Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 5. Dezember 2005
Aktenzeichen: AnwZ (B) 1/05
(BGH: Beschluss v. 05.12.2005, Az.: AnwZ (B) 1/05)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22. September 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde am 19. Januar 1994 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seit dem 15. Mai 2000 ist er als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht L. und dem Landgericht K. zugelassen. Mit Verfügung vom 26. März 2004 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht wegen Vermögensverfalls widerrufen worden (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung vor.
a) Ein Vermögensverfall besteht dann, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st.Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Senatsbeschluss vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Das Vorliegen des Vermögensverfalls wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist.
Gegen den Antragsteller waren vor Erlass der Widerrufsverfügung die in dem angefochtenen Beschluss des Anwaltsgerichtshofs aufgeführten Vollstreckungsmaßnahmen - insbesondere von Seiten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen - eingeleitet worden. Am 26. März 2004 wurde der Antragsteller wegen einer Forderung des Versorgungswerks in Höhe von 7.142,71 Euro mit einem Haftbefehl in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts L. (6 M /04) eingetragen. Die dadurch begründete Vermutung für einen Vermögensverfall hat der Antragsteller nicht widerlegt. Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind deshalb mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller im Zeitpunkt des Widerrufs seiner Zulassung in Vermögensverfall befand. Dagegen bringt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nichts vor.
b) Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern des Rechtsanwalts. Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden bei Erlass der Widerrufsverfügung ausnahmsweise nicht gegeben war (dazu Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2004, AnwZ(B) 43/03, NJW 2005, 511 unter II 2), sind weder vom Antragsteller dargetan noch aus den Umständen ersichtlich.
Der Widerrufsgrund ist auch nicht nachträglich entfallen.
a) Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren geltend macht, dass seine Vermögensverhältnisse zwischenzeitlich wieder geordnet seien, ist dieses Vorbringen zwar im laufenden Verfahren noch zu berücksichtigen (BGHZ 75, 356). Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller jedoch nicht dargetan. Insoweit fehlt es schon an der für den Nachweis eines zweifelsfreien Wegfalls des Widerrufsgrundes erforderlichen umfassenden Übersicht über die bestehenden Verbindlichkeiten sowie über die laufenden Einkünfte und das Vermögen des Antragstellers. Eine solche Aufstellung hat der Antragsteller trotz eines entsprechenden Hinweises auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt.
Zwar hat der Antragsteller die im angefochtenen Beschluss des Anwaltsgerichtshofs aufgeführten Forderungen, insbesondere die des Versorgungswerks, die zum Widerruf der Zulassung geführt hatten, und darüber hinaus auch die erst im gerichtlichen Verfahren bekannt gewordene weitere Forderung des Versorgungswerks in Höhe von 15.939.31 €, wegen der der Antragsteller am 10. Januar 2005 vorübergehend erneut in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts L. eingetragen worden war, inzwischen ausgeglichen. Gegen den Antragsteller wird aber, wie im Beschwerdeverfahren bekannt geworden ist, weiterhin vollstreckt. Der Vollstreckungsauftrag des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2005 lautet gemäß der Mitteilung des Versorgungswerks vom 1. September 2005 auf 14.633,63 Euro; der Beitragsrückstand des Antragstellers beim Versorgungswerk beträgt danach zum 1. September 2005 insgesamt 19.185,14 Euro. Darüber hinaus besteht nach der Mitteilung des Versorgungswerks der rheinlandpfälzischen Rechtsanwaltskammern vom 1. September 2005 ein Beitragsrückstand des Antragstellers bei diesem Versorgungswerk in Höhe von 1.243,21 Euro. Der Gläubiger H. betreibt die Vollstreckung gemäß Mitteilung der Gerichtsvollzieherin Ha. vom 31. August 2005 wegen einer Hauptforderung von 1.407,07 Euro. Die Antragsgegnerin macht gegen den Antragsteller Zahlungsrückstände in Höhe von 5.217,23 Euro geltend. Darüber hinaus ist der Antragsteller seit November 2005 mit drei eidesstattlichen Versicherungen im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts L. eingetragen, so dass der Vermögensverfall des Antragstellers wiederum gesetzlich vermutet wird.
Unter diesen Umständen ist auch im Beschwerdeverfahren davon auszugehen, dass sich der Antragsteller nach wie vor in Vermögensverfall befindet und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden weiterhin gegeben ist.
Hirsch Otten Ernemann Frellesen Kieserling Wüllrich Hauger Vorinstanz:
AGH Koblenz, Entscheidung vom 22.09.2004 - 2 AGH 4/04 -
BGH:
Beschluss v. 05.12.2005
Az: AnwZ (B) 1/05
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