Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 5. Dezember 1988
Aktenzeichen: 9 S 2730/86
(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 05.12.1988, Az.: 9 S 2730/86)
1. An der Nichtigerklärung des § 3 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg - BO - besteht kein rechtsschutzfähiges Interesse.
Tatbestand
Die Antragsteller sind Inhaber von Apotheken in B-W, in denen apothekenübliche Waren im Sinne des § 25 der Apothekenbetriebsordnung (z.B. diätetische Lebensmittel, Fruchtsäfte, Verbandmittel) zum Verkauf angeboten werden. Die Antragsteller haben in der Vergangenheit für dieses sogenannte Randsortiment geworben und/oder wollen dafür in Zukunft werben. § 10 Nr. 15 der Berufsordnung der Antragsgegnerin verbietet dies. Die Normenkontrollanträge richten sich u.a. gegen diese Vorschrift, die folgenden Wortlaut hat:
§ 10
Unzulässig sind insbesondere folgende Wettbewerbshandlungen:
1. ...
15. Übertriebene Werbung Übertrieben ist insbesondere
-- die Versendung von Werbebriefen, Verteilung von Flugblättern und Werbemitteln außerhalb der Apotheke.
-- die Einzelwerbung in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Druckschriften, wenn sie mehr als den Namen und die Adresse der Apotheke (einschließlich Telefonnummer) sowie den Namen des Inhabers enthält; sie darf nicht größer als 40 qcm sein und nicht häufiger als einmal wöchentlich erscheinen.
-- die Aufgabe von Stellenanzeigen und sonstigen Annoncen in Zeitungen und anderen Druckschriften, sofern die Anzeigen größer als 40 qcm sind.
-- Werbung in Kinos sowie in anderen Medien (z.B. Funk, Fernsehen, BTX)
-- Werbung mit Eröffnungs-, Übernahme- und Jubiläumsanzeigen, soweit diese größer als 80 qcm sind und häufiger als zweimal im Zusammenhang mit dem betreffenden Ereignis erscheinen. Derartige Anzeigen dürfen außer dem Namen und der Adresse der Apotheke (einschließlich Telefonnummer) sowie dem Namen des Inhabers nur Hinweise auf die Eröffnung oder das Jubiläum enthalten, keine Produktwerbung. Außerdem gelten als Jubiläumsanzeigen nur solche, in denen die Alterszahl der Apotheke durch 25 teilbar ist.
-- der Eindruck in Fernsprechbüchern und Anschriftenverzeichnissen jeder Art, wenn dieser die Apotheke in besonderer Weise hervorhebt oder in einem für die Apotheke örtlich nicht zuständigen Verzeichnis (bei Telefonbüchern z.B. nicht im Ortsnetzverzeichnis) erfolgt.
Die Antragstellerin zu 1) beantragt,
§ 10 Nr. 15, zweiter Halbsatz der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg vom 22.11.1955 i.d.F. vom 9.4.1986 für ungültig zu erklären.
Die übrigen Antragsteller beantragen,
§ 3 und § 10 Nr. 15 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg vom 22.11.1955 i.d.F. vom 9.4.1986 für ungültig zu erklären.
Zur Begründung machen sie geltend, die Normenkontrollanträge seien zulässig; es handele sich insbesondere um eine Rechtsvorschrift, bei deren Vollzug nicht nur Streitigkeiten entstehen könnten, in denen eine Zuständigkeit der Berufsgerichtsbarkeit begründet sei, sondern auch Streitigkeiten, die im Verwaltungsrechtswege zu verfolgen seien; so sei etwa gegenüber einer Rüge der Landesapothekerkammer der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, und eine Feststellungsklage über Inhalt und Umfang von Berufspflichten sei nur im Verwaltungsrechtsweg möglich. Sie seien auch antragsbefugt, weil das Werbeverbot sie in ihrer Berufsausübung einschränke und sie dadurch Nachteile erlitten. Die Normenkontrollanträge seien auch begründet. Die angegriffenen Vorschriften seien bereits deshalb nichtig, weil eine wirksame gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fehle. § 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes ermächtige zwar die Landesapothekerkammer zum Erlaß von Satzungsvorschriften hinsichtlich der Werbung. Diese landesgesetzliche Regelung sei aber im Hinblick auf die vorgehenden bundesgesetzlichen Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes einschränkend auszulegen. Das Heilmittelwerbegesetz enthalte eine umfassende und abschließende Regelung zur Zulässigkeit der Werbung für Heilmittel, wozu auch die Produkte des sogenannten Randsortiments der Apotheke zählten. Mit diesem Heilmittelwerbegesetz habe der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Nr. 19 GG Gebrauch gemacht. Daß die Werbung für Heilmittel des Randsortiments in diesem Gesetz nicht ausdrücklich eingeschränkt sei, müsse als gesetzgeberische Entscheidung für die Zulassung der Werbung für diese Waren verstanden werden. § 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes sei danach im Einklang mit Bundesrecht restriktiv dahin auszulegen, daß lediglich zum Erlaß von berufsrechtlichen Vorschriften über die Werbung für die Apotheke, nicht aber zum Erlaß von Satzungsvorschriften für die Werbung für Heilmittel ermächtigt werde. Eine restriktive Auslegung dieser landesgesetzlichen Ermächtigung sei auch in Ansehung des UWG vorzunehmen. Mit diesem Gesetz habe der Bundesgesetzgeber in Wahrnehmung seiner ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 73 Nr. 9 GG das Recht des Wettbewerbs geregelt. Landesrechtliche Regelungen zum Wettbewerb unter Apothekern, die als Gewerbetreibende und Unternehmer anzusehen seien, seien danach nicht zulässig. Die landesgesetzliche Ermächtigung sei aber auch wegen Verstoßes gegen den sogenannten Parlamentsvorbehalt nichtig, nach dem gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzgeber in Ansehung des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips die wesentlichen Regelungen zur Einschränkung eines Grundrechts selbst zu treffen habe und dies nicht pauschal der Satzungsautonomie der Berufsvertretung überlassen dürfe. § 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes ermächtige zu einer weitgehenden Normsetzung durch Satzungsrecht. Ausmaß und Umfang der Regelungsbefugnis würden nicht genannt; insbesondere werde dem Satzungsgeber nicht aufgegeben, zwischen apothekenpflichtigen Waren und dem sonstigen Warensortiment zu differenzieren. Da bundesrechtliches Wettbewerbs- und Kartellrecht berührt werde, hätte der Gesetzgeber aufgeben müssen, daß sich das Satzungsrecht auf das beschränken müsse, was aufgrund der berufstypischen Besonderheiten erforderlich sei, wobei hätte herausgehoben werden müssen, daß sich Apotheker, weil sie als Unternehmer in besonderer Weise dem Wettbewerbsrecht unterworfen seien, von den anderen Angehörigen der Heilberufe, wie etwa den Ärzten, unterschieden. § 10 Nr. 15 der Berufsordnung sei aber auch wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nichtig. Der weitreichende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Apotheker sei nicht durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und stelle sich im übrigen auch hinsichtlich der konkreten Regelungen der einzelnen Werbemaßnahmen als unverhältnismäßig dar. Zum Schutz der Volksgesundheit sei ein Verbot der Werbung für Produkte des Randsortiments weder geeignet noch erforderlich. Zu einer Erhöhung des Arzneimittelverbrauchs könne eine solche Werbung nicht führen. Auch werde der Apotheker dadurch nicht verleitet, seine eigentliche Aufgabe der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu vernachlässigen. Schließlich führe dies auch nicht zu einer Verfälschung des Berufsbilds des Apothekers etwa dahin, daß die Öffentlichkeit ihn mit dem Inhaber eines Drugstores nach amerikanischem Muster gleichsetze und ihm nicht mehr das gebotene Vertrauen entgegenbringe. Denn eine übertriebene, marktschreierische Werbung bleibe verboten. Nicht schützenswert sei das mit dem Werbeverbot verfolgte Ziel, einen Wettbewerb unter den Apothekern auszuschließen. Denn bereits das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt (BVerfGE 7, 377, 429), daß Gründe des Gemeinwohls es nicht geböten, den bestehenden Apotheken Kunden- oder Umsatzschutz zu geben. Standesrechtliche Bestimmungen dürften kein Instrument zur Marktregulierung sein. Die Werbebeschränkungen verletzten aber auch in ihren konkreten Einzelregelungen das Übermaßverbot, weil sie eine Eingriffsintensität aufwiesen, die außer jedem Verhältnis zu dem Gewicht der Rechtfertigungsgründe stehe. Die Satzungsregelungen verletzten aber auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit des Apothekers, das auch das Recht auf Wirtschaftswerbung umfasse. Schließlich liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil ein vernünftiger Grund dafür nicht ersichtlich sei, daß Apotheker für die Produkte des Randsortiments nicht werben dürften, wohl aber Drogisten und andere Einzelhändler.
Die Vorschrift des § 3 der Berufsordnung ("Der Apotheker ist verpflichtet, ... die Anordnungen der Landesapothekerkammer zu befolgen.") sei nichtig, weil sie ohne eine Ermächtigung im Kammergesetz der Apothekerkammer die Befugnis zuweise, selbständige Anordnungen gegen die Kammermitglieder zu erlassen. Das Kammergesetz weise der Apothekerkammer zwar Aufgaben zu, zu denen auch die Überwachung der Erfüllung der Berufspflichten der Mitglieder gehörten, damit sei jedoch keine Eingriffsermächtigung verbunden. Dem Gesetzesvorbehalt genügten nur Regelungen, die ausdrücklich zu Eingriffen in den Grundrechtsbereich ermächtigten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Normenkontrollanträge abzuweisen.
Sie macht geltend, die Anträge seien unzulässig, da aus dem Vollzug der angegriffenen Normen nur Streitigkeiten entstehen könnten, die vor die Berufsgerichte gelangten, nicht aber Streitigkeiten, die im Verwaltungsrechtsweg zu überprüfen seien. Daher sei auch eine verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit zur Normenkontrolle nicht eröffnet. Da § 3 Berufsordnung einen über die gesetzliche Regelung im Kammergesetz hinausgehenden Regelungsinhalt nicht aufweise, sei der hiergegen gerichtete Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Auch fehle es an einer Antragsbefugnis bezüglich des § 10 Nr. 15 der Berufsordnung. Im übrigen seien die Normenkontrollanträge unbegründet. Die angegriffenen Vorschriften der Berufsordnung fänden in dem Kammergesetz eine rechtswirksame landesgesetzliche Ermächtigung. Sowohl die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wie die bislang zu dieser Materie ergangenen bundesrechtlichen Regelungen (Heilmittelwerbegesetz, UWG, GWB und Arzneimittelgesetz) ließen Raum für eine landesrechtliche Regelung über Werbemaßnahmen von Apothekern. Da es sich lediglich um eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit handele, seien an die gesetzliche Ermächtigungsnorm nicht so strenge Anforderungen zu stellen, wie sie vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zum Parlamentsvorbehalt hinsichtlich empfindlicher Eingriffe in Grundrechte entwickelt worden seien. Materiell seien die angegriffenen Regelungen mit der Verfassung, vornehmlich mit Art. 12, Art. 5 und Art. 3 GG vereinbar. Es handele sich bei den angegriffenen Regelungen um solche, welche die Berufsausübung in einem eher marginalen Bereich der beruflichen Tätigkeit des Apothekers reglementierten. Das Randsortiment mache nur einen Anteil von 5,5% (1986 sogar nur 3%) des Gesamtumsatzes einer Apotheke aus. Die restriktiven Regelungen der Berufsordnung müßten in Ansehung des Art. 12 GG als zulässig angesehen werden, weil sie ihre Rechtfertigung in hinreichenden Gründen des Gemeinwohls fänden. Mit den angegriffenen Vorschriften solle ein übersteigertes kaufmännisches Gebaren des Apothekers im Interesse der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Hauptaufgabe, der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, und im Interesse der Wahrung der dem Apotheker in der öffentlichen Meinung zugewiesenen Vertrauensstellung verhindert werden. Die Frage, ob das vom Satzungsgeber eingesetzte Mittel diesem Zweck gerecht werde, sei nur im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle zu überprüfen; dem Satzungsgeber müsse hierbei ein ebenso großer Spielraum eingeräumt werden wie dem staatlichen Gesetzgeber. Es herrsche Übereinstimmung, daß das gesetzlich festgelegte Berufsbild des Apothekers von dessen Hauptaufgabe bestimmt werde, eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Im Rahmen dieser Hauptaufgabe sei es unerläßlich, daß die Bevölkerung dem Apotheker Vertrauen entgegenbringe. Nur von untergeordneter Bedeutung sei hingegen die gewerbliche Betätigung des Apothekers. Von einer übertriebenen Werbung für die Waren des Randsortiments könnten zweifellos Gefahren im Hinblick auf die Gewährleistung der Hauptaufgabe des Apothekers ausgehen. Der Gesetzgeber brauche sich angesichts der mit einer mangelhaften Arzneimittelversorgung verbundenen Gesundheitsrisiken auch nicht auf eine kleine Gefahr einzulassen. Eine übertriebene gewerbliche Betätigung auf dem Gebiet des Randsortiments berge aber Gefahren für den Sicherstellungsauftrag des Apothekers und für seine Vertrauensstellung in der Bevölkerung. Das Randsortiment müsse insoweit als mögliches Einfallstor für Händlermentalität, Gewinnmaximierung und Drugstore-Denken angesehen werden. Fehlten insofern restriktive Reglementierungen, so führe dies dazu, daß sich das Berufsbild des Apothekers irreversibel zum bloß Kaufmännischen hin verändere. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit seien die angegriffenen Regelungen nicht zu beanstanden. Eine Verletzung des Grundrechts der Meinungsfreiheit könne bei nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässigen berufsrechtlichen Werbebeschränkungen schon nicht vorliegen. Das Willkürverbot des Art. 3 GG sei nicht verletzt, weil angesichts der unterschiedlichen Aufgabenstellungen für Apotheker und Drogerien ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung bestünde.
Der Senat hat dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie B-W als Landeskartellbehörde gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3 VwGO Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. In seiner mit dem Bundeskartellamt abgestimmten Stellungnahme trägt es vor, die Vorschrift des § 10 Nr. 15 der Berufsordnung sei nichtig, da sie nicht von der Ermächtigungsnorm des § 9 i.V.m. § 10 Nr. 15 und § 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes gedeckt sei. Bei der Auslegung des Kammergesetzes sei zu berücksichtigen, daß dem Landesgesetzgeber lediglich die Kompetenz zur Regelung des Berufsausübungsrechts zugewiesen sei. Da die Apotheker als Gewerbetreibende und Unternehmer auch dem Kartellgesetz unterlägen, berührten berufsordnende Regelungen über das Wettbewerbsverhalten der Apotheker unmittelbar auch den Regelungsbereich des Kartellrechts. Regelungen auf dem Gebiet der Wirtschaft und des Wettbewerbs seien aber nach Art. 74 Nr. 11 GG dem Bundesgesetzgeber vorbehalten, nachdem dieser von seiner Gesetzgebungskompetenz umfassend Gebrauch gemacht habe. Der Landesgesetzgeber könne daher im Rahmen seiner Kompetenz nur insoweit zum Erlaß berufsrechtlicher Standesregeln über das Wettbewerbsverhalten ermächtigen, als diese im untrennbaren Zusammenhang mit der dem Berufsstand übertragenen öffentlichen Aufgabe stünden. § 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes ermächtige danach nur zu solchen Regelungen, die in unauflöslichem Zusammenhang mit der öffentlichen Aufgabe des Apothekers stünden und im Hinblick auf die berufstypischen Besonderheiten erforderlich seien. Über diese Ermächtigung gehe § 10 Nr. 15 der Berufsordnung hinaus, weil er ein nahezu vollständiges Werbeverbot außerhalb der Apotheke begründe, das nicht nur die apothekenpflichtigen Arzneimittel, sondern auch die apothekenüblichen Waren betreffe. Ein so weitreichendes Werbeverbot sei aber weder zur Erfüllung der dem Apotheker obliegenden Aufgabe, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, noch im Hinblick auf das von der Allgemeinheit anerkannte Berufsbild und der sich daraus ergebenden besonderen Verantwortung des Apothekers erforderlich. Beim Angebot an apothekenüblichen Waren handele der Apotheker nicht in Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe, sondern er sei insoweit als normaler Kaufmann tätig. Bei dieser Warengruppe stehe er im Wettbewerb mit anderen Apothekern sowie auch mit anderen Vertriebsformen (Drogeriemärkten, Kaufhäusern u.ä.) und unterliege insoweit in vollem Umfang dem Preiswettbewerb. Es sei bei diesem Sachverhalt nicht sachgerecht, den Wettbewerbsparameter Außenwerbung für apothekenübliche Waren fast völlig auszuschließen, zumal die Innenwerbung nahezu unbeschränkt möglich sei. Schon die Einschränkung des Warenkatalogs in § 25 der Apothekenbetriebsordnung sowie die Verpflichtung, einen bestimmten Vorrat an Arzneimitteln zu halten, beugten der Gefahr vor, daß ein Apotheker sich mittels Werbung für das Randsortiment über Gebühr dem Vertrieb der Waren des Randsortiments zuwende und seine Hauptaufgabe, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen, vernachlässige. Eine wesentliche Verlagerung des Tätigkeitsfeldes und ein Abgleiten der Apotheke zum "Drugstore" seien angesichts der Tatsache, daß das Randsortiment nur einen Anteil von 5% am Gesamtumsatz aufweise, nicht vorstellbar. Daß sich das Berufsbild des Apothekers in der öffentlichen Meinung nachteilig verändere und ein Vertrauensverlust zu gewärtigen sei, könne ebenfalls nicht angenommen werden. Die Bevölkerung sehe eine angemessene Werbung, weil sie an Werbung gewöhnt sei, als normales Geschäftsgebaren an. Im übrigen sei sie durch die intensive Innenwerbung einschließlich der Schaufensterwerbung daran gewöhnt, daß der Apotheker auch Werbung betreibe. Daß es möglicherweise durch die Werbung für das Randsortiment zu Umsatzverlagerungen auch im Arzneimittelbereich kommen könne und sich die Wettbewerbssituation für die Apotheker verschärfe, könne einen Werbeausschluß nicht gebieten. Die betroffenen Apotheker müßten sich dem Wettbewerb stellen. Diese Folgerung liege in der gesetzgeberischen Entscheidung gemäß § 25 Apothekenbetriebsordnung, in Apotheken nicht nur Arzneimittel, sondern auch andere Waren zum Verkauf zuzulassen.
Der Vertreter des öffentlichen Interesses bei den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit in B-W hat sich, ohne einen Sachantrag zu stellen, am Verfahren beteiligt und hat sich der Stellungnahme der Landeskartellbehörde angeschlossen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Gründe
Die Normenkontrollanträge sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Vorschrift des § 3 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg vom 22.11.1955 i.d.F. vom 9.4.1986 (Pharmazeutische Zeitung 1986, S. 2076) -- BO -- richten; im übrigen sind sie zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichtshofs zur Normenkontrolle ist gegeben. Denn die Normenkontrollanträge richten sich gegen im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, nämlich Satzungsbestimmungen, welche eine der Rechtsaufsicht des Landes unterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, nämlich die Landesapothekerkammer (§§ 1 Nr. 4, 6, 7 des Kammergesetzes), aufgrund einer landesrechtlichen Ermächtigung erlassen hat (vgl.§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. §§ 5 AGVwGO, 9, 10 Nr. 15, 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes). Ihre Überprüfung liegt auch im Rahmen der Gerichtsbarkeit des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs, weil sich aus dem Vollzug der angegriffenen Vorschriften der Berufsordnung Streitigkeiten ergeben können, die als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht-verfassungsrechtlicher Art in die Zuständigkeit der Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit fallen. Zwar werden in den angegriffenen Vorschriften nur Berufspflichten geregelt, und die Ahndung von Verstößen hiergegen fällt in die ausschließliche Kompetenz der Berufsgerichte für Apotheker; diesen Berufsgerichten ist indessen keine umfassende und abschließende Kompetenz zur Entscheidung über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zugewiesen, die sich in Anwendung und Auslegung dieser Normen ergeben können. Wie der Senat in seinem Normenkontrollbeschluß vom 27.3.1985, -- 9 S 223/84 -- VBlBW 1985, 303 f., im Fall des Werbeverbots für Ärzte entschieden hat, können Maßnahmen zur Einhaltung von Berufspflichten vom Vorstand der Kammer als dem Exekutivorgan erlassen werden, deren Überprüfung nicht in die Kompetenz der Berufsgerichte, sondern in die der Verwaltungsgerichte fällt. Es kann offenbleiben, ob der Vorstand angesichts des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zum Erlaß einer Rüge in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens in § 74 BRAO befugt wäre oder er nur in beratender und belehrender Form Auskünfte erteilen und Hinweise geben dürfte, denn zur Kontrolle all dieser, möglicherweise rechtswidrigen Maßnahmen sind die Berufsgerichte nicht berufen. Deren Zuständigkeit beschränkt sich auf die disziplinarrechtliche Ahndung von schuldhaften Verstößen gegen die Berufspflichten. Wie der Senat für den vergleichbaren Fall der Berufsgerichtsbarkeit der Steuerberater entschieden hat (Urteil vom 13.4.1988 -- 9 S 1824/87 --), kann angesichts des Fehlens einer dem § 223 BRAO entsprechenden Generalklausel (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.5.1983, DVBl. 1983, 942) nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber für alle Streitigkeiten zwischen Apothekern und Apothekerkammer, die sich in Anwendung und Auslegung des Kammergesetzes und der Berufsordnung ergeben, nur den Rechtsweg vor der Berufsgerichtsbarkeit eröffnen wollte. Zwar spricht der Gesichtspunkt der Fachgerichtsbarkeit für eine Zuständigkeit der Berufsgerichtsbarkeit in allen Streitigkeiten über das Bestehen einer Berufspflicht (vgl. etwa BFHE 55, 277; BGHZ 34, 244, 249; BVerwG a.a.O.). Es fehlt indessen eine gesetzliche Bestimmung über eine allumfassende Zuständigkeit der Berufsgerichtsbarkeit im Kammergesetz. Weder Art. 101 Abs. 2 GG noch § 40 VwGO fordern, daß die Zuständigkeit des besonderen oder anderen Gerichts eindeutig bestimmt ist. Es ist aber höchstrichterlich anerkannt, daß der Wille des Gesetzgebers, für einen bestimmten Bereich eine Zuständigkeitsregelung zu treffen, zumindest im Gesetz Ausdruck gefunden haben muß (BVerwG a.a.O.; BVerwGE 15, 34, 36). Daran fehlt es hier aber (vgl. zum Steuerberatungsgesetz etwa Gehre, StBerG, § 76, Randnr. 14). Es entspricht im übrigen der ständigen Rechtsprechung des Senats, für Streitigkeiten über Inhalt und Umfang von Berufspflichten eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage zuzulassen (siehe auch BVerwGE 67, 261). Es ist in Ansehung der Gewährleistung umfassenden Rechtsschutzes gegen die öffentliche Gewalt durch Art. 19 Abs. 4 GG dem Betroffenen nicht zuzumuten, sich dem Makel einer Berufspflichtverletzung auszusetzen, nur um die rechtliche Zweifelsfrage als Beschuldigter in einem berufsgerichtlichen Verfahren klären zu lassen (vgl. Senatsurteil vom 13.4.1988 a.a.O. und Urteil vom 27.4.1988 -- 9 S 418/87 --).
a. Unzulässig sind allerdings die Normenkontrollanträge, soweit die Nichtigerklärung der Vorschrift des § 3 BO begehrt wird. Denn es fehlt insoweit an einem schutzwürdigen Interesse an der beantragten Erklärung der Nichtigkeit dieser Norm. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs ist ein Normenkontrollantrag nur zulässig, wenn neben der besonderen Antragsbefugnis des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist, wie es allgemein für jedes verwaltungsgerichtliche Rechtschutzbegehren gefordert wird (vgl. Bad.-Württ. VGH, Beschluß vom 5.10.1967 -- I 582/67 -- und Beschluß vom 9.2.1982, NVwZ 1983, 163; siehe auch OVG Berlin, Beschluß vom 10.7.1981, NVwZ 1983, 164 und Kopp, VwGO, § 47 Randnr. 34 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Denn das Normenkontrollverfahren ist nicht ein reines objektives Beanstandungsverfahren, sondern auch ein Verfahren zur Gewährung individuellen Rechtsschutzes. Das Gericht darf daher, wie auch sonst, nur unter der Voraussetzung in Anspruch genommen werden, daß sich durch die erstrebte Entscheidung, hier also die Erklärung der Nichtigkeit der Norm, die Rechtsstellung des Antragstellers in irgendeiner Weise verbessern könnte oder überhaupt eine Änderung der Rechtslage eintreten würde. Würde indessen die Vorschrift des § 3 BO vom Senat für nichtig erklärt werden, so läge darin keine Veränderung der objektiven Rechtslage, und an den Rechtsbeziehungen der Antragsteller zur Landesapothekerkammer würde sich nichts ändern. Denn wenn § 3 BO den Apotheker verpflichtet, "die für die Ausübung seines Berufes geltenden Gesetze und Verordnungen sowie die Anordnungen der Landesapothekerkammer zu beachten", so gibt er damit lediglich die kraft Gesetzes geltende Rechtslage wieder, ohne daß er selbst eigenständig Verhaltensgebote aufstellt oder etwa auch nur ein gesetzliches Gebot durch Einzelanordnungen konkretisiert. Dieser Vorschrift fehlt es deshalb an jeglichem eigenständigen materiellrechtlichen Gehalt (vgl. hierzu Bad.-Württ. VGH, Beschluß vom 12.7.1967, ESVGH 18, 38, wo bereits die Rechtsnormqualität verneint wurde, und Senatsbeschluß vom 27.1.1987, NJW 1987, 1350 = VBlBW 1987, 306). Daß Rechtsnormen vom Staatsbürger befolgt werden müssen, folgt aus der staats- und verfassungsrechtlich legitimierten Unterordnung des Staatsbürgers unter staatliche, hier durch die Legislative ausgeübte Gewalt; diese Unterwerfung steht nicht zur Disposition durch einen Satzungsgeber. Staatliche Gewalt wird aber auch durch Einzelregelungen der mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Trägern öffentlicher Gewalt, mithin durch Exekutivmaßnahmen wie etwa den Erlaß von Verwaltungsakten ausgeübt. Daß solche hoheitlichen Anordnungen zu befolgen sind, ergibt sich wiederum aus allgemeinen Grundsätzen des Staats- und Verfassungsrechts, nämlich aus der durch das Grundgesetz der Exekutive übertragenen Befugnis zur Ausübung staatlicher Gewalt. § 3 BO regelt lediglich die Befolgungspflicht gegenüber hoheitlichen Anordnungen der Landesapothekerkammer. Die Vorschrift begründet keine Befugnis der Landesapothekerkammer zum Erlaß von solchen hoheitlichen Anordnungen, sondern stellt nur das Bestehen einer Befolgungspflicht für den Fall fest, daß die Landesapothekerkammer aufgrund einer ihr durch Gesetz gegebenenfalls zugewiesenen Eingriffsermächtigung solche Anordnungen erläßt. Würde eine solche Satzungsvorschrift fehlen, so würde daraus weder folgen, daß die Kammer nicht zum Erlaß von Anordnungen befugt sei, noch würde dies bedeuten, daß Anordnungen der Kammer nicht zu befolgen seien. Ein rechtsschutzfähiges Interesse an der Nichtigerklärung dieser Satzungsnorm kann es danach nicht geben.
b. Dagegen besteht entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ein rechtsschutzfähiges Interesse an der Nichtigerklärung des § 10 Nr. 15 BO. Diese Vorschrift stellt Verhaltensgebote für die Antragsteller beim Betrieb ihrer Apotheke auf und schränkt sie in ihrer Berufsausübung ein. Sie konkretisiert und verschärft die allgemeine Regelung in § 9 BO, wonach allgemein unlautere Wettbewerbshandlungen und solche Wettbewerbshandlungen verboten sind, die zu übermäßigem Arzneimittelverbrauch verleiten. Der Wegfall dieser Vorschrift würde deshalb den Antragstellern zum Vorteil gereichen und sie von den weitergehenden, ihnen nachteiligen Beschränkungen bei der Außenwerbung freistellen. Das für die Antragsbefugnis zu fordernde Nachteilserfordernis ist danach gleichfalls gegeben.
2. Die Normenkontrollanträge sind indessen, soweit sie zulässig sind, nicht begründet. Denn die Regelungen in § 10 Nr. 15 BO sind mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 12 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
In formeller Hinsicht sind Rechtssetzungsfehler nicht erkennbar. Die angegriffene Satzungsbestimmung wurde von der nach § 9 Abs. 2 des Kammergesetzes hierfür zuständigen Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer B-W am 9.4.1986 beschlossen, vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung Baden-Württemberg gemäß § 9 Abs. 3 des Kammergesetzes genehmigt und ordnungsgemäß in der Pharmazeutischen Zeitung 1986, S. 2076, bekanntgemacht.
a. Sie hat in den §§ 9, 10 Nr. 15 und 31 Abs. 2 Nr. 8 des Kammergesetzes auch eine wirksame, die Befugnis zum Erlaß von Satzungsregelungen über die Werbung für Heilmittel des Randsortiments umfassende landesgesetzliche Ermächtigung. Weder die Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch die bundesrechtlichen Regelungen im Heilmittelwerbegesetz -- HWG --, im UWG oder GWB stehen landesrechtlichen Regelungen über Berufspflichten von Apothekern bei der Werbung für Heilmittel des Randsortiments entgegen (1). Die landesgesetzliche Ermächtigungsnorm wird auch den aus dem Rechtsstaats- und Demokratiegebot des Art. 20 GG abgeleiteten Anforderungen gerecht, wonach der Gesetzgeber die wesentlichen Regelungen für Grundrechtseingriffe selbst zu treffen hat und sie nicht der Satzungsautonomie überlassen darf (2).
(1) Mit der landesgesetzlichen Ermächtigungsnorm, die Werbung der Apotheker durch Satzung zu regeln, hat das Land in Übereinstimmung mit der Kompetenzregelung des Grundgesetzes und mit Bundesrecht seine Gesetzgebungszuständigkeit für den Bereich des Berufsrechts der Apotheker wahrgenommen. Standesrechtliche Wettbewerbs- und Werberegelungen betreffen das Recht der Berufsausübung. Da sich die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis aus Art. 74 Nr. 19 GG nur auf die Zulassung zu den Heilberufen erstreckt, nicht aber deren Berufsausübungsregeln umfaßt, ist für diesen Bereich eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder anzunehmen, soweit der Apotheker zum Berufsstand der Heilberufe gezählt wird (so BVerwGE 67, 261, 263 f.; 72, 73, 76 f.). Wäre dies zu verneinen (so Maunz-Dürig, GG, Art. 74 Randnr. 140, 214; von Münch, GG, 2. Aufl., Art. 74 Randnr. 86) und dieser Bereich daher der Gesetzgebungsmaterie des Art. 74 Nr. 11 GG (Wirtschaft, Gewerbe, Handel) zuzurechnen oder wäre anzunehmen, daß Heilmittelwerbung nach der spezielleren Regelung des Art. 74 Nr. 19 (Verkehr mit Arzneien, Heil- und Betäubungsmittel) zu beurteilen wäre, so ist die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers darin begründet, daß der Bund von seiner ihm insoweit eingeräumten konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht hat. Denn der Bundesgesetzgeber hat mit dem Heilmittelwerbegesetz keine umfassende und abschließende Regelung aller im Zusammenhang mit der Werbung für und mit Arzneimitteln stehenden Fragen getroffen. Gesetzgeberisches Ziel war es vor allem nicht, aus Gründen des Standes- und Berufsrechts den Wettbewerb unter Apothekern und die Werbung für die Apotheke zu regeln, also den Gefahren vorzubeugen, die eine Werbung mit Arzneimitteln zwecks Steigerung des Umsatzes einer Verkaufsstelle in sich birgt. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Regelungsgegenstand des Heilmittelwerbegesetzes zutreffend dahingehend näher umschrieben, daß er nur die Werbung "für" Arzneimittel betrifft (BVerwGE 67, 261), also den "Wettbewerb zwischen Arzneimitteln" verschiedener Hersteller. Keine Regelung treffen wollte der Gesetzgeber hinsichtlich der Arzneimittelwerbung, die nur Mittel ist zu dem Zweck, den Umsatz einer Apotheke im Vergleich zu konkurrierenden Apotheken zu fördern, also für den Wettbewerb unter Apothekern eingesetzt wird. Das Heilmittelwerbegesetz läßt daher alle aus Gründen des Berufs- und Standesrechts der Apotheker im Zusammenhang mit der Werbung mit Heilmittel notwendigen Regelungen unberührt (vgl. BVerwGE 67, 261, 263; so auch Kammergericht Beschluß vom 28.1.1987 -- 1 Kart 4/86 --, Pharmazeutische Zeitung 1987, 2151 f. m.w.N.).
Eine landesgesetzliche Befugnis zur Regelung berufswidriger Werbe- und Wettbewerbsmaßnahmen von Apothekern ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dem Bundesgesetzgeber die ausschließliche Kompetenz zur Regelung des Wettbewerbs im Rahmen der gewerblichen Wirtschaft (Gewerblicher Rechtsschutz Art. 73 Nr. 9 GG; vgl. das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb -- UWG --) zugewiesen ist. Die Ausübung eines freien Berufs ist im allgemeinen keine gewerbliche Tätigkeit. Da den Angehörigen freier Berufe die Verantwortung für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe aufgrund besonderer beruflicher Befähigung zugewiesen ist, unterliegen sie auch besonderen öffentlich-rechtlichen Pflichten. Die Regelung dieses Berufs- und Standesrechts ist aber Sache des Landesgesetzgebers und der als Körperschaften des öffentlichen Rechts kraft Landesgesetz eingerichteten autonomen Berufsverbände, weil insoweit nicht das Recht der gewerblichen Wirtschaft betroffen ist. Auch der Apotheker übt, weil ihm im öffentlichen Interesse die Aufgabe der Arzneimittelversorgung übertragen ist, einen freien Beruf aus, wenn er auch gleichzeitig als Inhaber eines Apothekenbetriebs privatwirtschaftlich tätig ist. Dieses gewerbliche Element ist jedoch von untergeordneter Bedeutung und tritt gegenüber den Pflichten zurück, die der Apotheker aus seiner Verantwortung für das Gemeinwohl als Angehöriger eines freien Berufs wahrzunehmen hat (vgl. BVerfGE 17, 232, 239). Das privatrechtliche Wettbewerbsrecht des UWG wird danach überlagert von dem in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fallenden, öffentlich-rechtlichen Berufsrecht, welches das Wettbewerbs- und Werbeverhalten der Berufsangehörigen im Interesse des Gemeinwohls regelt und regeln muß.
Solche aufgrund landesrechtlicher Zuständigkeit erlassene berufs- und standesrechtliche Werbe- und Wettbewerbsregelungen besitzen auch gegenüber dem bundesrechtlich aufgrund der Gesetzgebungskompetenz in Art. 74 Nr. 16 GG erlassenen Kartellrecht (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung -- GWB --) aus ähnlichen Gründen Gültigkeit. Kartellrecht und Berufsrecht sind zwei sich im Wettbewerbsbereich teilweise überschneidende, aber gleichwohl unabhängig voneinander geltende und wirkende Rechtskreise mit unterschiedlichen normativen Zweckrichtungen. Die Einbeziehung des sogenannten Randsortiments einer Apotheke in die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des Standesrechts ist nicht am Kartellrecht zu messen, wenn die berufsständischen Wettbewerbsregelungen als Satzungsrecht aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erlassen sind, den gesetzlichen Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten und sich auch im übrigen in verfassungsrechtlichen Grenzen halten. Die Anwendung des GWB entfällt also, wenn und soweit aufgrund staatlicher Ermächtigung rechtsgültig erlassenes Berufsrecht der unternehmerischen Freiheit Grenzen setzt. Nur darüber hinausgehende wettbewerbsbeschränkende Absprachen sind nach dem GWB zu beurteilen (BVerwGE 72, 73, 81 und Kammergericht a.a.O.).
(2) Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, widerspricht eine gesetzliche Ermächtigung, die pauschal dem Satzungsgeber die Regelung von Berufspflichten überläßt, die auch eine Ordnung wettbewerblicher Verhaltensweisen einschließt, nicht der Aufgabenverteilung zwischen Gesetz- und Satzungsgeber, wie sie das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip des Art. 20 GG vorschreibt (vgl. BVerwGE 72, 73, 75 f.). Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Begriff der Berufsordnung und die von ihm umfaßte Materie aus dem vom Gesetzgeber vorgezeichneten Berufsbild des Apothekers in einer Weise vorherbestimmt sind, die es dem Satzungsgeber ermöglicht, in Wahrnehmung seiner Satzungsautonomie Regelungen auch für die Werbung des Apothekers aufzustellen. Bei Regelungen über den Umfang standeswidriger Apothekenwerbung handelt es sich nicht um statusbildende oder um empfindlich die Berufsausübung beschneidende Bestimmungen. Aus diesem Grund reicht eine pauschale landesgesetzliche Ermächtigung zum Erlaß einer Berufsordnung aus. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze des sogenannten Parlamentsvorbehalts sind dadurch nicht verletzt (vgl. BVerfGE 53, 96, 97; BVerwGE 67, 261, 266; 72, 73, 76; siehe auch Senatsbeschluß vom 27.3.1985, VBlBW 1985, 303).
b. Die beanstandeten Regelungen in § 10 Nr. 15 BO sind auch materiell mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 12 Abs. 1, Art. 5 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Diese Regelungen schränken in unterschiedlichem Ausmaß das Recht des Apothekers ein, für seine Apotheke oder für die in dieser Apotheke vertriebenen Waren (apothekenpflichtige oder frei verkäufliche Arzneimittel oder apothekenübliche Waren im Sinne des § 25 ApBetrO) durch Druckerzeugnisse (Werbebriefe, Flugblätter) oder in Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Funk, Fernsehen, Kino) oder in Druckschriften (Fernsprechbücher und Anschriftenverzeichnisse) zu werben. Betroffen ist allein die Außen-, nicht aber die Innenwerbung. Unterschiedlich ist das Ausmaß des Verbots der Außenwerbung. Während für die Apotheke als Verkaufsstelle in eingeschränktem Umfang Werbung betrieben werden darf, erlaubt sind etwa Werbeanzeigen in Zeitungen mit dem Namen und der Adresse der Apotheke mit einem Umfang bis zu 40 qcm sowie Eröffnungs- und Jubiläumsanzeigen mit einem Umfang von 80 qcm, ist eine Werbung für das in der Apotheke angebotene Warensortiment (Arzneimittel wie apothekenübliche Waren), mithin jede Produktwerbung ausnahmslos verboten. § 10 BO konkretisiert den in § 9 allgemein umschriebenen Begriff unzulässiger Wettbewerbshandlungen. Während § 9 BO Wettbewerbshandlungen allgemein für unzulässig erklärt, die den Zweck verfolgen, den Absatz in unlauterer Weise zugunsten der eigenen Apotheke zu beeinflussen, definiert § 10 in beispielhafter Aufzählung unzulässige Wettbewerbshandlungen im einzelnen. Nach Nr. 15 dieser Vorschrift ist eine übertriebene Werbung eine in diesem Sinne unzulässige Wettbewerbshandlung. In den Spiegelstrich -- Absätzen wiederum wird weitergehend bis in Detailregelungen konkretisiert, was nach dem Willen des Normgebers eine übertriebene Werbung darstellt.
(1) Diese weitgehenden Werbebeschränkungen verletzen das Grundrecht der Berufsfreiheit der Antragsteller (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht. Es ist höchstrichterlich anerkannt, daß es sich bei den Wettbewerbsverboten für Angehörige freier Berufe und vornehmlich auch für Apotheker um Regelungen lediglich der Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG und nicht um Zulassungsbeschränkungen handelt (so für Ärzte BVerfGE 71, 162/173 sowie 183/196; Normenkontrollbeschluß des Senats vom 27.3.1985, VBlBW 1985, 303; so ausdrücklich für Apotheker BVerfGE 53, 96/98; BVerwGE 67, 261, 266; 72, 73, 79). Betroffen ist danach die unterste Eingriffsstufe des Art. 12 Abs. 1 GG.
Einschränkungen sind danach verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 68, 272, 282; 71, 183, 196 f.). Die Einschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit steht danach im besonderen unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Folglich kommt es entscheidend auf die Intensität der Berufsbeschränkung an. Je schwerer der Eingriff in die Berufsfreiheit ist, desto höhere Anforderungen sind an das Gewicht der Gemeinwohlbelange zu stellen, die diesen Eingriff rechtfertigen sollen. Berufsausübungsregelungen, die einem Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nahekommen, sind von Verfassungs wegen nur unter strengen Voraussetzungen unbedenklich, während eine nur geringfügige Beeinträchtigung der freien Berufsausübung als freiheitsbeschränkende Maßnahme eher hingenommen werden kann (vgl. BVerfGE 61, 291, 311 -- Tierpräparator -- und BVerfGE 28, 21, 32 -- Bagatelleingriff --).
Die wettbewerblichen Werbebeschränkungen für Apotheker sind nach diesen Grundsätzen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Entgegen der von den Antragstellern und in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vertretenen Auffassung (Urteil vom 24.6.1987, NJW 1988, 2322) wird die Freiheit der Berufsausübung der Apotheker durch die ihnen auferlegten Beschränkungen für wettbewerbliches Verhalten nur geringfügig berührt. Der Wettbewerbsfreiheit kommt zwar ohne Zweifel in einem marktwirtschaftlich und freiheitlich verfaßten Staat ein hoher Stellenwert zu. Denn die wirtschaftliche Existenz der dem Preis- und Marktwettbewerb ausgesetzten gewerblichen Unternehmen ist vielfach abhängig davon, inwieweit es dem Unternehmen gelingt, sich im Bewußtsein der Öffentlichkeit durch Werbung "einen Namen zu machen" und für seine Produkte Käuferschichten anzulocken. Es wäre indessen eine Verkennung der Stellung der Apotheke und des Apothekers im öffentlichen Gesundheitswesen, wollte man die Apotheke mit solchen rein marktwirtschaftlichen Unternehmen gleichsetzen. Die privatwirtschaftliche Organisationsform des Apothekenbetriebs weist dem Apotheker zwar eine Kaufmannseigenschaft zu und bringt in den Apothekenbetrieb gewerbliche Elemente. Diese gewerblichen Züge sind jedoch von untergeordneter Bedeutung und erlauben es nicht, die Apotheke mit Unternehmen der Marktwirtschaft gleichzusetzen und den Stellenwert wettbewerblichen Verhaltens ebenso hoch einzuschätzen. Dem selbständigen Apotheker wird durch § 1 Bundesapothekengesetz (Gesetz über das Apothekenwesen i.d.F. vom 15.10.1980, BGBl. I S. 1993) die Verantwortung für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, nämlich der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auferlegt. Arzneimittel sind keine gewöhnlichen Waren, wie sie im Marktwettbewerb sonst anzutreffen sind. Sie sind Mittel zur Erhaltung und Bewahrung des von Verfassungs wegen hoch einzuschätzenden Rechtsguts der Volksgesundheit. Der Apotheker hat daher im Interesse der Volksgesundheit eine besondere Pflichtenstellung inne. Durch die Apothekenbetriebsordnung vom 9.02.1987 (BGBl. I S. 547) -- ApBetrO -- (vgl. etwa §§ 6, 12, 20, 23 ApBetrO) sind ihm umfassende Prüfungs-, Beratungs- und Kontrollpflichten auferlegt, die ihm -- ähnlich wie dem Arzt -- eine wichtige fachliche Garantenstellung im Dienste der Gesundheitsvorsorge zuweisen. Hieraus erwachsen ihm auch Privilegien, weil die Abgabe von Arzneimitteln im Einzelhandel im wesentlichen der Apotheke vorbehalten ist (§ 28 Arzneimittelgesetz) und der Apotheker insoweit gegen den Wettbewerb anderer Berufe geschützt ist. Nicht die gewerblichen, sondern die freiberuflichen Elemente prägen den Beruf und das Berufsbild des selbständigen Apothekers. Weil ihm Dienste höherer Art aufgetragen sind, muß das Streben nach Gewinn, wie es der gewerblichen Wirtschaft eigen ist, bei ihm zurücktreten (so ausdrücklich BVerfGE 17, 232, 239). Für freie Berufe ist es aber gerade kennzeichnend, daß im Interesse der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe und im Interesse eines einheitlichen, Ansehen und Vertrauen in der Bevölkerung begründenden Berufsbilds der Wettbewerb unter den Angehörigen des freien Berufes ausgeschlossen oder stark eingeschränkt wird (vgl. Normenkontrollbeschluß des Senats vom 27.3.1985, VBlBW 1985, 303, 305 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Was die Werbung für Arzneimittel und damit die hierauf gerichtete Absatzsteigerung anbelangt, so unterliegen die Apotheker bereits durch das Heilmittelwerbegesetz weitgehenden Beschränkungen (siehe auch BVerwGE 67, 261 f.). Ein Wettbewerb in diesem Bereich begegnet auch bereits Bedenken deshalb, weil er prinzipiell die Gefahr eines Anreizes zu übermäßigem Arzneimittelverbrauch in sich birgt. § 9 BO hat insoweit besondere Berufspflichten normiert, deren Berechtigung die Antragsteller auch nicht anzweifeln. Im Arzneimittelbereich kann es daher, wie auch die Antragsteller einräumen, einen marktwirtschaftlichen Wettbewerb nicht geben. Eine Einschränkung der Werbung in diesem Bereich betrifft im übrigen alle Apotheken in gleichem Maße. Eine spürbare, gewichtige Einschränkung der Berufsausübung geht daher mit einem Wettbewerbs- und Werbeverbot insoweit nicht einher. Einem Wettbewerb entsprechend den Marktgesetzen stehen derartige Gesichtspunkte dagegen im Bereich der von den Apotheken auch angebotenen Waren des sogenannten Randsortiments nach § 25 ApBetrO (z.B. Verbandsmittel, Mittel und Gegenstände zur Kranken- und Säuglingspflege, Hygiene- und Körperpflegebedarf, diätetische Lebensmittel u.ä.) nicht entgegen. Diese Produkte werden auch in Drogerien und anderen Einzelhandelsgeschäften zum Verkauf angeboten. In diesem Bereich stehen daher die Apotheken nicht nur im Wettbewerb untereinander, sondern auch mit anderen Anbietern. Aus marktwirtschaftlicher Sicht wäre daher hier ein werbendes Wettbewerbsverhalten von der Sache her geboten und sinnvoll. Die Antragsteller greifen denn auch die umstrittene Regelung im wesentlichen nicht wegen des Ausschlusses der Werbung mit Arzneimitteln sondern wegen des Verbots der Produktwerbung für diesen Bereich an. In diesem Teilbereich des Apothekenbetriebs setzt die angegriffene Vorschrift der Berufsausübung des Apothekers spürbare Grenzen, weil sie Aussichten auf eine Absatzsteigerung in diesem Bereich deutlich vermindert. Ein erheblicher Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung des Apothekers kann darin bei der erforderlichen Gesamtwürdigung gleichwohl nicht gesehen werden. Denn der Verkauf sogenannter apothekenüblicher Waren im Sinne des § 25 ApBetrO hat für den Apothekenbetrieb und für den Beruf des Apothekers nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Antragsteller räumen selbst ein, daß nur ein geringer Anteil von etwa 5,5% des Gesamtumsatzes einer Apotheke auf die Produkte der apothekenüblichen Waren entfällt, nach den statistischen Daten waren es 1986 sogar nur 3% (Die Apotheke, herausgegeben von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, 1986). Diese geringe wirtschaftliche Bedeutung des Ergänzungssortiments einer Apotheke ist nicht nur eine -- durch das Werbeverbot mit beeinflußte -- Folge des Marktwettbewerbs auf diesem Gebiet, sie ist vielmehr vom Gesetzgeber aus gesundheitspolitischen Interessen auch so gewollt. Mit der 1968 durch § 12 der Apothekenbetriebsordnung vom 7.8.1968 (BGBl. I S. 939) getroffenen Entscheidung, enumerativ bestimmte, sogenannte apothekenübliche Waren zum Verkauf in Apotheken zuzulassen, wollte der Gesetzgeber nicht die Aufgabenstellung der Apotheke verändern und aus marktpolitischen Gründen insoweit einen Wettbewerb eröffnen (so aber OVG Koblenz, Urteil vom 24.6.1987 a.a.O.); die Freigabe von Nicht-Arzneimitteln zum Verkauf in der Apotheke erfolgte nur, weil sich dies angesichts der besonderen Sachkunde des Apothekers für die im einzelnen abschließend bezeichneten Waren anbot. In der amtlichen Begründung zu § 12 ApBetrO 1968 wurde ausdrücklich hervorgehoben, daß die Apotheke die zentrale Abgabestelle für Arzneimittel ist und sich in erster Linie dieser Hauptaufgabe zu widmen hat. Die amtliche Begründung des novellierten § 25 ApBetrO 1987 nimmt ausdrücklich die Begründung zu § 12 ApBetrO 1968 wieder auf und beschwört die Gefahren, daß die Apotheke ihre Hauptaufgabe hintanstellt und sich anderen einträglicheren Geschäften zuwendet. Ein Marktwettbewerb im Bereich des Randsortiments mit Drogerie-Ketten und zwischen Apotheken war daher nicht gewollt.
Die Wettbewerbs- und Werbebeschränkungen der Apotheker in § 10 Nr. 15 BO erweisen sich daher bei der Gesamtbetrachtung in ihren Auswirkungen und ihrem sachlichen Umfang nur als geringfügige Beschränkungen der Berufsausübung.
Diese Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit ist auch durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Dem Apotheker kommt im Interesse des Gemeinwohls die Aufgabe zu, eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen (vgl. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen i.d.F. vom 15.10.1980, BGBl. I S. 1994). Er ist im öffentlichen Gesundheitswesen mit ein Garant dafür, daß die Bevölkerung vor einem Arzneimittelmißbrauch und einem Arzneimittelfehlgebrauch durch übermäßigen Arzneimittelkonsum bewahrt wird. Für die sachgerechte Wahrnehmung dieser Aufgabe ist es aber unerläßlich, daß der Apotheker als eine durch Sachkunde ausgewiesene Persönlichkeit und als ein Apothekenbetriebsleiter Ansehen genießt, der nicht in erster Linie den verkaufsfördernden Absatz und das Streben nach Gewinn im Auge hat. Von daher leitet sich das Vertrauen ab, das der heilungsuchende Kunde dem Apotheker entgegenbringt und das Grundlage dafür ist, daß sachkundiger Rat und Hilfe des Apothekers in Anspruch genommen werden.
Die Antragsteller räumen ein, daß eine übertriebene oder übermäßige Werbung das Ansehen, das der Berufsstand der Apotheker in der Bevölkerung genießt, schädigen und dazu führen kann, daß dem Apotheker das für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Aufgabe notwendige Vertrauen nicht mehr entgegengebracht wird. Bei den Adressaten dieser Werbung kann der schädliche Eindruck entstehen, die Apotheken würden ihre Hauptaufgabe, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen, zurückstellen und sich anderen Geschäften zuwenden. Es werden aber nicht nur die Gefahren gesehen und anerkannt, die sich durch eine Veränderung des Berufsbilds des Apothekers im Bewußtsein der Bevölkerung ergeben könnten. Es wird vielmehr auch zu Recht angenommen, daß über eine unangemessene Werbung für das Randsortiment und einen sich hieraus ergebenden Konkurrenzkampf der Apotheker untereinander eine Entwicklung dahin eingeleitet werden kann, daß der Apotheker seine ihm vom Gesetz zugewiesene Aufgabe der Arzneimittelversorgung nicht mehr vorrangig wahrnimmt, sondern sich zunehmend einträglicheren Geschäften mit dem Randsortiment zuwendet (vgl. zu den sich aus einer übertriebenen Werbung ergebenden Gefahren BVerwGE 72, 73, 78 f. sowie BVerfGE 53, 96, 98 f.). Diese Gefahr wird durch den Vortrag der Antragsteller unterstrichen, die erklärtermaßen ihre durch die hohe Apothekendichte prekäre Wettbewerbslage durch das Randsortiment mittels Außenwerbung wirtschaftlich verbessern wollen. Das setzt den Willen zu einer erheblichen Ausweitung des Umsatzanteils dieses Sortiments voraus. Dem dürfte aber die erhebliche Konkurrenz von Supermärkten, Handelsketten und Drogeriemärkten entgegenstehen, die auch den Erträgen für Apotheken als Randkonkurrenten enge Grenzen setzt. Die Nachhaltigkeit des Werbewunsches der Antragsteller für dieses Randsortiment läßt sich sinnvoll daher nur so erklären, daß dieses für sie ein Mittel werden soll, durch das sie ihre ungünstige Wettbewerbslage im ertragssicheren Arzneimittelsektor zu Lasten anderer Apotheken auszugleichen gedenken. Denn die Werbung für das Randsortiment ist zugleich indirekte Werbung für das Arzneimittelangebot. Der Apotheker kann davon ausgehen, daß Kunden, die des Randsortiments wegen seine Apotheke aufsuchen, bei dieser Gelegenheit sich auch des Arznei- und Heilmittelsortiments bedienen werden. Außerdem ist jede Außenwerbung für das Randsortiment Erinnerungswerbung für die Apotheke als solche. Ziel der Werbung ist somit letztlich der Anteil am Arzneimittelhandel, mithin die Standeskonkurrenz.
Die gemeinwohlorientierte Zielsetzung eines Werbeverbots bei freien Berufen im allgemeinen und bei Apothekern im besonderen ist danach allgemein anerkannt. Angesichts des zu schützenden hochrangigen Rechtsguts der Volksgesundheit ist unmittelbar einsichtig, daß es als Berufsausübungsregelung von geringer Intensität durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt erscheint. Inwieweit es nach seiner konkreten Ausgestaltung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, beurteilt sich nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, nämlich ob es zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und ob es den Betroffenen nicht unzumutbar belastet.
Die Antragsteller machen geltend, den beschworenen Gefahren könne mit einem weniger einschneidenden Mittel begegnet werden, ausreichend sei etwa ein Verbot "marktschreierischer" Werbung. Der Ausschluß jeglicher Produktwerbung und die weitreichende Reglementierung der Existenzwerbung seien mithin zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks nicht erforderlich (so auch OVG Koblenz, Urteil vom 24.6.1987, a.a.O.). Diese Einschätzung hat in hohem Maße Prognosecharakter. Ein Werbeverbot im Apothekenbereich muß, soll es seinen Zweck nicht verfehlen, zuverlässig und sicher der Gefahr einer Entwicklung vorbeugen, an deren Ende eine Verfälschung des Berufsbilds des Apothekers im Bewußtsein der Öffentlichkeit steht, welche die Tendenz der Vernachlässigung der dem Apotheker übertragenen Hauptaufgabe im Bereich der Arzneimittelversorgung in sich birgt. Welches Maß an Werbung insoweit noch unschädlich ist oder der befürchteten Entwicklung bereits Vorschub leistet, läßt sich nicht zuverlässig beurteilen. Ist das Werbeverbot nicht im einzelnen definiert, sondern mit einem unbestimmten Rechtsbegriff gekennzeichnet, so ist angesichts der Auslegungsprobleme nicht hinreichend gesichert, daß es auch effektiv durchgesetzt und angewandt wird. Der im Konkurrenzkampf stehende und angesichts der Freigabe des Wettbewerbs zur Werbung gezwungene Apotheker wird einen extensiven Auslegungsmaßstab heranziehen und eine Werbung veranlassen, die bei späterer, im berufsgerichtlichen Verfahren erfolgter Beurteilung die Tatbestandsmerkmale der Verbotsnorm erfüllt. Aus kaufmännischer Sicht hat indessen die Werbung ihr Ziel der Kundenanlockung erreicht, die aus standesrechtlicher Sicht schädlichen Auswirkungen sind jedoch bereits unwiderruflich eingetreten. Im übrigen bestimmen das jeweilige Werbemedium und das Konkurrenzverhalten der Anbieter den Grad der Aufmerksamkeit, den der Werbende beim Publikum hervorrufen muß, um kaufmännischen Erfolg zu haben. Die Grenzen des Marktschreierischen zum standesrechtlich zu Tolerierenden werden vom kaufmännisch Üblichen und Erforderlichen bestimmt; eine feste, berechenbare Grenze läßt sich hier kaum ziehen, wenn die Werbemittel freigestellt sind. Zudem würde angesichts der bestehenden hohen Apothekendichte jeder Apotheker aus Existenzgründen zu einer tendenziell stufenweise eskalierenden (Gegen-) Werbung gezwungen sein, um einer Verlagerung von Umsatzanteilen zu werbenden Konkurrenzapotheken zu begegnen.
Mag auch der Gefahr einer Pflichtverletzung des Apothekers unmittelbar im Arzneimittelbereich noch durch Aufsichtsmaßnahmen wirksam begegnet werden können, so erscheint es doch nahezu ausgeschlossen, daß wirksame Vorsorge auch gegenüber der Gefahr einer schleichenden Berufsbildveränderung im Bewußtsein der Bevölkerung getroffen werden kann. Es läßt sich daher keineswegs zuverlässig vorhersehen, daß der mit einem Werbeverbot verfolgte Zweck noch wirksam erreicht wird, wenn der Normgeber die Grenzen für den Wettbewerb und die Werbung nicht so eng zieht, wie er es in § 10 Nr. 15 BO getan hat. Dann muß aber angesichts des Rechtsgestaltungsspielraums des Normgebers, dem als öffentlich-rechtlichem Berufsverband die größte Sachkunde zur Regelung der eigenen Berufsangelegenheiten zukommt, die getroffene restriktive Regelung auch als im Rechtssinne erforderlich angesehen werden, wenn ihr nicht offensichtlich fehlsame und unvertretbare Wertungen zugrundeliegen, was vorliegend nicht ersichtlich ist (vgl. zur Berücksichtigung von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bei Berufsausübungsregelungen BVerfGE 23, 50, 56; 28, 21, 31; vgl. auch die Prognoserechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 30, 250, 262 ff.; 39, 210, 226; 50, 290, 332 ff.; siehe auch BVerwGE 70, 318 zum Kontrollmaßstab bei Kapazitätsnormen; die Erforderlichkeit von restriktiven Werbebeschränkungen wird hingegen aufgrund der von den Gerichten vorgenommenen Wertung und Prognose der Entwicklungsabläufe verneint von OVG Koblenz, Urteil vom 24.6.1987; BGH, Urteil vom 30.1.1983, NJW 1983, 2085, 2086; Kammergericht, Beschluß vom 12.3.1986, a.a.O.).
Angesichts der bereits dargelegten geringen Intensität der berufsregelnden Maßnahmen, dem der hohe Rang des zu schützenden Rechtsgut der Volksgesundheit gegenübersteht, ist es dem Apotheker nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch zuzumuten, sich beim Betrieb seiner Apotheke einer Werbung weitgehend zu enthalten, seine kaufmännischen Interessen mithin im Hinblick auf seine öffentlich-rechtliche Pflichtenstellung zurückzustellen. Die beanstandeten Regelungen des § 10 Nr. 15 BO erlauben ihm in bescheidenem Maße, eine Existenzwerbung für seine Apotheke als Außenwerbung zu betreiben. Er kann in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Druckschriften, in Fernsprechbüchern und Anschriftenverzeichnissen auf seine Apotheke hinweisen. Die Einschränkungen, denen er hierbei unterliegt (Anzeige nicht größer als 40 qcm und nicht häufiger als einmal wöchentlich), treffen alle Apotheker in gleichem Maße und stellen daher keine unzumutbare Benachteiligung dar. Gleiches gilt für das Verbot, Kino, Funk und Fernsehen als Werbeträger zu benutzen, und für den Ausschluß jeglicher Produktwerbung. Eine Benachteiligung liegt insoweit nur gegenüber Drogerien und anderen Einzelhandelsgeschäften vor, weil diese Werbeeinschränkungen nicht unterliegen. Insoweit besteht allerdings nur eine Konkurrenz im Bereich des Randsortiments, das für den Apothekenbetrieb ohnehin nur geringe wirtschaftliche Bedeutung hat. Im übrigen könnte der Apotheker gegenüber den großangelegten Werbeaktivitäten von Drogerie-Ketten u.ä. nur bestehen, wenn er zu aggressiven Werbemethoden greift, die sich aber nach Standesrecht -- auch aus der Sicht der Antragsteller -- ohnehin verbieten.
Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird daher nach Auffassung des Senats durch § 10 Nr. 15 BO nicht verletzt (a.A. OVG Koblenz, Urteil vom 24.6.1987, a.a.O.).
(2) Auch ein Verstoß gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) liegt nicht vor. Wirtschaftswerbung fällt in den Schutzbereich dieses Grundrechts, wenn sie einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat oder Angaben enthält, die der Meinungsbildung dienen (BVerfGE 71, 162, 175). Ein Werbeverbot kann jedoch das Grundrecht der Meinungsfreiheit in zulässiger Weise einschränken, wenn es ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG ist und wenn ferner die Beschränkung nicht unverhältnismäßig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend zu bejahen. Denn die Werbebeschränkungen des § 10 Nr. 15 BO richten sich nicht gegen eine bestimmte Meinung, sondern dienen dem Schutz eines ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutes (BVerfGE 62, 230, 243 f.), wie oben bereits dargelegt. Der Erfolg, der mit dem Verbot erreicht werden soll, steht auch im angemessenen Verhältnis zu den Beschränkungen der Meinungsfreiheit. Die in Ansehung des Art. 12 Abs. 1 GG vorgenommene Güterabwägung gilt hier in gleichem Maße (vgl. hierzu und zur abweichenden Beurteilung, wenn ein Werbeverbot eine Buchveröffentlichung betrifft, BVerfGE 71, 162, 178 f.).
(3) Die Werbebeschränkungen des § 10 Nr. 15 BO verletzen auch nicht das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Antragsteller sehen den Willkürtatbestand darin verwirklicht, daß andere Berufsgruppen, welche die gleichen Waren anbieten, dem Werbeverbot nicht unterliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem ähnlichen Fall zwar festgestellt, daß die unterschiedliche Regelung der Zulässigkeit der Selbstbedienung bei frei verkäuflichen Arzneimitteln für Apotheken und für den übrigen Einzelhandel mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar ist, weil die besondere Stellung der Apotheke und des Apothekers keinen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung darstellt (Beschluß vom 14.4.1987, GewArch 1987, 264 f.). Das vorliegend beanstandete Werbeverbot begründet in ähnlichem Maße eine ungleiche Ausgangssituation im Wettbewerb zwischen Apothekern und anderen Anbietern, etwa Drogerien. Indessen kann der Gleichheitssatz, anders als in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall, nicht verletzt sein, weil der Landesapothekerkammer ausschließlich die Befugnis zukommt, den Wettbewerb der inkorporierten Kammermitglieder, der Apotheker, zu normieren, sie aber keine Normsetzungsbefugnis außerhalb dieses Bereiches, also auch nicht in Bezug auf Drogerien u.ä. hat. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG besagt aber nur, daß der Normgeber in seinem Zuständigkeitsbereich Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu regeln hat. Das Willkürverbot kann schon von daher nicht verletzt sein.
III.
Der Senat gelangt danach zur Auffassung, daß die Normenkontrollanträge insgesamt, zum Teil als unzulässig, zum Teil als unbegründet, abzuweisen sind. Er hält hierbei die angegriffene Rechtsvorschrift verfassungsrechtlich auch insoweit für unbedenklich, als sie ein absolutes Verbot der Werbung für den Betrieb apothekenüblicher Waren im Sinne von § 25 ApBetrO enthält. In dieser Frage hat allerdings das OVG Rheinland-Pfalz mit Normenkontrollurteil vom 24.6.1987 (NJW 1988, 2322) anders entschieden und hat die vergleichbare Regelung des § 8 Satz 2 Nr. 17, 2. Halbsatz der Berufsordnung für Apotheker der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz vom 15. November 1984 insoweit für nichtig erklärt. Die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz beruht ebenso wie die Entscheidung des Senats auf der Auslegung revisiblen Rechts, nämlich vornehmlich des Art. 12 Abs. 1 GG. Nach § 47 Abs. 5 Nr. 2 VwGO ist der Senat deshalb verpflichtet, die Rechtsfrage der Zulässigkeit des Werbeverbots für das Randsortiment, in der er von der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz abweichen will, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 05.12.1988
Az: 9 S 2730/86
Link zum Urteil:
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