Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juni 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 300/01

(BPatG: Beschluss v. 03.06.2003, Az.: 33 W (pat) 300/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Patentamts vom 28. Juni 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke Knirps & Co.

ist für die Dienstleistungen Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Erstellen von Vertriebsstrukturen; betriebswirtschaftliche Beratung, Klasse 36: Versicherungswesen, insbesondere Unfall-, Kranken- und Lebensversicherung; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

Klasse 41: Veranstaltung von Seminaren; Unterrichtzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 28. Juni 2001 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besagt die angemeldete Wortfolge in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen lediglich, dass sich diese mit Kindern und deren Eltern beschäftigten oder für diesen Personenkreis bestimmt seien. "Knirps" sei ein übliches deutsches Wort für "Kind", der Zusatz "& Co." werde häufig gebraucht, um darauf hinzuweisen, dass beispielsweise beim Verkauf von Waren weitere mit diesen zusammenhängende Waren und Zubehör angeboten würde. Der Verkehr werde daher in der Wortfolge keinen Unternehmenshinweis sehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die erforderliche Unterscheidungskraft für gegeben, da sowohl die Bestandteile des Zeichens "Knirps" und "& Co." als auch der angemeldete Slogan in seiner Gesamtheit mehrdeutig und unscharf seien und die Wortfolge erst ergänzt werden müsse, um einen eindeutig beschreibenden Sinn zu erhalten. Die angemeldete Marke sei phantasievoll, da sie beim Endverbraucher einen gewissen Denk- und Kombinationsprozess hinsichtlich des betroffenen Verkehrskreises und der Bestimmung der Dienstleistungen erfordere. Auf Grund der Interpretationsbedürftigkeit und Mehrdeutigkeit eigne sich das lexikalisch nicht nachweisbare Zeichen auch nicht zur unmittelbaren Produktbeschreibung, so dass ein Freihaltungsbedürfnis, für das die Markenstelle auch keine Belege erbracht habe, nicht ersichtlich sei.

Der Senat hat der Anmelderin das Ergebnis seiner Internet-Recherche mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt. Die Anmelderin hat das Dienstleistungsverzeichnis beschränkt auf

"Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Erstellen von Vertriebsstrukturen; betriebswirtschaftliche Beratung; Immobilienwesen".

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg, da das Zeichen für die nach der zulässigen Einschränkung noch vom Beschwerdeverfahren betroffenen Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist und insoweit kein Freihaltebedürfnis besteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 i.V.m. Abs. 3 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs.2 Nr.1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH MarkenR 2001, 368 ff - "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" m.w.N.). Ein Slogan unterliegt denselben Prüfungskriterien wie eine einfache Wortmarke. Das bedeutet, dass Schutzunfähigkeit nur dann anzunehmen ist, wenn sich der Slogan lediglich in einer beschreibenden Angabe oder einer Anpreisung und Werbeaussage allgemeiner Art erschöpft oder eine längere Wortfolge ist, wobei Indizien für die Eignung, konkret angemeldete Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, die Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz der Wortfolge, ebenso die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage sein können. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Wortfolge ohne ergänzende Zusätze mehrdeutig oder unscharf ist und deshalb zum Nachdenken anregt (BGH WRP 2000, 739, 740 "Unter uns" mwN) und ein eindeutig beschreibender Inhalt daher nicht erkennbar ist (BGH GRUR 2000, 323 ff, 324 "Partner with the Best").

Nach diesen Grundsätzen fehlt dem angemeldeten Zeichen - unabhängig davon, ob es letztlich als Slogan zu qualifizieren ist - für die noch beanspruchten Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft.

"Knirps" bedeutet "kleiner Junge" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000), wird aber - wie auch die Internet-Recherche zeigt - wenn sich der Begriff nicht auf eine konkrete (männliche) Person bezieht, synonym für "Kind" verwendet. Da eine Marke stets im Zusammenhang mit den konkret angebotenen Waren und/oder Dienstleistungen zu beurteilen ist, scheidet für "Knirps" die (regelmäßig abwertende, vgl. Wahrig a.a.O.) Bedeutung "kleiner Mann" aus, da keine der ursprünglich und der noch beanspruchten Dienstleistungen speziell für klein gewachsene Männer ausgerichtet ist oder sein kann. Dies gilt erst Recht in Bezug auf die Marke "Knirps" für zusammenlegbare Schirme. Der weitere Zeichenbestandteil "& Co" bedeutet in der Werbung generell einen erweiternden Hinweis in dem Sinn, dass das Umfeld eines Begriffs, in dessen Zusammenhang das "& Co" steht, mit umfasst wird. Derartige mit "&Co" versehene Hinweise auf ein komplettes Angebot rund um ein bestimmtes Thema begegnen dem Verbraucher in allen denkbaren Bereichen und haben stets den genannten Inhalt, sei es bei "Knirps & Co" für Kindertagesstätten mit umfassendem Betreuungsangebot, sei es für Kinderbekleidung oder in Verbindung mit Tieren, Haus und Garten, Autos etc.. Im Zusammenhang mit dem Begriff "Knirps" liegt ein gesellschaftsrechtlicher Bezug von "& Co" fern. Dies hat auch die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bezweifelt und sich auf die grundsätzlich möglichen anderen Bedeutungen der Markenbestandteile nicht mehr bezogen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die angemeldete Wortfolge in ihrer maßgeblichen Gesamtheit danach als "Kinder und alles, was dazugehört" verstehen.

Die Wortfolge in dieser Bedeutung weist im Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen im Gegensatz zu den nunmehr nicht mehr beanspruchten Dienstleistungen keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakter auf. Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Erstellen von Vertriebsstrukturen und betriebswirtschaftliche Beratung bedeuten Durchführung und Förderung von sowie Unterstützung bei unternehmensbezogenen Tätigkeiten, die sich nicht unmittelbar für Kinder erbringen lassen. "Knirps & Co." beinhaltet keine hierauf bezogene sinnvolle Aussage. Insoweit fehlt ein unternehmerischer oder betriebswirtschaftlicher Aussagegehalt. Die genannten Dienstleistungen können zwar für Unternehmen erbracht werden, deren geschäftliche Tätigkeit Kinder und ihr Umfeld betrifft, so dass dies bei unternehmerischen Überlegungen gegebenenfalls berücksichtigt wird. Trotz eines möglichen inhaltlichen Bezugs erscheint die Wortwahl "Knirps & Co." im Hinblick auf die darin liegende Verniedlichung für diese rein wirtschaftsbezogenen Dienstleistungen überraschend und - ebenso in Verbindung mit der weiter beanspruchten Dienstleistung "Immobilienwesen" - als Sachangabe so abwegig, dass jedenfalls nicht jegliche Unterscheidungskraft verneint werden kann.

2. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind nur solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann der Marke keine sachbezogene, beschreibende Aussage in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen zugeordnet werden, so dass Anhaltspunkte dafür, daß Dritte gegenwärtig oder künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen haben könnten, nicht ersichtlich sind.

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BPatG:
Beschluss v. 03.06.2003
Az: 33 W (pat) 300/01


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