Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Mai 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 340/03

(BPatG: Beschluss v. 02.05.2007, Az.: 26 W (pat) 340/03)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Oktober 2003 wird aufgehoben. Die Marke 301 56 576 wird für die Dienstleistungen "Bauwesen, Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens, Installationsarbeiten" gelöscht.

2. Der Markeninhaberin werden die Kosten auferlegt, die der Widersprechenden infolge der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. April 2006 entstanden sind.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 301 56 576 Grafik der Marke 30156576.7

(eingetragen in rot)

für die Dienstleistungen der Klassen 36 und 37:

"Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Bauwesen; Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens; Installationsarbeiten"

ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der Marke 398 46 809 PROMAXON eingetragen für die Waren der Klasse 17:

"Wärmeschutz- und Isoliermittel; Verbundmaterialien zur Schall-, Wärmedämmung und für den Brandschutz in Form von Platten, Rohren und Schalen aus Isolierbaustoffen; Bauplatten für Schall-, Wärmedämmung und für den Brandschutz"

2. aus der Marke 398 20 596 Promateingetragen für eine Vielzahl von Waren der Klassen 1, 2, 6, 17 und 20 sowie für die Dienstleistungen der Klasse 42:

"Ingenieurdienstleistungen im Bereich des Bauwesens, insbesondere im Bereich der Hochtemperaturdämmung und des bautechnischen Brandschutzes; anwendungstechnische Unterstützung, nämlich technische Beratung zum Verkauf und zum Einbau von Brandschutzprodukten und Produkten zur Hochtemperaturdämmung, Fachplanung für die gesamten Bereiche der Hochtemperaturdämmung und des bautechnischen Brandschutzes".

Die Widersprüche richten sich ausschließlich gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen "Bauwesen; Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens; Installationsarbeiten".

Die Markenstelle hat die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, für eine Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Marke 398 46 809 "PROMAXON" fehle es bereits an der erforderlichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen. In der hier maßgeblichen Branche sei von einem grundlegenden Unterschied zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung einer Ware auszugehen. Eine Ingenieurgesellschaft wie die Markeninhaberin stelle keine Waren her und vertreibe solche Waren auch nicht in relevantem Umfang. Da dies den hier angesprochenen Verkehrskreisen bekannt sei, werde nicht der Eindruck entstehen, die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen würden von demselben Unternehmen erbracht. Im Hinblick auf die Bereiche "Bauwesen" und "Baumaterialien" habe dies das BPatG - 33 W (pat) 15/99 "PROMA ./. PROMAT - bereits festgestellt. Zwischen der angegriffenen Marke und der weiteren Widerspruchsmarke 398 20 596 "Promat" bestehe keine Verwechslungsgefahr, weil die Marken auch vor dem Hintergrund ähnlicher Dienstleistungen keine hinreichende Ähnlichkeit aufwiesen. In bildlicher Hinsicht unterschieden sich die Marken durch die Bildbestandteile der angegriffenen Marke. In klanglicher Hinsicht präge zwar das Wort "PROMACON" den Gesamteindruck der angegriffenen Marke. Dieses sei jedoch der Widerspruchsmarke "Promat" trotz der Übereinstimmung in den ersten fünf Buchstaben nicht ähnlich, weil sich beide Markenwörter in der Silbenzahl und dem Sprechrhythmus markant unterschieden.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die angegriffene, in klanglicher Hinsicht durch das Wort "PROMACON" geprägte Marke sei mit der Widerspruchsmarke 398 20 596 "Promat" klanglich deshalb verwechselbar, weil diese Widerspruchsmarke fast vollständig in der angegriffenen Marke enthalten sei. Die Unterschiede am Wortende seien nicht geeignet, Verwechslungen auszuschließen, zumal es sich bei der Endung "-ON" in der angegriffenen Marke um eine verbrauchte Endsilbe handele. Der Verkehr werde vielmehr den übereinstimmenden markanten Wortbeginn "Proma" in Erinnerung behalten. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass der Verkehr die Marken gedanklich in Verbindung bringe. Die Widersprechende sei seit Jahrzehnten Inhaberin einer Vielzahl von Marken im In- und Ausland mit dem Bestandteil "PROMA" (siehe im Einzelnen Bl. 18-22 der GA). Der Verkehr, der auf dem Gebiet des Bauwesens daran gewöhnt sei, in "PROMA" einen Stammbestandteil zu sehen, der auf die Firma der Widersprechenden hinweise, werde in der angegriffenen Marke deshalb eine weitere Marke der Widersprechenden sehen.

Mit der Widerspruchsmarke 398 46 809 "PROMAXON" sei das Kenn- und Merkwort "PROMACON" der angegriffenen Marke hochgradig ähnlich. Angesichts des weiten Oberbegriffs "Bauwesen" liege zudem die Annahme nahe, dass ein enges Verhältnis zu den Waren der Widerspruchsmarke bestehe. Gleiches gelte in Bezug auf die mit der angegriffenen Marke beanspruchten weiteren Dienstleistungen "Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens; Installationsarbeiten". Dem Verkehr, der die konkreten wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht kennen müsse, werde beim Anblick der sehr ähnlichen Marken der Schluss nahegelegt, dass die fraglichen Waren und Dienstleistungen aus einem Unternehmen bzw. aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.

Nachdem die Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 31. August 2004 die Vertretung niedergelegt hatte, ist mit Verfügung vom 21. März 2006 ein Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 12. April 2006 bestimmt worden. Die Ladung ist der Markeninhaberin persönlich zugestellt worden. Der Widersprechenden ist die Terminsladung am 22. März 2006 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 4. April 2006, eingegangen bei Gericht am selben Tage, hat sich Rechtsanwalt A... zu den Akten gemeldet und darauf hinge- wiesen, dass laut Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 24. März 2003 - 72 IN 161/03 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Markeninhaberin eröffnet worden ist. Hiervon ist die Widersprechende zusammen mit der Abladung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung in Kenntnis gesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits Flugbuchungen für die Teilnahme an dem Termin zur mündlichen Verhandlung getätigt, für die sie Kosten aufgewendet hat.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Oktober 2003 aufzuheben und die Marke 301 56 576 im Hinblick auf die Dienstleistungen "Bauwesen, Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens, Installationsarbeiten" zu löschensowie, der Markeninhaberin die durch die Ladung zum Termin am 12. April 2006 entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Die Markeninhaberin hat keine Anträge gestellt und im Beschwerdeverfahren wie im Verfahren vor der Markenstelle zur Sache keine Stellung genommen. Auf Anfrage hat der Insolvenzverwalter dem Gericht mit Schriftsatz vom 25. Juli 2006 mitgeteilt, dass "...das Verfahren nicht aufgenommen werde...", ein Ende des Insolvenzverfahrens sei derzeit nicht absehbar. Auf die gerichtliche Nachfrage vom 27. Februar 2007, ob in dem o. g. Schreiben ein Vorbehalt der späteren Aufnahme des Verfahrens oder eine vorbehaltlose Freigabe des Rechts an der Marke erklärt werden solle, hat der Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 24. April 2007 erklärt, er sei an einer Aufnahme des Verfahrens nicht interessiert "...bzw. gemäß "§ 240 S. 1 ZPO ist das Verfahren ZPO unterbrochen. ...".

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die angefochtene Entscheidung hätte zwar nicht ergehen dürfen, weil das Widerspruchsverfahren wegen der vor der Entscheidung über den Widerspruch erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin gem. § 240 ZPO in entsprechender Anwendung unterbrochen gewesen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 42 Rn. 52 m. w. N.). Die Befugnis zur Führung des Verfahrens geht mit dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über, der Partei kraft Amtes wird, § 80 InsO. Die Unterbrechung des Verfahrens beginnt im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 27 InsO, und damit unabhängig von einer Kenntnis der Parteien oder des Gerichts von der Insolvenzeröffnung (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl, § 240 Rn. 3). Sie tritt auch ein, wenn die insolvente Partei - wie hier - einen Prozessbevollmächtigten bestellt hatte, dessen Vollmacht erlischt, §§ 115, 116 InsO i. V. m. § 168 BGB. Ebenso wenig wie ein Urteil, das während der Zeit der Unterbrechung des Verfahrens gem. § 240 ZPO erlassen worden ist, nichtig ist - es kann mit den allgemein zulässigen Rechtsmitteln angefochten werden (vgl. Zöller/Greger, a. a. O.) - ist der angefochtene Beschluss nichtig. Er ist vielmehr mit der Beschwerde angreifbar (BGH NJW 2001, 2095, 2096 für den Fall des Anwaltsverlusts gem. § 244 ZPO, Ströbele/Hacker, a. a. O., m. w .N.). Für die Zulässigkeit der weiteren Entscheidung genügt es, wenn die Prozessführungsbefugnis, die Verfahrensvoraussetzung ist, am Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegt (BGH NJW 2000, 739). Dies ist hier der Fall. Das Recht an der Marke ist nicht mehr Teil der Insolvenzmasse, weil der Insolvenzverwalter dieses Recht freigegeben hat. Durch die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters wird das insolvenzbefangene Recht wieder in vollem Umfang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners unterstellt (MK-InsO/Lwowski, § 35 Rn. 103), der insoweit auch die Prozessführungsbefugnis wiedererlangt. Die Erklärungen des Insolvenzverwalters in den Schriftsätzen vom 25. Juli 2006 und 27. Februar 2007 sind zwar nicht ausdrücklich als Freigabeerklärung formuliert. Eine derartige Erklärung kann jedoch auch konkludent abgegeben werden, soweit der unbedingte Wille feststellbar ist, dass auf die Massezugehörigkeit verzichtet werden soll (Eickmann/ Flessner u. a., Insolvenzordnung, 4. Aufl., § 35 Rn. 46; MK-InsO/Lwowski, a. a. O., Rn. 100). Insofern bestehen vorliegend keine durchgreifenden Zweifel. Die Erklärungen des Insolvenzverwalters, das Verfahren werde nicht aufgenommen, er sei an einer Aufnahme des Verfahrens nicht interessiert, sind bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass das Recht an der Marke freigegeben wird (vgl. hierzu Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rn. 22 m. w. N.). Hieran ändert auch die weitere Formulierung des Insolvenzverwalters, das Verfahren sei gemäß § 240 ZPO unterbrochen, nichts. Dabei handelt es sich lediglich um die Äußerung einer Rechtsmeinung, die keinen ernsthaften Zweifel an dem Erklärungswillen des Insolvenzverwalters, an der Aufnahme des Verfahrens kein Interesse zu haben, begründen kann. Dass die Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben worden sind, begegnet ebenfalls keinen Bedenken, denn neben dem Gemeinschuldner ist auch das Gericht geeigneter Erklärungsempfänger (MK-ZPO/Feiber, 2. Aufl., § 240 Rn. 32). Mithin ist die persönlich geladene Markeninhaberin nunmehr die zutreffende Beschwerdegegnerin und als solche befugt, das Verfahren fortzuführen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ist die Löschung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Dienstleistungen anzuordnen, denn es besteht insoweit die Gefahr von Verwechslungen mit der älteren Widerspruchsmarke zu 1) "PROMAXON" im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen. Hierzu gehören in erster Linie die Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, wobei diese Faktoren derart in Wechselbeziehung zueinander stehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR Int. 1998, 875, Tz. 17, 18 - Canon; BGH GRUR 2003, 1044, 1045 - Kelly; GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend im Hinblick auf die angegriffenen Dienstleistungen "Bauwesen; Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens; Installationsarbeiten" erfüllt. Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann angesichts einer hinreichenden Ähnlichkeit dieser Dienstleistungen mit den für die Widersprechende geschützten Waren sowie der Zeichenähnlichkeit in klanglicher Hinsicht eine beachtliche Gefahr der Verwechslung der Vergleichsmarken nicht ausgeschlossen werden.

Bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind alle Faktoren zu berücksichtigen sind, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 1998, 922, 923, Rn. 23 - Canon; BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN). Grundsätzlich kommt eine Ähnlichkeit auch zwischen Waren und Dienstleistungen in Betracht (BGH, GRUR 1999, 731, 733 - Canon II; GRUR 1999, 586 - White Lion; GRUR 2000, 883 - PAPPAGALLO; GRUR 2004, 241, 242 - GeDIOS). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen Waren auf der einen Seite und Dienstleistungen auf der anderen Seite kommt es aber darauf an, ob der Verkehr bei der Begegnung mit den Marken der Fehlvorstellung unterliegt, der Hersteller der Waren, für die die Marke Schutz genießt, trete auch als Erbringer der Dienstleistungen auf, die unter Verwendung der angegriffenen Marke (oder umgekehrt) erbracht und beworben werden, denn die Ähnlichkeit ist im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen, die nur dann vorliegt, wenn die angesprochenen Verkehrskreise glauben können, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder ggf. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH a. a. O. - Canon, Rn. 26 und 29).

Den angegriffenen Dienstleistungen "Bauwesen, Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens; Installationsarbeiten" stehen hier auf Seiten der Widerspruchsmarke Baumaterialien der Klasse 17 in verschiedenen Formen für den Schall-, Wärme- und Brandschutz gegenüber. Insoweit ist zwar festzustellen, dass die industriellen Herstellungsbetriebe der fraglichen Waren diese in der Regel nicht einbauen, installieren oder reparieren, da dies vor allem handwerkliche Fähigkeiten im Rahmen eines Dienstleistungsbetriebs erfordert. Jedoch bauen Handwerksbetriebe die fraglichen Waren nicht nur ein und nehmen notwendige Reparaturen an diesen vor, sondern treten gegenüber dem Endverbraucher nach der Lebenserfahrung auch als Verkäufer der fraglichen Waren auf. Es ist gerichtsbekannt, dass Bau- und Sanierungsunternehmen nicht nur den Einbau von Dämmstoffen anbieten, sondern zugleich die Dämmstoffe selbst veräußern (Angebote "aus einer Hand"). Es handelt sich insoweit um einen Fall einander ergänzender Waren und Dienstleistungen, so dass eine völlige Verneinung der Warenähnlichkeit in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen entgegen der Ansicht der Markenstelle ausscheidet.

Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu den Feststellungen des 33. Senats in dessen Beschluss vom 12. November 1999 (33 W (pat) 15/99 - ,PROMA / PROMAT, veröffentlicht bei PAVIS-PROMA), der eine Ähnlichkeit von "Baustoffen" gegenüber den Dienstleistungen "Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben, Dienstleistungen von Architekten und Bauingenieuren" verneint hat. Es handelte sich bei diesen Dienstleistungen um spezielle Bau(betreuungs)leistungen, während vorliegend die wesentlich weiteren Oberbegriffe "Bauwesen, Reparaturwesen im Bereich des Bauwesens" zu beurteilen sind (i. E. ebenso BPatG, Beschl. v. 12.02.2003, 32 W (pat) 154/02 - KÜCHEN AS / AS für Reparatur- und Installationsarbeiten ./. Möbel und Küchenmöbel; Beschl. v. 27.11.1996 , 29 W (pat) 55/95 - WAGA/waga - für Installation und Montage von Heizungs- und Trinkwasserversorgungsanlagen ./. Rohrteile: noch ähnlich wegen wirtschaftlicher Verbindung, aber erheblicher Abstand, beide Beschl. veröffentlicht bei PAVIS-PROMA).

Selbst bei einer nur entfernten Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen ist wegen der großen klanglichen Ähnlichkeit der Marken eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen. Die Widerspruchsmarke zu 1) "PROMACON" weist mit dem prägenden Wortbestandteil "PROMAXON" der angegriffenen Wort/Bildmarke in klanglicher Hinsicht eine sehr große Ähnlichkeit auf. Beide Wörter weisen bis auf den 6. Buchstaben denselben Vokal- und Konsonantenbestand, dieselbe Silbenzahl und -betonung auf. Ein Unterschied besteht lediglich zum Beginn der 3. Silbe mit "C" einerseits und "X" anderseits. Zwar handelt es sich beim dem Buchstaben "X" um einen nicht oft verwendeten, lautlich aber markanten Konsonanten. Dennoch sind die Übereinstimmungen der Markenwörter größer als die Abweichungen, zumal der Verkehr in der Regel dem Anfang der Markenworte, der hier identisch ist, größere Aufmerksamkeit zuwendet als den folgenden Bestandteilen. Der Unterschied zum Beginn der letzten Silbe der Wörter kann daher leicht überhört werden.

Danach kann dahinstehen, ob eine relevante Verwechslungsgefahr auch gegenüber der Widerspruchsmarke zu 2) vorliegt.

3. Der Antrag der Widersprechenden, der Markeninhaberin die entstandenen Kosten aufzuerlegen, die der Widersprechenden infolge der Anberaumung des ersten Termins zur mündlichen Verhandlung entstanden sind (Flugkosten), ist begründet. Gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG hat jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst zu tragen, es sei denn, es entspricht der Billigkeit, einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Voraussetzung für eine Kostenüberbürdung ist, dass besondere Umstände eine Abweichung von der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gegen eine auf den Verfahrensausgang abstellende generelle Kostenerstattung billig erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 13; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rn. 11). Solche besonderen Umstände können sich aus einem Verhalten ergeben, das mit der prozessualen Sorgfaltspflicht nicht zu vereinbaren ist. Ein derartiger Verstoß gegen die allgemein prozessuale Sorgfaltspflicht liegt vorliegend darin, dass der Markeninhaberin seit dem 24. März 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen bekannt gewesen ist, sie dies aber weder der Widersprechenden noch dem Gericht mitgeteilt hat. Dieses Verhalten ist kausal für die vergeblich aufgewendeten Kosten, da das Gericht bei rechtzeitiger Bekanntgabe der Insolvenz wegen der damit verbundenen Unterbrechungswirkung (§ 240 ZPO) keinen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und daher keine Veranlassung für die Widersprechenden bestanden hätte, Flugkosten für die Wahrnehmung der Termins in München durch ihre in Düsseldorf ansässigen Verfahrensbevollmächtigten aufzuwenden (vgl. auch BPatG Mitt. 2001, 577, 578 für die Mitteilung der Teilung eines Patents einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf BGH GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Diese vermeidbaren Kosten hat die Markeninhaberin aus Gründen der Billigkeit zu tragen.

Wegen der übrigen Kosten verbleibt es bei dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.






BPatG:
Beschluss v. 02.05.2007
Az: 26 W (pat) 340/03


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