Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 1/04
(BPatG: Beschluss v. 11.10.2005, Az.: 33 W (pat) 1/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 18. Juni 2001 die Wortmarkeapotheke2u.defür folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden (Dienstleistungsverzeichnis in der Fassung vom 10. Oktober 2003):
Beschaffungsdienstleistungen für Dritte; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Werbung im Internet für Dritte (vorstehend genannte Dienstleistungen jeweils im Rahmen von ecommerce); Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung im Rahmen von ecommerce; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften im Rahmen von ecommerce; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellen von Portalen im Internet (vorstehend genannte Dienstleistungen jeweils im Rahmen von ecommerce); Bereitstellung einer ecommerce-Plattform; Auslieferung von Waren im Rahmen von ecommerce; Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Vermietung von Speicherplatz im Internet; Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im Internet (jeweils im Rahmen von ecommerce); Dienstleistungen eines Apothekers; Dienstleistungen einer Apotheke, nämlich Beratungen in der Pharmazie.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 16. Oktober 2003 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die Marke ihrem Gesamteindruck nach ohne weiteres ersichtlich wie der Domainname einer Internetadresse gebildet sei. Der Bestandteil "apotheke2u" würde von den angesprochenen Verkehrskreisen im Sinne einer werbemäßigen Anpreisung dahingehend verstanden, dass Dienstleistungen von einer Apotheke im Internet, dh online "für Dich/an Dich", angeboten und erbracht würden. Medikamente könnten heutzutage bei einer Apotheke per Internet bestellt werden. Denkbar sei auch die Abwicklung des Medikamentenversands einer Apotheke über das Internet bzw auch entsprechende Beratungsdienstleistungen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Dieser trägt vor, dass als Verkehrskreise die Endverbraucher anzusehen seien, dies seien häufig ältere Menschen, denen die Internetsprache und daher Kürzel wie "2u" nicht bekannt seien. Dieser Anhang würde daher als leeres Phantasieprodukt aufgefasst werden. Selbst wenn die Bedeutung des Kürzels "2u" bekannt sein sollte, sei die Zusammensetzung dennoch eigentümlich und eintragbar allein aufgrund der Tatsache der unüblichen Kombination aus zwei verschiedenen Sprachen und zwei verschiedenen Sprachwelten, dem Kürzel könnten darüber hinaus auch andere wörtliche Bedeutungen unterstellt werden zB "Apotheke do you" oder "Apotheke 2 Uhr". Auch bei einer Unterstellung der wörtlichen Bedeutung der Abkürzung kämen mehrere Aussagegehalte in Betracht.
Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, weil es ihr im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehlt.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH MarkenR 2005, 145 - BerlinCard). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht.
Es dürfen dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werbeslogan gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (stRspr vgl zB BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dem Werbeslogan wird der Verkehr zwar häufig eine beschreibende Werbeaussage entnehmen; dies schließt aber eine Identifizierungsfunktion nicht von vornherein aus. Deshalb ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Werbeslogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob er zumindest noch eine gewisse Unterscheidungskraft aufweist. Während bei Werbeslogans, die lediglich beschreibende Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten, von mangelnder Unterscheidungskraft auszugehen ist, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage Indizien für die hinreichende Entscheidungskraft bieten.
Die begehrte Wortfolge ist in ihrem Gesamteindruck nach ohne weiteres ersichtlich wie der Domainname einer Internetadresse gebildet. Dem Bestandteil ".de" als allgemein bekannter Top-Level-Domain in Form der üblichen Länderkennung für Deutschland kann keine unternehmenskennzeichnend individualisierende Bedeutung zukommen, da es sich insoweit nur um eine allgemein geläufige geografische Herkunftsangabe handelt (so auch BPatG, BlPMZ 2000, 249 - http://www.cyberlaw.de; BPatG, 43, 263-e Collect.de).
Im übrigen setzt sich die begehrte Wortfolge aus dem deutschen Begriff "Apotheke" und "2u" zusammen. Die Zahlen/Buchstabenfolge "2u" wird nach Auffassung des Senats ebenfalls von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als werblichumgangssprachliche Abkürzung des Ausdrucks "to you" ("an Dich/für Dich") verstanden. Der Verkehr wird nämlich zunehmend mit englischsprachigen Ausdrücken konfrontiert, in denen Silben oder auch ganze Wörter durch Buchstaben bzw durch Zahlen ersetzt werden. Als Beispiele seien Ausdrücke wie "X-TREME" oder "BBQ" oder auch "4u" genannt. Auch das hier verwendete Kürzel "2u" ist dabei eine geläufige Abkürzung (vgl Rosenbaum, Chat-Slang, Lexikon der Internet-Sprache, 1999, S 136; Gesamtwörterbuch Werbesprache/Trentwortschatz; www.webakronym.de).
Auch aus einer Internetrecherche des Senats hat sich eine vielfältige Verwendung der Bezeichnung ergeben:
www.shops-2u.dewww.reiki-2u.de: "Herzlich Willkommen bei Reiki-2U"
hptt://hompage.uibk.ac.at: "BOOKS2U"
www.emssms.de: "Happy birthday 2u".
Entgegen der Rechtsauffassung des Anmelders ist maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen des Schutzhindernisses des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG dabei der Eintragungs- nicht der Anmeldezeitpunkt (vgl Ströbele/Hacker Markengesetzt, 7. Aufl, § 8 Rdz 29 mwN).
Ein erheblicher, insoweit maßgeblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 8 Rdn 108), die nicht nur aus älteren Menschen sondern aus den gesamten allgemeinen Verbraucherkreisen bestehen, werden daher den Slogan in ihrer Gesamtheit ohne weiteres im Sinne von "Apotheke für Dich/zu Dir" verstehen und daher annehmen, dass der Anmelder darauf hinweist, dass sich die angebotenen Dienstleistungen unmittelbar per Internet an ihn richten können. Gerade im Zusammenhang mit dem Apothekenhandel werden die zur Verfügungstellung derartiger Dienstleistungen per Internet immer häufiger. Ein beschreibender Bezug ist daher zu sämtlichen Dienstleistungen, die alle unter Zuhilfenahme des Internets erfolgen könnten, gegeben.
Insgesamt enthält die Wortfolge daher lediglich eine allgemeine Werbeaussage, die weder mehrdeutig noch interpretationsbedürftig ist.
Der Senat neigt im Übrigen zur Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG an der hier angemeldeten Wortfolge, was letztlich jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr bedarf.
Winkler Kätker Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 11.10.2005
Az: 33 W (pat) 1/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/96b016472cf0/BPatG_Beschluss_vom_11-Oktober-2005_Az_33-W-pat-1-04