Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 1. April 2014
Aktenzeichen: 8 A 654/12
(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 01.04.2014, Az.: 8 A 654/12)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin produziert und vertreibt Nahrungsmittel; sie wendet sich gegen die von der Beklagen beabsichtigte Erteilung von Informationen über das Vorhandensein bzw. das Migrationsverhalten bestimmter Druckchemikalien in einem ihrer Produkte an den Beigeladenen.
Der Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 25. September 2009 beim damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ‑ BMELV -, nunmehr Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ‑ BMEL - (im Folgenden: Bundesministerium), unter Hinweis auf das damals geltende Verbraucherinformationsgesetz (im Folgenden: VIG 2008) u. a. die Beantwortung folgender Fragen:
"1. Aus Ihrem Schreiben vom 9. Juni 2009 geht hervor, dass die Bundesländer im Rahmen der amtlichen Überwachung folgende Photoinitiatoren nachgewiesen haben: DETX, Ethyl-4-dimethylaminobenzoat, Benzophenon, 4-Methylbenzophenon, 2-Methyl-4-(methylthio)-2-morpholinopropiophenon, 2,2-Dimethoxy-2-phenylacetophenon, 4-Benzoylbiphenyl, 1-Hydroxycyclohexylphenylketon und Diphenyl-(2,4,6-trimethylbenzoyl)-phosphinoxid.
a) In welchen Produkten (bitte genaue Produktnamen und Hersteller angeben) wurden Belastungen der jeweiligen oben genannten Chemikalien nachgewiesen€
b) Wann wurden die Belastungen festgestellt€
c) In welchen Verpackungen (Verpackungsart, Verpackungsmaterial, Füllvolumen) wurden Belastungen der jeweiligen oben genannten Chemikalien nachgewiesen€
d) In welchen Konzentrationen wurden die oben genannten Chemikalien nachgewiesen€
e) In wie vielen Fällen wurden die oben genannten Chemikalien nachgewiesen€
f) Liegen dem BMELV nach dem 5. März 2009 neue Informationen hinsichtlich nachgewiesener Photoinitiatoren in Lebensmitteln vor€ Wenn ja, wie viele Fälle, für welche Produkte (bitte genaue Produktnamen und Hersteller angeben), in welchen Verpackungen (Verpackungsart, Verpackungsmaterial, Füllvolumen) und in welchen Konzentrationen€
...
4. Ist dem BMELV bekannt, ob den Ländern weitere (seit 5. März 2009 neue) Untersuchungsergebnisse hinsichtlich Photoinitiatoren und anderen Druckchemikalien in Lebensmittel vorliegen bzw. vorliegen müssten€ Wenn ja, welche€
5. Ist dem BMELV bekannt, ob die Länder die Ursachen der nachgewiesenen Chemikalienbelastungen in Lebensmitteln (z.B. Migration oder produktbedingte Verunreinigungen) untersucht haben€ Wenn ja, wurden dem BMELV diese Ursachen mitgeteilt, welche waren sie und welche Maßnahmen zur Vermeidung dieser Belastungen wurden veranlasst€
..."
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2009 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass auch zu einem ihrer Produkte entsprechende Informationen beim Bundesministerium vorhanden seien (u. a. Produktname, Bezeichnung des Photoinitiators, [Migrations-]Gehalt des Photoinitiators und Zeitpunkt der diesbezüglichen Feststellung). Insofern gewährte sie der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 11. November 2009 einer Weitergabe der Informationen. Die Daten seien ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Ihr Bekanntwerden könne ihre Position im Wettbewerb schwächen. Außerdem seien die festgestellten Werte derart niedrig, dass sie unterhalb der Nachweisgrenze lägen. Es sei weder eine Verletzung von Normvorgaben noch eine Beeinträchtigung der Lebensmittelsicherheit gegeben. Ferner läge die Untersuchung des in Rede stehenden Produkts fast zwei Jahre zurück; inzwischen habe man das Herstellverfahren geändert.
Mit Bescheid vom 25. November 2009 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, dass der Informationszugang - nach Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheides - durch schriftliche Auskunftserteilung gewährt werde. Zu den Einwänden der Klägerin und anderer angehörter Unternehmen sei festzustellen, dass das Verbraucherinformationsgesetz nicht nur einen Anspruch auf Informationen über Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften einräume. Vielmehr bestehe Zugang zu allen vorhandenen Daten sowohl über die Beschaffenheit von Erzeugnissen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2008) als auch über behördliche Überwachungsmaßnahmen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VIG 2008). Insoweit bestehe der Anspruch unabhängig von den festgestellten Gehalten, etwaigen Höchstgehaltsüberschreitungen oder von einem Erzeugnis ausgehenden Gesundheitsgefahren. Auch enthalte das Verbraucherinformationsgesetz grundsätzlich keine Ausschlussfristen für die Herausgabe von Informationen. Ungünstige Untersuchungsergebnisse stellten keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar; dies gelte erst recht für günstige Untersuchungsergebnisse. Sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Betrieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vergleichbar seien, würden ebenfalls nicht offenbart. Soweit die Richtigkeit der festgestellten Werte sowie die Richtigkeit der Mess- und Analyseverfahren in Zweifel gezogen worden seien, würden die Stellungnahmen der betreffenden Firmen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 VIG 2008 bei der Übermittlung der Informationen auch dem Beigeladenen zur Kenntnis gebracht.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 Widerspruch ein. Zu dem Widerspruchsverfahren zog die Beklagte den Beigeladenen gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG hinzu und gab diesem den Namen und die Anschrift der Klägerin bekannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Die hiergegen am 26. Februar 2010 erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass der Informationsanspruch gemäß § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 ausgeschlossen sei. Bei den Messergebnissen handele es sich um Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse, jedenfalls aber um sonstige wettbewerbsrelevante Informationen im Sinne dieser Vorschrift. Die Messergebnisse bezögen sich auf Tatsachen, die nur betriebsintern bekannt und nach ihrem berechtigten Willen geheim zu halten seien, da sich ihre Offenbarung aufgrund möglicher "negativer Schlagzeilen" in der Presse nachteilig auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirken könne. Die Messergebnisse seien auch nicht etwa offenkundig, weil sich Dritte die entsprechenden Informationen ohne größere Schwierigkeiten selbst verschaffen könnten. Die Messung von Photoinitiatoren sei keineswegs "Routinearbeit"; vielmehr müssten hierfür spezialisierte und technisch ausgestatte Labore eingeschaltet werden, von denen es in Deutschland derzeit nur eine begrenzte Zahl gebe. Hinzu komme, dass sie, die Klägerin, bislang keine entlastende Gegenprobe habe durchführen können. Das durch Art. 12 und 14 GG geschützte Geheimhaltungsinteresse der Klägerin überwiege bei alledem das nur einfachrechtlich geschützte Informationsinteresse des Beigeladenen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 insoweit aufzuheben, als dem Beigeladenen Auskunft über eines ihrer Produkte betreffende Messergebnisse erteilt werden soll.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Ansicht nach liegt der Ausschlussgrund des § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 nicht vor. Bei den Messergebnissen handele es sich nicht um Betriebsgeheimnisse, da die Produkte der Klägerin im Handel frei erhältlich seien und diese von jedermann, der das ausreichende Fachwissen und die entsprechenden Vorrichtungen besitze, beprobt und analysiert werden könnten; eine bloße Prüfung auf das Vorhandensein von Photoinitiatoren sei jedem Fachmann ohne besonderen Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand möglich. Jedenfalls fehle es an einem berechtigten Interesse der Klägerin an einer Geheimhaltung der streitgegenständlichen Informationen. Das Verbraucherinformationsgesetz liefe leer, wenn Messergebnisse, die - wie hier - keinen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorgaben erkennen ließen, aufgrund einer befürchteten negativen Presseberichterstattung als wettbewerbsschädlich eingestuft und deshalb zum Betriebsgeheimnis erklärt werden könnten. Allein die spekulative Annahme, der Verbraucher könne sich bei Bekanntwerden der Messergebnisse von dem Produkt abwenden, sei kein Belang, der das - durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte - Informationsinteresse des Verbrauchers, welches der Beigeladene stellvertretend geltend mache, überwiege. Schließlich stehe dem Informationsanspruch nicht entgegen, dass die Probenahme bereits im Januar 2007 erfolgt sei; der Gesetzgeber habe mit der Regelung in § 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) VIG 2008 deutlich gemacht, dass es auf das Alter der Information grundsätzlich nicht ankomme.
Auch der Beigeladene hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er sich auf den Vortrag der Beklagten bezogen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. Februar 2012 die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid verletze die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Bei den in Rede stehenden Informationen handele es sich weder um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse noch um sonstige wettbewerbsrelevante Informationen im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008. Die Bekanntgabe der hier in Rede stehenden Messergebnisse durch die Beklagte stelle auch keinen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 GG dar. Ein Eingriff in Art. 12 GG liege nicht vor, weil das Grundrecht nach den Maßstäben der Glykolwein-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keinen Schutz vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt biete, die für das Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein könnten. Dies gelte auch dann, wenn sich die Inhalte auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken könnten. Ein Eingriff in Art. 14 GG scheide aus, weil dieses Grundrecht nicht in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten schütze.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 9. März 2012 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung bleibe auch nach Inkrafttreten des geänderten Verbraucherinformationsgesetzes vom 15. März 2012 (im Folgenden: VIG 2012) die Gesetzeslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Ungeachtet dessen wäre die Herausgabe der streitgegenständlichen Messergebnisse, deren Richtigkeit bestritten werde, auch nach diesem Gesetz rechtswidrig. Der Informationsanspruch des Beigeladenen sei jedenfalls gemäß § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 bzw. § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2012 ausgeschlossen. Aus der Gesetzesbegründung folge, dass der Begriff "Betriebsgeheimnis" im Sinne des § 17 UWG zu verstehen sei und dass Untersuchungsergebnisse, bei denen - wie hier - keine Rechtsverstöße festgestellt worden seien, dem Geheimnisschutz unterfielen. Gemäß § 2 Satz 3 VIG 2008 bzw. § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG 2012 seien (nur) Informationen über Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittelgesetzbuch ausdrücklich vom Geheimnisschutz ausgenommen. Auch die weiteren Einschränkungen in § 3 Satz 5 VIG 2012, die der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung "unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung" in das Verbraucherinformationsgesetz aufgenommen habe, seien nicht einschlägig. Vor diesem Hintergrund bleibe im Rahmen des Merkmals "Betriebsgeheimnis" bzw. "berechtigtes Geheimhaltungsinteresse" kein Raum mehr für eine Güterabwägung. Unabhängig davon fiele eine solche Abwägung zu ihren Gunsten aus. Vor allem ließen sich die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der Glykolwein-Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Anders als in jenem Fall bestehe bei dem von ihr hergestellten Produkt weder eine Gesundheitsgefahr, noch beträfen die streitgegenständlichen Daten einen Rechtsverstoß oder die Überschreitung von gesetzlichen Grenzwerten, Höchstgehalten oder Höchstmengen. Dies sei ein wesentlicher Aspekt, da diese Daten für die Öffentlichkeit keinen besonderen Wert hätten. Auf der anderen Seite drohten der Klägerin bei Bekanntgabe der Informationen ein Imageschaden und Umsatzrückgänge.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. Februar 2012 den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2009, soweit er sie betrifft, und den Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, ihre Entscheidung sei auch nach der VIG-Novelle rechtmäßig.
Der Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, für die Berufungsentscheidung des Senats sei das Verbraucherinformationsgesetz vom 15. März 2012 maßgeblich. Auf der Grundlage dieser Fassung sei der geltend gemachte Informationsanspruch erst recht begründet, zumal der Gesetzgeber den Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2012 durch die weiteren restriktiven Regelungen erheblich eingeschränkt habe.
Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin und der Beklagten mit Verfügung vom 1. März 2010 mitgeteilt, dass eine Beiladung erwogen werde. Zu diesem Zweck ist die Klägerin um Übermittlung einer anonymisierten Fassung der Klageschrift gebeten worden, die keine Hinweise auf die klagende Firma und das streitbefangene Produkt enthalte. In dieser Verfügung hat das Verwaltungsgericht den Namen des Produktes vermerkt. Mit Beschluss vom 23. September 2010 hat das Verwaltungsgericht die Beiladung ausgesprochen und mit Verfügung vom selben Tage angeordnet, dass dem Beigeladenen nur die nachgereichte anonymisierte Fassung der Klageschrift übersandt werde und dass in allen weiteren Schriftsätzen, die an den Beigeladenen weitergeleitet würden, sowohl der Name der Klägerin als auch sämtliche auf das Informationsbegehren bezogenen Ausführungen zu schwärzen seien. Für die geschwärzten Fassungen der Schriftsätze hat das Verwaltungsgericht eine Zweitakte angelegt. Der Beigeladene hat diese Verfahrensweise mit Schriftsätzen vom 18. September 2012 und 23. Januar 2014 als unzulässig gerügt und Einsicht in die ungeschwärzten Schriftsätze beantragt.
Der Senat hat mit prozessleitenden Verfügungen vom 5. und 6. Februar 2014 den Beteiligten mitgeteilt, dass von einer (weiteren) Anonymisierung des Namens der Klägerin abgesehen werde, weil deren Identität dem Beigeladenen bereits seit dem Widerspruchsverfahren bekannt sei. Ferner hat der Senat die dem Gericht bislang vorgelegten ungeschwärzten Schriftsätze an die Klägerin bzw. an die Beklagte zurückgesandt und in der Gerichtsakte nur die geschwärzten Fassungen belassen, die auch dem Beigeladenen zur Verfügung gestellt worden sind. Die vom Verwaltungsgericht angelegte Zweitakte ist als Beiakte zur Gerichtsakte genommen worden. Der in der Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 1. März 2010 vermerkte Produktname ist durch den Senat geschwärzt worden. Den Beteiligten ist mit der Rücksendung ihrer Schriftsätze Gelegenheit gewährt worden, hinsichtlich der geschwärzten Passagen gegebenenfalls ergänzend in einer Weise vorzutragen, die es ermöglicht, den Inhalt allen Beteiligten zur Kenntnis zu geben.
Der Beigeladene hat die Rücksendung der ungeschwärzten Schriftsätze und die Schwärzung der Angabe des Produktnamens in der Verfügung des Verwaltungsgerichts als unzulässig beanstandet, da hierdurch sein Akteneinsichtsrecht aus § 100 Abs. 1 VwGO vereitelt worden sei. Die Klägerin hat gerügt, dass durch die prozessleitenden Verfügungen des Senats ihr Recht, zu den - aus ihrer Sicht - geheim zu haltenden Umständen vortragen zu können, unverhältnismäßig eingeschränkt worden sei und dass dem Senat eine Prüfung vor allem der Ausschlussgründe des Verbraucherinformationsgesetzes nur bei Kenntnis der streitgegenständlichen Informationen möglich sei. Die Klägerin ist der Ansicht, dass § 99 Abs. 2 VwGO auf das Hauptsacheverfahren analog anzuwenden sei und demgemäß der als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichnete Parteivortrag sowie die streitgegenständlichen Informationen nur durch das Gericht der Hauptsache - jedenfalls aber nicht durch den Beigeladenen - zur Kenntnis genommen werden dürften.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
A. Der Senat entscheidet gemäß § 108 Abs. 2 VwGO ausschließlich auf der Grundlage des Akteninhalts, der allen Beteiligten bekannt ist und zu dem alle Beteiligten Stellung nehmen konnten. Beteiligt am Verfahren ist gemäß § 63 Nr. 3 VwGO auch der Beigeladene; dessen Beiladung ist zu Recht erfolgt (hierzu I.). Sowohl die Anonymisierung des Namens der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen (hierzu II.) als auch die Schwärzung der an den Beigeladenen weitergeleiteten Schriftsätze (hierzu III.) waren nicht zulässig. Die diesbezüglichen Anordnungen des Verwaltungsgerichts waren daher durch den Senat entsprechend abzuändern.
I. Die Beiladung des Beigeladenen war notwendig (§ 65 Abs. 2 VwGO).
Erhebt ein Dritter Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die informationspflichtige Stelle einem Antrag auf Zugang zu ihn betreffenden Informationen stattgibt, ist der durch den Verwaltungsakt begünstigte Antragsteller notwendig beizuladen. Die mit einer solchen Klage begehrte Aufhebung des Verwaltungsaktes kann nicht getroffen werden, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Antragstellers verändert oder aufgehoben werden. Damit kann die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO ergehen.
Vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 65 Rn. 120
Das Verbraucherinformationsgesetz enthält keine hiervon abweichenden Regelungen für das verwaltungsgerichtliche Verfahren.
Vgl. Mühlbauer, DVBl. 2009, 354 (357); Kugele, in: Böhm/Freund/Voit (Hrsg.), VIG, 2009, S. 102 (104); Wustmann, ZLR 2011, 57 (75); teilweise a. A. Grube/Immel, ZLR 2009, 649 (655); Immel/Schneider, LMuR 2009, 142 ff.; Grote, in: Böhm/Freund/Voit (Hrsg.), VIG, 2009, S. 113 (119); Grube, in: Meyer (Hrsg.), Lebensmittel heute, 2010, S. 295 (300).
Auch das Verfassungsrecht schließt die Beiladung in der vorliegenden Fallkonstellation der Drittanfechtungsklage nicht aus.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. September 2009 ‑ 1 BvQ 39/09 u. a. -, NVwZ 2009, 1556 = juris Rn. 3; OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Oktober 2009 ‑ 14 PS 4/09 -, NVwZ 2010, 199 = juris Rn. 3.
Zwar wird dem Antragsteller, dem der Informationszugang nach dem Willen der Behörde gewährt werden soll, durch seine Beiladung infolge der Mitteilung des Rubrums die Identität des Drittanfechtungsklägers bekannt. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, von der Beiladung abzusehen. Der Antragsteller erhält allein durch das Bekanntwerden der Identität des Klägers im Regelfall noch keine näheren Informationen über die Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte, auf die sich der Anspruch auf Informationszugang seinem wesentlichen Inhalt nach bezieht. Allein das Bekanntwerden der Identität begründet insoweit für den Kläger in der Regel keinen rechtlich relevanten Nachteil.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. September 2009 ‑ 1 BvQ 39/09 u. a. -, NVwZ 2009, 1556 = juris Rn. 3.
Für den Fall, dass der Antragsteller mithilfe des Informationsanspruchs gerade (auch) die Identität des Dritten in Erfahrung bringen will, gilt nichts anderes. Auch in diesem Fall sieht das Prozessrecht keine Ausnahme von § 65 Abs. 2 VwGO vor. Die notwendige Beiladung ist vielmehr zwingend vorgeschrieben und zur Sicherung und Durchsetzung des Anspruchs unmittelbar materiellrechtlich betroffener Personen auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG von Verfassungs wegen unabdingbar.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2006 ‑ 1 BvR 675/06 u. a. -, BVerfGK 9, 425 = juris Rn. 18; vgl. auch Stober, in: Festschrift für Menger, 1985, S. 401 (417 f.).
II. Die vom Verwaltungsgericht am 23. September 2010 angeordnete Anonymisierung der Identität der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen war unzulässig.
Ist das streitgegenständliche Informationsbegehren ausschließlich auf die Bekanntgabe des Namens oder der Anschrift eines Prozessbeteiligten gerichtet oder ist dessen Identität zumindest wesentlicher Bestandteil des Informationsbegehrens, kann es ausnahmsweise geboten sein, den Namen und/oder die Anschrift im Gerichtsverfahren gegenüber dem Prozessgegner zu anonymisieren. Dies folgt aus Art. 19 Abs. 4 GG.
Zwar sieht die Verwaltungsgerichtsordnung die Anonymisierung der Identität eines Beteiligten gegenüber einem anderen Prozessbeteiligten nicht ausdrücklich vor. Gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1 VwGO muss die Klage den Kläger bezeichnen; die Schriftsätze sollen die Parteien namentlich benennen (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO). In der Sitzungsniederschrift werden die erschienenen Prozessbeteiligten namentlich erfasst (§ 105 VwGO i.V.m § 160 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Auch die Entscheidungen des Gerichts enthalten im Rubrum die Bezeichnung der Beteiligten (§ 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Diese Vorschriften sind jedoch einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Es ist allgemein anerkannt, dass das Erfordernis der Angabe des Namens und/oder der ladungsfähigen Anschrift im Gerichtsverfahren entfällt, wenn es im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu einer unzumutbaren Einschränkung des aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Zugangsrechts zu den Gerichten führt.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. November 1999 ‑ 1 BvR 1203/99 -, juris Rn. 1; BVerwG, Urteil vom 13. April 1999 - 1 C 24.97 -, NJW 1999, 2608 = juris Rn. 40; BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87 -, BGHZ 102, 332 = juris Rn. 10; BFH, Beschluss vom 18. August 2011 - V B 44/10 -, BFH/NV 2011, 2084 = juris Rn. 7 ff.; vgl. ferner Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, Stand: April 2013, Band II, § 82 Rn. 4 (keine Angabe der ladungsfähigen Anschrift z. B. bei schutzwürdigem Geheimhaltungsinteresse bei Unterbringung in einem Frauenhaus).
Ist die Bekanntgabe der Identität eines Beteiligten als solche streitgegenständlich, muss das Gericht diesem Umstand - gegebenenfalls durch gesonderte Aktenführung und einer besonderen Gestaltung der mündlichen Verhandlung - Rechnung tragen. Vor allem können in den Schriftsätzen und in den gerichtlichen Verfügungen, die an andere Beteiligte weitergeleitet werden, der Name und/oder die Anschrift des betroffenen Beteiligten anonymisiert werden. Anderenfalls würde das Recht des betroffenen Prozessbeteiligten auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes unterlaufen. Eine Klärung der Berechtigung der Bekanntgabe seiner Identität soll nämlich erst im gerichtlichen Verfahren herbeigeführt werden.
Vgl. - insoweit zutreffend - Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, Teil D, § 5 Rn. 35.
Eine solche Anonymisierung ist gleichwohl auf Ausnahmefälle zu beschränken und darf auch während des Gerichtsverfahrens nur soweit und solange aufrechterhalten bleiben, wie Art. 19 Abs. 4 GG dies im jeweiligen konkreten Fall erfordert. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sowohl der Grundsatz der prozessualen Waffen- und Verfahrensgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG als auch der Anspruch auf rechtliches Gehör der übrigen Verfahrensbeteiligten grundsätzlich das Recht einschließt, die Identität des Prozessgegners zu kennen.
Im vorliegenden Fall war gemessen hieran im Gerichtsverfahren hinsichtlich des Namens der Klägerin schon deshalb keine Ausnahme zu machen, weil deren Identität dem Beigeladenen bereits seit dem Widerspruchsverfahren bekannt ist. Ihr Schutzbedürfnis ist damit bereits vor Klageerhebung entfallen. Hinzu kommt, dass der Name der Klägerin aufgrund ihrer umfangreichen Produktpalette keine Rückschlüsse auf das betroffene Produkt, auf die chemische Substanz oder auf die Messwerte zulässt. Gerade diese Daten sind indes zentrales Ziel des Informationsbegehrens des Beigeladenen. Hat das Bekanntwerden der Identität der Klägerin für den Beigeladenen danach keinen eigenständigen Informationswert, ist die Anonymisierung ihres Namens nicht gerechtfertigt. Das Bekanntwerden der Identität führt in einem solchen Fall regelmäßig - so auch hier - nicht zu einer unzumutbaren Einschränkung des Zugangsrechts zu den Gerichten nach Art. 19 Abs. 4 GG.
III. Soweit das Verwaltungsgericht mit Verfügung vom 23. September 2010 die Schwärzung sämtlicher auf das Informationsbegehren bezogener Ausführungen in den für den Beigeladenen bestimmten Abschriften angeordnet und das Hauptsacheverfahren über eine doppelte Aktenführung teilweise zu einem "incamera"-Verfahren gemacht hat, war dies ebenfalls nicht zulässig.
Schriftsätze einschließlich etwaiger Anlagen müssen - auch im Fall der Anfechtungsklage gegen die Gewährung des Zugangs zu Informationen - allen Verfahrensbeteiligten vollständig und ohne Schwärzungen für einzelne Beteiligte zugänglich gemacht werden. Ein "incamera"-Verfahren vor dem Gericht der Hauptsache sieht die Verwaltungsgerichtsordnung nicht vor. § 99 Abs. 2 VwGO bestimmt, dass der nach § 189 VwGO zuständige Spruchkörper in einem besonderen Zwischenverfahren die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Urkunden oder Akten auf Antrag eines Beteiligten überprüft, wenn die Behörde deren Vorlage verweigert. Darüber hinaus kann in "erweiterter" Auslegung des § 99 Abs. 2 VwGO ausnahmsweise auch die Geheimhaltung der behördlichen Akten oder Urkunden, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse eines Verfahrensbeteiligten enthalten, von diesem beim zuständigen Fachsenat beantragt werden, falls die Behörde die betreffenden Akten oder Urkunden im Gerichtsverfahren entsprechend der Aufforderung des Prozessgerichts offenlegen will.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 2003 - 20 F 1.03 -, BVerwGE 118, 350 = juris Rn. 3 f.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Oktober 2009 - 14 PS 4/09 -, NVwZ 2010, 199 = juris Rn. 2; vgl. hierzu auch Schenke, NVwZ 2008, 938 (940), und Schroeter, NVwZ 2011, 457 (459 f.).
§ 99 VwGO bezieht sich aber zum einen nur auf Akten und Urkunden der Behörde, nicht jedoch auf den Vortrag eines Beteiligten. Zum andern lässt die Vorschrift eine Verwertung der geheim zu haltenden Informationen gerade nur in einem gesonderten Zwischenverfahren zu. Eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift für das Hauptsacheverfahren ist insofern schon mangels planwidriger Regelungslücke nicht möglich. Nur der Gesetzgeber könnte ein "incamera"-Verfahren vor dem Gericht der Hauptsache zur Verwertung geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen für die Sachentscheidung einführen und ausgestalten.
Vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 15. August 2003 - 20 F 8.03 -, NVwZ 2004, 105 = juris Rn. 12; ebenso Seibert, NVwZ 2002, 265 (270); vgl. schon früher zum Zivilprozessrecht: Lachmann, NJW 1987, 2206 (2210); Kürschner, NJW 1992, 1804 (1805); Prütting, NJW 1993, 576 (577), jeweils m.w.N.
Ein derartiges Verfahrensmodell hat der Gesetzgeber jedoch - auch und gerade im Bereich des Informationszugangsrechts - in § 99 Abs. 2 VwGO nicht verwirklicht.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 2008 ‑ 20 F 2.07 -, BVerwGE 130, 236 = juris Rn. 12, vom 15. Oktober 2008 - 20 F 1.08 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 50 = juris Rn. 7 f., und vom 5. Februar 2009 ‑ 20 F 3.08 -, juris Rn. 6 f.; kritisch hierzu u. a. Mayen, NVwZ 2003, 537 (542 ff.), und Schoch, NJW 2009, 2987 (2993); vgl. demgegenüber etwa für telekommunikationsrechtliche Streitigkeiten die Sonderregelung in § 138 Abs. 2 TKG, hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 9. Januar 2007 - 20 F 1.06 u. a. -, BVerwGE 127, 282 = juris Rn. 12 ff., und vom 21. Januar 2014 - 6 B 43.13 -, juris Rn. 10.
Die Geheimhaltung des Sachvortrags eines Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren ohne entsprechende gesetzliche Grundlage mit dem in Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz des rechtlichen Gehörs unvereinbar. Dieser Grundsatz gebietet es, dass einer gerichtlichen Entscheidung regelmäßig nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen alle Beteiligten Stellung nehmen konnten.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Mai 1981 - 2 BvR 215/81 -, BVerfGE 57, 250 = juris Rn. 63, und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 = juris Rn. 90.
In Ausprägung dieses Grundsatzes verlangt § 108 Abs. 2 VwGO, dass den Prozessbeteiligten Gelegenheit gegeben wird, sich vor der Entscheidung zum gesamten Prozessstoff, insbesondere zu allen entscheidungserheblichen Umständen und dem darauf bezogenen Vorbringen der übrigen Beteiligten zu äußern. Daraus folgt die weitere Pflicht des Gerichts, Schriftsätze eines Beteiligten allen anderen Beteiligten zur Kenntnis zu bringen, wie dies in § 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO vorgeschrieben ist. Jeder Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens darf sich daher darauf verlassen, dass sich in der Gerichtsakte, auf deren Inhalt die das Verfahren abschließende Entscheidung aufbaut, keine Schriftsätze anderer Beteiligter befinden, die er nicht kennt.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juli 1987 - 6 C 60.86 -, BVerwGE 78, 30 = juris Rn. 13, und vom 25. Mai 1988 - 6 C 40.86 -,Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 201 = juris Rn. 14, sowie Beschluss vom 25. Juni 2010 - 8 B 128.09 -, juris Rn. 6; Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 108 Rn. 192; vgl. auch für den Zivilprozess: OLG München, Beschluss vom 8. November 2004 - 29 W 2601/04 -, NJW 2005, 1130 = juris Rn. 20 ff., und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. September 2008 - I-2 W 57/08, 2 W 57/08 -, InstGE 10, 122 = juris Rn. 6 f.
Schriftsätze eines Beteiligten, die von ihm als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet und nur zur Kenntnisnahme für das Gericht bzw. für ausgewählte Verfahrensbeteiligte übersandt werden, können daher nicht ohne Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Gleiches gilt, wenn der Beteiligte für einen bestimmten Prozessbeteiligten geschwärzte Abschriften seiner Schriftsätze mit dem Hinweis beifügt, dass die ungeschwärzte Fassung nicht weitergegeben werden dürfe. Das Gericht ist prozessrechtlich gehindert, solche Schriftsätze zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen und die gerichtliche Sachentscheidung hierauf zu stützen.
Vgl. - insoweit zutreffend - VG Köln, Urteil vom 31. Juli 2003 - 1 K 1246/02 -, CR 2003, 831 = juris Rn. 151.
Solche Schriftsätze gehören daher von vornherein nicht zu den Gerichtsakten. Sie müssen grundsätzlich bereits mit Eingang bei Gericht an den Absender zurückgesandt werden; zugleich ist dem Absender Gelegenheit zu geben, gegebenenfalls ergänzend in einer Weise vorzutragen, die es ermöglicht, den Inhalt allen Beteiligten zur Kenntnis zu geben.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. November 2003 ‑ 20 F 16.03 -, NVwZ 2004, 486 = juris Rn. 2 f., vom 5. November 2008 - 20 F 6.08 -, juris Rn. 15, vom 6. November 2008 - 20 F 7.08 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 51 = juris Rn. 17, vom 5. Februar 2009 ‑ 20 F 24.08 -, juris Rn. 16, vom 24. August 2009 ‑ 20 F 2.09 -, juris Rn. 14 f., und vom 8. März 2010 ‑ 20 F 11.09 -, NJW 2010, 2295 = juris Rn. 16 f.
Wird dies in der Vorinstanz versäumt, kann die Rückgabe solcher Schriftsätze auch noch im Rechtsmittelverfahren erfolgen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2010 - 20 F 11.09 -, NJW 2010, 2295 = juris Rn. 17 (Rücksendung erst im Beschwerdeverfahren).
Durch die Rückgabe der unter dem Vorbehalt der Nichtweitergabe eingereichten Schriftsätze wird das Akteneinsichtsrecht des Prozessgegners nicht verletzt. § 100 Abs. 1 VwGO will sicherstellen, dass die Verfahrensbeteiligten Kenntnis von allen Akten nehmen und sich zu allen Akteninhalten äußern können, die dem Gericht zur Entscheidung vorliegen und die es damit zur Entscheidungsgrundlage macht. Dem Akteneinsichtsrecht unterliegen daher nicht solche Unterlagen, hinsichtlich derer das Gericht auf eine Beiziehung verzichtet und die es damit nicht zum Prozessstoff macht.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2004 - 6 B 71.03 -, juris Rn. 9 f.
Nichts anderes gilt für Schriftsätze, die nach den vorstehenden Grundsätzen nicht zur Gerichtsakte genommen werden, sondern an den Absender zurückgegeben werden müssen.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. November 2008 ‑ 20 F 6.08 -, juris Rn. 14, vom 6. November 2008 ‑ 20 F 7.08 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 51 = juris Rn. 16, vom 5. Februar 2009 - 20 F 24.08 -, juris Rn. 17, und vom 24. August 2009 - 20 F 2.09 -, juris Rn. 15.
Ob eingereichte Schriftsätze möglicherweise Passagen enthalten, die geheimhaltungsbedürftig sind oder unmittelbar die Angaben enthalten, die vom streitgegenständlichen Informationsbegehren erfasst sind, ist im Übrigen nicht durch das Gericht zu prüfen; erst recht ist es dem Gericht verwehrt, selbst Schwärzungen in den Schriftsätzen vorzunehmen. Werden Schriftsätze mit einem geheimhaltungsbedürftigen Inhalt ohne einen "Vorbehalt der Nichtweitergabe" dem Gericht vorgelegt, sind sie grundsätzlich mit der Folge zur Gerichtsakte zu nehmen, dass sich das Recht auf Akteneinsicht der anderen Beteiligten hierauf erstreckt.
Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 29. Juli 1997 - 7 C 97.1151 -, NVwZ-RR 1998, 686 (687).
Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, auf eine (versehentliche) Vorlage offensichtlich geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen oder streitgegenständlicher Informationen durch Erteilung eines richterlichen Hinweises zu reagieren, um dem Absender Gelegenheit einzuräumen, den Schriftsatz zurückzuziehen, bevor dieser zur Gerichtsakte genommen wird. Ein derartiger Hinweis ist in der Regel von § 86 Abs. 3 VwGO und vom allgemeinen Verfahrensermessen gedeckt und verstößt nicht gegen das Gebot der Unparteilichkeit.
Vgl. Gärditz/Orth, JuS 2010, 317 (319).
Die Prozessbeteiligten müssen bei alledem grundsätzlich selbst dafür Sorge tragen, dass ihre Stellungnahmen gegenüber dem Gericht so abgefasst sind, dass der von ihnen begehrte Geheimnisschutz auch dann gewahrt bleibt, wenn der Schriftsatz prozessordnungsgemäß dem Gegner zugestellt wird. Den Beteiligten werden dadurch keine unerfüllbaren oder unzumutbaren Darlegungsanforderungen auferlegt, zumal auch das Gericht bei der Abfassung des Urteils nicht anders verfahren kann.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2003 ‑ 20 F 16.03 -, NVwZ 2004, 486 = juris Rn. 2.
Dass ein Verfahrensbeteiligter dadurch in seinen Darlegungsmöglichkeiten eingeschränkt ist, dass er die Umstände, die er geheim halten möchte, als solche im Rahmen seines Vortrags nicht benennen kann, hat das Gericht bei den Anforderungen an die Substantiiertheit des Vorbringens sowie bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu berücksichtigen.
Vgl. allgemein BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133 = juris Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 17 A 1888/92 -, NVwZ-RR 1998, 398 = juris Rn. 23; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. September 2008 - I-2 W 57/08, 2 W 57/08 -, InstGE 10, 122 = juris Rn. 7, und Stadler, NJW 1989, 1202 (1203).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Senat mit Verfügungen vom 5. und 6. Februar 2014 die zur Gerichtsakte gereichten ungeschwärzten Schriftsätze an die Klägerin bzw. an die Beklagte zurückgesandt und in der Gerichtsakte nur die geschwärzten Fassungen belassen, die auch dem Beigeladenen zur Verfügung gestellt worden sind. Soweit das Verwaltungsgericht den Namen des Produkts in der Gerichtsakte vermerkt hat, war entsprechend zu verfahren. Das Verwaltungsgericht hat diesen Vermerk nicht in der für den Beigeladenen bestimmten "Zweitakte", sondern ausschließlich in der Gerichtsakte abgeheftet und damit zu erkennen gegeben, dass der Vermerk nicht zur Einsichtnahme für den Beigeladenen bestimmt war. Ebenso wie ein unter dem Vorbehalt der Nichtweitergabe eingereichter Schriftsatz nicht zur Gerichtsakte genommen werden darf, ist ein derartiger richterlicher Vermerk nach den vorstehenden Grundsätzen in der Gerichtsakte unzulässig.
Auf der Grundlage des danach allen Beteiligten gleichermaßen zur Verfügung gestellten Akteninhalts konnte der Senat - entgegen der Ansicht der Klägerin - ohne eine Beiziehung der Unterlagen, in der sich die streitgegenständlichen Informationen befinden, über die Klage entscheiden.
Vgl. zu dieser Konstellation, die nicht zur Verlagerung in das "incamera"-Verfahren führt, etwa BVerwG, Beschluss vom 2. November 2010 - 20 F 2.10 -, NVwZ 2011, 233 = juris Rn. 12 f.
B. Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2010 ist, soweit er die Klägerin betrifft, rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Beigeladenen ist der begehrte Informationszugang zum Namen der Klägerin, zum Namen des betroffenen Produkts, zur Bezeichnung des festgestellten Photoinitiators, zum (Migrations-)Gehalt dieses Photoinitiators sowie dazu, wann die diesbezüglichen Werte ermittelt wurden, zu gewähren.
I. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung.
Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. April 2006 - 4 LB 2/06 -, NVwZ 2006, 847 = juris Rn. 9, und VG München, Urteil vom 22. November 2012 - M 18 K 11.4507 -, juris Rn. 20; a. A. VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. Juni 2005 - 12 A 182/02 -, Abdruck S. 17 f.
Die Frage des maßgebenden Beurteilungszeitpunkts bestimmt sich nach dem dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden materiellen Recht. Fehlt es - wie hier im Verbraucherinformationsgesetz - an gesetzlichen Anhaltspunkten, ist regelmäßig davon auszugehen, dass es bei einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt für die gerichtliche Überprüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt und dass nur bei der Anfechtung eines - hier nicht vorliegenden - Dauerverwaltungsakts Veränderungen der Sach- und Rechtslage bis zur gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen sind.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1989 ‑ 7 B 21.89 -, NVwZ 1990, 653 = juris Rn. 4, vom 23. November 1990 - 1 B 155.90 -, NVwZ 1991, 372 = juris Rn. 3, vom 11. Januar 1991 - 7 B 102.90 -, GewArch 1991, 276 = juris Rn. 3, und vom 8. Februar 1995 - 1 B 6.94 -, NVwZ-RR 1995, 392 = juris Rn. 5, sowie Urteil vom 6. April 2000 - 3 C 6.99 -, NVwZ 2001, 322 = juris Rn. 28 ff.
Die vorstehend dargelegte, auf den Fall der Anfechtung eines belastenden Verwaltungsaktes durch den Adressaten zugeschnittene Regel gilt im Grundsatz auch für die - vorliegende - Fallgestaltung, dass sich ein Dritter mit der Anfechtungsklage gegen den einen anderen begünstigenden Verwaltungsakt wendet.
Allerdings widerspräche es der Prozessökonomie, im Rahmen der Drittanfechtung einen Verwaltungsakt, dessen Erlass nicht im Ermessen der Behörde steht, aufzuheben, wenn der Verwaltungsakt sogleich nach der Aufhebung auf erneuten Antrag wegen der inzwischen geänderten Rechtslage wiedererteilt werden müsste.
Für den baurechtlichen Nachbarprozess ist deshalb in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass die Klage des Nachbarn gegen die einem Bauwilligen erteilte Baugenehmigung nicht nur dann abzuweisen ist, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung erfüllt waren, sondern auch dann, wenn sie jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegeben sind; nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten des Bauwilligen sind danach in dem Rechtsstreit zu berücksichtigen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1965 - IV C 3.65 -, BVerwGE 22, 129 = juris Rn. 13; vgl. ferner Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 119; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 108 Rn. 25; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 53, jeweils m.w.N.
Nach Auffassung des Senats spricht Vieles dafür, diese für den baurechtlichen Nachbarstreit entwickelten prozessrechtlichen Regeln auf die hier gegebene Konstellation zu übertragen.
Im Ergebnis kann diese Frage indes offenbleiben. Der angefochtene Bescheid vom 25. November 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 erweisen sich unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage sowohl zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (dazu II.) als auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (dazu III.) als rechtmäßig. Eine die Aufhebung des Verwaltungsaktes rechtfertigende Verletzung der Rechte der Klägerin liegt demgemäß nicht vor, ungeachtet der Frage, ob allen Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes drittschützender Charakter zukommt.
II. Ausgehend von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2010 ist der angefochtene Bescheid formell und materiell rechtmäßig.
Maßgebliche Rechtsgrundlage zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung war das Verbraucherinformationsgesetz vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2558), dessen §§ 1 bis 5 am 1. Mai 2008 in Kraft getreten sind (VIG 2008). Das Bundesministerium war danach eine informationspflichtige Stelle (1.), die gesetzlichen Verfahrensvorgaben wurden eingehalten (2.) und die Voraussetzungen des Anspruchs auf Informationszugang gemäß § 1 VIG 2008 waren erfüllt (3.). Dem Informationsanspruch stand insbesondere kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 VIG 2008 entgegen (4.). Auch konnte die Informationsgewährung im Einklang mit § 5 Abs. 3 VIG 2008 unabhängig von einer Überprüfung der Richtigkeit der Informationen erfolgen (5.). Bezüglich der Gewährung der Information als solcher bestand kein Ermessen (6.).
1. Das Bundesministerium war informationspflichtig gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) VIG 2008 und damit auch für den Erlass des angefochtenen Bewilligungsbescheides zuständig (§§ 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 VIG 2008).
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 VIG 2008 ist informationspflichtige Stelle im Sinne des Verbraucherinformationsgesetzes jede Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG, die auf Grund anderer bundesrechtlicher oder landesrechtlicher Vorschriften öffentlichrechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 LFGB genannten Zwecke dienen. Erfasst werden damit grundsätzlich alle Behörden eines Bundeslandes und des Bundes, denen nach den dafür geltenden Regelungen Aufgaben im Bereich der Lebensmittelüberwachung zugewiesen sind. Dies ist auf der Ebene des Bundes neben dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und dem Bundesinstitut für Risikobewertung auch das Bundesministerium. Dieses nimmt im Bereich der Lebensmittelüberwachung Aufsichtsaufgaben wahr (vgl. z. B. § 8 Abs. 1 BfR-Gesetz). Es ist zuständiges Ministerium im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (vgl. § 4 Abs. 3 LFGB) und in dieser Funktion u. a. von den Lebensmittelbehörden über bestimmte Sachverhalte zu unterrichten (vgl. z. B. § 38 Abs. 4 Nr. 2 LFGB). Auch kann das Bundesministerium etwa im Rahmen des Europäischen Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) Befugnisse selbst wahrnehmen, vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) i.V.m. § 2 Nr. 1 Buchst. a) der BVL-Übertragungsverordnung. Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes ist das Bundesministerium als oberste Bundesbehörde nach § 1 Abs. 3 VIG 2008 nur, soweit es - was vorliegend nicht in Rede steht - im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig wird.
2. Der Bescheid vom 25. November 2009 ist unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Anforderungen des Verbraucherinformationsgesetzes ergangen.
Die Klägerin wurde insbesondere vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides gemäß § 4 Abs. 1 VIG 2008 ordnungsgemäß beteiligt. Auch entsprach der Antrag des Beigeladenen vom 25. September 2009 den Anforderungen des § 3 Abs. 1 VIG 2008; insbesondere war der Antrag hinreichend bestimmt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VIG 2008) und auf die hier im Streit stehenden Informationen bezogen. Dass sich der Antrag des Beigeladenen auf sämtliche Produkte, bei denen im Rahmen der amtlichen Überwachung Druckchemikalien nachgewiesen wurden, erstreckt hat, steht dem nicht entgegen. Der Antrag nach § 3 Abs. 1 VIG 2008 muss sich nicht auf ein konkret bezeichnetes Erzeugnis im engeren Sinne beziehen, sondern kann von vornherein auch auf bestimmte Erzeugnisgruppen bezogen sein. Denn der Antragsteller kann häufig nicht wissen, zu welchen konkreten Erzeugnissen eine auskunftspflichtige Stelle über Informationen verfügt. In einem solchen Fall kann der Antrag - wie hier - dadurch näher bestimmt werden, dass der Antragsteller sein Informationsbegehren themenbezogen eingrenzt (z. B. in Bezug auf bestimmte durchgeführte Überwachungsmaßnahmen). Bei einer derartigen Präzisierung des Antrags liegt kein unzulässiger oder missbräuchlicher Ausforschungs- oder Rundumantrag vor.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 8 B 922/07 -, NVwZ 2008, 235 = juris Rn. 8 f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juli 2010 - 26 L 683/10 -, juris Rn. 31; Schoch, NJW 2010, 2241 (2243); Beyerlein, in: Beyerlein/Borchert, VIG, 2010, § 3 Rn. 10.
3. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 VIG 2008 lagen vor. Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu den in Nummern 1 bis 5 genannten Informationen, die bei der informationspflichtigen Stelle vorhanden sind. Das Bestehen des Anspruchs ist von keinem besonderen Interesse oder einer Betroffenheit abhängig.
Vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 10; vgl. auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juli 2010 - 26 L 683/10 -, juris Rn. 26 ff.
a) Zwar sind keine Anhaltpunkte dafür gegeben, dass die streitgegenständlichen Messergebnisse einen Rechtsverstoß im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2008 betrafen bzw. einen solchen offenlegten. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass aufgrund der gemessenen Werte Gefahren oder Risiken für die Gesundheit oder Sicherheit von Verbrauchern gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG 2008 bestanden. Für einen Großteil der in Rede stehenden Photoinitiatoren bestanden - soweit ersichtlich - weder spezifische Migrationsgrenzwerte (vgl. z. B. die Richtlinie 2002/72/EG, inzwischen Verordnung (EU) Nr. 10/2011, oder die Bedarfsgegenständeverordnung) noch lag eine gesundheitliche Bewertung vor. Derartiges wird von der Beklagten auch nicht behauptet.
b) Der Informationszugang war, soweit es um den Inhalt der Untersuchungsergebnisse geht, nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2008 zu gewähren. Danach besteht ein Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten u. a. über die "Beschaffenheit" von "Erzeugnissen". Das Verbraucherinformationsgesetz gewährt einen Informationsanspruch über die Beschaffenheit von Lebensmitteln bzw. (Lebensmittel-)Bedarfsgegenständen auch dann, wenn weder ein Verstoß gegen das Lebensmittelrecht noch eine Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers in Rede steht.
aa) Bei dem streitbefangenen Produkt der Klägerin handelt es sich nach dem ‑ insoweit unstreitigen - Vortrag der Klägerin und der Beklagten um ein Lebensmittel einschließlich Verpackung und damit um ein "Erzeugnis". Der Begriff des Erzeugnisses im Verbraucherinformationsgesetz entspricht demjenigen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG 2008). Erzeugnisse sind nach § 2 Abs. 1 LFGB Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittel, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände. Erfasst werden damit auch die sog. Lebensmittelbedarfsgegenstände, zu denen sowohl Lebensmittelverpackungen als auch die im Haushalt verwendeten Gegenstände gehören, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen.
Vgl. Gorny, in: Dannecker/Gorny/Höhn/Mettke/Preuß (Hrsg.), LFGB, Band 1, Stand: Februar 2014, § 2 Rn. 179; Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl., 2012, § 2 Rn. 189 ff.
bb) Das Vorhandensein sowie das Migrationsverhalten von Druckchemikalien in einem Lebensmittel bzw. in einem (Lebensmittel-)Bedarfsgegenstand betrifft dessen "Beschaffenheit" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2008. Auch der Begriff der Beschaffenheit ist im Ansatz im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches auszulegen,
vgl. Borchert, in: Beyerlein/Borchert, VIG, 2010, § 1 Rn. 50,
und bezieht sich vor allem auf die stoffliche Zusammensetzung des Erzeugnisses einschließlich des chemischphysikalischen Zustandes seiner Bestandteile sowie darüber hinaus auf sonstige wertbildende Eigenschaften wie etwa Geruch, Geschmack, haptische Eindrücke und sonstige Konsistenz, Reinheit und Farbe.
Vgl. Preuß, in: Dannecker/Gorny/Höhn/Mettke/Preuß (Hrsg.), LFGB, Band 1, Stand: Februar 2014, § 15 Rn. 17; Wehlau, LFGB, 2010, § 11 Rn. 54; Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl., 2012, § 11 Rn. 54 und § 15 Rn. 3; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band 2, Stand: September 2013, § 11 Rn. 93 und § 15 Rn. 30.
Zur stofflichen Beschaffenheit eines Erzeugnisses gehören insofern auch Gehalte an gegebenenfalls unerwünschten Substanzen wie Rückstände von Pflanzenschutzmitteln oder Tierarzneimitteln sowie alle Kontaminationen aus der Umwelt, also z. B. Schwermetalle, Mykotoxine oder organische Chlorverbindungen. Für Belastungen in einem Erzeugnis, die aus dem chemischen Reaktionsverhalten einzelner seiner stofflichen Bestandteile resultieren, gilt dabei nichts anderes.
Vgl. Preuß, in: Dannecker/Gorny/Höhn/Mettke/Preuß (Hrsg), LFGB, Band 1, Stand: Februar 2014, § 15 Rn. 17; Zilkens, NVwZ 2009, 1465 (1467).
Ebenfalls eine Frage der stofflichen Beschaffenheit des Erzeugnisses ist sein Aggregatzustand und dessen Veränderlichkeit, die Löslichkeit der in dem Erzeugnis vorhandenen Stoffe, die Radioaktivität oder sonstiges stoffliches Verhalten und damit auch das - hier in Rede stehende - Migrationsverhalten einzelner Substanzen. Insofern betreffen sowohl die in dem Erzeugnis selbst gemessenen als auch die von einem Erzeugnis herrührenden Migrationswerte dessen Beschaffenheit.
Dass nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2008 ein Informationszugang zu Messwerten auch dann besteht, wenn weder ein Verstoß gegen das Lebensmittelrecht (im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2008) noch eine Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers (im Sinne § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG 2008) in Rede steht, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm und entspricht dem Zweck des Gesetzes, einen umfassenden Zugang zu den Informationen über Erzeugnisse zu eröffnen.
Vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 10.
Gegen einen derart umfassenden Informationsanspruch bestehen auch keine unionsrechtlichen Einwände. Dies gilt vor allem mit Blick auf Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, der schon nicht die Informationsgewährung auf Antrag, sondern die Voraussetzungen regelt, unter denen die Behörde ohne Antrag von sich aus informieren darf.
Vgl. VG München, Urteil vom 22. September 2010 - M 18 K 09.5878, M 18 K 09.5879 -, juris Rn. 26; vgl. im Übrigen zu § 40 LFGB: EuGH, Urteil vom 11. April 2013 - C-636/11 -, NJW 2013, 1725 = juris; hierzu u. a. Wollenschläger, EuZW 2013, 419 ff., sowie Gurlit, NVwZ 2013, 1267 ff.
c) Soweit der Beigeladene nicht nur Angaben zum Inhalt der Untersuchungsergebnisse, sondern auch zum Zeitpunkt der getroffenen Feststellungen begehrt, folgt der Informationszugangsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VIG 2008. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Zugang zu Daten über Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbrauchern einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen. Hiervon erfasst wird jedenfalls die Verwaltungstätigkeit der zuständigen Behörden auf der Grundlage der §§ 38 ff. LFGB. Zu den Daten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VIG 2008 gehören daher vor allem solche, die die routinemäßigen Betriebskontrollen oder Probenahmen (§§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1 LFGB) einschließlich der Analysen und Untersuchungen der Proben - wie sie auch hier durchgeführt wurden - betreffen.
Vgl. Domeier/Matthes, VIG, Stand: Februar 2008, § 1 Erl. 4.5; Falck/Schwind, VIG, 1. Aufl. 2011, § 1 Erl. 2.6.
d) Der Informationsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 5 VIG 2008 war nicht durch vorrangige Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 4 VIG 2008 ausgeschlossen. Insbesondere sind etwaige Ansprüche nach dem IFG oder UIG nicht vorrangig.
Vgl. zum Verhältnis des VIG zum IFG und UIG Borchert, in: Beyerlein/Borchert, VIG, 2010, § 1 Rn. 74 ff.; vgl. im Übrigen auch zu möglichen Überschneidungen mit dem Umweltinformationsrecht OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Juni 2006 - 8 A 10267/06 -, NVwZ 2007, 351 = juris Rn. 41 f.
Auch bestand vorliegend keine Geheimhaltungspflicht nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts. Die danach geschützte Vertraulichkeit von "Voruntersuchungen" und "laufenden rechtlichen Verfahren" begründet zum einen schon kein Schutzrecht zu Gunsten der von den Kontrollen betroffenen Firmen oder Personen.Zum anderen kann begrifflich von "Voruntersuchungen" bzw. von einem "laufenden" Verfahren nicht mehr gesprochen werden, wenn Kontrollmaßnahmen - wie hier - mit der Analyse einer Probenahme bereits ihren Abschluss gefunden haben.
Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2009 ‑ 13a F 13/09 -, NVwZ 2009, 1510 = juris Rn. 29; Bay. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2009 ‑ G 09.1 -, ZLR 2010, 219 = juris Rn. 25.
Ebenso wenig stand Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 der beabsichtigten Informationsgewährung entgegen; hiernach hat die zuständige Behörde sicherzustellen, dass keine geheimhaltungsbedürftigen Informationen, die bei Wahrnehmung der Kontrollaufgaben gewonnen worden sind, weitergegeben werden. Jedenfalls ergibt sich aus dieser Vorschrift kein weitergehender Schutz zugunsten der Klägerin als aus den hier zu prüfenden Ausschluss- und Beschränkungsgründen nach § 2 VIG 2008.
Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2009 ‑ G 09.1 -, ZLR 2010, 219 = juris Rn. 26 m.w.N.; VG Oldenburg, Urteil vom 26. Juni 2012 - 7 A 1405/11 -, juris Rn. 33.
4. Dem Informationsanspruch standen keine Ausschluss- oder Beschränkungsgründe gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 VIG 2008 entgegen.
a) Dies gilt zunächst mit Blick auf § 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) VIG 2008. Danach besteht in der Regel kein Anspruch bei Informationen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2008, die vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind. Die hier vorgesehene zeitliche Begrenzung des Informationszugangs gilt zum einen nicht zwingend ("in der Regel") und greift zum anderen nur für Informationen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2008 und ist schon deswegen vorliegend nicht einschlägig. Ungeachtet dessen ist für die Berechnung der Zeitspanne weder auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung noch auf denjenigen einer gerichtlichen Entscheidung abzustellen, sondern auf denjenigen der Antragstellung. Als der Beigeladene den Antrag auf Informationszugang im Jahr 2009 gestellt hat, waren die hier im Streit stehenden Testergebnisse, die nach den Angaben der Beklagten auf einer Probenahme aus dem Jahre 2007 beruhen, noch nicht älter als fünf Jahre. Dass die Daten vor dem Inkrafttreten des Verbraucherinformationsgesetzes am 1. Mai 2008 erhoben worden sind, steht im Übrigen der Informationsgewährung nicht entgegen; das Gesetz erstreckt sich vielmehr auch auf solche Daten (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VIG 2008).
Vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 21. Januar 2009 ‑ 4 K 4605/08 -, GewArch 2009, 459 = juris Rn. 9.
b) Der Informationsanspruch war auch nicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 ausgeschlossen. Nach diesem Ausschlusstatbestand besteht der Anspruch nach § 1 VIG 2008 wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse (hierzu aa) oder sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Betrieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vergleichbar sind (hierzu bb), offenbart würden.
aa) Bei den hier im Streit stehenden Daten handelt es sich nicht um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008.
Der Begriff des "Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses" ist nach dem Willen des Gesetzgebers in Anlehnung an § 17 UWG auszulegen,
vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 12,
und wird sowohl im Anwendungsbereich des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb als auch in anderen Normzusammenhängen entsprechend der Begriffsbestimmung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 14. März 2006,
BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u. a. -, BVerfGE 115, 205 = juris Rn. 87,
weitgehend einheitlich definiert. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind danach - auch im Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes - alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u. a. -, BVerfGE 115, 205 = juris Rn. 87; vgl. ferner zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG und § 6 Satz 2 IFG: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 -, NVwZ 2009, 1113 = juris Rn. 12, sowie Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 -, juris Rn. 10.
(1) Dass die hier im Streit stehenden Testergebnisse nicht offenkundig, also weder allgemein bekannt noch ohne weiteres zugänglich sind, ist zugunsten der Klägerin anzunehmen. Lässt sich ein Betriebsgeheimnis (z. B. die Konstruktionsart oder eine chemische Zusammensetzung) durch eine Untersuchung (z. B. Zerlegung, Analyse, Entschlüsselung - sog. reverse engineering) des in den Verkehr gebrachten Produkts erschließen, ist es nur dann offenkundig, wenn jeder Fachmann dazu ohne größeren Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand in der Lage wäre.
Vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 17 Rn. 8.
Dass dies für die Untersuchung auf das Migrationsverhalten von Photoinitiatoren konkret in Bezug auf das klägerische Produkt zutreffen könnte, lässt sich nicht feststellen. Die Behauptung der Klägerin, dass für eine solche Untersuchung spezialisierte und technisch ausgestatte Labore eingeschaltet werden müssten, von denen es in Deutschland derzeit nur eine begrenzte Zahl gebe, ist weder von der Beklagten noch vom Beigeladenen substantiiert entkräftet worden.
(2) Die Frage der Offenkundigkeit kann aber im Ergebnis ohnedies dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin hat jedenfalls kein "berechtigtes" Geheimhaltungsinteresse bezüglich dieser Testergebnisse.
(a) Ob ein solches Interesse vorliegt, muss durch den Betroffenen so plausibel gemacht werden, dass unter Wahrung des Geheimnisses ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen der in Frage stehenden Information und der Möglichkeit eines Wettbewerbsnachteils hergestellt werden kann. Die bloße Behauptung, dass ein Geschäftsgeheimnis vorliege, reicht dagegen nicht aus.
Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2012 - OVG 12 B 34.10 -, juris Rn. 37 (zu § 6 Satz 2 IFG).
Im Allgemeinen ist ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse anzunehmen, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2009 - 20 F 23.07 -, NVwZ 2009, 1114 = juris Rn. 11, sowie Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 -, NVwZ 2009, 1113 = juris Rn. 13; vgl. auch Beyerlein, in: Beyerlein/Borchert, VIG, 2010, § 2 Rn. 134; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 17 Rn. 9.
Für die Frage, ob ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht, kommt es nicht allein darauf an, ob der Geschäftsinhaber subjektiv meint, eine bestimmte Tatsache müsse geheim gehalten werden. Vielmehr muss für eine Geheimhaltung ein objektivierbares begründetes Interesse bestehen.
Vgl. Mayer, GRUR 2011, 884 (887); Ernst, in: Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 17 Rn. 18; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2012 - OVG 12 B 34.10 -, juris Rn. 36 ("objektivierbaren Bezug auf den Wettbewerb").
(b) Während im wettbewerbsrechtlichen Schrifttum umstritten ist, ob vor diesem Hintergrund der sitten- oder gesetzwidrige Inhalt eines Geheimnisses grundsätzlich bedeutungslos ist,
vgl. hierzu etwa Mayer, GRUR 2011, 884 (887) m.w.N.,
hat der Gesetzgeber für den Bereich des Verbraucherinformationsgesetzes in § 2 Satz 3 VIG 2008 klargestellt, dass Informationen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2008 nicht durch § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 geschützt sind. Für Untersuchungsergebnisse, die Rechtsverstöße feststellen, besteht regelmäßig kein berechtigtes Interesse daran, diese nicht zu offenbaren; sie haben deshalb grundsätzlich keinen Ausschluss des Informationsanspruchs zur Folge.
Vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 12.
Mit dieser Wertung, die angesichts des Dritt- und Sozialbezugs der betreffenden Informationen dem Grunde nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist,
vgl. Schoch, NJW 2009, 2987 (2992); ders., NJW 2010, 2241 (2245); Wollenschläger, VerwArch 2011, 20 (36) m.w.N.,
verfolgt der Gesetzgeber das allgemeine Ziel, dass der "mündige Verbraucher" mit Hilfe der Verbraucherinformationsrechte besser befähigt werden soll, als Marktteilnehmer Kaufentscheidungen eigenverantwortlich zu treffen.
Vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 7; vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2009 - G 09.1 -, ZLR 2010, 219 = juris Rn. 22, und VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juli 2010 - 26 L 683/10 -, juris Rn. 39.
Ausgehend hiervon kann auch für Untersuchungsergebnisse, bei denen zwar ein Rechtsverstoß im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2008 nicht in Rede steht, die aber dennoch für das betroffene Unternehmen ungünstig sind bzw. sein könnten, das Geheimhaltungsinteresse nicht allein mit der Besorgnis begründet werden, bei Bekanntwerden der Untersuchungsergebnisse drohe dem Unternehmen ein "Imageschaden" oder der Verbraucher könne das Produkt "meiden". Dies gilt gleichermaßen für Testergebnisse, bei denen z. B. Qualitätsunterschiede oder Abweichungen von bestimmten Qualitätsmerkmalen oder entsprechender Standards offenbart werden, wie für solche Untersuchungen, bei denen unerwünschte - wenngleich nicht gesetzeswidrige - Inhaltsstoffe nachgewiesen werden. Dass bei einer Offenlegung solcher Ergebnisse tatsächlich Absatzeinbußen eintreten können, ist in der vom Verbraucherinformationsgesetz bezweckten Förderung der Marktransparenz angelegt. Als Marktteilnehmer haben Verbraucher eine gestaltende Funktion im Wettbewerb. Sie können - so die Modellvorstellung, die dem Verbraucherinformationsgesetz zugrunde liegt - gezielt und bewusst Produkte entsprechend ihren Bedürfnissen aus dem Warenangebot mit der Folge auswählen, dass Produkte mit unerwünschten Qualitäten unter Umständen sogar gänzlich vom Markt verdrängt werden.
Vgl. Albers/Ortler, GewArch 2009, 225 (225 f.) m.w.N.
Aus der Entscheidung des OVG Schleswig-Holstein zur Annahme eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 11 Abs. 1 IFG-SH bei beanstandeten Füllmengenunterschreitungen,
vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Juni 2005 - 4 LB 30/04 -, NuR 2006, 327 = juris Rn. 48 ff.,
auf die sich die Klägerin beruft, folgt insofern jedenfalls für die Auslegung des Verbraucherinformationsgesetzes nichts anderes. Das Erfordernis des berechtigten Geheimhaltungsinteresses ist bereichsspezifisch auszulegen. Im Zusammenhang mit dem Verbraucherinformationsgesetz steht nicht die wettbewerblich geprägte Sichtweise, sondern die Herstellung der Markttransparenz und Informationsfreiheit im Vordergrund. Das Gesetz bezweckt gerade nicht den Schutz des Wettbewerbs; § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 geht es nur darum, den Kern der betrieblichen Informationssphäre zu schützen.
Vgl. Schrader, in: Schlacke/Schrader/Bunge, Informationsrechte, Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz im Umweltrecht - Aarhus-Handbuch, 2010, § 1 Rn. 137 (zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG).
Dementsprechend kann im Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes das für die Annahme eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses erforderliche berechtigte Geheimhaltungsinteresse grundsätzlich nicht allein mit möglichen nachteiligen (Kauf-)Entscheidungen des informierten Verbrauchers und dadurch bedingten Absatzeinbußen begründet werden.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 13a F 13/09 -, NVwZ 2009, 1510 = juris Rn. 27, und VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juli 2010 - 26 L 683/10 -, juris Rn. 37 (jeweils zur fehlenden Schutzwürdigkeit im Falle der Überschreitung dem Verbraucherschutz dienender Normwerte); vgl. auch VG Stuttgart, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 4 K 4605/08 -, GewArch 2009, 459 = juris Rn. 11 (kein Schutz vor möglichen Absatzeinbußen).
Dies bedeutet freilich nicht, dass für das Unternehmen ungünstige Test- oder Untersuchungsergebnisse im vorstehenden Sinne prinzipiell nicht dem Schutz des § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 unterfielen. Entscheidend bleibt, ob durch die Offenlegung solcher Ergebnisse im Einzelfall für den Wettbewerb mit Konkurrenten erhebliches technisches oder kaufmännisches Wissen bekannt wird. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn die Test- oder Untersuchungsergebnisse inhaltlich z. B. eine geheimhaltungswürdige Rezeptur oder Herstellungsweise offenbaren, deren Kenntnis es Konkurrenten erlauben würde, ein weitgehend identisches Produkt auf den Markt zu bringen.
Vgl. Wollenschläger, VerwArch 2011, 20 (36) m.w.N.; vgl. auch - allerdings noch vor Inkrafttreten des VIG zu § 8 UIG a.F. bzw. § 18c PflSchG a.F. - OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2004 - 13a D 43/04 -, NuR 2004, 750 = juris (zur Verwendung von Alkylphenolethoxylaten in Pflanzenschutzmitteln).
Nicht planmäßige Qualitätsunterschiede oder Abweichungen, die bei der Herstellung eines Erzeugnisses unerwünscht oder zufällig auftreten, sind hingegen regelmäßig keine schützenswerten - für den Wettbewerb mit Konkurrenten erheblichen - Produktionsgeheimnisse.
Vgl. in diesem Sinne bereits Bay. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2009 - G 09.1 -, ZLR 2010, 219 = juris Rn. 24 (zum fehlenden Geheimhaltungsinteresse bei festgestellten Abweichungen des Produktinhalts von der Etikettierung); vgl. auch Beyerlein, in: Beyerlein/Borchert, VIG, 2010, § 2 Rn. 139.
Auch bei der streitgegenständlichen Auskunft geht es nicht etwa darum, welche Inhaltsstoffe für das klägerische Produkt nach seiner Rezeptur vorgesehen sind oder wie es konkret hergestellt wird, sondern allein darum, dass das Produkt auf das Vorhandensein von Photoinitiatoren und deren Migrationsverhalten getestet wurde. Dieses Wissen lässt keine Rückschlüsse auf die Rezeptur oder die genaue Herstellungsweise zu und betrifft damit keine Information, die es einem Konkurrenten ermöglichen würde, ein Produkt zu "kopieren", oder die sich ein Konkurrent sonst zu Eigen machen und daraus einen Nutzen ziehen könnte.
(c) Diese Auslegung des Verbraucherinformationsgesetzes steht im Einklang mit den Grundrechten des Unternehmens aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte verbürgen zwar auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; der grundrechtliche Geheimnisschutz wird allerdings durch die einfachrechtlichen Verbraucherschutz- und -informationsrechte entscheidend mitbestimmt.
Die vorgenannten grundrechtlichen Gewährleistungen schützen ein am Markt tätiges Unternehmen, das sich der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aussetzt, nicht vor diesbezüglichen "Imageschäden" und dadurch bedingten "Umsatzeinbußen". Vor allem Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht; ein solches Recht kann auch nicht in Parallele zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründet werden, weil auch dieses einen solchen Anspruch nicht umfasst. Vielmehr sichert Art. 12 Abs. 1 GG nur die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Der Schutz der unternehmerischen Berufstätigkeit am Markt - um den es auch hier geht - wird insofern durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Diese Regeln sind zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG).
Vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u. a. -, BVerfGE 105, 252 = juris Rn. 40 ff. und 76 ff. (Glykolwein).
Der Verbraucherschutz ist ein verfassungsrechtlicher Gemeinwohlbelang, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts einen hohen Stellenwert beimessen und der eine Einschränkung des Schutzgehalts der vorgenannten Grundrechte rechtfertigen kann.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juli 1992 - 1 BvR 303/90 -, NJW 1993, 1969 = juris Rn. 20, vom 13. Juli 1992 - 1 BvR 238/92 -, GRUR 1993, 754 = juris Rn. 7 ff., und vom 4. Juni 1998 - 1 BvR 2652/95 -, NJW 1998, 2811 = juris Rn. 17 (jeweils zum wettbewerbsrechtlichen Verbraucherschutz), sowie vom 22. Januar 1997 - 2 BvR 1915/91 -, BVerfGE 95, 173 = juris Rn. 51 ff. (Warnhinweise für Tabakerzeugnisse).
Die durch den Gesetzgeber ausgeformten Verbraucherschutz- und -informationsrechte, die die Transparenz am Markt und damit dessen Funktionsfähigkeit fördern, zählen zu den Regelungen, die den grundrechtlichen Schutzgehalt mitbestimmen. Dem trägt die hier vorgenommene Auslegung Rechnung.
bb) Bei den hier im Streit stehenden Testergebnissen handelt es sich auch nicht um "sonstige wettbewerbsrelevante Informationen" im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008.
Das Tatbestandsmerkmal der "sonstigen wettbewerbsrelevanten Informationen" ist gesetzlich weder definiert noch in der Gesetzesbegründung näher erläutert. Diese beschränkt sich auf den Hinweis, dass "für das betroffene Unternehmen ungünstige Untersuchungsergebnisse, wie z. B. Qualitätsunterschiede oder die Ausnutzung von Toleranzen", im Einzelfall wettbewerbsrelevante Informationen darstellen "können".
Vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 12; vgl. auch Falck/Schwind, VIG, 1. Aufl. 2011, § 2 Erl. 3.3, vgl. ferner Grube/Weyland, VIG 2008, § 2 Rn. 11.
Aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass wettbewerbsrelevante Informationen in ihrer Bedeutung für den Betrieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vergleichbar sein müssen. Auch für den Begriff der wettbewerbsrelevanten Informationen muss daher in enger Anlehnung an den Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses gelten, dass sie sich auf nicht offenkundige Umstände beziehen müssen, die für den Wettbewerb mit Konkurrenten erheblich sind.
Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 22. Dezember 2009
- G 09.1 -, ZLR 2010, 219 = juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juli 2010 - 26 L 683/10 -, juris Rn. 47; VG Ansbach, Urteil vom 9. Juni 2011 - AN 16 K 10.02612 -, juris Rn. 39; vgl. auch Beyerlein, in: Beyerlein/Borchert, VIG, 2010, § 2 Rn. 127 und 139: "Auffangtatbestand" nur für solche Informationen, die insbesondere den notwendigen unmittelbaren Unternehmensbezug nicht aufweisen.
Die hier im Streit stehenden Informationen sind nicht wettbewerbsrelevant; sie weisen - wie aufgezeigt - keine Erheblichkeit für den Wettbewerb mit Konkurrenten auf. Die von der Klägerin allein befürchteten Absatzeinbußen sind insofern auch nicht durch die Tatbestandsalternative der sonstigen wettbewerbsrelevanten Informationen geschützt.
cc) Liegt damit der Ausschlussgrund des § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 schon tatbestandlich nicht vor, kommt es auf die Frage, ob im Anwendungsbereich des VIG 2008 - etwa gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 VIG 2008 - das Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses im Wege der Abwägung mit dem öffentlichen Informationsinteresse überwunden werden kann - wie dies in § 3 Satz 2 VIG 2012 inzwischen vorgesehen ist -, nicht mehr an.
5. Die Informationen konnten im Einklang mit § 5 Abs. 3 Satz 1 VIG 2008 ohne Überprüfung ihrer Richtigkeit gewährt werden. Nach dieser Vorschrift, die den Regelungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 UIG a.F. und des § 7 Abs. 3 Satz 2 IFG nachgebildet ist, ist die informationspflichtige Stelle nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu überprüfen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten handelt. Dass die Klägerin die Richtigkeit der streitgegenständlichen Messerergebnisse bestreitet, ist mithin nicht rechtserheblich. Nichts anderes gilt für den Einwand der Klägerin, sie habe die Richtigkeit der Testergebnisse nicht durch eine Gegenprobe widerlegen können.
a) Nach der Konzeption der Informationszugangsgesetze hat die Behörde die Informationen im Rahmen der Zugangsgewährung weder zu bewerten noch deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Der Informationsanspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz ist ebenso wie der Anspruch nach dem Umweltinformationsgesetz und derjenige nach dem Informationsfreiheitsgesetz seinem Inhalt nach - vergleichbar mit dem Anspruch auf Akteneinsicht (§ 29 VwVfG) - auf den bei der in Anspruch genommenen Behörde tatsächlich vorhandenen Bestand an Informationen gerichtet. Von dem Anspruch erfasst werden damit - entsprechend dem Grundsatz der "Aktenwahrheit" - alle vorhandenen Informationen und zwar gerade unabhängig davon, ob die betreffenden Daten "richtig" oder "unrichtig" sind. Diese Akten- und Dokumentenöffentlichkeit erlaubt es jedermann nach Maßgabe des jeweiligen Gesetzes - gewissermaßen wie bei einem öffentlichrechtlich zugänglichen Archiv - Einblick in den Informationsbestand der Verwaltung zu nehmen. Die Behörde ist ihrerseits - in Abkehr von dem Grundsatz der Amtsverschwiegenheit - verpflichtet, diese Einblicke zu gestatten. Dementsprechend steht dem Antragsteller auch kein Anspruch auf richtige Informationen oder auf eine Überprüfung auf Richtigkeit zu,
vgl. zu § 7 Abs. 3 Satz 2 IFG: Schoch, IFG, § 7 Rn. 78 m.w.N.; vgl. ferner zu § 5 Abs. 2 Satz 2 UIG a.F.: Schomerus, in: Schomerus/Schrader/Wegener, UIG, 2. Aufl. 2002, § 5 Rn. 49,
und können sich weder die informationspflichtige Stelle noch vom Informationszugang betroffene Dritte mit Erfolg zwecks Vermeidung des Informationszugangs auf die (angebliche) Unrichtigkeit der betroffenen Informationen berufen.
Insofern unterscheidet sich die Verpflichtung zur Informationsgewährung nach dem VIG, UIG und IFG von den allgemeinen behördlichen Belehrungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten (§ 25 VwVfG), bei denen die Behörde eigene sachbezogene oder sonst inhaltliche Erklärungen oder Bewertungen abgibt, für deren Richtigkeit sie einzustehen hat.
Vgl. nur Kallerhof, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 25 Rn. 19 m.w.N.
Dies gilt auch für den Informationsanspruch nach dem Umweltinformationsgesetz in seiner Neufassung. Aus § 7 Abs. 3 UIG n.F., der in Umsetzung des Art. 8 der Richtlinie 2003/4/EG im Interesse des Antragstellers Qualitätsanforderungen an die Informationsgewährung formuliert, folgt keine generelle Pflicht der informationspflichtigen Stelle, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu prüfen.
Vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 18; VG Arnsberg, Urteil vom 27. Januar 2011 - 7 K 753/10 -, juris Rn. 28; Gassner, UIG, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Stand: Januar 2008, § 7 Erl. 4; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand: April 2013, § 7 UIG Rn. 11.
b) Soweit das Verbraucherinformationsgesetz die informationspflichtige Stelle von einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Information freistellt, bestehen für die auf Antrag erfolgende Informationsgewährung keine verfassungsrechtlichen Bedenken; inwieweit für antragsunabhängige staatliche Informationsmaßnahmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 VIG 2008) etwas anderes gilt, braucht hier nicht entschieden zu werden.
Vgl. VG Ansbach, Urteile vom 26. November 2009
- AN 16 K 08.01750, AN 16 K 09.00087 -, ZLR 2010, 228 = juris Rn. 40, und vom 9. Juni 2011 - AN 16 K 10.02612 -, juris Rn. 38; Schoch, NJW 2010, 2241 (2246 f.); Wollenschläger, VerwArch 2011, 20 (47).
Zwar ist die "Richtigkeit" der Information nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtliche Grundvoraussetzung aktiver staatlicher Informationstätigkeit. Erweist sich eine Information nachträglich als unrichtig, ist der Staat von Verfassungs wegen - entsprechend dem Grundsatz der Folgenbeseitigung - zur Berichtigung verpflichtet.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u. a. -, BVerfGE 105, 252 = juris Rn. 60 ff.
Diese Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die aktive staatliche Information der Öffentlichkeit formuliert hat, gelten allerdings nicht gleichermaßen für die auf Antrag erfolgende Informationsgewährung.
Vgl. Augsberg, DVBl. 2007, 733 (740); in diesem Sinne auch Schoch, NJW 2010, 2241 (2245); ders., NJW 2012, 2844 (2848); Wollenschläger, VerwArch 2011, 20 (47).
Das Schutzbedürfnis des Unternehmens vor einer aktiven staatlichen Veröffentlichung unrichtiger Informationen ist ungleich größer als in den Fällen der antragsveranlassten individuellen Einsichtsgewähr. Denn die Öffentlichkeitsinformation, die - wie etwa eine produktbezogene Warnung - auf Initiative des Staates erfolgt, ist ihrer Intention nach auf eine unmittelbare Unterrichtung des Marktes gerichtet. Der Staat nimmt in diesem Fall selbst am öffentlichen Kommunikationsprozess teil und wirkt unmittelbar auf ihn ein. Er selbst wählt dabei die Informationen aus, die er bekannt geben will. Informationen, die der Staat in einem solchen Sinne direkt an alle Markteilnehmer richtet, finden eine breite Beachtung. Sie wirken sich auf die Wettbewerbsposition eines am Markt tätigen Unternehmens mit einer deutlich größeren Intensität aus als die Informationsgewährung an einen einzelnen Antragsteller.
Vgl. Albers/Ortler, GewArch 2009, 225 (230); ferner - insoweit durchaus zutreffend - Britz/Eifert/Groß, DÖV 2007, 717 (722).
Demgegenüber hat die individuelle Bekanntgabe der Information als solche (noch) keinen oder (allenfalls) einen nur geringen wettbewerbserheblichen Einfluss. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation des Unternehmens ist im Regelfall ernsthaft erst dann zu besorgen, wenn der Informationsempfänger seinerseits die Informationen veröffentlicht. Einer solchen privaten Veröffentlichung wird der Verbraucher einen geringeren Stellenwert - gerade auch im Hinblick auf die Richtigkeitsgewähr - beimessen als einer originär staatlichen Informationsmaßnahme. Hinzu kommt, dass sich das betroffene Unternehmen - wie sonst im Wettbewerb auch - gegen wettbewerbsschädigende unwahre Tatsachenbehauptungen oder unzulässige wertende Äußerungen auch vor den Zivilgerichten zur Wehr setzen kann und damit nicht etwa schutzlos wäre.
Vgl. nur Sprau, in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 823 Rn. 129 m.w.N.
Gerade vor diesem Hintergrund ist zum Ausgleich der kollidierenden Schutzinteressen des betroffenen Unternehmens einerseits (Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG) und der Informationsfreiheit andererseits (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) im Sinne praktischer Konkordanz die informationspflichtige Stelle dazu verpflichtet, dem Antragsteller bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit mit der Informationsgewährung mitzuteilen, wie dies § 5 Abs. 3 Satz 2 VIG 2008 vorsieht. Dies gilt erst recht für den Fall, dass sich die Informationen als unrichtig erwiesen haben. Zu den mitzuteilenden Informationen gehören auch etwaige Stellungnahmen betroffener Dritter oder Unternehmen, die Zweifel an den herauszugebenden Daten geltend machen. Das Gesetz überantwortet damit sowohl die Prüfung der Informationen auf Richtigkeit als auch die Verantwortung bezüglich der weiteren Verwendung der erlangten Informationen auf den Antragsteller. Es sieht den Bürger als mündigen Informationsempfänger, der selbst bereit und in der Lage ist, die Informationen auf ihren sachlichen Gehalt und ihre Verwertbarkeit zu überprüfen.
Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 27. Januar 2011 - 7 K 753/10 -, juris Rn. 24 ff. (zu § 7 Abs. 3 UIG); VG Dessau, Urteil vom 23. November 2007- 1 A 156/07 -, UPR 2008, 119 = juris Rn. 17 f., und VG Oldenburg, Beschluss vom 28. März 2013 - 5 A 4541/12 -, juris Rn. 14 (jeweils zu § 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG); vgl. auch VG Oldenburg, Urteil vom 26. Juni 2012 - 7 A 1405/11 -, LRE 64, 449 = juris Rn. 38 (zu § 4 Abs. 1 NdsPresseG).
Diesen Anforderungen hat die Beklagte im vorliegenden Fall hinreichend Rechnung getragen. Sie hat in dem angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass die Stellungnahmen der Firmen, die die Richtigkeit der festgestellten Werte sowie die Richtigkeit der Mess- und Analyseverfahren in Zweifel gezogen haben, bei der Übermittlung der Informationen auch dem Beigeladenen zur Kenntnis gebracht werden.
6. Lagen nach alledem die Anspruchsvoraussetzungen vor, bestand bezüglich des "Ob" der Informationsgewährung kein Ermessen. Nichts anderes folgt aus der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 1 VIG 2008. Soweit dort ausgeführt wird, die Behörde entscheide nach § 4 Abs. 1 Satz 3 VIG 2008 nach "pflichtgemäßem Ermessen", wenn der betroffene Dritte keine Stellungnahme abgeben wolle oder eine Auskunft durch die informationspflichtige Stelle ablehne,
vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 13,
hat dies jedenfalls im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr sieht § 1 Abs. 1 VIG 2008 seinem eindeutigen Wortlaut nach bei Vorliegen der Voraussetzungen eine gebundene Entscheidung vor. Wie an anderer Stelle in der Gesetzesbegründung zutreffend ausgeführt wird, eröffnet lediglich § 5 Abs. 1 Satz 1 VIG 2008 Ermessen, und zwar nur hinsichtlich der "Art" des Informationszugangs.
Vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 12 f.
Dass dieses Ermessen hier fehlerhaft ausgeübt worden ist, ist nicht zu erkennen.
III. Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 erweisen sich auch unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtmäßig. Anwendung findet insofern das durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformationen vom 15. März 2012 (BGBl. I S. 476) novellierte Verbraucherinformationsgesetz (neu bekannt gemacht am 17. Oktober 2012, BGBl. I S. 2166, 2725), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 34 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) - im Folgenden: VIG 2012 -.
1. Danach ergibt sich die Informationspflichtigkeit des Bundesministeriums aus § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) VIG 2012. Auch entspricht das durchgeführte Verfahren den Anforderungen der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 VIG 2012.
2. Ferner sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 VIG 2012 erfüllt.
a) Zwar werden die streitgegenständlichen Informationen weder von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) VIG 2012 noch von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG 2012 erfasst. Auch unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Testergebnisse "nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches" (Nr. 1 Buchst. a) oder "von einem Erzeugnis oder einem Verbraucherprodukt ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern" (Nr. 2) betreffen.
b) Die streitgegenständlichen Informationen sind indes, soweit es um den Inhalt der Untersuchungsergebnisse geht, solche im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2012 (vgl. bereits oben II. 3. b); die Zeitpunkte der Durchführung der amtlichen Untersuchungen sind Daten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG 2012 (oben II. 3. c).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2012 besteht Zugang zu allen Daten über die Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten, ihre Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften einschließlich ihres Zusammenwirkens und ihrer Einwirkung auf den Körper, auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung oder vorhersehbaren Fehlanwendung. Für den Begriff des Erzeugnisses verweist das Verbraucherinformationsgesetz nach wie vor auf das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (vgl. § 1 Nr. 1 VIG 2012). Dass es sich bei dem beprobten und untersuchten Produkt der Klägerin um ein Erzeugnis im lebensmittelrechtlichen Sinne handelt, wurde oben unter II. 3. b) aa) ausgeführt.
Das Vorhandensein von Photoinitiatoren in einem Erzeugnis betrifft auch dessen "Beschaffenheit" im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2012. Insoweit ist auf die obigen Ausführungen unter II. 3. b) bb) zu verweisen. Dass dem Begriff der Beschaffenheit nach der Neufassung des Verbraucherinformationsgesetzes gegenüber dem bisherigen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2008 ein anderer Inhalt beizumessen wäre, ist nicht zu erkennen. Zwar ist dieser Tatbestand neugefasst worden. Hintergrund der Neufassung war jedoch allein die Ausweitung des Anwendungsbereiches des Verbraucherinformationsgesetzes auf Verbraucherprodukte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes (vgl. § 1 Nr. 2 VIG 2012).
Vgl. Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, Teil D, § 2 Rn. 29.
Diese Ausweitung hat - so die Gesetzesbegründung - "eine Reihe von terminologischen Folgeänderungen" notwendig gemacht. Das nunmehr in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIG 2012 verwandte Begriffspaar "Zusammensetzung und Beschaffenheit" soll sicherstellen, dass die stofflichen und mechanischen Komponenten von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten erfasst werden. Die gewählte Formulierung ist bewusst an die Beschaffenheit bzw. Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten als solchen angeknüpft.
Vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 15.
Soweit nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers "Rezepturen und sonstiges exklusives wettbewerbserhebliches Wissen über die Parameter eines Produktes" nicht von dem Begriffspaar "Zusammensetzung und Beschaffenheit" erfasst sein sollen,
vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 15,
folgt hieraus für den vorliegenden Fall nichts anderes, da es vorliegend weder um die Rezeptur noch um Parameter des klägerischen Produkts geht; das Vorhandensein von Photoinitiatoren und deren Migrationsverhalten betrifft nicht unmittelbar die geheimhaltungsbedürftige Produktionsweise und lässt auch keine Rückschlüsse hierauf zu.
3. Der Informationsgewährung stehen keine Ausschluss- und Beschränkungsgründe gemäß § 3 VIG 2012 entgegen.
a) Dies gilt zunächst mit Blick darauf, dass die Testergebnisse auf Probenahmen aus dem Jahre 2007 beruhen. Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) VIG 2012 besteht der Anspruch in der Regel nicht bei Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG 2012, die vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt (vgl. oben II. 4. a).
b) Auch der Ausschlussgrund des § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2012, der nunmehr den Schutz der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse regelt, ist nicht gegeben.
Die Regelungen zum Schutz der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind im Rahmen der Gesetzesnovellierung weitgehend neugefasst worden. Der Ausschlussgrund der "sonstigen wettbewerbsrelevanten Information" ist dabei ersatzlos weggefallen.
Vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 15 ff.; Wustmann, BayVBl. 2012, 715 (718).
Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2012 ist der Informationszugang ausgeschlossen, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Rezepturen, Konstruktions- oder Produktionsunterlagen, Informationen über Fertigungsverfahren, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie sonstiges geheimnisgeschütztes technisches oder kaufmännisches Wissen, offenbart würden. Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses wird durch die genannten Beispiele ("insbesondere") vor allem für die behördliche Anwendungspraxis konkretisiert, erfasst ansonsten aber weiterhin alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind, und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.
Vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 16 mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u. a. -, BVerfGE 115, 205 = juris Rn. 87.
Der Schutz des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses steht dem Informationszugang nach § 3 Satz 2 VIG 2012 nicht entgegen, wenn der Betroffene dem Informationszugang zugestimmt hat oder eine Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe die privaten Schutzbelange überwiegt. Darüber hinaus enthält § 3 Sätze 5 und 6 VIG 2012 - deutlich weitergehend als § 2 Satz 3 VIG 2008 - mehrere Tatbestände, in denen kraft Gesetzes der Informationszugang nicht unter Berufung auf ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden kann. Dies gilt namentlich gemäß Satz 5 bei Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 VIG 2012, nach Nr. 3 und 4 soweit hinreichende Anhaltpunkte für eine von dem Erzeugnis bzw. Verbraucherprodukt ausgehende Gefährdung oder ein entsprechendes Risiko vorliegen sowie bei Informationen nach Nr. 3 bis 6, welche die Einhaltung von Grenzwerten, Höchstgehalten oder Höchstmengen betreffen.
Vgl. Theis, DVBl. 2013, 627 (629).
Gemäß Satz 6 gilt dies gleichfalls für die dort genannten Produktinformationen wie z. B. den Namen des Händlers und die Handelsbezeichnung des Erzeugnisses oder Verbraucherproduktes.
Vgl. Wustmann, BayVBl. 2012, 715 (718 f.).
Im vorliegenden Fall ist bezüglich des nachgewiesenen (Migrations-)Gehalts an Photoinitiatoren zwar keiner der in § 3 Sätze 5 und 6 VIG 2012 geregelten Tatbestände einschlägig. Vor allem liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass von dem Erzeugnis der Klägerin eine Gefährdung oder ein Risiko für Sicherheit und Gesundheit der Verbraucher ausgeht. Auch ist nicht zu erkennen, dass die Informationen solche sind, die die Einhaltung von Grenzwerten, Höchstgehalten oder Höchstmengen betreffen, da solche bislang (noch) nicht - jedenfalls (noch) nicht für alle hier in Betracht kommenden Druckchemikalien - existent sind. Nach den auf der Internetseite des Bundesministeriums veröffentlichten Angaben befindet sich eine Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung (sog. "Druckfarbenverordnung") noch in Vorbereitung.
http://www.bmel.de/SharedDocs/Rechtsgrundlagen/Entwuerfe/Entwurf21teVerordnungAenderungBedarfsgegenstaendeverordnung.html (Stand: 1. April 2014).
Die Testergebnisse, zu denen der Beigeladene Zugang begehrt, sind ungeachtet dessen keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2012. Insofern gelten die Ausführungen unter II. 4. b) aa) zu § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG 2008 entsprechend. Demgemäß kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob das öffentliche Interesse die hier geltend gemachten privaten Schutzbelange gemäß § 3 Satz 2 VIG 2012 überwiegt. Derartiges ist aber grundsätzlich anzunehmen, wenn - wie hier - das berechtigte Geheimhaltungsinteresse allein mit Blick auf mögliche nachteilige (Kauf-)Entscheidungen des informierten Verbrauchers und dadurch bedingte Absatzeinbußen begründet wird. Ein solches Interesse, welches für sich genommen schon nicht ausreichend für die Annahme eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses im Sinne des Verbraucherinformationsgesetzes ist, hat gegenüber dem allgemeinen Interesse des Verbrauchers an einer möglichst umfassenden Markttransparenz regelmäßig kein besonderes Gewicht.
4. Für die Freistellung der Behörde von einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Informationen gemäß § 6 Abs. 3 VIG 2012 gelten die obigen Ausführungen entsprechend (oben II. 5). Im Übrigen folgt aus dem nunmehr ausdrücklich in § 6 Abs. 4 VIG 2012 geregelten Anspruch auf Richtigstellung für den Fall, dass sich die von der informationspflichtigen Stelle zugänglich gemachten Informationen im Nachhinein als falsch oder die zugrunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben herausstellen, für den vorliegenden Fall nichts anderes. Stellen sich die Informationen nach dem Kenntnisstand der informationspflichtigen Stelle bei Informationsgewährung als unrichtig dar, muss diese - erst recht - hierauf hinweisen (vgl. oben II. 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für das zweitinstanzliche Verfahren für erstattungsfähig zu erklären, weil er im Berufungsverfahren einen eigenen Antrag gestellt und das Verfahren eigenständig gefördert hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 01.04.2014
Az: 8 A 654/12
Link zum Urteil:
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