Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 28. Februar 2011
Aktenzeichen: 6 W 35/11

(OLG Köln: Beschluss v. 28.02.2011, Az.: 6 W 35/11)

Tenor

Dem Antragsgegner wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, verboten,zu Wettbewerbszwecken gegenüber Dritten unter Nennung der Antragstellerin über den Ausgang des beim Landgericht Bonn unter dem Aktenzeichen 1 O 482/10 anhängigen Gerichtsverfahren zu berichten, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Gegenstandswert: 25.000 €.

Gründe

I.

Die Antragstellerin war bis Mitte November 2010 Vertriebsmitarbeiterin der RyZoom Vertriebs GmbH, die u.a. Kaffee- und Kosmetikprodukte über den Vertriebskanal des Network Marketing vertreibt. Sie ist außerdem Gesellschafterin der RyZoom Holding GmbH, der alleinigen Gesellschafterin der RyZoom Vertriebs GmbH. Ihren Gesellschaftsanteil verkaufte sie an ihren Ehemann und trat ihn an diesen ab. Zur Wirksamkeit dieses Geschäfts ist die Zustimmung aller Mitgesellschafter erforderlich, zu deren Erteilung diese nach § 9 des Gesellschaftsvertrags verpflichtet sind. Ob die Zustimmung erteilt worden ist, ergibt sich aus den von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen nicht. Die Antragstellerin ist Gesellschafterin der Xantara GmbH. Diese beabsichtigte (was inzwischen auch geschehen ist), ebenfalls Kaffee- und Kosmetikprodukte über den Vertriebskanal des Network Marketing zu vertreiben.

Der Antragsgegner ist Geschäftsführer und Gesellschafter der World Trade Centre Confederation of Germany GmbH, die Gesellschafterin der RyZoom Holding GmbH ist. Er meint, die Antragstellerin unterliege einem Wettbewerbsverbot, und erwirkte gegen die Antragstellerin am 23.12.2010 beim Landgericht Bonn - ohne Anhörung der Antragstellerin - eine einstweilige Verfügung, durch die der Antragstellerin untersagt wurde, für die Xantara GmbH tätig zu werden. Über diese Entscheidung unterrichtete der Antragsgegner die Führungskräfte der RyZoom-Gruppe mit der im Tenor wiedergegebenen E-Mail vom 30.12.2010. Die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung stellte das Landgericht Bonn durch Beschluss vom gleichen Tage ein.

Den Antrag der Antragstellerin, dem Antragsgegner zu untersagen, über das einstweilige Verfügungsverfahren wie in der im Tenor wiedergegebenen E-Mail zu berichten, hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin diesen Antrag weiter.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg; sie führt zum antragsgemäßen Erlass der einstweiligen Verfügung. Hinsichtlich des Verfügungsgrundes bestehen keine Bedenken. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 7 und 8 UWG zu.

1. Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung wettbewerblicher Ansprüche aktivlegitimiert. Zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass Gesellschafter und Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft grundsätzlich nicht Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG und daher nicht als Mitbewerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche legitimiert sind (vgl. Teplitzky, WAV, 9. Aufl., Kap. 13 Rdn. 8). Diese Grundsätze können hier jedoch nicht uneingeschränkt Anwendung finden. Denn die angegriffene Mitteilung richtet sich nicht nur gegen einen Marktzutritt durch die Xantara GmbH, sondern gegen jeden Versuch der Antragstellerin persönlich, ein Konkurrenzunternehmen zu RyZoom (wie es in der angegriffenen E-Mail heißt) zu betreiben. Die Antragstellerin ist daher von der E-Mail nicht nur (mittelbar) als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Xantara GmbH betroffen, sondern in ihrem Bestreben, ein mit der RyZoom-Gruppe konkurrierendes Unternehmen aufzubauen. Sie ist daher einem Existenzgründer zu vergleichen. Dieser ist aber hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Ansprüche aktivlegitimiert, ohne dass es darauf ankäme, ob er auch als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anzusehen ist. Denn der Schutz durch das Wettbewerbsrecht wäre unvollständig, wenn er nicht auch bereits das Entstehen von Wettbewerb erfasste (ebenso Fezer in: Fezer, UWG, 2. Aufl., § 2 Rdn. 33).

2. Der Antragsgegner ist als Urheber der E-Mail und Geschäftsführer des Konkurrenzunternehmens passivlegitimiert (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 8 Rdn. 2.20).

3. Die angegriffene E-Mail ist gemäß § 4 Nr. 8 UWG unlauter. Sie enthält die Behauptung, es sei durch die einstweilige Verfügung festgestellt, dass das Unternehmen Xantara GmbH keine Grundlage besitze; daher sei es der Antragstellerin untersagt worden, ein Konkurrenzunternehmen zu RyZoom zu betreiben. Dies ist unwahr. Denn die E-Mail täuscht vor, es handele sich um eine endgültige Entscheidung über das Bestehen eines Wettbewerbsverbots (Jedes Engagement in diesem Unternehmen ist von vorne herein vergeblich.); dies ist aber, insbesondere weil die Antragstellerin vor Erlass der einstweiligen Verfügung nicht gehört worden ist, unzutreffend. Diese Behauptung ist auch geeignet, das Unternehmen der Antragstellerin zu schädigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Wettbewerbsverbot besteht. Denn jedenfalls ist dies (nach gegenwärtigem Kenntnisstand) zumindest äußerst fraglich. Daher durfte der Antragsgegner der gerichtlichen Klärung dieser Frage nicht - wie geschehen - vorgreifen. Zugleich wird die Tätigkeit der Antragstellerin durch die E-Mail herabgesetzt und verunglimpft (§ 4 Nr. 7 UWG), weil sie als offensichtlich rechtswidrig dargestellt wird, wovon nach dem Vorgesagten keine Rede sein kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.






OLG Köln:
Beschluss v. 28.02.2011
Az: 6 W 35/11


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