Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Mai 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 159/02

(BPatG: Beschluss v. 21.05.2003, Az.: 29 W (pat) 159/02)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Mai 2002 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel)" zurückgewiesen wurde.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke GPRS Prosoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:

Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16:

Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35:

Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 36:

Finanzwesen; Immobilienwesen;

Klasse 38:

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 39:

Transport- und Lagerwesen;

Klasse 41:

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I);

Klasse 42:

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 27. Mai 2002 durch einen Beamten des höheren Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei "GPRS" handele es sich um die bekannte Abkürzung für "General Packet Radio Service", die einen Standard für die Datenübertragung im Mobilfunkbereich bezeichne. Das Wort "Pro" sei die werbeübliche Bezeichnung für eine Profiversion. In ihrer Gesamtheit weise die angemeldete Marke daher lediglich darauf hin, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Datenübertragungsdienst GPRS stünden, und zwar in einer Version für professionelle Nutzer. Das angesprochene Publikum werde das Zeichen daher nur als allgemeine Angabe und nicht als Unternehmenshinweis verstehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass es sich bei der Bezeichnung "GPRS Pro" um eine lexikalisch nicht nachweisbare Kombination zweier fremdsprachiger Abkürzungen handele, die keine sachliche Information über die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermittle. Den angesprochenen Durchschnittsverbrauchern sei die Begriffsbedeutung der Bezeichnung "GPRS" nicht bekannt. Selbst den Fachkreisen sei die Abkürzung nicht geläufig, denn in der einschlägigen Fachliteratur der Telekommunikation sei sie nicht nachgewiesen. Die aus der lateinischen Sprache stammende Präposition "Pro" habe im Deutschen die Bedeutung von "für, je" und sei daher in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen mehrdeutig. Da bereits die einzelnen Bestandteile die erforderliche Unterscheidungskraft aufwiesen, sei auch die Marke in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 2 und Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können. Nach dieser Vorschrift ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenn die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE - mwN). Dies ist hier insoweit der Fall, als mit der Bezeichnung "GPRS Pro" die von der Zurückweisung erfassten Waren und Dienstleistungen ihrer Beschaffenheit, ihrem Inhalt oder ihrer Art nach beschrieben werden können.

1.1. Dass es sich bei dem Markenbestandteil "GPRS" um die Fachabkürzung von "General Packet Radio Service" handelt, hat die Markenstelle bereits belegt. "GPRS" bezeichnet eine moderne Technologie zur mobilen Datenübertragung, die die Übertragung größerer Datenmengen und eine höhere Datenübertragungsrate ermöglicht und als solche Gegenstand zahlreicher Zeitschriftenartikel ist. Auch in den einschlägigen Fachlexika ist "GPRS" aufgeführt (vgl. z.B. Brockhaus, Computer und Informationstechnologie, 2003, S 395; Microsoft Press, Computer Lexikon, 7. Aufl 2003, S 323; http://glossary.ges.training.de). An der beschreibenden Verwendung von "Pro" im Sinne einer Profi-Version bestehen für den Senat angesichts der von der Markenstelle ermittelten Belege und der Ergebnisse der eigenen Recherche keine Zweifel (vgl auch EuG T-79/01 und T-86-01, Rdn 26 - Kit Pro und Kit Super Pro).

1.2. Die Kombination von "GPRS" und "Pro" enthält keine Bedeutung, die über den beschreibenden Aussagegehalt der beiden Bestandteile hinausgeht. Die Bezeichnung "GPRS Pro" ist daher ohne weiteres geeignet, für die nicht vom Tenor erfassten Waren und Dienstleistungen als Sachangabe zu dienen. Hinsichtlich der Waren der Klasse 9 ist festzustellen, dass Bezeichnungen wie "GPRS-Handy, GPRS-Modem, GPRS-Notebook" bereits gebräuchlich sind (vgl. z.B. das Suchergebnis zu "GPRS" bei www.chip.de; PC Professionell 1/2003, S 150 "Mobile Datenturbos"). Angesichts dieser beschreibenden Verwendung des Bestandteils "GPRS" wird das Publikum in dem Zusatz "Pro" lediglich eine Präzisierung dieser Sachangabe im Sinne einer Profi-Version sehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Bereich der Hard- und Software Produktkennzeichnungen mit dem Bestandteil "Pro" als Hinweis auf die leistungsstärkere Variante eines Grundmodells weit verbreitet sind (vgl. z.B. PC-Welt 3/2003, S 156: ATI Radeon 9700 - "Nur die Pro-Variante ist noch flotter"). In Verbindung mit den beanspruchten Druckereierzeugnissen und Lehr- und Unterrichtsmitteln weist "GPRS Pro" lediglich darauf hin, dass sich diese thematisch mit der professionellen GPRS-Nutzung befassen. Auch die Dienstleistung der Telekommunikation wird mit "GPRS Pro" unmittelbar beschrieben, denn eine mobile Datenübertragung ist nichts anderes als eine Form der Telekommunikation. Bei der Tarifstruktur unterscheiden die Mobilfunk-Anbieter üblicherweise zwischen verschiedenen Nutzergruppen und dementsprechend wird der Begriff "GPRS Pro" auch bereits zur Bezeichnung eines GPRS-Tarifs für den professionellen Nutzer verwendet (vgl. z.B. www.xonio.com "Alle GPRS-Tarife auf einen Blick: T-Mobile GPRS Pro"; http://mobile.sunrise.ch - "sunrise GPRS pro"). Die übrigen Dienstleistungen können mit "GPRS Pro" dahingehend beschrieben werden, dass sie unter Einsatz einer professionellen GPRS-Variante erbracht werden. Da sämtliche dieser Dienstleistungen im Wege der mobilen Kommunikation erbracht, beansprucht oder - im Fall des Transport- und Lagerwesens - mittels mobiler Kommunikation logistisch gesteuert werden können, erscheint die Bezeichnung "GPRS Pro" auch ohne weiteres geeignet, diese Dienstleistungen ihrer Art nach zu beschreiben.

2. Da sich die Bezeichnung "GPRS Pro" in einer beschreibenden Aussage erschöpft, die für das angesprochene Publikum - zu dem Fachleute ebenso wie interessierte Laien gehören - ohne weiteres erkennbar ist, versteht das Publikum das angemeldete Zeichen in Verbindung mit den nicht vom Tenor erfassten Waren und Dienstleistungen auch nur als Sachangabe und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Dem Zeichen fehlt daher auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

3. Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Es handelt sich dabei um Waren, die keine unmittelbare Verwendung im Bereich der mobilen Kommunikation finden und daher keine Merkmale aufweisen, die mit "GPRS Pro" beschrieben werden könnten. Aus demselben Grund lässt sich dem angemeldeten Zeichen für diese Waren auch kein im Vordergrund stehender Begriffsgehalt zuordnen, der die maßgeblichen Verkehrskreise von der Vorstellung wegführen könnte, es mit einem Unternehmenshinweis zu tun zu haben.

Grabrucker Pagenberg Fink Hu






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Az: 29 W (pat) 159/02


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