Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 23. April 2008
Aktenzeichen: 5 U 101/07
(OLG Hamburg: Urteil v. 23.04.2008, Az.: 5 U 101/07)
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 30. März 2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I.
Die Parteien sind Herstellerinnen u.a. von Damenoberbekleidung. Die Antragstellerin vertreibt unter dem Modelabel "C.€ von ihrer Designabteilung entworfene Damenmäntel und Damenjacken, u.a. das "C."-Modell 051.402.0 (Anlage ASt6; curryfarbener Mantel, Grundmodell) sowie das "C."-Modell 051.524.0 (Anlage ASt7; schwarzer Mantel).
Diese Modelle werden nach Darstellung der Antragstellerin durch folgende Gestaltungsmerkmale geprägt:
- 15 abgekantelte vertikal verlaufende Außennähte,
- 6 abgekantelte vertikal verlaufende Außennähte auf den Ärmeln,
- V-förmig eingesetzter Kragen nach Art eines Troyers,
- schmaler, glockenförmig auslaufender Schnitt,
- zwei in die Außennähte integrierte Taschen.
Die Antragstellerin hatte zunächst vorgerichtlich beanstandet, die Antragsgegnerin habe ihr Modell "C." 055.415.0 mit ihren Modellen "A." (1210.83.8) und "A.s." (1210.24.1) kopiert. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin deshalb mit Schreiben vom 28.04.06 ab (Anlage ASt3). Die Antragsgegnerin trat dieser Abmahnung mit Schreiben vom 04.05.06 (Anlage ASt4) zunächst entgegen. Daran schloss sich ein weiterer Schriftwechsel der Parteien an (Anlage ASt5). Die Antragsgegnerin stellte den Vertrieb der beanstandeten Modelle in der Folgezeit ein.
Nunmehr bringt die Antragsgegnerin Damenmäntel unter der Modellbezeichnung "AC-2" bzw. "AC-2SL" (Anlage ASt8) auf den Markt (Anlage ASt9). Die Antragstellerin ist der Auffassung, auch hierbei handele es sich um offensichtliche Plagiate ihrer Modelle. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin daraufhin mit Schreiben vom 20.11.06 erneut ab (Anlage ASt15). Auch dieser Abmahnung trat die Antragsgegnerin entgegen (Anlage ASt16) und betonte die Unterschiede beider Modelle (Anlage ASt17).
Die Antragstellerin hat vorgetragen,
ihre herausgehoben beworbenen (Anlage ASt11 bis ASt14) Erzeugnisse genössen aufgrund des originellen, detailreichen Designs, der außerordentlich hohen Qualität im Material und der handwerklichen Verarbeitung einem besonders guten Ruf (Anlage ASt1 + ASt2). Sie seien im oberen Preissegment angesiedelt. Sie habe an ihnen ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster erworben. Denn die Mäntel seien bei ihrer Offenbarung neu und eigentümlich gewesen. Damenmäntel mit ähnlichen Gestaltungsmerkmalen seien bei der Marktvorstellung bzw. -einführung in dieser Kombination nicht vorbekannt gewesen. Die Mäntel seien zudem wettbewerblich eigenartig und von der Antragsgegnerin offensichtlich in unlauterer Weise kopiert worden.
Der Übergangsmantel des Modells "C." (Anlage ASt6) sei von ihrer Mitarbeiterin im Mai 05 für die Kollektion Frühjahr 06 entworfen und im Dezember 05 an den Großhandel ausgeliefert worden. Der Wintermantel (Anlage ASt7) des Modells "C.€ sei im Oktober 05 für die Kollektion Winter 06 entworfen worden.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer,zu unterlassen,
Damenmäntel, die die in den beigefügten wiedergegebenen Darstellungen ersichtlichen Gestaltungsmerkmale aufweisen, insbesondere die Modelle €AC-2€ (Nr. 11205-1) und €AC-2SL€ (Nr. 11233-1) herzustellen, anzubieten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder derartige Damenmänteln herstellen, anbieten, vertreiben und/oder in den Verkehr bringen zu lassen.
Auf der Grundlage dieses Antrags hat das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 18.12.06 eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin erlassen, der zwei Lichtbilder der angegriffenen Gestaltungen beigefügt waren. Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin, mit dem diese in erster Instanz begehrt hat,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin macht geltend,
den Mänteln der Antragstellerin fehle es an der erforderlichen geschmacksmusterrechtlichen Eigenart sowie einer wettbewerblichen Eigenart. Alle verwendeten Gestaltungselemente seien vorbekannt und seit langem in dem entsprechenden Marktsegment üblich gewesen. Auch ihre Kombination vermittle keinen gegenüber den vorbekannten Erscheinungsformen abweichenden Eindruck. Zudem fehle es aufgrund einer Reihe abweichender Gestaltungsmerkmale an der für eine Herkunftstäuschung vorausgesetzten Ähnlichkeit zwischen dem "C." und dem "AC-2" bzw. " AC-2SL".
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Widerspruch zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Das Landgericht Hamburg hat mit dem angegriffenen Urteil die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags wieder aufgehoben. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin. Die Antragstellerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Unterlassungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30.03.07 abzuändern und die beantragte einstweilige Verfügung mit der Maßgabe erneut zu erlassen, dass der Antragsgegnerin verboten wird,
Damenmäntel, die die Kombination folgender Gestaltungsmerkmale aufweisen,
- 15 abgekantelte vertikal verlaufende Außennähte,
- V-förmig eingesetzter Kragen nach Art eines Troyers,
- schmaler, glockenförmig auslaufender Schnitt,
- zwei in die Außennähte integrierte Taschen.
insbesondere €AC-2€ (Nr. 11205-1) und €AC-2SL€ (Nr. 11233-1) herzustellen, anzubieten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder derartige Damenmänteln herstellen, anbieten, vertreiben und/oder in den Verkehr bringen zu lassen.
Sie verfolgt ihre Ansprüche in zweiter Instanz in erster Linie unter dem Gesichtspunkt eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und erst in zweiter Linie aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat den Verfügungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Der Antragstellerin steht ein Unterlassungsanspruch weder gem. Art. 19 Abs. 1 GGVO aus einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster noch unter dem Gesichtspunkt ergänzenden Leistungsschutzes aus § 4 Nr. 9 UWG oder einer wettbewerbswidrigen Behinderung bei Modeneuheiten gem. § 4 Nr. 10 UWG zu. Dies hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend ausgeführt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1. Einen Anspruch aus einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster gem. Art. 89 Abs. 1, 19 Abs. 2 GGVO kann die Antragstellerin nicht geltend machen. Denn die Antragstellerin hat nicht darzulegen vermocht, dass die Verfügungsmuster bei ihrer Offenbarung über die erforderliche geschmacksmusterrechtliche Eigenart verfügt haben.
a. Die Antragstellerin hat allerdings durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung von G.W. (Anlage ASt10) € wenngleich in allgemeiner Form - glaubhaft gemacht, dass die streitgegenständlichen Damenmäntel aus der Kollektion "C." erstmalig im Juli 2005 auf der CPD Düsseldorf der Öffentlichkeit vorgestellt worden € und damit €neu€ im Sinne von Art. 5 GGVO gewesen - sind. Insoweit wären die Voraussetzungen der Art. 7 Abs. 1, 11 Abs. 2 GGVO voraussichtlich als erfüllt anzusehen, wenngleich nicht ausreichend klar wird, in welcher konkreten Ausstattung und Farbgebung das Muster seinerzeit offenbart worden ist. Die Antragsgegnerin erläutert nicht, aus welchen Gründen diese eidesstattliche Versicherung "kein geeignetes Glaubhaftmachungsmittel" sein soll. Allerdings bezieht sich diese eidesstattliche Versicherung allein auf das Modell in Anlage ASt6. Für das Modell in Anlage ASt7 fehlt eine entsprechende Glaubhaftmachung. Die Antragstellerin hat als Konsequenz hieraus in der Senatsverhandlung erklärt, sie stütze ihren Schutz in erster Linie auf die Anlage ASt6.
b. Jedoch hat die Antragstellerin die für das Entstehen eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster unverzichtbare Eigenart des Mantels "C.€ i.S.v. Art. 6 Abs. 1 GGVO zum Zeitpunkt der Offenbarung der Verkehrskreise in der Europäischen Union weder näher dargelegt noch glaubhaft gemacht.
aa. Dies wäre aber unerlässlich erforderlich gewesen, da gem. Art. 85 Abs. 2 GGVO zu Gunsten des nicht eingetragenen Geschmacksmusters eine Vermutung der Rechtsgültigkeit nicht besteht. Nach dieser Norm muss der Rechtsinhaber nicht nur behaupten, dass, sondern angeben,€inwiefern sein Geschmacksmuster Eigenart aufweist€ (Unterstreichung durch den Senat). Erwägungsgrund 14 der Verordnung EG/6/2002 enthält hierzu folgende Erläuterung:
€Ob ein Geschmacksmuster Eigenart besitzt, sollte danach beurteilt werden, inwieweit sich der Gesamteindruck, den der Anblick des Geschmacksmusters beim informierten Benutzer hervorruft, deutlich von dem unterscheidet, den der vorbestehende Formenschatz bei ihm hervorruft, und zwar unter Berücksichtigung der Art des Erzeugnisses, bei dem das Geschmacksmuster benutzt wird oder in dass es aufgenommen wird, und insbesondere des jeweiligen Industriezweigs und des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters."
Der Regelung des Art. 85 Abs. 2 GGVO wird zwar zutreffend entnommen, dass die Anforderungen an die Eigenart in Warensegmenten mit einer hohen Musterdichte, bei denen dem Entwerfer nur ein geringer Spielraum verbleibt, nicht sonderlich hoch anzusetzen sind (Gottschalk/Gottschalk GRUR Int. 06, 461, 463; Oldekop WRP 06, 801, 804). Diese Umstände ändern indes nichts daran, dass der Entwerfer substantiierte Angaben zum vorbestehenden Formenschatz machen muss, weil andernfalls jedwede Überprüfung der Eigenart von vornherein unmöglich ist. Nur vor dem Hintergrund der von Antragstellerin selbst näher dargelegten Eigenart lässt sich auch der geschmacksmusterrechtliche Schutzumfang bestimmen, denn dessen Beurteilung hängt gem. Art. 10 Abs. 2 GGVO ausdrücklich davon ab, welchen Grad der Gestaltungsfreiheit der Entwerfer bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters zur Verfügung hatte. Dies kann verständlicherweise nur der Rechtsinhaber vortragen.
bb. Die Antragstellerin hat sich auch in zweiter Instanz darauf beschränkt, diejenigen Merkmale zu beschreiben, aus denen sie die Eigenart herleitet. Sie verkennt dabei, dass der Begriff €Eigenart€ einen objektiven Gehalt hat, der sich nicht in der Beurteilung des Entwerfers erschöpft, sondern nur im Vergleich mit vorbekannten Formen und Modellen bestimmt werden kann. Die eidesstattliche Versicherungen von G.W. und J.K. vom 06.06.07 (Anlage ASt 21 und ASt 22) sind deshalb insoweit erkennbar unzureichend und ungeeignet. Denn sie enthalten keinerlei Sachverhaltsdarstellung, sondern lediglich eine nicht überprüfbare subjektive Schlussfolgerung. Zwar trifft es zu, dass bei der Beurteilung, ob ein Muster Eigenart aufweist, zuweilen ein großzügiger Maßstab anzulegen ist. Dies entbindet den Entwerfer bzw. Rechtsinhaber indes nicht davon, seine Einschätzung vor dem Hintergrund bereits vorbestehender Formen nachvollziehbar zu machen.
cc. Die Antragstellerin beanstandet zu Unrecht, das Landgericht habe insoweit die Darlegungsvoraussetzungen überspannt. Die von dem Landgericht aufgestellten Anforderungen sind auch nicht systemwidrig. Gerade weil - anders als beim Patent bzw. beim eingetragenen Geschmacksmuster - keine Amtsprüfung der Schutzvoraussetzungen stattfindet, bedarf es zumindest irgendeiner (hinreichenden) Plausibilität dafür, dass die an eine Eigenart zu stellenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, um einen immerhin dreijährigen Schutz innerhalb der gesamten Europäischen Union rechtfertigen zu können. Andernfalls könnte ein derart weitgehender Schutz keine nachvollziehbare Rechtfertigung finden. Im Übrigen ergibt sich dieses Verständnis nach Auffassung des Senats zwanglos auch aus dem in Art. 85 GGVO in seinen Absätzen 1 und 2 dargestellten Unterschied. Für ein eingetragenes Geschmacksmuster wird die Rechtsgültigkeit gesetzlich vermutet (Abs. 1); bei einem nicht eingetragenen Geschmacksmuster ist dies demgegenüber gerade nicht der Fall (Abs. 2). Um die Eigenart ihres Produkts zu belegen, hätte die Antragstellerin zumindest in Ansätzen darlegen müssen, welche Mantel-Modelle im weiteren Ähnlichkeitsbereich zu dem relevanten Zeitpunkt auf dem Markt (in der Europäischen Union) verfügbar waren. Dies ist nicht geschehen. Die Antragstellerin konnte sich insoweit auch nicht darauf beschränken, lediglich die Entgegenhaltungen der Antragsgegnerin (bzw. hierauf Bezug nehmende landgerichtliche Entscheidungen) zu kommentieren. Dementsprechend hatte die Antragstellerin die Rechtsgültigkeit eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht selbst dargetan, sodass im Regelfall Ansprüche gem. Art 89 Abs. 1 GGVO schon aus diesem Grund augeschlossen gewesen wären.
c. Diese Substantiierungserfordernisse hat die Antragstellerin auch nicht dadurch erfüllen können, dass sie sich zur Begründung auf den (umfangreichen) Vortrag der Antragsgegnerin zu den Entgegenhaltungen stützt und sich diesen Vortrag zur Begründung des Verfügungsanspruchs (hilfsweise) zu eigen macht. Denn es ist weder eine rechtswirksame und rechtzeitige Bezugnahme auf den gegnerischen Vortrag erfolgt noch wäre diese materiell ausreichend bzw. geeignet gewesen, den Darlegungsverpflichtungen der Antragstellerin Genüge zu tun. An seiner gegenteiligen vorläufigen Rechtsauffassung, die der Senat in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben hatte, hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung des streitigen Parteivortrags und Beratung nicht mehr fest.
aa. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie sich wirksam ergänzend auf den entgegengehaltenen Sachvortrag mit Anlagen der Antragsgegnerin bezogen hat.
aaa. Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 07.06.07 (Seite 8) behauptet hatte, eine derartige Bezugnahme sei bereits erstinstanzlich ausdrücklich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht geschehen, ergibt sich eine solche Erklärung nicht aus dem Protokoll der Kammersitzung vom 30.03.07, in welches gemäß § 160 Abs. 2 ZPO die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung aufzunehmen sind. Diese Bezugnahme ist - entgegen der ursprünglichen Annahme des Senats - zwischen den Parteien auch nicht unstreitig bzw. von der Antragstellerin ausreichend glaubhaft gemacht worden. Die Antragsgegnerin hatte mit Schriftsatz vom 11.07.07 (Seite 5) ausdrücklich bestritten, dass eine derartige Bezugnahme erfolgt ist. Damit war dieser Umstand streitig und bedurfte der Glaubhaftmachung. Eine solche ist nicht erfolgt. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27.08.07 (dort Seite 6) ihre Behauptung - trotz des Bestreitens der Antragsgegnerin - lediglich wiederholt, jedoch ohne diese glaubhaft zu machen. Damit hat der Senat davon auszugehen, dass eine Bezugnahme auf den Sachvortrag der Antragsgegnerin in erster Instanz entgegen der Darstellung der Antragstellerin nicht in prozessordnungsgemäßer Weise erfolgt ist.
bbb. Diese ist auch nicht in zweiter Instanz wirksam erfolgt. Dabei kann dahinstehen, ob die Antragstellerin durch ihre Ausführungen in der Berufungsbegründung und in der Senatsverhandlung die Bezugnahme jedenfalls in zweiter Instanz wiederholt hat. Sie ist unverändert streitig. Mittel der Glaubhaftmachung hat die Antragstellerin nicht angeboten. Sie wären im übrigen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet und nicht mehr berücksichtigungsfähig.
ccc. Dementsprechend muss der Senat aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits nicht verbindlich über die Frage entscheiden, ob zur Begründung der Schutzvoraussetzungen eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters überhaupt eine Bezugnahme auf die von der Gegenpartei vorgetragenen Entgegenhaltungen prozessual zulässig und ausreichend sein kann.
ddd. Allein die Tatsache, dass es sich bei bei den Entgegenhaltungen um einen - vom Gericht zu berücksichtigenden - Tatsachenvortrag der Antragsgegnerin handelt, wirkt sich € entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht zu ihren Gunsten aus, solange die Antragstellerin nicht in irgendeiner Weise deutlich macht, dass sie diesen Sachvortrag als bzw. wie eigenen verstanden wissen will. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass Prozessparteien im Regelfall kein Interesse daran haben, dass (streitiger) Sachvortrag der Gegenpartei ohne ihre Billigung zur Grundlage ihres eigenen Vorbringens gemacht wird.
bb. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, die Antragstellerin hätte sich wirksam auf die von der Antragsgegnerin eingeführten und mit zahlreichen Anlagen belegten Entgegenhaltungen zu den vorbekannten Gestaltungsmustern bezogen, ergäbe sich nach nochmaliger Prüfung und Beratung der Sach- und Rechtslage aber letztlich kein abweichendes Ergebnis.
aaa. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die von der Antragsgegnerin eingeführten Gestaltungsbeispiele aus dem Sektor der Damenmode den seinerzeit im Juni 2005 relevanten Markt auch nur annähernd vollständig wiedergeben. Hierzu hatte die Antragsgegnerin aus ihrer Position der Verteidigung keine Veranlassung. Sie konnte sich darauf beschränken, die Behauptung der Antragstellerin zu erschüttern. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin auch stets hervorgehoben, dass eine derartige Darlegung von ihr nicht beabsichtigt war. Sie hatte sich auf "exemplarische Auszüge aus diversen Modekatalogen" oder €eine exemplarische Werbung€ bezogen bzw. mehrfach ausdrücklich betont, das ihr Vortrag in Bezug auf die Entgegenhaltungen "nur beispielhaft€ (Schriftsatz vom 07.03.07, Seite 18) erfolge. Vor diesem Hintergrund lassen sich - entgegen der von dem Senat zunächst geäußerten Überlegung - auch nicht auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragsgegnerin mit der erforderlichen Verlässlichkeit die damaligen Marktverhältnisse sowie die Frage beurteilen, ob das Verletzungsgeschmacksmuster über die erforderliche Eigenart verfügt hat. Allenfalls bei einer derartigen Marktübersicht hätte sich die Antragstellerin erfolgreich auf die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Entgegenhaltungen beziehen können.
bbb. Dies kann hier umso weniger in Betracht kommen, als die Antragsgegnerin insbesondere mit der Anlage AG 21 auch Mantelmodelle eingereicht hatte, die geeignet sind, die Behauptung der Antragstellerin zu der Eigenart ihre Kreation unter dem Label €C.€ zu erschüttern.
(1) Mit dieser Anlage hatte die Antragsgegnerin zwei Damenmäntel der Hersteller Carla Degen (beige) sowie Gil Bret (schwarz) in Lichtbildern vorgelegt. In diesen Mänteln finden sich eine Reihe derjenigen Gestaltungsmerkmale wieder, mit denen die Antragstellerin gerade die Eigenart ihrer Mantelmodelle begründet. So verfügen beide Mäntel nicht nur über einen glockenförmig auslaufenden Schnitt, sondern ebenfalls über einen V-förmig eingesetzten Kragen nach Art eines Troyers sowie über vertikal verlaufende Außennähte, und zwar bei beiden Mänteln jedenfalls im Bereich des Rumpfes, bei dem Modell Gil Bret auch auf den Ärmeln.
(2) Damit hatte die Antragsgegnerin dargelegt, dass Mantelmodelle auf dem Markt (gewesen) sind, die wesentliche Bereiche derjenigen Elemente, auf die die Antragstellerin die Eigenart ihres Modells stützt, vorweggenommen haben. Als relevantes Unterscheidungsmerkmal bleiben damit in erster Linie Zahl und Ausgestaltung der Außennähte sowie die hier integrierten Taschen. Der Mantel des Modells Carla Degen zeigt bereits in der unvollständigen Rückansicht im Bereich des Rumpfes sieben Nähte, so dass vieles dafür spricht, dass auch dieser über eine zweistellige Zahl von Außennähten verfügt, die die Antragstellerin gerade als schutzbegründend für Muster ansieht. Selbst wenn unverkennbar auch Unterschiede und Abweichungen bestehen, kann jedenfalls aufgrund eines nur in Bezug genommenen Sachvortrags der Antragsgegnerin schon im Hinblick auf die Anlage AG 21 nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin allein hiermit die Schutzvoraussetzungen eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters hat erfolgreich vortragen können.
(3) Soweit die Antragstellerin auch in Bezug auf diese Mantelmodelle bestreiten wollte, dass diese vor der Offenbarung ihres Musters im Juni 2005 bereits auf dem Markt präsent waren, hätte es ihr oblegen, hierzu Nachforschungen anzustellen und entsprechende Umstände vorzutragen. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin diese Mäntel möglicherweise erst nach Zustellung der einstweiligen Verfügung im Jahr 2007 erworben hat, besagt nichts dazu, seit wann diese Gestaltung bekannt ist. Die Antragsgegnerin konnte sich im Rahmen von Entgegenhaltungen insoweit auf die pauschale Behauptung einer langjährigen Vorbekanntheit beschränken, die Antragstellerin zur Darlegung der Schutzvoraussetzungen aus Art. 6 Abs. 1 GGVO hingegen nicht. Auch insoweit fehlt es dementsprechend an dem erforderlichem Sachvortrag.
(4) Auch soweit die Lichtbilder die Gestaltung der Mantelmodelle möglicherweise nur unvollständig wiedergeben, hätte es einer Vorlage von Originalen durch die Antragstellerin bedurft, die sich zu ihren Gunsten anspruchsbegründend hierauf berufen wollte. Der Antragsgegnerin oblag eine derartige Vorlage nicht. Ähnliche Überlegungen sind auch zu anderen Entgegenhaltungen anzustellen, auf die sich die Antragstellerin beziehen will. So hatte die Antragstellerin z.B. behauptet, der von der Antragsgegnerin als Anlage AG 13 in Abbildung vorgelegte Mantel verfüge zwar über vertikal verlaufende Außennähte, besitze aber weder einen glockenförmigen Schnitt noch einen auch nur annähernd vergleichbaren Kragen. Diese Behauptungen vermag der Senat jedenfalls aufgrund der Perspektive, die das Lichtbild bietet, nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachzuvollziehen. Die Kragenform ist weitgehend verdeckt, die Frage ob bzw. in welchem Ausmaß der Mantel glockenförmig fällt, ist in der von dem Modell eingenommenen Pose ebenfalls nicht vollkommen sicher zu beurteilen.
d. Der Auffassung der Antragsgegnerin zu den Darlegungsobliegenheiten der prozessführenden Partei tritt die Antragstellerin mit ihrem Schriftsatz vom 27.08.07 (richtig wohl: 14.02.08) weiterhin nachhaltig, allerdings erfolglos entgegen. Es hat auch angesichts dieser Ausführungen dabei zu bleiben, dass selbst für die "Angabe" eine Eigenart eine Bezugnahme auf den vorbekannten Formenschatz unerlässlich ist, wobei Streit allenfalls darüber bestehen kann, in welchem Umfang dies zu geschehen hat. Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf die Entscheidung "Handtaschen" des BGH (BGH WRP 07, 1076,1080 - Handtaschen) die Auffassung vertritt, für die Beurteilung von Übereinstimmungen nicht auf die gleichzeitige Wahrnehmung, sondern auch einen "Erinnerungseindruck" des Betrachters an, vermag der Senat dieser Auffassung jedenfalls für Ansprpüche aus einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht zuzustimmen. Auch das Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht stellt - zum Beispiel in Art 6 Abs. 1 für die Eigenart - ausdrücklich auf den "informierten Benutzer" ab. Darunter ist - wie im nationalen Geschmacksmusterrecht € ein Betrachter zu verstehen, der beide Modelle (und zwar nicht nur aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks) kennt und unmittelbar vergleichend betrachtet. Der Senat kann auch dahinstehen lassen, ob die Auffassung der Antragstellerin zutrifft, weder das konkret verwendeten Material noch eine bestimmte Farbgebung sei Gegenstand des Geschmacksmusterschutzes bzw. gäben dem Geschmacksmuster seine Erscheinungsform. Darauf kommt es nicht an, weil die Antragstellerin noch nicht einmal hinreichend dargelegt hat, dass ihr überhaupt ein geschmacksmusterrechtlicher Schutz zusteht.
2. Ansprüche wegen ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz gem. §§ 3, 4 Nr. 9, 8 UWG stehen der Antragstellerin ebenfalls nicht zu.
a. Allerdings sind derartige Ansprüche auch im Anwendungsbereich der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung weiterhin zulässig. Der zeitlich befristete Schutz eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters berührt nicht den zeitlich von vornherein nicht befristeten Anspruch auf Grund ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutzes wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung nach §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a UWG (BGH WRP 06, 75, 77 € Jeans I).
b. Jedoch hat die Antragstellerin auch die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung i. S. v. § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG nicht substantiiert darzulegen vermocht.
aa. Auch bei Modeerzeugnissen kann der Verkehr deren besonders originelle Gestaltung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft ansehen. Anders als bei kurzlebigen Modeneuheiten besteht in einem solchen Fall ein einer zeitlichen Beschränkung nicht von vornherein unterworfener Nachahmungsschutz (BGH WRP 06, 75, 78 € Jeans I; BGH GRUR 98, 477, 478 € Trachtenjanker; BGH GRUR 03, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte). Der Einwand der Antragsgegnerin, aufgrund der - im Vergleich zu dem Gesamtmarkt - relativ geringen Verkaufszahlen der Mäntel der Antragstellerin (8.200 Stück, davon in Deutschland 4.000 Stück), sei das Modell "C." nicht geeignet gewesen, Herkunftsvorstellungen auszulösen, überzeugt dabei in dieser Allgemeinheit nicht. Denn für das Merkmal der wettbewerblichen Eigenart, das der Ausgrenzung solcher Waren dient, die als Dutzendware von vornherein für einen wettbewerbsrechtlichen Schutz (unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung) nicht in Betracht kommt (BGH GRUR 66, 617, 619 € Saxophon; BGHZ 50, 125, 130 € Pulverbehälter), genügt es jedenfalls außerhalb des Modesektors, dass der Verkehr bei Waren der in Frage stehenden Art Wert auf deren betriebliche Herkunft legt sowie aus deren Gestaltung Anhaltspunkte hierfür gewinnen kann (BGH GRUR 88, 385, 386 € Wäsche-Kennzeichnungsbänder), und sie nicht etwa als bloße Alltags € (Dutzend-)Ware betrachtet, bei der den Verkehr die Herkunftsstätten nicht interessiert (BGH GRUR 66, 616, 619 € Saxophon). Eine derartige Situation ist bei Bekleidungsstücken ohne Weiteres auch dann gegeben, wenn der Kunde nicht konkret weiß, von welchem Hersteller das Bekleidungsstück herrührt, er aber ohne Weiteres erkennt - und auch Wert darauf gelegt -, dass es sich nicht um namenloser Dutzendware handelt.
bb. Allerdings ist die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart bei Modeprodukten auf Ausnahmefälle zu beschränken (BGH GRUR 06, 79,81 € Jeans I). Erforderlich ist insoweit eine besonders originelle Gestaltung, an deren Vorliegen nicht geringe Anforderungen zustellen sind (BGH a.a.O.). Diese Rechtsgrundsätze lassen keinen Zweifel daran, dass die Anforderungen an die Feststellung einer wettbewerblichen Eigenart nicht leicht zu erfüllen sind, sondern ein Produkt von erheblicher Originalität voraussetzen, wenn es sich nicht nur gegen absolut identische Übernahmen, sondern auch gegen Konkurrenzprodukte im Ähnlichkeitsbereich durchsetzen will. Um ein solches Produkt handelt es sich bei den Mänteln der Modelle "C." nach Auffassung des Senats nicht. Es bedarf keiner Vertiefung, dass die von der Antragstellerin für ihr Modelle gewählten Gestaltungsmerkmale - jedes für sich genommen - weder neu noch ungewöhnlich sind, sondern Designvariationen nachzeichnen, die es in dieser Art, wenngleich in anderem Verwendungszusammenhang, in der Vergangenheit bereits gegeben hat. Dies hat die Antragsgegnerin mit den Anlagen AG 7 sowie AG 16 bis AG 21 überzeugend dargelegt. In der Gesamtkombination der vorbekannten Elemente vermittelt der Schutzgegenstand zwar eine gewisse Prägung. Der hieraus resultierende Schutzbereich ist indes bei einem Modeprodukt der vorliegenden Art eng zu ziehen und auf identische bzw. nahezu identische Übernahmen zu beschränken. Andernfalls wären die Gestaltungsmöglichkeiten von Modeschöpfern in unangemessener Weise eingeschränkt, weil sich diese stets nicht nur der Kombination vorbekannter Gestaltungselemente bedienen, sondern hierbei auch dem jeweiligen Zeitgeschmack und Modetrends folgen müssen, was Wiederholungen bzw. Übernahmen geradezu zwangsläufig mit sich bringt. Dies beschränkt sich nicht nur auf Großformen oder technisch bedingte Ausgestaltungen der Verarbeitung, sondern betrifft insbesondere auch Verzierungen bzw. Formgestaltungen ästhetisch-gestalterischer Natur im Detail, die keine funktionale Notwendigkeit besitzen.
cc. Auch vor dem Hintergrund dieser Anforderungen hat die Antragstellerin nicht ausreichend substantiiert dargelegt, inwieweit sich ihr Produkt von den seinerzeit auf dem Markt verfügbaren Mänteln unterschieden hat. Die Verfolgung von Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz erfordert in der Regel eine Darstellung zumindest derjenigen auf dem Markt bereits eingeführten Konkurrenzprodukte, die im Ähnlichkeitsbereich liegen (Senat MD 03, 740 € Salbei-Bonbons). Hierzu hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Die als Anlagen ASt 21 und ASt 22 eingereichten eidesstattlichen Versicherungen können - wie bereits dargelegt - substantiierten Sachvortrag noch nicht einmal in Ansätzen ersetzen. Auch zu der Frage einer ergänzenden Bezugnahme wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
dd. Erleichterungen in der Darlegungslast, die die Antragstellerin den Grundsätzen der BGH-Entscheidung "Jeans I" zu entnehmen versucht, können im vorliegenden Fall auch aus einem anderen Grund nicht zum Tragen kommen. Denn Gegenstand der BGH-Entscheidung war ein Schutzobjekt mit einer völlig anderen Marktdurchdringung. Die dort streitgegenständlichen Jeans waren allein in Deutschland 400.000 mal verkauft worden, während es vorliegend um ein Produkt geht, das europaweit lediglich 8.200 mal verkauft worden ist. Im Übrigen ist ersichtlich das "Markenbewusstsein" im Bereich von Jeans-Hosen ein grundlegend anders als bei sonstiger Oberbekleidung, die nicht dem Bereich der Designermode zuzurechnen ist. Jeans werden verbreitet schon anhand bestimmter - stets wiederkehrender - äußerer Merkmale erkannt, die sich nur bei einem bestimmten Hersteller finden. Aufgrund dieses Umstandes kann eine vermeidbare Herkunftstäuschung bei einer Übernahme derartiger Merkmale wesentlich leichter eintreten als im übrigen Bereichen der Oberbekleidung, bei dem - mit Ausnahme von Herstelleraufdrucken und Markenlabels - unverwechselbare äußere Gestaltungsmerkmale, die auf einen bestimmten Hersteller hinweisen (wie z. B. bei Chanel-Jacken), eher die Ausnahme sind. Diese Feststellungen kann der Senat aufgrund der eigenen Sachkunde seiner Mitglieder treffen, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen der Käufer von Oberbekleidung zählen. Dementsprechend kann vorliegend auf eine nachvollziehbare Darlegung dazu, woraus sich die wettbewerblichen Eigenart in Abgrenzung zu sonstigen Marktprodukten rechtfertigt, nicht verzichtet werden.
ee. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Auseinandersetzung mehr mit der Frage, ob es sich bei den Modellen "AC-2" bzw. "AC-2SL" um eine Nachahmung der Mantelmodelle der Antragstellerin handelt. Im Hinblick auf die als Anlage AG 21 entgegengehaltenen Mantelmodelle müsste sich diese Betrachtung aufgrund der eigenen Darstellung der Antragstellerin zu denen prägenden und schutzbegründenden Merkmalen im wesentlichen auf Anzahl und Ausgestaltung der vertikal verlaufenden Außennähte im Bereich des Rumpfs und die in die Außennähte integrierten Taschen beschränken. Die insoweit bestehenden Übereinstimmungen wären auch unabhängig der übrigen (nicht gegebenen) Schutzvoraussetzungen kaum geeignet, eine Rechtsverletzung zu begründen.
3. Schließlich steht der Antragstellerin auch kein Anspruch aus § 4 Nr. 10 UWG wegen einer wettbewerbswidrigen Behinderung bei der Amortisation von Investitionen in Modeneuheiten zu.
a. Auf die Ausführungen des Landgerichts zu einem etwaigen wettbewerbsrechtlichen Schutz wegen Behinderung ist die Antragstellerin mit der Berufung nicht mehr eingegangen, so dass es hierzu auch keiner Ausführungen des Senats bedarf. Vor dem Hintergrund der genannten Umstände fehlt es zudem bereits an einer ausreichenden Grundlage für den Vorwurf der Antragstellerin, die Antragsgegnerin kopiere die Kollektion der Antragstellerin systematisch.
b. Ein derartiger Schutz wäre indes - darauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen - zwischenzeitlich auch ausgelaufen. Zwischen der Einführung des Mantelmodells im Juli 2005 und dem Zeitraum der Senatssitzung im Februar 2008 sind 2 Jahre und 7 Monaten vergangen. Die Antragstellerin selbst hat in ihrem Schriftsatz vom 14.02.08 die Auffassung vertreten, "dass eine angemessene Schutzfrist nicht unter 2 Jahren betrüge€. Auch nach ihrer Auffassung bedurfte es der besonderen Begründung, warum ein etwaiger Schutz noch weiter andauern könnte. Hieran fehlt es. Ein Modeneuheitenschutz unter dem Gesichtspunkt der Behinderung kommt unverändert 2 Jahre nach Markteinführung in der Regel nicht mehr in Betracht (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rdn. 9.76).
4. Angesichts der Tatsache, dass die geltend gemachten Ansprüche materiell unbegründet sind, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu der Frage, ob der gestellte Unterlassungsantrag zu weit und etwa im Hinblick auf die Bezeichnung der Verletzungsmuster, die Schutzdauer oder den räumlichen Erstreckungsbereich hinreichend konkret gefasst ist. Gleiches gilt für den verfolgten Berufungsantrag hinsichtlich der Frage, ob die Bestätigung einer durch das Widerspruchsurteil bereits aufgehobenen einstweiligen Verfügung erfolgreich begehrt werden kann
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
OLG Hamburg:
Urteil v. 23.04.2008
Az: 5 U 101/07
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