Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 21. Oktober 2010
Aktenzeichen: 6 W 87/10

(OLG Köln: Beschluss v. 21.10.2010, Az.: 6 W 87/10)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14.6.2010 - 203 O 97/10 - teilweise abgeändert:

Die Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) durch die Beteiligte zur Erteilung der Auskunft an die Antragstellerin über Namen und Anschriften derjenigen Nutzer, denen zu den

in der dem Beschluss der Kammer vom 30.03.2010 beigefügten Anla-ge ASt 1

unter den laufenden Nummern 31 bis 72 (betreffend die Hörspiel-CD "Die drei €€€ Folge 133 - Fels der Dämonen")

und 378 bis 405 (betreffend das Musikalbum "Pink - Funhouse")

angegebenen Zeitpunkten die dort aufgeführten IP-Adressen zugeteilt waren, ist zulässig.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst. Die von der Antragstellerin zu zahlende Beschwerdegebühr wird auf 60,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin ausschließlicher Verwertungsrechte u.a. an den Tonträgern "Britney Spears - Circus" (Musikalbum), "Pink - Funhouse" (Musikalbum) und "Die drei €€€ Folge 133 - Fels der Dämonen" (Hörspiel-CD). Sie begehrt die Anordnung der Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten durch die beteiligte Internet-Service-Providerin zum Zweck der Auskunft über die Zuordnung dynamischer IP-Adressen, von denen aus nach ihren Ermittlungen der Inhalt der genannten und weiterer Tonträger in sogenannten Internet-Tauschbörsen zwischen dem 25. und 28.03.2010 ohne ihre Einwilligung zum Herunterladen angeboten wurden. Das Landgericht hat die Anordnung für die genannten Werke abgelehnt, weil es insoweit an einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß fehle. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II. Die gemäß § 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG zulässige sofortige Beschwerde hat im Hinblick auf die Hörspiel-CD und das Musikalbum der Interpretin Pink in der Sache Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

Das Landgericht hat seiner Entscheidung im Ansatz zutreffend zu Grunde gelegt, dass das gewerbliche Ausmaß einer nach § 101 Abs. 2 und 9 UrhG geltend gemachten Rechtsverletzung unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist, wobei besondere Bedeutung der Frage zukommt, ob die relevante Verwertungsphase der in einer Internet-Tauschbörse angebotenen (Audio-) Datei noch andauerte, was bei üblicherweise in größeren Zyklen ohne auffällige Preisnachlässe vermarkteten Hörbüchern nicht selten, bei aktuellen Musikalben dagegen nur auf Grund besonderer Umstände auch noch nach Ablauf von sechs Monaten anzunehmen sein wird (vgl. zusammenfassend den Senatsbeschluss vom 05.10.2010 - 6 W 82/10 - sub III [NJWE Rn. 17] m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Kammer im Streitfall zutreffend die relevante Verwertungsphase des sechzehn Monate vor März 2010 erschienenen aktuellen Musikalbums "Circus" (erschienen im November 2008) als beendet angesehen. Das Gegenteil ergibt sich weder aus der andauernd hohen Bekanntheit der Interpretin Britney Spears noch aus dem durch eine "Gold"-Auszeichnung belegten kommerziellen Erfolg des Albums in der Vergangenheit und der darauf beruhenden, bereits im Dezember 2009, also lange vor den hier geltend gemachten Verletzungshandlungen erfolgten Nominierung für einen Schallplatten-Preis (vgl. Senatsbeschluss vom 22.09.2010 - 6 W 77/10 = 203 O 99/10 LG Köln). Die Zahl der von der Antragstelerin dokumentierten rechtsverletzenden Handlungen selbst ist für das gewerbliche Ausmaß des einzelnen in Rede stehenden Verstoßes ebenfalls kein hinreichend aussagekräftiges Indiz (vgl. Senatsbeschluss vom 23.07.2010 - 6 W 81/10), so dass es bei der Antragszurückweisung durch die Kammer zu verbleiben hatte.

Eine andere Beurteilung war dagegen bei dem im Oktober 2008 erschienenen Musikalbum "Funhouse" der Interpretin Pink geboten, bei dem die Fortdauer der relevanten Verwertungsphase ungeachtet gewisser Preisnachlässe (vgl. die Internetangebote S. 15 f. des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 06.04.2010) hinreichend durch die Besonderheit belegt wird, dass die CD im streitbefangenen Verletzungszeitraum - wie inzwischen über mindestens 91 Wochen von November 2008 bis August 2010 - in den TOP 50 der Albumcharts plaziert war (vgl. Senatsbeschlüsse vom 08.01.2010 - 6 W 153/09; 25.03.2010 - 6 W 28/10; 26.07.2010 - 6 W 98/10).

Bei der Hörspiel-CD "Die drei €€€ Folge 133 - Fels der Dämonen" schließlich hat die Kammer die Verwertungsphase zu früh als beendet angesehen: Die CD war erst am 02.10.2009 erschienen (S. 3 des Schriftsatzes vom 06.04.2010), zur Zeit der Verletzungshandlung also weniger als sechs Monate auf dem Markt. Im Internet wurde sie zu einem für solche Tonträger normalen Preis von 6,99 € angeboten, so dass noch nicht von einem Ende der relevanten Vermarktung oder einem Verramschen zu Ausverkaufspreisen auszugehen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG, §§ 81 Abs. 1 S. 1, 84 FamFG, § 131a KostO.






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Beschluss v. 21.10.2010
Az: 6 W 87/10


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