Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Oktober 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 133/00
(BPatG: Beschluss v. 10.10.2001, Az.: 29 W (pat) 133/00)
Tenor
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Januar 2000 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen "Schallplatten; Reparaturdienste hinsichtlich der vorgenannten Waren" zurückgewiesen worden ist.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke
"SCREENART"
soll für die Waren und Dienstleistungen
"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Reparaturdienste hinsichtlich der vorgenannten Waren; Telekommunikation"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 5. Januar 2000 in vollem Umfang zurückgewiesen. Der angemeldeten Marke fehle für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Die angemeldete Kennzeichnung setze sich aus zwei englischen Wörtern zusammen, die den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen ohne weiteres verständlich seien. Das in Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen einzig naheliegende Verständnis der angemeldeten Marke sei "Bildschirm-/Monitor-Kunst" In dieser Bedeutung weise die Wortzusammensetzung lediglich darauf hin, dass die angemeldeten Waren der Klasse 9 einen Monitor enthalten, auf dem Kunst erscheint oder welcher künstlerisch fantasievoll gestaltet sei, und dass die Dienstleistungen der Klasse 38 mit solchen künstlerisch ausgestalteten Monitoren erbracht werden. Bei den Dienstleistungen der Klasse 37 bezeichne das Wort lediglich den Gegenstand der Reparaturen. Auf dem Telekommunikations- und EDV-Sektor sei bei Standardgeräten oft die äußere Ausgestaltung wert- und kaufentscheidend. Die sprachüblich gebildete angemeldete Wortzusammensetzung, deren Bedeutung für den inländischen Verkehr klar ersichtlich sei, weise keine über die Vermittlung einer glatt beschreibenden Angabe hinausgehenden betriebskennzeichnenden Begriffsinhalt auf. Es sei markenrechtlich unerheblich, dass es sich um eine Wortneuschöpfung handele. Da der angemeldeten Kennzeichnung bereits jegliche Unterscheidungskraft fehle, könne dahingestellt bleiben, ob der Eintragung auch ein Freihaltungsbedürfnis entgegenstehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Bei dem erforderlichen großzügigen Maßstab und bei Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehle der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft. Zum einen sei das Wort "SCREEN" ein mehrdeutiges Fremdwort und nicht in die deutsche Sprache eingegangen. Zweitens ergebe die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit selbst in der Übersetzung "Bildschirm-/Monitor-Kunst" keinen klaren Hinweis auf die Eigenschaften der angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Vielmehr erlaube diese Wortzusammensetzung verschiedene Interpretationen. Auch handele es sich bei "SCREENART" nicht um einen Begriff der Alltagssprache. Auch ein Freihaltungsbedürfnis stehe der Eintragung nicht entgegen. Die angemeldete Wortkombination werde weder bereits als beschreibende Angabe verwendet noch sei es wahrscheinlich, dass diese in Zukunft als solche verwendet werden könne. Eine Wortmarke, die wie die hier angemeldete nur unbestimmte Vorstellung in Verbindung mit den Waren und Dienstleistungen erlaube, sei schutzfähig. Auch sei das Wort "SCREENART" bereits unter der Nummer 300 86 144 als Marke für die Anmelderin in das Markenregister eingetragen worden.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
1) Die Beschwerde ist zulässig. Zwar ist der Beschwerdeschriftsatz mit aufgeklebten Gebührenmarken im Wert von DM 345,-- gegen den am 19. Januar 2000 der Anmelderin zugestellten Beschluss erst am 21. Februar 2000 (Mittwoch), also nach Ablauf der Beschwerdefrist, eingegangen. Jedoch wird in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses als Beschwerdegebühr ein Gebührensatz von DM 300,-- genannt, der bis 31. Dezember 1999 galt, jedoch ab 1. Januar 2000 auf DM 345,-- erhöht worden war. Die Beschwerdefrist und die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr haben daher nicht zu laufen begonnen (§ 61 Abs 2 MarkenG).
2) Die Beschwerde hat in der Sache überwiegend keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren mit Ausnahme von "Schallplatten; Reparaturdienste hinsichtlich der vorgenannten Waren", von der Eintragung ausgeschlossen, weil der Marke insoweit jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2 Nr 2 und Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG).
3) Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"; WRP 2000, 741 "LOGO"; BGH WRP 2001, 35 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; vgl etwa auch BGH GRUR 2000, 321, 322 "Radio von hier"; BGH GRUR 2000, 323, 324 "Partner with the Best"; BGH GRUR 2000, 720, 721 "Unter uns"; BGH WRP 2001, 692 "Test it"; BGH WRP 2001, 1080, 1081 "LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER"; BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH I ZB 60/98 "Gute Zeiten - schlechte Zeiten"). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Wortverbindung für die meisten der beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft. Der Begriff "SCREENART" setzt sich erkennbar aus den auch im deutschen Sprachgebrauch verwendeten Wortelementen "Screen" und "Art" zusammen. "Screen" hat in der englischen Sprache die Bedeutung "Bildschirm, Monitor, Leinwand" und wird in der deutschen Umgangssprache in der Bedeutung "Bildschirm, Monitor" gebraucht. In Duden, Deutsches Unversalwörterbuch, 4. Aufl und Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl ist "Screen" ausschließlich in dieser Bedeutung nachweisbar. Auch die in der deutschen Sprache vorkommenden Wortzusammensetzungen mit "Screen" wie "Screendesigner" (Computergrafiker, der die Bildschirmoberfläche übersichtlich gestaltet), "Screensaver" (Bildschirmschoner) und "Screenshot" (Abbildung einer Bildschirmanzeige) leiten sich von der Hauptbedeutung "Bildschirm" ab (vgl Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl, Stichwörter "Screendesigner", "Screensaver", "Screenshot"). Der Begriff "Art" für "Kunst", der zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehört, wird im deutschen Sprachgebrauch - insbesondere in Wortverbindungen - häufig verwendet. So spricht man etwa von einem "Artdirektor" (künstlerischer Leiter), von "Art deco" (eine künstlerische Richtung), "Artes liberales" (freie Künste) (vgl Duden, Deutsches Unversalwörterbuch, 4. Aufl), Art nouveau (bestimmte Richtung des Jugendstils), "Artothek" (Galerie, Museum, das Kunstwerke an Privatpersonen verleiht) (vgl Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl). Bei wörtlicher Übersetzung der angemeldeten Wortzusammensetzung ergibt sich darum für breite deutsche Verkehrskreise zwanglos die Bedeutung "Bildschirm-/Monitor-Kunst". Die angemeldete Wortkombination nimmt auf eine konkrete vorteilhafte Eigenschaft der meisten beanspruchten Waren der angemeldeten Marke in werbeüblicher, leicht verständlicher Form Bezug und wirkt wegen dieses im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts für die meisten der Waren nur als Sachhinweis, nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb (vgl BGH MarkenR 1999, 347, 348 f "ABSOLUT"; BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"). Ein solches Verständnis drängt sich in Verbindung mit den angemeldeten Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer" auf. Die angemeldete Kennzeichnung wird als Hinweis auf Kunst verstanden werden, die für den Bildschirm oder in Verbindung mit einem Monitor gemacht ist, dh als Hinweis auf Kunst, die mittels Computer erzeugt wird bzw die für die Darstellung auf dem Computermonitor bestimmt ist. Damit ist "screenart" auch als andere Bezeichnung für "Computerkunst" aufzufassen, denn es handelt sich - wie aus der Wortzusammensetzung entnehmbar - um Kunst, die durch Computer erzeugt wird. Da der Monitor das wichtigste Ausgabegerät eines Computers oder Aufzeichnungsgeräts ist, dieses ohne Monitor völlig nutzlos ist und umgekehrt, der "Screen" ohne Gerät, das die Quelle der Signale ist, ebenso nutzlos ist, besteht zu den beanspruchten Computern und der sonstigen Computer-Hardware ein enger funktionaler Zusammenhang. Es sind sogar Computer oder (verzerrungsfreie, hochauflösende, farbtreue) Monitore denkbar, die speziell für die Erstellung von "Screenart" ausgelegt sind. Aufzeichnungsgeräte können - wie CD-Brenner - in Verbindung mit Computer-(Bildschirm-)Kunst oder zum Aktualisieren von Webseiten (Modems) verwendet werden. Außerdem gibt es Aufzeichnungsgeräte, in die ein Monitor eingebaut ist, ebenso wie PCs, die im Set mit Monitor geliefert werden oder die wie Notebooks oder Apple-Computer einen Bildschirm integriert haben. Oft sind Lautsprecher oder Notebooks auch mit Monitoren ausgerüstet, und es gibt einen Trend zur multimedialen Kunst, die visuelle und klangliche Ausdrucksmittel verbindet. Die Telekommunikation ist das Mittel, über das die "screenart" vermittelt und verbreitet wird. Es mag zwar sein, dass es sich bei "SCREENART" um einen recht allgemeinen, umfassenden Begriff handelt, der verschiedene Interpretationen zulässt. Dies spricht hier jedoch nicht für die Schutzfähigkeit. Zum einen handelt es sich um einen weiten Begriff, unter den notwendigerweise zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten und Ausgestaltungen von Geräten oder Programmen fallen (vgl zur Schutzfähigkeit von umfassenden Begriffen auch BGH WRP 2000, 1140 "Bücher für eine bessere Welt"). Zweitens sind sämtliche möglichen Interpretationen rein sachbezogen und wirken ausschließlich als werbemäßige Sachangabe ohne jeglichen betriebskennzeichnenden Charakter. Drittens ist es in der Werbung üblich, relativ unscharfe Begriffe zu verwenden (vgl dazu auch BGH WRP 2001, 692 "Test it"). Viertens ist der angemeldete Begriff in Verbindung mit den beanspruchten Waren sowie mit der im deutschen Sprachgebrauch allein verwendeten Hauptbedeutung "Monitor, Bildschirm" zu sehen, wodurch jedes andere, nicht sachbezogene Verständnis der Wortzusammensetzung trotz verschiedener weiterer Bedeutungen von "screen" in der englischen Sprache fern liegt. Nur ergänzend soll darauf hingewiesen werden, dass eine Internetrecherche des Senats nach der Verwendung der zusammengesetzten Begriffs "SCREEN-ART" ergeben, dass der Begriff "screenart" bereits tatsächlich verwendet wird, und zwar in erster Linie als Bezeichnung für Kunst, die mittels Computer erzeugt wird bzw die für die Darstellung auf dem Computermonitor bestimmt ist. Oft wird das Wort in Verbindung mit und wohl in ähnlicher Bedeutung wie "webdesign" gebraucht und steht offensichtlich auch für die (künstlerische) Gestaltung von Internetseiten. Weiterhin lassen sich "Screenart"-Galerien" und "Screenart"-Programme im Internet finden.
4) Diesem Ergebnis kann nicht die Rechtsprechung und die markenrechtliche Kommentarliteratur entgegengehalten werden. Zum einen handelt es sich bei der Marke - anders als bei den von der Anmelderin zitierten Entscheidungen - um eine für die entscheidungserheblichen Waren und Dienstleistungen unmissverständliche Sachangabe, die keine noch so geringe Unterscheidungskraft besitzt. Solche Marken aber sind auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (und des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt) schutzunfähig. Zweitens ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand Entscheidungen über Drittzeichen, die mit dem hier zu beurteilenden Zeichen keine Gemeinsamkeit aufweisen, sondern jeweils im Einzelfall zu beurteilen (vgl zur ähnlichen Problematik von Paralleleintragungen BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today"). Insbesondere kann die Eintragung der Marke 300 86 144 "SCREENART" keinen Hinweis auf die Schutzfähigkeit der hier zu beurteilenden Anmeldung geben, denn diese Eintragung ist Waren und Dienstleistungen erfolgt, die von den hier beanspruchten abweichen und für die - anders als im vorliegenden Fall - kein direkter sachlicher Bezug des Wortes "SCREENART" erkennbar ist.
5) Da der angemeldeten Kennzeichnung für die genannten zurückgewiesenen Waren bereits jegliche Unterscheidungskraft fehlt, braucht auf die wegen des relativ unscharfen Begriffsinhalts des angemeldeten Begriffs problematische Frage, ob die angemeldete Kennzeichnung die beanspruchten Waren und Dienstleistungen so hinreichend konkret und unmittelbar beschreibt, dass auch ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) gegeben ist, nicht mehr eingegangen werden.
6) In Bezug auf die Waren und Dienstleistungen "Schallplatten; Reparaturdienste hinsichtlich der vorgenannten Waren" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), denn die Marke stellt insoweit keinen hinreichend konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit den Waren und Dienstleistungen zusammenhängende Eigenschaft dar. Zwar können die Dienstleistungen in irgendeinem entfernten Zusammenhang mit "SCREEN-ART" stehen. Es ist aber nicht ersichtlich, inwieweit die angemeldete Marke insoweit einen Hinweis auf konkrete Eigenschaften geben könnte. Hinsichtlich "Schallplatten" ist ein konkreter Bezug ebenfalls nicht erkennbar. Die angemeldete Wortkombination weist darum insoweit nicht auf verkehrswesentliche Eigenschaften unmittelbar hin und wird auch nicht als reine Sachangabe verstanden werden.
Baumgärtner Pagenberg Guth Hu
BPatG:
Beschluss v. 10.10.2001
Az: 29 W (pat) 133/00
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