Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. März 2009
Aktenzeichen: 15 W (pat) 358/05
(BPatG: Beschluss v. 26.03.2009, Az.: 15 W (pat) 358/05)
Tenor
Das Patent 195 81 604 wird widerrufen.
Gründe
I.
Auf die am 29. März 1995 eingereichte PCT-Anmeldung, die beim Deutschen Patentund Markenamt unter dem Aktenzeichen 195 81 604.8 geführt wird und die die Unionspriorität US 221954 vom 1. April 1994 in Anspruch nimmt, ist ein Patent mit der Bezeichnung "Stranggießkokille für flüssige Metalle, insbesondere für flüssigen Stahl" erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 195 81 604 B4 ist der 14. Juli 2005.
Das Patent umfasst in seiner erteilten Fassung 13 Ansprüche, die folgenden Wortlaut haben:
"1. Stranggießkokille (10) für flüssiges Metall, insbesondere für flüssigen Stahl, mit einem Paar von vorzugsweise plattenähnlichen Formteilen (24, 26), die sich auf den Breitseiten beabstandet gegenüberliegen und im wesentlichen parallel gestaltet sind, die jeweils eine Kupferheißseitenplatte (28) bilden und mit jeweils einer Stützplatte und Befestigungsmitteln, wobei zwischen den Kupferheißseitenplatten (28) verstellbare Kokillenschmalseitenplatten (34) angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass aus einem Kokillenrahmen (30) die plattenähnlichen Formteile (24, 26) als Kassetteneinsatz (20) zur Wartung herausnehmbar sind und dass an die plattenähnlichen Formteile (24, 26) aus Kupfer angrenzend Stützplatten (32) aus Stahl vorgesehen sind.
2.
Stranggießkokille nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kupferheißseitenplatte (28) einen zentralen oberen Bereich (44) aufweist, der sich nach außen unter Bildung eines nach unten konvergierenden, trichterförmigen Bereichs (44) zur Aufnahme des flüssigen Metalls erstreckt, und wobei die Stahlstützplatte (32) eine Kontur in der der Kupferheißseitenplatte (28) gegenüberliegenden Oberfläche aufweist, die passend zum trichterförmigen Bereich (44) der Kupferheißseitenplatte (28) ist, wobei Kühleinrichtungen (38, 40) zwischen der Kupferheißseitenplatte (28) und der Stützplatte (32) aus Stahl angeordnet sind.
3.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Befestigungsmittel gleitfähig in der Stahlstützplatte (32) angeordnet sind.
4.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Befestigungsmittel aus einer Vielzahl von Montagestiften (50) bestehen die auf der Kaltseite der Kupferheißseitenplatte (28) angeordnet sind und eine Vielzahl von Montageöffnungen (54) in der Stahlstützplatte (32) aufweisen, die passend zur Vielzahl der Montagestifte (50) ist, wobei zumindest ein scheibenförmiger Federring (56) auf jedem Montagestift (50) im mittleren, oberen Bereich der Kupferheißseitenplatte (28) angeordnet ist und Gewindemuttern (60) in Eingriff mit den Montagestiften (59) sind, wobei die Befestigungsmittel eine relative Bewegung zwischen der Kupferheißseitenplatte (28) und der Stahlstützplatte (32) aufgrund von unterschiedlicher Wärmeausdehnung in der Kupferheißseitenplatte (28) und der Stahlstützplatte (32) ermöglicht und ein Spannungsübertritt von der Stahlstützplatte (32) auf die Kupferheißseitenplatte (28) vermeidet.
5.
Stranggießkokille nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Montageöffnungen (54) in der Stahlstützplatte (32) einen Durchmesser aufweisen, der größer ist als der Durchmesser der Montagestifte (50) für eine seitliche Bewegung der Montagestifte (50) in ihrer Befestigungsstellung.
6.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die mit Gewinde versehenen Montagestifte (50) in der Kaltseite der Kupferheißseitenplatte (28) eingeschraubt sind.
7.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die mit Gewinde versehenen Montagestifte (50) mit der Kaltseite der Kupferheißseitenplatte (28) verschweißt sind.
8.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Kühleinrichtungen (38, 40) eine Anzahl von vertikalen Kühlkanälen (70) aufweisen, die an zumindest einer Oberfläche der Kaltseite der Kupferheißseitenplatte (28) und der Seite der Stahlstützplatte (32) gegenüberliegend vorgesehen sind.
9.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das plattenähnliche Formteil (24, 26) eine Dichteinrichtung aufweist, die zwischen der Kupferheißseitenplatte (28) und der Stahlstützplatte (32) mit der Kühleinrichtung vorgesehen ist.
10.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Einsatz (20) einen vierteiligen Aufbau mit zwei plattenähnlichen Formteilen (24, 26) und zwei sich anschließenden Schmalseitenplatten (34) aufweist.
11.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Kupferheißseitenplatte (28) geschmiedet und die Stahlstützplatte (32) bearbeitet ist.
12.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Stahlstützplatte (32) in ihrer Mitte der Oberflächenkontur einen flachen Plateaubereich (80) für Bewegungen der Kupferheißseitenplatte (28) aufgrund thermischer Ausdehnungen aufweist.
13.
Stranggießkokille nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Kupferheißseitenplatte (28) eine gleichmäßige Dicke über ihre gesamte Oberfläche aufweist, wodurch thermische Spannungen minimiert und Spannungssprünge vermieden werden."
Gegen die Erteilung des Patents haben die S...
GmbH & Co. (Einsprechende 1) und die K... AG (Einsprechende 2)
jeweils am 13. Oktober 2005 Einspruch eingelegt.
Die Begründung des Einspruchs der Einsprechenden 1 stützt sich auf folgende Entgegenhaltungen und Dokumente:
E1 US 3,709,286 E2 US 4,085,513 E3 US 5,172,749 E4 JP-57-209748 E5 Kaufvertrag (Agreement) vom 21. Juni 1989 (Seiten 1 bis 3 und 20)
E6 FINAL ACCEPTANCE CERTIFICATE vom 8. Oktober 1991 E7 Technische Spezifikation "FRONTISPIECE" vom 30. Mai 1989 (Seiten: Deckblatt, A-1, 3, 24, 24A, 25)
E8 Schreiben des Auftragnehmers VOEST ALPINE International Corp. an den Kokillenlieferanten IMPERIAL MOLD vom 19. September 1989 (S. 1/7 bis 4/7)
Z1-Z4 Zeichnungen bezüglich Kokille und Kassetteneinsatz von IMPERIAL Mold.
Die Begründung des Einspruchs der Einsprechenden 2 stützt sich auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik:
D1 US 3,964,727 D2 DE 35 26 736 C2 D3 JP 57209748 A (Patent Abstract of Japan und Übersetzung ins Englische)
D4 US 3,709,286 D5 JP 62077150 A (Patent Abstract of Japan).
Im Erteilungsverfahren ist zudem noch folgende Entgegenhaltung in Betracht gezogen worden:
P1 US 4,635,702.
In der mündlichen Verhandlung führt der Vertreter der Patentinhaberin aus, der streitpatentliche Kassetteneinsatz sei eine Kombination aus Kupferheißseitenplatten und Stützplatten. Kupferheißseitenplatten und Stützplatten seien zwar unstreitig auch aus der E1 bekannt, es gebe dort aber keinen Hinweis auf eine Austauschbarkeit. Vielmehr sei bei diesem Stand der Technik die Kokille fest installiert, und es gebe demnach keine Notwendigkeit für eine Konzeption der aus Kupferheißseitenplatten und Stahlstützplatten bestehenden Gesamtkonstruktion als austauschbares Modul. Gemäß der E2 bestehe die in Figur 3 dargestellte Kokille mit dem Bezugszeichen 18 lediglich aus einem, eine dünnwandige Heißseitenplattenvorrichtung darstellenden Plattenrahmen, der im Gegensatz zum Streitpatent nicht selbsttragend sei, weil ein Stützrahmen fehle. Die Stützfunktion für die Kokillenplatten werde vielmehr erst durch den Einbau in den "mold support" mit dem Bezugszeichen 16 hergestellt. Insbesondere zeige die Figur 3 in der E2 nichts anderes als eine Anleitung zum Zusammenbau der Gesamtanlage als dauerhafte Einrichtung, von einem auswechselbaren Modul sei dort nirgends die Rede. Insgesamt sei die im Streitpatent geschützte Erfindung patentfähig. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters im Verlauf der Verhandlung, ob Hilfsanträge zur beschränkten Verteidigung des Patents beabsichtigt seien, antwortet der Vertreter der Patentinhaberin, normalerweise würden keine Hilfsanträge gestellt.
Der Vertreter der Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent vollumfänglich aufrecht zu erhalten. Der Vertreter der Einsprechenden 1 stellt den Antrag, das Patent vollumfänglich zu widerrufen. Der Vertreter der Einsprechenden 2 stellt den Antrag, das Patent vollumfänglich zu widerrufen. Der Vertreter der Einsprechenden 1 wendet u.a. ein, auch in der E2 werde die Stützfunktion nicht einem anderen Stützrahmen überlassen. Die Einsprechende 2 weist insbesondere darauf hin, die E1 zeige eine zusammenhängende Einheit auf, die offensichtlich in Kassettenform vorliege und die bekanntermaßen ein Verschleißteil darstelle. Insoweit werde der Fachmann selbstverständlich dieses Modul austauschbar ausgestalten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1.
Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 -Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II; BGH, GRUR 2009, 184 -Ventilsteuerung).
2.
Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).
3.
Der Einspruch hat Erfolg, denn der Gegenstand des Streitpatents ist nicht patentfähig, weil er gegenüber dem Stand der Technik gemäß US 3 709 286 (E1) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 21 Abs. 1 S. 1 PatG). Das Patent war deshalb zu widerrufen § 61 Abs. 1 S. 1 PatG).
a.
Der Gegenstand des Patents geht über den Inhalt der Anmeldung in der am PCT-Anmeldetag (29. März 1995) eingereichten Fassung nicht hinaus (§ 21 Abs. 1 S. 4 PatG). Insbesondere sind die geltenden -erteilten -Patentansprüche 1 bis 13 formal zulässig, denn diese Ansprüche finden ihre Grundlage in den Ursprungsunterlagen (vgl. WO 95/26839 A1). Insbesondere gehen die Patentansprüche 1 und 2 auf den ursprünglichen Anspruch 1 zurück. Die übrigen, erteilten Ansprüchen 3 bis 13 finden -in gleicher Reihenfolge und mit entsprechenden Rückbezügen -ihre Grundlage in den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 12.
b.
Als zuständiger Fachmann ist ein in der Entwicklung von Stranggießkokillen tätiger Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Gießereitechnik anzusehen.
c.
Bei der streitpatentlichen Erfindung geht es darum, unerwünschte Spannungsmuster zu verhindern (Streitpatentschrift, [0004]). Zum Stand der Technik ist insbesondere im Abs. [0005] hervorgehoben, dass aus der US 3,709,286 kein flexibles Montagesystem zwischen Kupferfutterrohr und Trägerrohr bekannt sei, um thermische Spannungsstöße zu vermeiden. Auch in der US 3,964,727 gebe es keinen Hinweis auf einen Abbau von Spannungen in dem Kupferteil der Kokille [0006]. In der US 4,635,702 seien Spannungsrisse sogar sehr wahrscheinlich, da die breiten Seitenwände der Kokille keine gleichmäßige Dicke aufwiesen [0007]. Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Stranggießkokille für flüssiges Metall bereit zu stellen, die die Gefahr von Spannungsrissen nicht aufweist und die einfacher zu warten ist [0008].
d. Mit Gliederungspunkten versehen und unter Weglassung von Bezugszeichen lautet der geltende Patentanspruch 1 folgendermaßen:
M1 Stranggießkokille für flüssiges Metall, insbesondere für flüssigen Stahl, M2 mit einem Paar von vorzugsweise plattenähnlichen Formteilen, M3 die sich auf den Breitseiten beabstandet gegenüberliegen und im Wesentlichen parallel gestaltet sind, M4 die jeweils eine Kupferheißseitenplatte bilden und M5 mit jeweils einer Stützplatte und Befestigungsmitteln, wobei M6 zwischen den Kupferheißseitenplatten verstellbare Kokillenschmalseitenplatten angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, M7 dass aus einem Kokillenrahmen die plattenähnlichen Formteile als Kassetteneinsatz zur Wartung herausnehmbar sind und M8 dass an die plattenähnlichen Formteile aus Kupfer angrenzend Stützplatten aus Stahl vorgesehen sind.
e. Die im Patentanspruch 1 angegebene Stranggießkokille mag zwar neu sein, sie ist aber dennoch nicht patentfähig, weil sie sich für den Fachmann aufgrund des in der E1 beschriebenen Standes der Technik in naheliegender Weise ergibt und somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Die E1 beschreibt, wie aus Sp. 1 Zn. 3 und 4 hervorgeht, eine Kokille zum Stranggießen von Metallen ("... mold for continuously casting metals"), also eine Stranggießkokille für flüssiges Metall, wie sie im Gliederungspunkt M1 angegeben ist. Diese Stranggießkokille umfasst eine Innenwand oder Auskleidung 10 aus Kupfer (Sp. 1 Zn. 45 bis 48: "Fig. 1 shows a continuouscasting mold which includes a copper inner wall or liner 10 ..."), die als einstückige Schweißkonstruktion dargestellt ist (Sp. 1 Zn. 48 bis 50: "The liner illustrated is of onepiece welded construction ..."). Darüber hinaus ist in Sp. 2 Zn. 22 bis 27 in Bezug auf Figur 4 eine vierstückige Kupferauskleidung beschrieben ("... fourpiece copper liner"), die endständige Bauelemente 29 umfassen, die mit den Innenflächen der Seitenbauelemente 30 aneinander stoßen, wodurch ermöglicht wird, dass die Stranggießkokille an den Guss unterschiedlicher Produktgrößen angepasst werden kann ("The inner liner includes end members 29 which abut the inner faces of side members 30. This construction enables the liner to be adjusted to cast different sizes of product ..."). Dies bedeutet insgesamt nichts anderes, als dass die in der E1 dargestellte Stranggießkokille ein Paar von plattenähnlichen Formteilen (10, 30), aufweist (M2), die sich auf den Breitseiten beabstandet gegenüberliegen und im Wesentlichen parallel gestaltet sind (M3) und die jeweils eine Kupferheißseitenplatte bilden (M4), und schließlich zwischen den Kupferheißseitenplatten verstellbare Kokillenschmalseitenplatten (29) angeordnet sind (M6). Wie des Weiteren aus den Figuren 1 und 4 i. V. m. Sp. 1 Zn. 45 bis 53 bzw. Sp. 2 Zn. 22 bis 27 hervorgeht, weist die Stranggießkokille außerdem eine Außenwand oder Verstärkung aus Stahlseitenplatten 12, Endplatten 13 und Eckstäben 14 auf, wobei, wie aus der in Figur 1 gezeichneten perspektivischen Darstellung der Stranggießkokille und den in den Figuren 2 bis 4 gezeigten vertikalen bzw. horizontalen Schnittdarstellungen deutlich wird, für jede Kupferheißseitenplatte (30) jeweils eine Stahlplatte (12) vorhanden ist. Schließlich weisen die Kupferheißseitenplatten (30) Reihen vertikal beabstandeter Bolzen (19) auf, die in Öffnungen (20) der Stahlstützplatten (12, 13) aufgenommen werden und in deren mit Gewinde ausgestatteten Enden außerhalb der Platten Muttern eingreifen, um die Teile zusammenzuhalten (Sp. 2 Zn. 1 bis 8: " ... row of vertically spaced studs 19 ... The side and end plates 12 and 13 have openings 20 ... to receive the studs. Nuts are threadedly engaged with the ends of the studs outside the plates to hold the parts assembled"). Diese die Stahlplatten und Bolzen betreffenden Angaben können in ihrer Gesamtheit nicht anders aufgefasst werden, als dass hier neben den Kupferheißseitenplatten jeweils eine Stützplatte und Befestigungsmittel vorhanden sind, wobei an die plattenähnlichen Formteile aus Kupfer angrenzend Stützplatten aus Stahl vorgesehen sind, so dass auch die in den Gliederungspunkten M5 und M8 beschrieben Merkmale in der E1 verwirklicht sind.
Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich die Stranggießkokille gemäß dem Patentanspruch 1 lediglich darin, dass aus einem Kokillenrahmen die plattenähnlichen Formteile als Kassetteneinsatz zur Wartung herausnehmbar sind, wie in M7 angegeben.
Dieser Unterschied kann jedoch die Patentfähigkeit nicht begründen. Denn aus seiner mehrjährigen Berufspraxis ist es dem Fachmann bewusst, dass die Kokille einer Stranggießanlage für flüssiges Metall aufgrund ihres unmittelbaren Kontaktes mit der Metallschmelze allein schon im Hinblick auf thermische Spannungen einem besonders hohen Verschleiß ausgesetzt ist. Er weiß darüber hinaus auch, dass lange Standzeiten einer Stranggießanlage für Wartung und Austausch von Verschleißteilen -wie die Kokille -im Rahmen einer wirtschaftlichen Betriebsweise unbedingt vermieden werden müssen. Er wird sich also überlegen, wie er die in der E1 dargestellte Kokille im Verschleißfall möglichst einfach und schnell austauschen kann. Ein Zerlegen der Stranggießkokille, um an die ggf. verschlissenen Kupferheißseiten heranzukommen, wird er aufgrund der zahlreichen Befestigungsmittel (19), mit denen die Kupferheißseitenplatten (30) mit den Stahlstützplatten (12, 13) fest verbunden sind, erst gar nicht in Erwägung ziehen, weil er eine solche Vorgehensweise als zu zeitaufwändig erkennt, ohne hierüber länger nachdenken zu müssen. Vielmehr wird der Fachmann wegen des aus der Figur 1 in der E1 offensichtlichen kompakten Aufbaues der Stranggießkokille allein schon aufgrund seines Wissens und Könnens ohne Weiteres darauf kommen, diese Kokille als Ganzes herausnehmbar -also in Form eines modularen Kassetteneinsatzes -auszugestalten, wie er es im Übrigen aus dem Stand der Technik, beispielsweise der E2 (vgl. dort Figur 3 i. V. m. Sp. 5 Zn. 24 bis 27: "mold subassembly 18") kennt. Dann kommt er in naheliegender Weise zu dem im Gliederungspunkt M7 angegebenen Merkmal, wonach aus einem Kokillenrahmen die plattenähnlichen Formteile als Kassetteneinsatz zur Wartung herausnehmbar sind.
Der Patentanspruch 1 hat deshalb keinen Bestand.
c. Nach ausführlicher Erörterung der Sachlage und ausdrücklicher Nachfrage durch den Vorsitzenden hat der Vertreter der Patentinhaberin abschließend einen einzigen Antrag gestellt. Insoweit haben sich im Verlauf der Verhandlung keine weiteren Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter beschränkten Fassung ergeben. Infolgedessen hat die Patentinhaberin die Aufrechterhaltung des Patents erkennbar nur im Umfang eines Anspruchssatzes beantragt, der zumindest einen nicht rechtsbeständigen Anspruch enthält. Das Patent war deshalb insgesamt zu widerrufen. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 -Elektrisches Speicherheizgerät).
Dr. Feuerlein Schwarz-Angele Dr. Maksymiw Zettler Bb
BPatG:
Beschluss v. 26.03.2009
Az: 15 W (pat) 358/05
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