Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 173/03
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2004, Az.: 30 W (pat) 173/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. März 2003 aufgehoben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke 1 170 295 zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird wegen der Gefahr von Verwechslungen mit der Marke 1 170 295 die Löschung der Marke 398 36 078 angeordnet. Kosten werden nicht auferlegt.
Gründe
I.
Für die Warenpharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittelist unter der Nr 398 36 078 seit dem 8. Oktober 1998 eingetragen die Wortmarke Dexpanthol.
Widerspruch hat ua erhoben die Inhaberin der seit dem 3. Januar 1991 unter der Nr 1 170 295 für die Waren Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, pharmazeutische Erzeugnisse, Präparate für die Gesundheitspflegeeingetragenen Marke BEPANTHOL.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Bei normaler Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke würden bei ähnlichen bis identischen Waren die strengen Anforderungen an den Markenabstand eingehalten. Auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke komme es nicht an, da auch bei Glaubhaftmachung der Benutzung keine Verwechslungsgefahr bestünde. Die Marken seien zwar in dem Markenteil "Panthol" identisch, wegen dessen Anlehnung an den INN "Panthenol" werde sich der Verkehr aber eher an den deutlich abweichenden Anfangssilben orientieren.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat sie eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, der das Produktsortiment seit 1990 zu entnehmen sei, das ausschließlich über Apotheken vertrieben werde sowie erhebliche Umsätze für 1994 bis 2002. Dies belege die hohe Verkehrsbekanntheit sowie gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Da die beiden Anfangssilben völlig verbraucht und damit kennzeichnungsschwach seien, werde der Verkehr sich nicht ausschließlich hieran orientieren. Die Wortendung "panthol" werde nicht vernachlässigt, da sie weder glatt beschreibend sei, noch zu erwarten sei, daß für den Verkehr die Anlehnung an den INN Panthenol geläufig sei. Der Gesamteindruck der Marken werde durch die relativ langen Gesamtwörter bestimmt, es bestehe ein hoher klanglicher und schriftbildlicher Ähnlichkeitsgrad.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf die im Beschluß der Markenstelle angeführten Gründe und macht im übrigen geltend, es sei für die in Rede stehenden Waren der angegriffenen Marke auf Fachkreise abzustellen, im übrigen würden die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise erhöhte Sorgfalt und Aufmerksamkeit walten lassen.
Zur Ergänzung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz, so daß der Beschluß der Markenstelle insoweit aufzuheben war.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st Rspr, vgl GRUR 2004, 235, 236 - Davidoff II; GRUR 2002, 1067, 1068 - DKV/OKV).
1. Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke ohne Einschränkung zugestanden hat, ist von der Registerlage auszugehen. Insoweit können sich die gegenüberstehenden Marken wegen der weiten Oberbegriffe auf identischen Waren begegnen.
Nach den allgemein gefaßten Warenverzeichnissen mit weiten Warenoberbegriffen sind davon Präparate für die Gesundheitspflege jeglicher Art erfaßt, also auch solche, die durch Laien unmittelbar und im täglichen Gebrauch verwendet werden können. Zudem ist weiter zu berücksichtigen, dass bei den vorliegenden pharmazeutischen Erzeugnissen eine Rezeptpflicht nicht festgeschrieben ist, so dass allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind.
2. Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer eher gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus.
Inwieweit die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ursprünglich dadurch beeinträchtigt war, daß sich die Widerspruchsmarke bei der Wortbildung an dem INN Panthenol angelehnt hat, kann dahingestellt bleiben.
Die Auslassung der Zwischensilbe "-en" und die Anfügung der Vorsilbe "Be" erscheint allerdings nicht unerheblich, so daß es allenfalls für die Fachkreise (Ärzte und Apotheker) naheliegt, bei einem panthenolhaltigen Produkt den Markenbestandteil "Panthol" als sprechende Anlehnung an die Wirkstoffangabe "Panthenol" zu verstehen. Da eine Rezeptpflicht nicht vorgesehen ist, erscheint für den insoweit maßgeblichen allgemeinen Verkehr eine Anlehnung an den dem Publikum wohl nicht bekannten INN Panthenol nicht ohne weiteres naheliegend.
Dies hat zudem nur Auswirkungen auf einen geringen Teil der von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren. Es handelt sich bei "Panthenol" genauso wie bei "Dexpanthenol" um einen Dermatikahilfsstoff, um das Epithel zu fördern und zu heilen, so daß die Widerspruchmarke auch nur in bezug auf Dermatika einen beschreibenden Anklang und damit eine Kennzeichnungsschwäche aufweisen kann.
Für die übrigen nicht Dermatika betreffenden und unter die weiten Warenoberbegriffe fallenden Waren ist für die Widerspruchsmarke keine Kennzeichnungsschwäche festzustellen.
Durch die langjährige und sehr umfangreiche Benutzung ist die für den Warenbereich Dermatika eventuell gegebene ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke überwunden, so daß sie auch insoweit über einen eher durchschnittlichen Schutzumfang verfügt.
Die von der Widersprechenden mit einer eidesstattlichen Versicherung vorgelegten Umsatzzahlen, die bis zum Jahre 2002 bei ... € bei ... verkauften Einheiten liegen, sowie Werbeaufwendungen von durchschnittlich ... € pro Jahr von 1998 bis 2002 sowie einer durch Verkehrsbefragung festgestellten Markenbekanntheit im Jahr 2003 von 64 % reichen aus, um daraus eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit abzuleiten.
3. Den angesichts identischer Waren und einer mindestens normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen besonders deutlichen Abstand hält die angegriffene Marke nicht ein.
Die sich gegenüberstehenden dreisilbigen Markenwörter stimmen in zwei von drei Silben in ihrem wesentlichen Bestandteil vollständig überein, der die betonte Anfangssilbe bestimmende Vokal "e" ist ebenfalls identisch vorhanden. Die Abweichung im ähnlich gebildeten Anfangskonsonanten "D" in der angegriffenen Marke gegenüber "B" in der Widerspruchsmarke und das eingeschobene x am Ende der Anfangssilbe reichen nicht aus, um das angegriffene Zeichen aus dem Schutzbereich der Widerspruchsmarke herauszuführen.
Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke vorträgt, die Widerspruchsmarke habe wegen des sprechenden Anklangs an den INN Panthenol nur einen engen Schutzumfang, so daß jüngere Marken selbst bei geringeren Abwandlungen Schutz genießen, trifft dies aus oben genannten Gründen nicht zu. Die Widerspruchsmarke hat einen deutlich sprechenden Anklang nur in Bezug auf Dermatika, so daß ihre Kennzeichnungsschwäche sich nur für einen Teil der Waren auswirkt, die jedoch wiederum unter die weiten Warenoberbegriffe der pharmazeutischen Produkte sowie Waren zur Körper- und Gesundheitspflege fallen, für die eine Benutzung ebenfalls zugestanden wurde, so daß sich insoweit ein eingeschränkter Schutzumfang nicht feststellen lässt.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2004
Az: 30 W (pat) 173/03
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