Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. April 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 5/09
(BPatG: Beschluss v. 20.04.2009, Az.: 27 W (pat) 5/09)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 12. September 2006 und 2. März 2007, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung der Buchstabenfolge KEPnetteilweise für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse; Lehrund Unterrichtsmittel, Verpackungsmaterial; Veranstaltungen, insbesondere Messen und Konferenzen, ferner Fortund Weiterbildungnach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Die Buchstabenfolge "KEP" stehe nämlich allgemein für "Kurier-, Expressund Paketdienste" und der weitere Bestandteil "net" sei im Telekommunikationsbereich als Abkürzung für "network"/"Netzwerk" gebräuchlich. Im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen benenne die Anmeldemarke damit deren inhaltliche Ausrichtung schlagwortartig oder komme als eine Bestimmungsangabe in Betracht.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. September 2006 und vom 2. März 2007 aufzuheben.
Er hält die Anmeldemarke für schutzfähig, weil ein sprachüblicher Bedeutungsgehalt für die angemeldete Marke nicht bestehe und sich der von der Markenstelle angenommene Sinngehalt dem Verkehr erst nach analytischen Gedankenschritten erschließe. Zusätzlich weist er auf die Entscheidung des 26. Senats vom 1. August 2007 (26 W (pat) 114/05) hin, welche den Widerspruch der D... AG gegen eine Bildmarke des hiesigen Anmelders, in welcher die hier in Rede stehende Buchstabenfolge ebenfalls enthalten ist, betreffe und in der ausgeführt worden sei, dass dieser die Bildmarke maßgeblich prägende Teil keinen beschreibenden Begriffsinhalt aufweise.
II A. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.
a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterscheidungskraft" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] - Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] -SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] -Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] - SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] -Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).
b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] -Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] -DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] -BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen infolge einer ungewöhnlichen Veränderung -etwa syntaktischer oder semantischer Art -nicht hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] - BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] -BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] -CELLTECH).
c) Wie die Markenstelle durch entsprechende Belege aus einem Abkürzungsverzeichnis nachgewiesen hat, sind die in der Anmeldemarke enthaltene Buchstabenfolge "KEP" als Abkürzung für "Kurier-, Expressund Paketdienste" und der weitere Bestandteil "net" für "network" -also ein elektronisches Netzwerk gebräuchlich. In ihrer Gesamtheit besteht die Anmeldemarke somit für nicht nur unmaßgebliche Teile des Verkehrs erkennbar aus zwei Bestandteilen, die einen Hinweis auf ein "Netzwerk für Kurier-, Expressund Paketdienste" geben.
d) Im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wird der Verkehr die Anmeldemarke somit nur als bloßen Sachhinweis darauf auffassen, dass diese Waren und Dienstleistungen entweder dazu geeignet oder bestimmt sind, Kurier-, Expressund Paketdiensten in einem (vor allem elektronischen) Netzwerk zu dienen, oder sich inhaltlich und gegenständlich hiermit befassen. Damit kann die Anmeldemarke aber die Hauptfunktion einer Marke, auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen, nicht erfüllen, so dass sie nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für diese Waren und Dienstleistungen nicht schutzfähig ist.
e) Dem steht nicht entgegen, dass es die konkrete Wortfolge "KEPnet", wie der Anmelder geltend macht, offenbar in der vorgenannten Bedeutung nicht gibt. Denn nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, an welche der Senat in allen Anmeldeverfahren gebunden ist, ist eine Anmeldemarke zum einen auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie bislang nicht verwendet wurde (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. [Rz. 32] -DOUBLEMINT) und zum anderen aus Bestandteilen besteht, die für sich betrachtet beschreibend sind, sofern nicht -wofür vorliegend keinerlei Anhaltspunkte bestehen -die Art ihrer Zusammensetzung von der bloßen Aneinanderreihung beschreibender Angaben wegführt (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] -BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] -BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] -CELLTECH).
f) Schließlich gibt auch die genannte Entscheidung des 26. Senats des Bundespatentgerichts keine Veranlassung für eine abweichende Beurteilung. Zwar hat dieser hierin ausgeführt, "KEPnet" komme kein beschreibender Sinngehalt zu; diese Ansicht ist aber weder begründet, noch hat sich der 26. Senat hierbei mit den von der Markenstelle im vorliegenden Anmeldeverfahren genannten Fundstellen für den Bedeutungsgehalt der Buchstabenfolge "KEPnet" auseinander gesetzt. Damit besteht kein Anlass für eine Beurteilung der hier in Rede stehenden Anmeldemarke als unterscheidungskräftig.
2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG bestand besteht ebenso wenig Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 MarkenG. Letzteres kommt auch im Hinblick auf die vom Anmelder genannte Entscheidung des 26. Senats nicht in Betracht; denn zum einen stellen unterschiedliche Tatsachenbeurteilungen keine Rechtsfrage i. S. d. § 83 Abs. 2 MarkenG dar, über welche wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich wäre, und zum anderen beruht diese Entscheidung auch auf abweichenden Beurteilungsgrundlagen, bei denen die hier maßgeblichen Gesichtspunkte fehlen.
Dr. Albrecht Kruppa Schwarz Fa
BPatG:
Beschluss v. 20.04.2009
Az: 27 W (pat) 5/09
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