Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Januar 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 67/05

(BPatG: Beschluss v. 24.01.2006, Az.: 27 W (pat) 67/05)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 16. Februar 2005 teilweise aufgehoben, soweit der Widerspruch hinsichtlich der Waren "Bekleidungsstücke" zurückgewiesen wurde.

2. Im Umfang der Teilaufhebung wird die teilweise Löschung der Marke 303 67 271 für "Bekleidungsstücke" angeordnet.

3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 22. Dezember 2003 angemeldete und am 15. März 2004 eingetragene Wortmarke 303 67 271 ABELLA für die Waren:

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

ist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 2 102 872 LABELLE, angemeldet am 5. November 1991 und eingetragen am 15. Januar 1997 für die Waren

"Feinstrumpfhosen, Strümpfe".

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes vom 16. Februar 2005 zurückgewiesen, da die Vergleichsmarken nicht verwechselbar im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG seien. In Klang und Schriftbild unterschieden sie sich hinreichend deutlich, um dem Verkehr eine sichere Unterscheidung zu ermöglichen.

Gegen diesen ihr am 24. Februar 2005 zugestellten Beschluss hat die Widersprechende durch Schriftsatz vom 7. März 2005, beim Patentamt eingegangen am 9. März 2005, Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung der jüngeren Marke begehrt.

Zur Begründung verweist sie auf die Warenidentität zwischen den beanspruchten Waren "Feinstrumpfhosen, Strümpfen" und "Bekleidungsstücke", die die Markenstelle bei der Bestimmung des erforderlichen Abstandes der Marken nicht hinreichend berücksichtigt habe. Angesichts der schriftbildlich und insbesondere klanglich großen Ähnlichkeit der Marken sei eine Verwechslungsgefahr gegeben.

Dem tritt die Beschwerdegegnerin entgegen, die auf den markanten Unterschied in den Wortanfängen verweist.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre Standpunkte aufrechterhalten und vertieft; einem Vergleichsvorschlag des Senats konnten sie sich nicht anschließen.

II.

Die Beschwerde ist teilweise begründet, soweit die Waren "Bekleidungsstücke" der jüngeren Marke betroffen sind.

In Anbetracht der markenrechtlichen Identität dieser Waren mit den Waren der Widerspruchsmarke kann jedenfalls eine klangliche Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht verneint werden.

Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls anhand der in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren des Grades der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd). Aufgrund der Wechselbeziehung dieser gegeneinander abzuwägenden Faktoren kann bei einem hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken und gesteigerter Kennzeichnungskraft der älteren Marke schon ein geringfügiger Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 239 - DONLINE, jew. m. zahlr. w. N.). Dabei ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH a. a. O. - Lloyd), dessen Aufmerksamkeit je nach der Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHƒ/TISSERAND).

Im vorliegenden Fall ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, was nach den genannten Grundsätzen im Hinblick auf die identischen Waren einen ganz erheblichen Abstand zwischen den Marken erfordern würde. Angesichts des weitgehend übereinstimmenden Sprachduktus beider Marken, die sich nur durch einen weichen Anfangskonsonanten bei der jüngeren und einen anderen Schlussvokal bei der älteren Marke unterscheiden, ist dieser Abstand hier nicht gewahrt. Bei den identischen Produkten besteht folglich die Gefahr, dass das Publikum die Marken verwechselt.

Dies gilt indes nicht, soweit die jüngeren Marke angemeldet ist für die mit "Feinstrumpfhosen, Strümpfen" nur ähnlichen Waren "Schuhwaren, Kopfbedeckungen". Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass diese Waren im Handel dem Verbraucher in einem gewissen räumlichen Zusammenhang begegnen mögen, geht der Verkehr bei diesen erfahrungsgemäß nicht unbedingt davon aus, dass sie generell von denselben Herstellern angeboten werden, so dass eine gewisse Ähnlichkeit der jeweiligen Markenbezeichnungen - anders als bei identischen Waren - keine Veranlassung gibt, die Marken miteinander zu verwechseln. Insoweit konnte daher der Beschwerde der Widersprechenden nicht stattgegeben werden.

Ein Grund, einem der Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG), ist nicht gegeben.






BPatG:
Beschluss v. 24.01.2006
Az: 27 W (pat) 67/05


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