Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 54/01
(BPatG: Beschluss v. 05.06.2002, Az.: 28 W (pat) 54/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke PNEUMOCONTROL für die Waren und Dienstleistungen 05: Präparate für die Gesundheitspflege für medizinische Zwecke und für die Intimpflege;
09: wissenschaftliche Präparate 10: ärztliche Instrumente und Apparate; medizinische Geräte; diagnostische und therapeutische Geräte, insbesondere für die Atemtherapie; Atemtherapiegeräte, insbesondere mit positivem Atemwegsdruck; Geräte für die Schlafmedizin, Atemmasken, Auswaschventile; Meß- und Kontrollinstrumente für Forschung, Diagnostik und Therapie; Teile der vorgenannten Waren;
37: Wartung medizintechnischer Geräte;
40: Herstellung medizinischer Geräte im Auftrag Dritter;
41: Schulung, nämlich Aus- und Fortbildung, von Pflegepersonal;
42: Kranken- und Personenpflege, ambulant und stationär; Therapiebetreuung, medizinische Beratung und Betreuung; Vermietung und Konfiguration medizintechnischer Geräte.
Die Markenstelle für Klasse 10 hat die Anmeldung teilweise, nämlich bis auf die Waren "Präparate für die Gesundheitspflege für medizinische Zwecke und für die Intimpflege", zurückgewiesen mit der Begründung, ihr fehle insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angesprochenen Verkehrskreise würden nämlich die Marke ohne weiteres glatt waren- und dienstleistungsbeschreibend im Sinne von "Atemkontrolle" verstehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die angemeldete Marke mit dem oben aufgeführten Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen einzutragen.
Zur Begründung führt sie aus, dass dem fremdsprachigen Markenwort lediglich eine unscharfe Bedeutung ohne präzise Zuordnung zu einem einzigen Sinngehalt zukomme. Mindestens drei Übersetzungen, nämlich "Luftkontrolle, Atemkontrolle, Lungenkontrolle", kämen in Frage. Als Fachwort sei es lexikalisch nicht nachweisbar und in seiner unscharfen Bedeutung zur Beschreibung eines technischen Gerätes oder einer speziellen Dienstleistung nicht geeignet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt sowie auf die der Anmelderin zur Kenntnis gebrachten Rechercheergebnisse des Senats Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet.
Nach Ansicht des Senats unterliegt die angemeldete Wortmarke zumindest dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen: jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Eintragungshindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der Umgangssprache handelt, das vom Verkehr stets nur als beschreibender Begriff und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.
Selbst diese geringen Anforderungen erfüllt die angemeldete Marke nicht. Vielmehr wird sie von den betroffenen Verkehrskreisen als reine Sachangabe aufgefasst.
Das Markenwort ist sprachüblich aus zwei Bestandteilen zusammengesetzt, die dem betroffenen Verkehr geläufig und auch in ihrer Kombination ohne weiteres verständlich sind. Im angefochtenen Beschluss ist zutreffend und mit Belegen ausgeführt, dass der Bestandteil "PNEUMO" in der deutschen Sprache als Präfix für "Luft, Atem, Lunge" verwendet wird. Deshalb ist es nichts Ungewöhnliches, wenn dieses Präfix hier mit dem im Deutschen ebenso bekannten Bestandteil "CONTROL" kombiniert wird. Wie der Senat zudem aufgrund einer Recherche im Internet feststellen konnte, wird das Markenwort als Sachbegriff ohnehin bereits im Kontext der Waren, nämlich im Zusammenhang von Atemgeräten für Taucher, verwendet, und zwar uneingeschränkt und ohne jede weitere Erklärung als ein dem Verkehr bekanntes Fachwort ("pneumo control valves" - www.aquaairind.com -, "Pneumo Control Systems" - www.divecenter.com -, "pneumocontrol" - www.tuchel.ac.ru - ).
Im Zusammenhang mit den hier betroffenen Waren und Dienstleistungen wird der Verkehr den beschreibenden Charakter der Marke ebenfalls unschwer erkennen und ihr deshalb keine betriebskennzeichnende Bedeutung zumessen. Die Marke ist sprachlich als Fachwort angelegt, das sich ohne weiteres an die übliche Sachwortbildung mit "Pneumo" anlehnt (z.B. Pneumoatmose, Pneumograph, Pneumologe, Pneumomassage). Da Atemgeräte für Taucher vom Prinzip her ähnlich aufgebaut sind wie medizinische Atemgeräte, liegt es auch nahe, den dort bereits verwendeten Fachbegriff in den medizinischen Bereich zu übernehmen. Zudem werden ständig neue Fachbegriffe gebildet und verbreitet. Angesichts des plakativen Aussagegehalts wird nicht nur der fachwörtergewohnte Fachverkehr, sondern auch der übrige angesprochene (deutschsprachige) Verkehr die Marke nur im Sinne von "Atemkontrolle, Atemsteuerung" verstehen.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist das beanspruchte Markenwort auch nicht mehrdeutig. Im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen liegt der vorgenannte Wortsinn eindeutig näher als "Lungenkontrolle" oder "Luftkontrolle", wobei letzteres auch als "Atemluftkontrolle" verstanden werden dürfte. Dies gilt nicht nur für die angemeldeten Waren, die konkret als Atem(therapie)geräte eingesetzt werden wie "diagnostische und therapeutische Geräte, insbesondere für die Atemtherapie, Atemtherapiegeräte, insbesondere mit positivem Atemwegsdruck; Atemmasken", sondern auch für die übrigen Waren "wissenschaftliche Apparate; ärztliche Instrumente und Apparate; medizinische Geräte; Geräte für die Schlafmedizin; Auswaschventile; Mess- und Kontrollinstrumente für Forschung, Diagnostik und Therapie; Teile der vorgenannten Waren". Denn alle letztgenannten Waren sind begrifflich so weit gefasst, dass sie zur Atemkontrolle geeignet sein können.
Ebenso sind die angemeldeten Dienstleistungen so allgemein gehalten, dass die angemeldete Wortkombination lediglich einen Hinweis auf den Gegenstand der Wartung, Herstellung (im Auftrag Dritter), Vermietung und Konfiguration, Schulung oder Therapieleistung geben kann. Der Verkehr wird in erster Linie den Sachzusammenhang der angebotenen Dienstleistungen mit Atemkontrolle oder entsprechenden Geräten sehen, nicht aber einen eigenständigen Betriebshinweis.
Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da keine der in § 83 Abs. 2 MarkenG genannten Voraussetzungen vorliegt. Vielmehr ging es im vorliegenden Verfahren um die Klärung rein tatsächlicher Fragen sowie die Subsumtion des Sachverhalts unter den Begriff der mangelnden Unterscheidungskraft, deren Beurteilung auf tatrichterlichem Gebiet liegt.
Stoppel Paetzold Martens Bb
BPatG:
Beschluss v. 05.06.2002
Az: 28 W (pat) 54/01
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