegen der mittlerweile herrschenden Meinung (vgl. OLG München, Beschluss vom 11. 7. 2006 - 31 Wx 41 und 66/05, NJOZ 2006, 3010, 3015 mit weiteren Nachweisen zur Rspr. und Lit.) weder bei der Bewertung der Überschüsse noch bei der Herleitung des Kapitalisierungszinses einbezogen. Zum Bewertungsstichtag wurde vom Arbeitskreis Unternehmensbewertung des Instituts der Wirtschaftsprüfer diskutiert, entgegen der bisherigen Vorgehensweise der Stellungnahme HFA 2/1983 die Auswirkungen persönlicher Ertragsteuern bereits im Rahmen der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte zu berücksichtigen. Hierfür sollte - sofern die individuellen steuerlichen Verhältnisse der Anteilseigner nicht bekannt sind - ein typisierter Einkommensteuersatz von 35 % zugrunde gelegt werden. Da sich dieser Diskussionsstand zum Bewertungsstichtag noch nicht durchgesetzt hatte, ferner diverse Problemkreise (z.B. die Behandlung gesondert bewerteter sowie ausländischer Beteiligungen) noch offen waren und es darüber hinaus im streitigen Bewertungsfall an besonderen Anlässen für die Einbeziehung persönlicher Ertragsteuern (wie z.B. Verlustvorträge, nicht betriebsnotwendiges Vermögen u. a.) fehlte, hat die Sachverständige L - ebenso wie die Vorgutachter die persönliche Ertragssteuer außer Acht gelassen. Diese Auffassung ist nachvollziehbar und vertretbar (in diesem Sinne auch BayObLG, Beschluss vom 28. 10. 2005 - 3Z BR 71/00, NZG 2006, 156, 158).
Schätzung der Rohüberschussquote - Direktgutschriften und RfB-Quoten
Die Minderung der Rohüberschussquote führt zu einer Erhöhung des Unternehmenswertes und ist daher für die Minderheitsaktionäre günstig.
Nach den vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) gegebenen Informationen betrugen die Rohüberschussquoten, bezogen auf alle Lebensversicherungsunternehmen von 1995 bis 1997 im Durchschnitt rd. 97 % (1995: 97,5 %, 1996: 97,4 %, 1997: 97,3 4%).
Bei der B2 errechnet sich nach den der Sachverständigen L vorgelegten Unterlagen in den Jahren 1994 bis 1996 eine Rohüberschussquote von rd. 96 % (1994: 96,4 %, 1995: 96,6 %, 1996: 96,1 %). Im Jahr 1997 wies die Gesellschaft eine Rohüberschussquote von 94,9 % aus. Diese Rohüberschussquoten der B2 liegen eher im unteren Bereich der Rohüberschussquoten sonstiger Lebensversicherer.
Für den Prognosezeitraum von 1997 bis 2001 wurden nach der Planung der B2 Rohüberschussquoten von 95,20% bis 95,0% angesetzt. Diese Werte hat die Sachverständige L für vertretbar erachtet und übernommen, auch wenn die Rohüberschussquote ab dem Jahr 1997 tatsächlich stärker gesunken sei. Jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht des Bewertungsstichtages seien die Quoten nicht zu hoch veranschlagt worden.
Die Sachverständige L hat sich mit den Einwänden der Antragsteller zu den Direktgutschriften und den RfB-Quoten auseinander gesetzt. Sie hat die Einwände im Ergebnis für unberechtigt erachtet und dies nachvollziehbar begründet.
Beteiligungsunternehmen der B2
Die Sachverständige L hat die Gründe und die Auswirkungen der vom Ertragswert abweichenden Bewertungen der Beteiligungen der B2 bzw. sonstiger Unternehmen der B-Gruppe im Einzelnen erläutert (S. 161 ff. und Anl. 3 B1-Gutachten). Diese Ausführungen überzeugen und werden auch nicht beanstandet. Die Sachverständige L hat bei der Bewertung der Beteiligungen der B2 und auch der übrigen Gesellschaften der B-Gruppe folgende Grundsätze angewendet:
Die gesondert bewerteten in- und ausländischen Beteiligungsgesellschaften wurden nach dem Ertragswertverfahren im Rahmen der landesüblichen Bewertungsmethoden bewertet. Soweit bei assoziierten Unternehmen Prognoserechnungen für die ertragswertbestimmenden Faktoren nicht zur Verfügung standen oder anhand sonstiger Unterlagen nicht näherungsweise geschätzt werden konnten, wurden die betreffenden Beteiligungsunternehmen anhand der kapitalisierten Bruttodividende bewertet. Dieses Verfahren entspricht grundsätzlich dem Ertragswertansatz.
Beteiligungsunternehmen, auf die im Rahmen von Funktionsausgliederungsverträgen betriebliche Funktionen von Versicherungsunternehmen ausgegliedert wurden, wurden nicht gesondert bewertet. Gewinne entstehen dort in der Regel nicht, da das Entgelt für die ausgegliederten Betriebsfunktionen auf Vollkostenbasis bestimmt wird. Im Rahmen des Gutachtens wurden für diese Beteiligungsunternehmen keine wesentlichen Gewinne festgestellt.
Für Beteiligungsunternehmen, die an den Bewertungsstichtagen in der Aufbauphase waren, wurden die Bewertungsgrundsätze des Ertragswertverfahrens (gemäß Stellungnahme HFA 2/1983) mangels abgesicherter Vergangenheitsergebnisse nicht angewendet. In diesen Fällen wurde das zum Aufbau der am Bewertungsstichtag vorliegenden Unternehmensstruktur investierte Kapital für die Bewertung zugrunde gelegt.
Beteiligungsunternehmen ohne operatives Geschäft wurden mit dem bilanziellen Eigenkapital bewertet. Soweit nennenswerte stille Reserven vorlagen, wurden diese mit in die Bewertung einbezogen. Eine Investitionsplanungsrechnung (return of investment), wie von den Antragstellern gefordert, hält die Sachverständige L nicht für sinnvoll, da derartige Prognosen aufgrund der Besonderheiten der Unternehmen nicht zu erlangen (Minderheitsbeteiligungen) oder nicht darstellbar waren (fehlende Vergangenheitsdaten).
Beteiligungsunternehmen der B-Gruppe mit der Funktion einer Zwischen-Holding sind auf der Basis des anteiligen Eigenkapitals/Nettovermögens bewertet worden. Dies entspricht grundsätzlich der Bewertung der B1 als Konzern-Holding. Eigene Ergebnisse der Zwischen-Holding-Gesellschaften sind nicht berücksichtigt worden, da diese Gesellschaften keine eigene operative Tätigkeit entfaltet haben. Die Sachverständige L hält das entgegen den Bedenken einiger Antragsteller für sachgerecht. Die abstrakt bestehende Möglichkeit, dass auch diese Gesellschaften operativ tätig werden könnten, sei unerheblich, da die Maßnahmen bis zum Stichtag weder eingeleitet noch sonst konkretisiert worden seien. Das ist zutreffend.
Gesondert bewertete Unternehmen
Unternehmen, die die B2 unter den Anteilen an verbundenen Unternehmen sowie unter Beteiligungen ausweist (Anlage 7), sind gesondert bewertet worden. Die anteiligen Unternehmenswerte dieser Beteiligungen sind von der Sachverständigen L angepasst, verrentet und in das prognostizierte Kapitalanlageergebnis der B2 einbezogen worden. Dabei ist analog der Marktrendite in Höhe von 7% der Asset-Klassen "Anteile an verbundenen Unternehmen" und "Beteiligungen " ein Diskontierungszinsfuß in Höhe von 7% zu Grunde gelegt worden. Das ist methodengerecht.
Die Sachverständige L hat folgende Beteiligungserträge berücksichtigt:
(Es folgt eine Auflistung)
Einzelheiten dazu ergeben sich aus der Anlage 7 zum B2-Gutachten.
Nicht gesondert bewertete Unternehmen
Zusätzlich wurden die Erträge nicht gesondert bewerteter Servicegesellschaften, Immobilienunternehmen, Fondsgesellschaften, Beteiligungsgesellschaften, Leasinggesellschaften, Seniorenresidenzen und Pflegeeinrichtungen in die Berechnung der Sachverständigen L eingestellt. Diese Beteiligungen werden mit ihren Erträgen in den Anlagen 11a und 11b näher erläutert.
Kapitalisierungszinssatz
Die Sachverständige L hat für die Planphase I (1997 bis 2001) einen Diskontierungszinssatz von 6,97% und für die Planphase II (2002 ff.) von 6,22% zu Grunde gelegt. Für die Phase II ist ein Wachstumsabschlag von 0,75% berücksichtigt worden, womit sich der niedrigere Diskontierungszinssatz der Phase II gegenüber der Phase I erklärt. Für beide Planungsphasen wurde einheitlich ein - für Lebensversicherungsunternehmen angemessener niedriger Risikozuschlag von 0,50% berücksichtigt. Der Kapitalisierungszinssatz ist von der Sachverständigen L zutreffend ermittelt worden. Der Kritik der Antragsteller wurde dabei Rechnung getragen. Die Feststellungen der Sachverständigen L sind von den Antragstellern nicht mehr angegriffen worden.
Basiszins
Die Sachverständige L hat die Kritik der Antragsteller gegen die Festsetzung des Basiszinssatzes durch die D berücksichtigt und Korrekturen vorgenommen. Von der D wurde zum Bewertungsstichtag der langfristig zu erzielender Basiszins zu je 50 % aus den Jahresmittelwerten der Umlaufrendite der letzten 15 Jahre (1982 bis 1996) in Höhe von 7,17 % und der letzten 20 Jahre (1977 bis 1996) in Höhe von 7,35 % abgeleitet. Diese ausschließlich vergangenheitsorientierte Ableitung der Zinsprognose ist nach den Ausführungen der Sachverständigen L in dem neueren betriebswirtschaftlichen Fachschrifttum umstritten. Sie berücksichtige nicht hinreichend den mit Beginn der 90er Jahre anhaltenden Trend sinkender Zinsen. Es sei sachgerecht, zur Bestimmung des Basiszinses von der Rendite 30-jähriger Anleihen zum Bewertungsstichtag auszugehen, da die Anleihen eine am Kapitalmarkt existierende langfristige risikoarme Alternativanlage darstellen. Diese Anleihen approximierten weitestgehend die bei der Unternehmensbewertung getroffene Grundannahme der unendlichen Lebensdauer des Bewertungsobjektes. Diese Aussage lasse sich insbesondere durch die mathematische Analyse eines Barwertes stützen. Hiernach ergibt sich unter Verwendung eines Kapitalisierungszinssatzes von z.B. 8 % bereits rd. 90 % des Barwertes in den ersten 30 Jahren des Zeitraumes der "ewigen Rente".
Zum Bewertungsstichtag betrug die Umlaufrendite inländischer Inhaberschuldverschreibungen börsennotierter Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 15 bis einschließlich 30 Jahren 6,34 %.Die Prognose der Wiederanlageverzinsung nach Ablauf der 30-jährigen Laufzeit sei mit Unsicherheiten verbunden; betriebswirtschaftlich anerkannte Verfahren existierten nicht. Gemäß Vorschlägen in der neueren Literatur könne der Wiederanlagezins aus der Zinsdifferenz für 10- und 30-jährige Anleihen zum Bewertungsstichtag abgeleitet werden. Es sei daher sachgerecht, für die Bestimmung der Anschlussverzinsung auf vergangenheitsbezogene Durchschnittsverzinsungen der 30-jährigen Anleihen abzustellen, um eine Glättung tagesbezogener Schwankungen herbeizuführen. Der Durchschnitt der Umlaufrenditen inländischer lnhaberschuldverschreibungen/börsennotierter Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 15 bis einschließlich 30 Jahren betrugen laut der Sachverständigen L seit Erfassung der Daten durch die Bundesbank in den Jahren 1988 bis 1997 durchschnittlich 7,278 %, der als Wiederanlagezins für die Berechnung des Basiszinses herangezogen worden ist. Der Basiszins wurde sodann als Mischzins aus dem Stichtagszins per 2. September 1997 für 30-jährige Anleihen in Höhe von 6,34 % und dem Wiederanlagezins in Höhe von 7,278 % nach der näher dargelegten Formel berechnet. Daraus ergab sich der von der Sachverständigen zugrunde gelegte Basiszins von 6,47 %. Dieser liegt um 0,78 %-Punkte unter dem in der Ausgangsbewertung verwendeten Zinssatz.
Diese Ausführungen der Sachverständigen L überzeugen. In der Rechtsprechung ist ein Basiszins von 6,5% zum Stichtag 1997 anerkannt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Februar 2004 - 19 W 3/00 AktE, AG 2004, 324, 329, "Eisenbahn-Verkehrsmittel-AG für Transport und Lagerung (EVA)").
Risikozuschlag
Übereinstimmung besteht in Rechtsprechung und Schrifttum dahingehend, dass im Risikozuschlag nur außergewöhnliche Ereignisse berücksichtigt werden können, da die spezifischen Unternehmensrisiken ebenso wie die entsprechenden Chancen bereits bei der Ermittlung des Unternehmensertrages zu berücksichtigen sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31. Januar 2003 - 19 W 9/00 AktE, AG 2003, 329, 333 "Siemens/SNI"; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Februar 2004 - 19 W 3/00 AktE, AG 2004, 324, 329, "Eisenbahn-Verkehrsmittel-AG für Transport und Lagerung (EVA)"). Die Wahrscheinlichkeit, von einem der genannten Risiken betroffen zu werden, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Die Höhe des Zuschlags muss sich an den Verhältnissen des zu bewertenden Unternehmens orientieren. In der gerichtlichen Praxis werden Risikozuschläge von 0,5% bis 2% zu Grunde gelegt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31. Januar 2003 - 19 W 9/00 AktE, AG 2003, 329, 333 "Siemens/SNI").
Die Sachverständige L hat sich mit der Kritik der Antragsteller auseinander gesetzt. Sie hat dazu ausgeführt, dass sich auf der Grundlage von empirisch belegten Aktienrenditen, die eine im Durchschnitt um 3% bis 6% höhere Rendite (Marktrisikoprämie) als öffentliche Anleihen erzielten, und veröffentlichten Beta-Faktoren für Versicherungsunternehmen, die überwiegend in einer Bandbreite von 0,3 bis 0,8 liegen, Risikozuschläge in einer Größenordnung von rund 1% bis 5% ergeben. Im Rahmen neuerer Bewertungen von Versicherungsunternehmen werde von Risikozuschlägen in einer Bandbreite von 1% bis 4% ausgegangen. Vor dem Hintergrund, dass adäquate Beta-Faktoren für die zum B-Konzern gehörenden Versicherungsunternehmen nicht vorhanden seien, und damit eine kapitalmarktorientierte Ableitung von Risikozuschlägen nicht möglich sei, sind grundsätzlich folgende Risikozuschläge angesetzt worden: Kranken 1,25%, Leben 0,50%, Sach 2,00% und Bausparkasse 2,00%. Diese Werte hat die Sachverständige L den inzwischen vorliegenden Veröffentlichungen zu den Beta-Faktoren für Versicherungsunternehmen entnommen.
Wachstumsabschlag
Die Sachverständige L hat einen Wachstumsabschlag für die ewige Rente (Phase II) von 0,75% vorgenommen. Ein Geldentwertungsabschlag sei dann zu rechtfertigen, wenn die Feststellung zutrifft, dass die Investition in festverzinsliche Wertpapiere, anders als die Investition in Unternehmen, durch die Inflation an Wert verliert. Ein Wachstumsabschlag vom Kapitalisierungszinssatz für die ewige Rente sei folglich dann begründet, falls ein Unternehmen auf der Basis seiner vorhandenen Produktionskapazitäten in der Lage ist, zukünftige Ertragssteigerungen durch erhöhte Produktion und steigenden Absatz zu realisieren.
Die Sachverständige L geht nach ihren Analysen der gesondert bewerteten Unternehmen von einem inflationsbereinigten - Wachstum aus, da die Versicherungsgesellschaften des B-Konzerns in den Jahren 1992 bis 1996 ein durchschnittliches Wachstum der Beiträge in einer Bandbreite von 1% bis 3% aufgewiesen hätten. Nach statistischen Unterlagen (Statistisches Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 1997) habe die Versicherungsbranche in den Jahren 1992 bis 1996 im Durchschnitt ein inflationsbereinigtes Wachstum von rund 4 % erzielt. Eine Analyse der einzelnen Komponenten dieses Wachstums (Inflation, Erhöhung der Beitragssätze sowie Anstieg der Anzahl der Versicherungspolicen) sei zwar nicht möglich. Doch sei ein Wachstumsabschlag von 0,75 realistisch.
Diese Ausführungen überzeugen in der Sache. Die Antragsteller greifen diese Feststellungen nicht an und legen keine Anhaltspunkte dafür dar, dass ein höherer Wachstumsabschlag berechtigt sein könnte.
Liquidationswert
Der Liquidationswert als mögliche Untergrenze der Bewertung hat im vorliegenden Fall keine Bedeutung. Weder bestand die Absicht noch die finanzielle Notwendigkeit, die B2 oder die B1 zu liquidieren. Auch war die Betriebsfortführung wirtschaftlich nicht unvertretbar.
Unter Berücksichtigung von bei der Liquidation anfallenden zusätzlichen Kosten (Sozialplankosten u. ä.) läge der Liquidationswert der B2 nach Angabe der Sachverständigen L unter dem Ertragswert oder vergleichbaren Werten. Deshalb hat sie darauf verzichtet, diese alternative Betrachtung im Rahmen der methodischen Erläuterungen näher zu behandeln.
Börsenkurs B2
Der von der Sachverständigen L ermittelte durchschnittliche bereinigte Börsenkurs in Höhe von DM 846,76 pro Aktie ergibt sich nachvollziehbar aus der Anl. 14 des B1-Gutachtens. Danach sind die Kursnotierungen der Börsen Berlin, Düsseldorf und Frankfurt a.M. für den Zeitraum vom 30. Mai 1997 bis zum 29. August 1997 in die Berechnung eingeflossen. Die durchschnittliche Börsenkapitalisierung der B2 betrug damit TDM 1.490.297,60. Sie liegt folglich schon unter dem zum 31. Dezember 1996 geschätzten Unternehmenswert von TDM 1.685.400. Folglich ist der höhere anteilige Unternehmenswert je Aktie zu berücksichtigen.
Unternehmenswert der B1
Der Unternehmenswert der B1 wurde methodengerecht auf die vorstehend beschriebene Weise ermittelt. Zum 31. Dezember 1996 beträgt der Unternehmenswert TDM 10.149.494. Aufgezinst zum Stichtag am 1. September 1997 beträgt er TDM 10.693.455.
Zu den maßgeblichen Bewertungsstichtagen war die B1 ausschließlich als geschäftsleitende Holding anzusehen, die ihre Geschäftstätigkeit auf das Halten und Verwalten ihrer Beteiligungen ausrichtete. Dementsprechend setzt sich der Unternehmenswert der B1 aus der Summe der gesondert bewerteten Beteiligungen in Höhe des jeweiligen Beteiligungsprozentsatzes zusammen. Das übrige Nettovermögen, die Erträge aus Konzernumlagen usw., wurden von der Sachverständigen L in die Rechnung einbezogen. Auf die Erläuterung dieser marginalen Beträge kann hier verzichtet werden.
Beteiligungswerte der B1
Der Wert der gesondert bewerteten Tochtergesellschaften der B1 und der gesondert bewerteten Beteiligungen beträgt TDM 10.020.007 und ergibt sich wie folgt:
(Darstellung der Liste)
Zuzüglich der sonstigen Erträge von TDM 70.830, TDM 9.400 und TDM 49.257 ergibt sich der Gesamtwert von TDM 10.149.494.
Kapitalisierungszinssatz
Die Sachverständige L hat die zukünftigen Erträge der B1 nach den gleichen Grundsätzen diskontiert wie die Erträge der B2. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.
Börsenkurs B1
Der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs für den Zeitraum von drei Monaten vor dem Stichtag beträgt DM 1.718,28 (€ 878,54) für B1-Namensaktien und DM 1.658,73 (€ 848,10) für B1-Inhaberaktien. Einzelheiten ergeben sich aus den Anlagen 4a und 4b des B1-Gutachtens. Bei 4.028.750 Namensaktien und 880.000 Inhaberaktien beträgt die Börsenkapitalisierung TDM 8.382.202,95. Der Börsenwert der B1 liegt folglich unter ihrem Ertragswert.
Aufzinsung der Unternehmenswerte
Die auf den 31. Dezember 1996 ermittelten Unternehmenswerte der B1 in Höhe von TDM 10.149.494 und der B2 in Höhe von TDM 1.685.433 sind zum 1. September 1997, an dem die Hauptversammlung der B2 dem Beherrschungsvertrag zugestimmt hat, aufgezinst worden.
Der Wert der B2 zum 31. Dezember 1996 ist mit einem Zinssatz von 6,97% um TDM 78.643 auf TDM 1.764.076 zum Stichtag aufgezinst worden.
Für die B1 ergibt sich ein Aufzinsungsbetrag von TDM 543.961. Der Wert zum 1. September 1997 beträgt TDM 10.693.455.
Umtauschrelation
Ertragswerte
Das Gutachten der Sachverständigen L gelangt folglich unter Anpassung der Bewertungsparameter zu einem Umtauschverhältnis von 190 Aktien der B1 für 41 Aktien der B2. Der Wert je Aktie beträgt für die B1 DM 216,29 (DM 5,00 Nennwert) und für die B2 DM 1.002,32 (Nennwert DM 50,00). Auf eine Aktie der B2 im Nennbetrag von DM 50,00 entfallen 4,6341 Aktien der B1 im Nennbetrag von DM 5,00. Eine bare Zuzahlung entfällt (B1-Gutachten, S. 151).
Demgegenüber betrug das im Beherrschungsvertrag festgelegte Umtauschverhältnis 203 B1-Inhaber-Aktien für 41 B2-Aktien, d. h. 1:4,95. Das im Beherrschungsvertrag festgelegte Umtauschverhältnis ist für die Aktionäre der B2 somit günstiger als das von der Sachverständigen L ermittelte Umtauschverhältnis. Zwar ist im Beherrschungsvertrag eine bare Zuzahlung von DM 0,03 pro Aktie vorgesehen. Das wirkt sich aber nicht aus. Die Wertdifferenz ist noch von dem wesentlich besseren Umtauschverhältnis von 1:4,95 abgedeckt.
Börsenwerte
Vorliegend ergäbe sich bei Berücksichtigung des Ertragswertes der B2 von TDM 1.764.076 und des Börsenwertes der B1 von TDM 8.382.202,95 zwar eine günstigere Umtauschrelation als die im Beherrschungsvertrag vorgesehene von 1:4,95. Auf eine Berechnung der Umtauschrelation auf der Grundlage des Ertragswertes der B2 und des niedrigeren Börsenkurses der B1 haben die Aktionäre der B2 verfassungsrechtlich und auch gesellschaftsrechtlich aber keinen Anspruch. Das wäre auch nicht methodengerecht und würde die Aktionäre der B1 benachteiligen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2003 - 19 W 6/00 AktE, AG 2003, 688, 693, "Veba AG"; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.06.2003 - 19 W 3/03 AktGE, AG 2003, 507, 508 "DAT/Altana V"; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.01.2003 - 19 W 9/00 AktE, AG 2003, 329, 334 "Siemens/SNI").
Ausgleich § 304 AktG
Für die Bestimmung des Ausgleichs ist das Wertverhältnis der Aktien der B1 und der B2 maßgebend, welches in den festgestellten Umtauschverhältnissen zum Ausdruck kommt.
Aufgrund des von der Sachverständigen L festgestellten Umtauschverhältnisses ergibt sich für die außenstehenden Aktionäre der B2 eine garantierte Bardividende von 46,341% pro B1-Aktie im Nennbetrag von DM 50,00. Die im Beherrschungsvertrag genannte garantierte Dividende liegt entsprechend dem dort zugrunde gelegten Umtauschverhältnis von 1:4,95 bei 50% und ist daher für die B2-Aktionäre günstiger. Eine gerichtliche Anpassung ist folglich nicht erforderlich.
Nebenentscheidungen
Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf § 306 Abs. 7 Satz 7 AktG a. F.. Gründe, die Verfahrenskosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich.
Darüber hinaus entspricht es auch der Billigkeit, den Antragsgegnerinnen die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller, die einen zulässigen Antrag gestellt haben, aufzuerlegen, da im Rahmen des § 13 a FGG der Grundsatz des § 306 Abs. 7 Satz 7 AktG jedenfalls entsprechend anzuwenden ist. Die Antragsgegnerinnen auch mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und 9, die unzulässige Anträge gestellt haben, zu belasten, wäre indes unbillig.
Geschäftswert
Die Kammer setzt den Geschäftswert auf 200.000,00 € fest.
Der gerichtliche Geschäftswert ist gem. § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Zu ermitteln ist deshalb der sog. Beziehungswert. Dieser wird grundsätzlich bestimmt durch den Wert des betroffenen Wirtschaftsgutes und das Ausmaß, in welchem es durch das zu bewertende Geschäft betroffen wird. Für den Fall, dass die angebotene Abfindung zu Gunsten der Aktionäre abgeändert wird, kann das Produkt aus der Anzahl der von außenstehenden Aktionären gehaltenen Aktien und des festgesetzten Unterschiedsbetrages ein Anhaltspunkt für die Wertfestsetzung sein . Eine solche Vorgehensweise kommt jedoch nicht in Betracht, wenn wie hier eine Differenz zwischen vertraglich angebotener und angemessener Abfindung nicht besteht, da in diesem Fall der Geschäftswert mit "Null" anzusetzen wäre. Andererseits kann der Geschäftswert nicht höher liegen als bei einem auch nur minimalen Erfolg des Antrags. Es verbietet sich auch, auf ein eventuell beziffertes Interesse eines oder mehrerer Antragsteller auf Feststellung einer baren Zuzahlung abzustellen. Nach § 30 Abs. 1 KostO ist der objektive Wert eines Geschäftes maßgebend, zum anderen wirkt die Entscheidung ausweislich des Beherrschungsvertrages für und gegen alle Aktionäre, so dass das subjektive Interesse nur eines Beteiligten lediglich nur einen Teil des gesamten Geschäfts ausmacht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.01.2004 - 19 W 1/03 AktE, AG 2004, 614, 616 "Agrippina-Versicherungs-AG/Zürich Versicherungs-AG").
Die Kammer hat deshalb unter Berücksichtigung der Bedeutung des Verfahrens für die Beteiligten einen Geschäftswert von € 200.000,00 zugrunde gelegt und sich dabei auch an dem gesetzlichen Mindestwert nach dem SpruchG orientiert.
LG Köln:
Beschluss v. 17.01.2008
Az: 82 O 77/03
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