Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 106/00
(BPatG: Beschluss v. 22.11.2001, Az.: 25 W (pat) 106/00)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung Cefzalloneist am 28. November 1995 für die Waren "Arzneimittel für Menschen und Tiere" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 20. April 1996.
Widerspruch erhoben hat die Beschwerdeführerin als Inhaberin der am 18. Juli 1962 für "Arzneimittel, nämlich ein Antiekzematikum" eingetragenen Marke 763 505 CEFASULFON, der am 7. Oktober 1993 für "Pharmazeutische Erzeugnisse" eingetragenen Marke 1 188 774 Cefavaleund der am 8. Dezember 1988 für "Arzneimittel und pharmazeutische Erzeugnisse" eingetragenen Marke 1 131 712 Cefanorm.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, ausgehend von der nach der Registerlage jeweils möglichen Warenidentität und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken eine Verwechslungsgefahr zwischen den jeweiligen Marken verneint und sämtliche Widersprüche zurückgewiesen. Die jüngere Marke halte gegenüber den Widerspruchsmarken in jeder Hinsicht einen ausreichenden Markenabstand ein. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheide auch in klanglicher Hinsicht aufgrund der deutlichen unterschiedlichen Silbenbestandteile der Anfangsbestandteile "Cefza" zu "Cefa" sowie der abweichenden weiteren jeweiligen Wortestandteile ebenso aus wie eine assoziative Verwechslungsgefahr, da es an der erforderlichen Wesensgleichheit der infrage kommenden Stammbestandteile fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem (sinngemäßen) Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Sie hat sich zur Begründung darauf berufen, daß wegen der klanglichen Ähnlichkeit der Wörter eine unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe und im übrigen auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens zu bejahen sei.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beruft sich darauf, daß auch der Bundesgerichtshof bereits in seiner "Cefallone"-Entscheidung eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den vergleichbaren Marken "Cefavale" und "Cefallone" verneint habe, deshalb hier insbesondere im Hinblick auf die zusätzlich deutlich abweichenden Anfangsbestandteile der Markenwörter keine unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe und auch die Annahme einer Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen der Marken unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie bereits an der fehlenden Wesensgleichheit der sich gegenüberstehenden Markenbestandteile "Cefza" zu "Cefa" scheitere.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG). Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet, da auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Marken im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht. Die Widersprüche sind deshalb zu Recht in den angefochtenen Beschlüssen zurückgewiesen worden, §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG.
Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und einem normalen Schutzumfang aus.
Danach sind an den zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr erforderlichen Markenabstand wegen der nach der Registerlage teilweise möglichen Warenidentität und der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr uneingeschränkt im Vordergrund stehenden allgemeinen Verkehrskreise jedenfalls insoweit strenge Anforderungen zu stellen, wobei allerdings auch bei Laien grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH MarkenR 2000, 140, 144 ATTACHÉ / TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd / Loints) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal / Indohexal).
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen an den Markenabstand ist auch nach Auffassung des Senats die Ähnlichkeit der Marken in keiner Richtung derart ausgeprägt, daß die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu bejahen wäre. Die angegriffene Marke hält vielmehr in jeder Hinsicht noch einen ausreichenden Abstand zu den jeweiligen Widerspruchsmarken ein.
Der Senat teilt die von der Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen vertretene Auffassung, daß jeweils eine unmittelbare Verwechslungsgefahr bei den sich gegenüberstehenden Markenwörter zu verneinen ist. Selbst bei besonderer Berücksichtigung der ähnlichen Anfangsbestandteile und strengen Anforderungen an den Markenabstand treten die weiteren Bestandteile der jeweiligen Markenwörter "SULFON", "vale" und "norm" gegenüber "llone" in ihrer Bedeutung für den maßgeblichen Gesamteindruck in jeder Hinsicht deutlich in Erscheinung und sind auch nicht etwa wegen fehlender kennzeichnender Bedeutung für die Widerspruchsmarken zu vernachlässigen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, daß auch der Bundesgerichtshof in der "Cefallone"-Entscheidung (MarkenR 1999, 154) ausgehend von möglicher Warenidentität gleichfalls eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Marken Cefavora bzw Cefavale einerseits sowie Cefallone andererseits verneint hat (vgl auch BPatG GRUR 2001, 513, 514 - CEFABRAUSE / CEFASEL; PAVIS PROMA, Kliems, BPatG 25 W (pat) 79/97 cefalös # CEFASEL).
So gewährleisten selbst bei ungünstigeren Übermittlungsbedingungen oder etwas undeutlicherer Aussprache der wie "zefzalone" gegenüber "zefasulfon", "zefavale" und "zefanorm" gesprochenen Markenwörter die im jeweiligen Gesamteindruck gut vernehmbaren vokalischen und konsonantischen Abweichungen der Mittel- und Endsilben eine sichere Unterscheidung, wobei insbesondere auch der markante Anlaut "z" in der zweiten Sprechsilbe der jüngeren Marke deutlich vernehmbar ist, deshalb nicht unbemerkt bleiben wird und den Gemeinsamkeiten der Anfangsbestandteile hinreichend entgegenwirkt. In ihrer Gesamtheit reichen jedenfalls die bereits von der Markenstelle aufgezeigten Unterschiede der Wörter aus, trotz strenger Anforderungen und des zu berücksichtigenden Unterscheidungsvermögens von Laien eine sichere Unterscheidung nach dem jeweiligen Gesamteindruck zu gewährleisten, auch wenn zu berücksichtigen ist, daß die Verkehrsauffassung regelmäßig nicht von einer gleichzeitigen Wahrnehmung der Zeichen, sondern meist eher von einem undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl EuGH MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd / Loints; vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 86). Insoweit darf hinsichtlich der von der Widersprechenden für das Erinnerungsbild des Verbrauchers in den Vordergrund gestellten Gemeinsamkeiten der Wörter auch nicht vernachlässigt werden, daß bei der Prüfung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr des maßgeblichen Gesamteindrucks der Marken insbesondere auch die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR 1998, 387, 390 - Springende Raubkatze; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd / Loints).
Ebenso weisen die Marken im Schriftbild in jeder üblichen Schreibweise bereits aufgrund der deutlich abweichenden Kontur der Buchstaben einen hinreichenden Abstand auf, wobei in Normalschrift oder bei handschriftlicher Wiedergabe die abweichenden Oberlängen in den Widerspruchsmarken weitere Unterscheidungshilfen bieten, zumal das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort.
Auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen (assoziative Verwechslungsgefahr) unter dem hier allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt einer Markenserie der Widersprechenden (mittelbare Verwechslungsgefahr) ist zu verneinen. Insoweit fehlt es bereits an dem für die Interpretation als Serienzeichen erforderlichen gemeinsamen Stammbestandteil (vgl hierzu Ingerl / Rohnke Markengesetz 1998, § 14 Rdn 428, 432; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 215).
In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, daß eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht nur bei identischen, sondern auch bei - trotz geringfügiger Abweichungen - wesensgleichen Stammbestandteilen in Betracht kommt (vgl BGH GRUR 1989, 350, 352 Abo/ Abbo; BPatG GRUR 1996, 128, 130 - Plak Guard / GARD), was aber sehr zurückhaltend beurteilt und teilweise sogar bei relativ geringfügigen Zeichenunterschieden trotz bestehender klanglicher Identität verneint wird (BPatGE 22, 193, 197 - RHINISAT / Ysat; vgl auch die Übersicht in Fezer aaO § 14 Rdn 228-229). Ein Grenzfall liegt hier jedoch ersichtlich wegen der sowohl klanglich als auch schriftbildlich nicht ganz unwesentlichen Abweichung der äußeren Zeichenform (vgl hierzu zB auch BGH GRUR 1996, 200, 202 - Innovadiclophlont # Diclophlogont; Ingerl / Rohnke aaO, § 14 Rdn 432 mit weiteren Nachweisen) und der fehlenden Wesensgleichheit des begrifflichen Zeicheninhalts nicht vor (vgl hierzu auch Ingerl / Rohnke aaO, § 14 Rdn 432). Auch die Berücksichtigung einer größeren Anzahl benutzter "Cefa"-Marken und eine entsprechende Bekanntheit des Stammbestandteils im Bereich der Naturarzneimittel führen bei der hier vorhandenen Abweichung nicht zu einem anderen Ergebnis.
Insbesondere kann für die Beurteilung der Wesensgleichheit nicht auf dieselben Maßstäbe wie bei der Beurteilung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr abgestellt werden. Die hier zur Begründung einer Wesensgleichheit allein in Betracht kommende klanglich und/oder schriftbildliche Anlehnung an die äußere Zeichenform setzt vielmehr einen besonders hohen, an Identität grenzenden Ähnlichkeitsgrad voraus (vgl hierzu Ingerl / Rohnke aaO § 14 Rdn 432 mit weiteren Hinweisen), der so deutlich sein muß, daß die insoweit eher infrage kommenden interessierten oder fachlich orientierten Verkehrskreise die Abweichungen trotz der Branchenkenntnis und der sorgfältigen Prüfung beider Marken, welche überhaupt erst eine Zuordnung unterschiedlicher Marken unter dem Gesichtspunkt der Serienmarke ermöglichen (vgl Althammer/ Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 212), entweder überhaupt nicht bemerken oder für eine Schreib- bzw Hörfehler halten (vgl auch BPatG GRUR 1993, 672, 674 BACTRIM / Azubactrin).
Nach alledem erweist sich die Beschwerde der Widersprechenden als unbegründet.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.
Kliems Brandt Engels Pü
BPatG:
Beschluss v. 22.11.2001
Az: 25 W (pat) 106/00
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