Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 16. Februar 2011
Aktenzeichen: 6 U 40/10
(OLG Köln: Urteil v. 16.02.2011, Az.: 6 U 40/10)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04.02.2010 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 512/09 -unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt,
es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken ein "B" gemäß nachstehenden Abbildungen zu benutzen:
insbesondere Bekleidungsstücke unter diesem Zeichen anzubieten, und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben und/oder einzuführen und/oder die genannten Handlungen vornehmen zu lassen.
2. Die Beklagten werden verurteilt,
a. der Klägerin jeweils Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. bezeichneten Handlungen begangen haben, insbesondere hinsichtlich des Vertriebsweges sowie des Umsatzes der mit Waren gemäß Ziffer I. erzielt wurde, aufgegliedert nach Bezugs- und Auslieferungszeiten durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, aus dem ersichtlich sind:
1) Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren gemäß Ziffer I. sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
2) die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und/oder bestellten Waren unter Angabe der jeweiligen Artikelnummern sowie über die Ein- und Verkaufspreise, die für die betreffenden Waren gemäß Ziffer I. bezahlt wurden;
3) die nach der einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten;
4) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
5) die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren jeweiliger Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum, Verbreitungsgebiet und gegebenenfalls - Empfänger;
b. im Umfang der Auskunftsverpflichtung gemäß II. 1.a) und b) sowie im Umfang der Rechnungslegung zum Nachweis der jeweiligen Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen und Lieferscheine) vorzulegen, wobei geheimhaltungsbedürfte Details außerhalb der zu beauskunftenden bzw. rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden können.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gem. Ziffer I entstanden ist und noch entsteht.
Soweit die Klägerin beantragt hat, den Beklagten zu Nr. 1 zu untersagen, zur Kennzeichnung von Schuhen ein „B“ gemäß den unter lit. c und d wiedergegebenen Abbildungen zu benutzen, insbesondere Schuhe unter diesem Zeichen anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben und/oder einzuführen und/oder die genannten Handlungen vornehmen zu lassen,
und soweit die Klageanträge zu Nr. 2 (Auskunft und Rechnungslegung) und 3 (Feststellung der Schadensersatzpflicht) sich auf die vorbezeichneten Handlungen beziehen,
wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, die hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs 160.000,00 € (gegenüber jeder der beiden Beklagten 80.000,00 €), des Auskunftsanspruchs 30.000,00 € (gegenüber jeder der Beklagten 15.000,00 €) und der Kosten 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages beträgt, wenn nicht der Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung des Unterlassungs- und Auskunftsanspruchs Sicherheit in gleicher Höhe und im Übrigen Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte zu 2.), ein großer internationaler Spielwaren-Konzern, stellt unter anderem die bekannten „B..“-Puppen her. Sie ist Inhaberin der mit Prioriät vom 18.06.2007 außer für Spielzeug unter anderem für Bekleidungsstücke und Schuhwaren eingetragenen europäischen Bildmarke 6013437
Die Beklagte zu 1.) betreibt einen Internetversandhandel und bietet Produkte der Beklagten zu 2.) in Deutschland an. Die Klägerin, ein 1932 gegründetes, zunächst für seine Wintersportmode bekannt gewordenes deutsches Unternehmen, das seine Kollektion vor geraumer Zeit auf den Lifestylesektor ausweitete, erzielt in Deutschland mit dem Vertrieb hochwertiger Damen-, Herren- und Kinderbekleidung sowie von Schuhen beachtliche Umsätze. Seit 1984 ist für sie ein
als durchgesetztes Zeichen für Winterbekleidungsstücke, nämlich Skianzüge und Anoraks, und Sportanzüge sowie für Skischuhe eingetragen (Warenzeichen Nr. 1066147). Das Zeichen ist auch Bestandteil der mit Priorität vom 27.10.2005 unter anderem für Bekleidungsstücke und Schuhwaren eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke 30564135 und weiterer Marken. Ebenfalls für Bekleidungsstücke und Schuhwaren ist für die Klägerin mit Priorität vom 06.08.2002 die deutsche Wort-/Bildmarke 30239067
(„B im Kreis“) eingetragen. Gestützt auf diese Marken und eine besondere Geschäftsbezeichnung, als die sie das „B im Kreis“ ansieht, verlangt die Klägerin von den Beklagten, es zu unterlassen, in Deutschland zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken und/oder Schuhen ein „B“ gemäß den in der Klageschrift eingeblendeten Abbildungen zu benutzen, die den Buchstaben in einer das Bild der Marke 6013437 aufgreifenden Schrift (a) auf einem Druckknopf, (b) auf einem Stoffetikett, (c) als Applikation an der Seite eines Schuhs und (d) in einer herzförmigen Umrandung auf der Oberseite eines Schuhs zeigen; fotografiert wurden diese Verwendungsformen auf einem Kinderrock und Kinderschuhen, die daneben auch mit dem Schriftzug „B...“ versehen waren.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und seiner Beurteilung durch die Kammer verwiesen wird, hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung verurteilt und ihre Schadensersatzpflicht dem Grunde nach festgestellt.
Im Berufungsrechtszug beantragen die Beklagten die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Sie rügen Verfahrensfehler, fehlerhafte und unvollständige Tatsachenfeststellungen sowie Fehler des Landgerichts bei der Anwendung des materiellen Rechts; wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt ihrer bis zur Berufungsverhandlung eingereichten Schriftsätze einschließlich zweier Verkehrsbefragungen zu dem Zeichen „B“ im Zusammenhang mit Bekleidung und mit Schuhen (Anlagen B 43 und 44) sowie auf ihre nach der Berufungsverhandlung eingereichten Schriftsätze mit weiteren Anlagen Bezug genommen. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil; auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen wird gleichfalls Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung erweist sich hinsichtlich der angegriffenen Verwendung eines „B“ als Kennzeichen für Schuhe als begründet, während sie hinsichtlich der Verwendung des Zeichens für Bekleidung in der Sache ohne Erfolg bleibt.
1. Fehl geht die nach Lage der Dinge ohnehin keinen Zurückverweisungsgrund (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) aufzeigende und durch den in der Berufungsverhandlung gestellten Sachantrag überholte Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts erster Instanz (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG). Nach den Geschäftsplänen des Landgerichts Köln für das Jahr 2009 (Rn. 40) und das Jahr 2010 (Rn. 38) blieb trotz Richterwechsels nach Bestimmung des Verkündungstermins die bisherige Besetzung der Zivilkammer bis zur Verkündung der Entscheidung zuständig. Das Urteil wurde von den an der Verhandlung mitwirkenden Richtern unterzeichnet. Die auf nachgereichte Schriftsätze der Parteien bezogenen Sätze von der Hand des Kammervorsitzenden am Ende der Urschrift des Urteils begründen keine Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen die Entscheidung.
2. Der aus einem verbalen Teil und eingeblendeten Abbildungen bestehende Unterlassungsantrag der Klägerin ist entgegen der im Schriftsatz der Beklagten vom 28.01.2011 vertretenen Ansicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Erstrebt wird das Verbot der Verwendung eines isolierten „B“ als Kennzeichen für Kleidung wie in den Abbildungen zu lit. a und b sowie für Schuhe wie in den Abbildungen zu lit. c und d.
3. Dieser Klageantrag ist nicht etwa - wie die Beklagten meinen - schon deshalb unbegründet, weil die Abbildungen die konkrete Verletzungsform falsch wiedergeben und es für die dargestellte markenmäßige Verwendung eines isolierten „B“ an einer Begehungsgefahr fehlt. Zwar befindet sich auf den von der Klägerin zu Testzwecken eingekauften Waren außer den im Antrag abgebildeten Einzelbuchstaben ein „B...“-Schriftzug (Farbkopien Bl. 711a, 711b und 738 d.A.). Eine einheitliche Kennzeichnung wie in dem von den Beklagten angeführten besonderen Fall einer Fassadengestaltung (BGH, GRUR 2008, 1002 = WRP 2008, 1434 [Rn. 19] - Schuhpark) sieht der Verkehr in dieser Gesamtaufmachung aber nicht, weil er räumlich voneinander abgesetzte Elemente in der Regel als eigenständige Zeichen auffasst (BGH, GRUR 2002, 171 [174] = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; GRUR 2008, 254 = WRP 2008, 236 [Rn. 32] - THE HOME STORE; GRUR 2008, 258 = WRP 2008, 232 [Rn. 30] - INTERCONNECT/T-InterConnect) und zu einem Zeichen hinzutretende aufklärende Angaben dem Präsentationsumfeld zuordnet, das nicht in den Zeichenvergleich einzubeziehen ist (BGH, GRUR-RR 2010, 205 [Rn. 37 ff.] - Haus & Grund IV; Ströbele / Hacker, MarkenG, 9. Aufl. [2009], § 14 Rdnrn. 182ff.; Ingerl / Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. [2010], § 14 Rn. 829 ff., 837). Auch wenn das Publikum den „B...“-Schriftzug wahrnimmt und das getrennt davon auf den Waren angebrachte „B“ mit dem Anfangsbuchstaben dieser Bezeichnung in Verbindung bringt, wird es das markenmäßig auf Stoffetiketten, Knöpfen und Schuhaußenseiten in Alleinstellung benutzte „B“ als eigenständige Kennzeichnung auffassen - wie umgekehrt die Beklagte zu 2.) das isolierte „B“ für sich als Marke hat eintragen und die Absicht zu seiner Verwendung in Alleinstellung hat deutlich werden lassen.
4. Der Klägerin steht - wie vom Landgericht zu Recht angenommen - gegen die Beklagten wegen der Kennzeichnung von Kleidungsstücken in den beiden zu lit. a und b angegriffenen konkreten Formen ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG zu.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: EuGH, GRUR Int 2009, 911 [Rn. 30 f.] - Waterford Stellenbosch; GRUR Int 2010, 129 [Rn. 59] - Carbonell ./. La Española; BGH, GRUR 2008, 1002 = WRP 2008, 1434 [Rn. 23] - Schuhpark; GRUR 2009, 484 = WRP 2009, 616 [Rn. 23] - Metrobus; GRUR 2010, 235 = WRP 2010, 381 [Rn. 15] - AIDA / AIDU; GRUR 2010, 729 = WRP 2010, 1046 [Rn. 23] - MIXI; GRUR 2010, 1103 = WRP 2010, 1508 [Rn. 37] - Pralinenform II). Maßgebend ist die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR Int 2010, 129 [Rn. 74] - Carbonell ./. La Española m.w.N.; BGH, GRUR 2004, 235 [237] = WRP 2004, 360 - Davidoff II).
Danach hat das Landgericht zwischen den für Bekleidungsstücke eingetragenen Wort-/ Bildmarken 30564135 und 30239067 der Klägerin und den von den Beklagten auf Knöpfen und Stoffetiketten verwendeten Zeichen zu Recht Verwechslungsgefahr angenommen:
a) Soweit die Beklagten ausdrücklich die Einrede der Nichtbenutzung (§§ 25, 26 MarkenG) erheben und auch in Bezug auf die erst nach der Berufungsverhandlung am 22.12.2010 abgelaufene fünfjährige Schonfrist bei der Marke 30564135 („Brezel-B in Alleinstellung“) in Abrede stellen, dass die Klägerin ihre Marken rechtserhaltend für Bekleidung benutzt hätten, setzen sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen: Als Anlage B 3 haben sie das „Homeshopping Magazin Nr. 24 Winter 2009“ der Klägerin vorgelegt, das - beispielsweise - die Benutzung des „Brezel-B“ als Kennzeichen am Reißverschluss von Strick- und Kunstfaser-Jacken (S. 45, 63, 83, 85, 89, 91) und an Pullovern (S. 97) sowie des „B im Kreis“ für Herrenhemden, -hosen und -pullover (S. 73) deutlich erkennen lässt. Angesichts dessen kommt es auf die umfangreichen Darlegungen der Klägerin zur Benutzung ihrer Kennzeichen, zuletzt im Schriftsatz vom 28.01.2011 (nebst Anlagen K 63-65), nicht weiter an und liegt es auf der Hand, dass der Antrag der Beklagten auf Löschung der Marken 30564135 und 1066147 wegen Verfalls keinen Anlass zu einer Aussetzung des Rechtsstreits gibt.
b) Den Grad der Kennzeichnungskraft der eingetragenen Klagemarken, den das Verletzungsgericht trotz seiner Bindung an die ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft voraussetzende Eintragung selbst zu bestimmen hat (vgl. nur BGH, GRUR 2007, 1071 [Rn. 24] = WRP 2007, 1461 - Kinder II), schätzt der Senat mit dem Landgericht für den Bekleidungssektor als mindestens durchschnittlich ein. Ob auf Grund der langjährigen Benutzung des isolierten „B“ für sportliche Bekleidung entsprechend dem Senatsurteil vom 25.11.2005 - 6 U 75/05 (GRUR-RR 2006, 159 - Buchstabe als Reißverschlussanhänger; dem Urteil lag die ebenfalls das „Bogner-B“ zeigende Wort-/Bildmarke 39506079 zu Grunde) sogar eine an der oberen Grenze des durchschnittlichen Bereichs liegende Kennzeichnungskraft oder ein noch höherer Kennzeichnungsgrad angenommen werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls bietet das Berufungsvorbringen keinen Anhaltspunkt für eine weniger als durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die der Senat mit Urteil vom 14.10.2009 - 6 U 44/09 (GRUR-RR 2010, 388 Ls.; rechtskräftig seit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2010 - I ZR 159/09) auch für das „B im Kreis“ angenommen hat.
Nachdem das „Bogner-B“ bereits 1984, also noch unter der Geltung des die abstrakte Markenfähigkeit von Buchstabenzeichen beschränkenden § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG, als im Verkehr durchgesetztes Zeichen für Wintersportbekleidung eingetragen worden ist, war für die Beurteilung von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen; denn diese ist bei wegen Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marken die Regel, während eine Kennzeichnungsschwäche nur auf Grund besonderer tatsächlicher Umstände anzunehmen ist (BGHZ 171, 89 = GRUR 2007, 780 = WRP 2007, 1090 [Rn. 35] - Pralinenform; BGHZ 156, 112 [122] = GRUR 2003, 1040 = WRP 2003, 1431 - Kinder I; BGH, GRUR 2007, 1071 [Rn. 24, 28] = WRP 2007, 1461 - Kinder II; GRUR 2009, 672 = WRP 2009, 824 [Rn. 26] - OSTSEE-POST).
Auch bei Einzelbuchstaben und nicht als Wort aussprechbaren Buchstabenkombinationen liegt die Annahme normaler originärer Kennzeichnungskraft nahe (BGH, GRUR 2004, 600 [601] = WRP 2004, 763 - dcfix / CD-FIX; Ingerl / Rohnke, MarkenG, a.a.O., § 14 Rn. 581; Ströbele / Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 138), soweit nicht konkrete Anhaltspunkte etwa für einen warenbeschreibenden Gehalt festgestellt werden können (vgl. BGH, GRUR 2002, 626 [628 f.] = WRP 2002, 705 - IMS; GRUR 2008, 905 = WRP 2008, 1349 [Rn. 16] - Pantohexal; zu den Anforderungen an die Verneinung der Unterscheidungskraft von Einzelbuchstaben im Eintragungsverfahren vgl. EuGH, GRUR Int 2010, 982 = GRUR 2010, 1096 [Rn. 37 ff.] - Buchstabe α; BGH, GRUR 2001, 161 [162] = WRP 2001, 33 - Buchstabe K; GRUR 2011, 65 = WRP 2011, 65 [Rn. 18, 23 f.] - Buchstabe T mit Strich).
Solche Anhaltspunkte sind der Darlegung der Beklagten - wovon zu Recht schon das Landgericht ausgegangen ist - nicht zu entnehmen.
aa) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 25.11.2005 und 14.10.2010 - gestützt auf Erfahrungswissen seiner Mitglieder - näher ausgeführt hat, handelt es sich bei Einzelbuchstaben um eine in der Modebranche gebräuchliche Markenform; dass ein auf Kleidungsstücken angebrachtes, grafisch nicht besonders aufwendig gestaltetes „B“, wie es das „Bogner-B“ gerade auch nach Ansicht der Beklagten darstellt, von Verbrauchern eher als beschreibend - etwa als Größen- oder Qualitätsangabe - statt als Herkunftshinweis aufgefasst wird, liegt fern. Die inländischen Verbraucher kennen bei den Größenangaben für Oberbekleidung die Buchstabenskala S - M - L - XL - XXL, in der ein „B“ nicht vorkommt; als abkürzende Bezeichnung für Ware minderer Qualität ist zumindest kein isoliertes „B“ üblich.
Nach der von den Beklagten selbst in Auftrag gegebenen und vorgelegten Verkehrsbefragung von Juli 2010 zu einem „Serifen-B“ ohne individuelle Gestaltung (Anlage B 43) sind relevante beschreibende Anklänge dieses Buchstabens im Verständnis deutscher Verbraucher vollends auszuschließen:
Von den Befragten nennen auf die Frage, was ihnen bei der Präsentation eines „Serifen-B“ auf dem Bildschirm des Interviewers „im Zusammenhang mit Bekleidung“ in den Sinn komme, nur 0,7 % die Kleidungsgröße und maximal 0,9 % beschreibende Begriffe wie Büstenhalter (die dort übliche Körbchengröße B wird nicht erwähnt) oder „zweite Wahl“. Nur 2,1 % der Befragten verbinden mit dem „Serifen-B“ den mit der Frage genannten Begriff „Bekleidung“, während mehr als zehnmal soviel, nämlich 25,9 % oder 269 von 1040 Befragten (bei insgesamt 3,9 % Mehrfachnennungen) spontan an eine Marke (als Begriff oder in Verbindung mit einem bestimmten Markennamen) denken. Auf Nachfrage bleiben noch 19,8 % (gegen nur 13,5 % verneinende Antworten) beim Verständnis des „Serifen-B“ als Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen.
bb) Spricht das Umfrageergebnis somit nicht für, sondern gegen eine Kennzeichnungsschwäche der Klagemarken wegen beschreibender Anklänge, so folgt eine solche erst recht nicht aus einem - von den Beklagten für die Verwendung des Buchstabens „B“ im Modebereich reklamierten - Freihaltebedürfnis. Die damit aufgeworfene hypothetische Frage, ob einer Wortmarke „B“ ein Eintragungshindernis aus § 8 Abs. 2 MarkenG entgegenstünde, ist für den Streitfall irrelevant, weil die Kennzeichnungskraft eingetragener Klagemarken nicht aus Rechtsgründen allein deshalb geringer bemessen werden darf, um Wettbewerbern die markenmäßige Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen zu ermöglichen. Soweit Mitbewerber - anders als die Beklagten im Streitfall - ein rechtlich geschütztes Interesse an der Verwendung eines prioritätsjüngeren ähnlich gestalteten Zeichens zu beschreibenden Zwecken oder als Bestimmungshinweis gelten machen können, ist dem bei den Schutzschranken des § 23 MarkenG Rechnung zu tragen (EuGH, GRUR 2008, 503 = WRP 2008, 767 [Rn. 48] - adidas / Marca Mode [zu Art. 3, 6 MarkenRRL]; BGH, GRUR 2009, 672 = WRP 2009, 824 [Rn. 26] - OSTSEE-POST; GRUR 2009, 678 = WRP 2009, 839 [Rn. 27] - POST / RegioPost; Senat, GRUR-RR 2010, 41 [43] - Enzymax / Enzymix).
cc) Die seitens der Beklagten durchgeführte Verkehrsbefragung deutet noch aus einem weiteren Grund nicht auf eine Schwächung, sondern auf eine Konsolidierung oder sogar Steigerung der 1984 für das „Bogner-B“ erreichten Kennzeichnungskraft hin. Denn obwohl sie an sich keinen sicheren Schluss auf die konkrete Verkehrsbekanntheit des „Bogner-B“ zulässt, weil den Befragten weder ein getreues Abbild der Registerdarstellung noch damit gekennzeichnete Waren (vgl. zur Bedeutung der Kennzeichnungsgewohnheiten für die Unterscheidungskraft einer Marke BGH, GRUR 2010, 1100 = WRP 2010, 1504 [Rn. 28] - TOOOR! m.w.N.) vorgelegt wurden, belegt sie doch einen beachtlichen Zuordnungsgrad sogar des für die Umfrage benutzten „Serifen-B“ zum Unternehmen der Klägerin. Wenn angesichts eines Anteils der Befragten von nur 20,5 %, dem das erfundene Zeichen im Zusammenhang mit Bekleidung bekannt vorkam, nicht weniger als 9,8 % - also fast die Hälfte - damit spontan „Bogner“ assoziierten (auf gezielte Nachfrage bei den 19,8 %, die das „B“ eindeutig als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden, waren es noch 8 %), während andere, umsatzstärkere Unternehmen deutlich seltener genannt wurden, muss für die Klagemarken selbst mit noch höheren Werten beim Bekanntheits- und Kennzeichnungsgrad gerechnet werden.
dd) Eine relevante Schwächung der Klagemarken durch Drittzeichen ist auf der Grundlage des eigenen Vorbringens der Beklagten nicht feststellbar. An den Sachvortrag zur Begründung dieses in der Praxis oft erhobenen, wegen seiner engen Voraussetzungen aber nur selten durchschlagenden Einwandes werden zu Recht hohe Anforderungen gestellt (Ingerl / Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 652 ff., 657; Ströbele / Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 126 m.w.N.). Die Entgegenhaltungen der Beklagten (Anlagen B 15-17) und ihr Anerbieten einer unabhängigen Marktstudie, also eines Sachverständigengutachtens, zur Benutzung der Drittzeichen genügen den Anforderungen nicht. Nur dem Klagezeichen im Ähnlichkeitsbereich wirklich nahekommende Drittzeichen, die in erheblichem Umfang in gleichen oder eng benachbarten Branchen benutzt werden und dadurch zu einer Gewöhnung des Verkehrs geführt haben können, sind berücksichtigungsfähig, wobei der Tätigkeitsumfang der Drittunternehmen und die Bekanntheit ihrer Kennzeichnungen am Markt im Einzelnen darzulegen sind; die Vorlage von Internet-Ausdrucken, geschweige denn die Angabe von Internet-Adressen, genügt nicht (BGH, GRUR 2009, 685 = WRP 2009, 803 [Rn. 25] - ahd.de m.w.N.). Soweit die von der Beklagten aufgezählten „B-Marken“ nicht ohnehin durch die Art der grafischen Gestaltung oder zusätzliche Bildelemente größeren Abstand von den Klagezeichen halten als die angegriffenen Kennzeichnungen, fehlt es - worauf das angefochtene Urteil und die Berufungserwiderung zutreffend hinweisen - durchweg an schlüssigem Vortrag in diese Richtung.
Bei den angeführten „B-Emblemen“ verschiedener Sportvereine kommt - soweit dabei nicht ohnehin das Bildelement dominiert, wie im Emblem von Borussia Mönchengladbach die „Raute“ - hinzu, dass eine dadurch bewirkte Gewöhnung des Verkehrs an dem „Bogner-B“ ähnelnde Marken wegen der abweichenden Kennzeichnungsgewohnheiten keineswegs naheliegt, worauf sachlich zutreffend schon das Landgericht hingewiesen hat. Solche Zeichen können (gemäß der grundlegenden Entscheidung EuGH, GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 [Rn. 56 ff., 61] - Arsenal FC) auf Bekleidungsstücken zwar markenmäßig verwendet werden, insofern der Markeninhaber für die von seinen Vertragsunternehmen hergestellten und vertriebenen Fanartikel die Herkunftsgarantie übernimmt, was nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass die Benutzung der Marke vor allem als Ausdruck der Unterstützung, der Treue oder der Zugehörigkeit gegenüber dem Markeninhaber aufgefasst wird. Aus einem derart kommunikativen, eine Solidarisierung mit dem Markeninhaber ausdrückenden und daneben vor allem dekorativen Gebrauch (vgl. Ingerl / Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 203, 209), wie er auch bei anderen Merchandisingprodukten in Betracht kommen mag, kann jedoch nicht unmittelbar auf eine Schwächung der Kennzeichnungkraft ähnlich gestalteter Herstellerkennzeichen geschlossen werden, bei denen der Verkehr einen solchen emotionalen Hintergrund gerade nicht vermutet. Dem entspricht es, dass im Streitfall die Verkehrsumfrage zum „Serifen-B“ (Anlage B 43) zwar bei 25,9 % der Spontanantworten eine Identifikation des „B“ als Marke, aber keine einzige Nennung als Kennzeichen eines Sportvereins erbracht hat und sogar die unspezifische Antwort „Sportmode“ mit 0,8 % nur einen geringen Anteil erreichte.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die mit Schriftsatz der Beklagten vom 28.01.2011 näher ausgeführte Behauptung, dass das „Bogner-B“ dem stilisierten B im Vereinsemblem der amerikanischen Baseball-Mannschaft „Boston Red Socks“ ähnlicher sei als der Bildmarke 6013437 und den angegriffenen Kennzeichen der Beklagten. Ob die beiden vorgelegten - demoskopischen und graphologischen - Gutachten (Anlagen B 46 und 47) überhaupt eine zuverlässige Aussage in diese Richtung erlauben, erscheint in methodischer Hinsicht zweifelhaft. Zudem fehlen tragfähige Anhaltspunkte für die Marktbedeutung der mit dem „Boston-B“ gekennzeichneten Bekleidungsstücke (wie der in der Berufungsverhandlung überreichten Baseballkappe) in Deutschland. Abgesehen davon rechtfertigt aber auch die bloße Möglichkeit, das Verbraucher in Bekleidungsgeschäften neben Produkten mit den Marken der Klägerin solchen mit dem vermeintlich ähnlichen Zeichen einer Baseballmannschaft von der amerikanischen Ostküste begegnen könnten, wegen unterschiedlicher Erwartungen an die Markenfunktion nicht die Annahme einer relevanten Schwächung der Kennzeichnungskraft des „Bogner-B“ durch das „Boston-B“, was der Senat, dessen Mitglieder den angesprochenen Verbraucherkreisen angehören, selbst beurteilen kann.
c) Die Marken der Klägerin sind für Bekleidungsstücke eingetragen und die angegriffenen Zeichen werden für Bekleidung benutzt, so dass Warenidentität besteht. Entgegen der Berufungsrüge bleiben im Warenverzeichnis nicht zum Ausdruck kommende Besonderheiten - wie tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede des Sortiments und Marketings, des Sitzes der Unternehmen oder der soziologischen Struktur ihrer Abnehmerkreise - für den Schutzumfang der eingetragenen Klagemarken außer Betracht (BGH, GRUR 2004, 779 [782] = WRP 2004, 1046 - Zwilling / Zweibrüder; Ströbele / Hacker, a.a.O., § 14 Rn. 171; Ingerl / Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 689).
d) Die Ähnlichkeit zwischen den miteinander zu vergleichenden Zeichen
und
einerseits sowie
und
andererseits hat das Landgericht im mittleren Bereich angesiedelt. Dagegen wendet sich die Berufung im Ergebnis ohne Erfolg.
Zutreffend ist die Kammer von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz ausgegangen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (BGH, GRUR 2008, 1002 = WRP 2008, 1434 [Rn. 33] - Schuhpark; GRUR 2010, 235 = WRP 2010, 381 [Rn. 18] - AIDA / AIDU; GRUR 2010, 729 = WRP 2010, 1046 [Rn. 23] - MIXI), was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, GRUR 2005, 1042 = WRP 2005, 1505 [Rn. 28 f.] - Thomson Life; BGH, GRUR 2006, 60 = WRP 2006, 92 [Rn. 17] - coccodrillo; GRUR 2010, 729 = WRP 2010, 1046 [Rn. 31] - MIXI). Hiervon ausgehend ist die Ähnlichkeit der Zeichen grundsätzlich anhand des klanglichen und des (schrift-) bildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln, wobei für die Annahme von Verwechslungsgefahr in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche genügt (EuGH, GRUR 1998, 387 [Rn. 23] - Sabèl/Puma; BGHZ 139, 340 [347] = GRUR 1999, 241 - Lions; BGH, GRUR 2006, 60 = WRP 2006, 92 [Rn. 17] - coccodrillo; GRUR 2010, 235 = WRP 2010, 381 [Rn. 18] - AIDA / AIDU).
aa) Der Berufung ist einzuräumen, dass bei Wort-/Bildmarken in der Form eines grafisch gestalteten Einzelbuchstabens Zurückhaltung bei der Anwendung des Erfahrungssatzes geboten ist, wonach der Gesamteindruck der Kombinationsmarke regelmäßig von dem Wortbestandteil geprägt wird, weil er dem Verkehr die einfachste Möglichkeit der Benennung bietet (BGHZ 139, 340 [348] = GRUR 1999, 241 - Lions; BGH, GRUR 2004, 778 [779] = WRP 2004, 1173 - URLAUB DIREKT; GRUR 2006, 60 = WRP 2006, 92 [Rn. 20] - coccodrillo; GRUR 2008, 903 = WRP 2008, 1342 [Rn. 25] - SIERRA ANTIGUO m.w. N.). Denn obwohl Einzelbuchstaben ein Lautwert innewohnt, werden sie im Verkehr meist nicht nur mit diesem Einzellautwert wiedergegeben, sondern irgendwie - sei es durch eine Beschreibung ihrer grafischen Ausgestaltung (hier: „Brezel-B“), sei es durch andere Umstände (hier: „B am Reißverschluss“, „Bogner-B“) - näher spezifiziert (Ströbele / Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 333). Ein im Streitfall allein auf die phonetische Identität von „Be“ (bei den Klagemarken) und „Be“ (bei den angegriffenen Kennzeichen) abstellender Zeichenvergleich würde weder den Verbrauchergewohnheiten bei der Benennung von Modeartikeln und Markenbekleidung noch dem von einer reinen Wortmarke abweichenden Charakter der Klagemarken gerecht. Der Senat teilt insofern die Auffassung des Oberlandesgericht München in dem von den Beklagten mitgeteilten Urteil vom 21.10.2010 - 29 U 2787/10 (Anlage B 48) unter II 3 a (3) (a).
bb) Mangels eines den beiden „B“-Zeichen innewohnenden überschießenden Sinngehalts lässt sich auch keine begriffliche Identität oder Ähnlichkeit zwischen ihnen feststellen.
cc) Hinreichende Ähnlichkeit besteht jedoch in visueller Hinsicht. Allerdings werden Wort-/Bildmarken keineswegs immer nur durch den Wortbestandteil geprägt; auf die grafischen Elemente kann für den Gesamteindruck der Klagemarke in gleichem oder sogar in noch höherem Maße abzustellen sein, sofern es sich um mehr als nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende Gestaltungen (Verzierungen) handelt (BGH, GRUR 2004, 778 [779] = WRP 2004, 1173 - URLAUB DIREKT; GRUR 2006, 60 = WRP 2006, 92 [Rn. 20] - coccodrillo; GRUR 2008, 254 = WRP 2008, 236 [Rn. 32] - THE HOME STORE; GRUR 2008, 903 = WRP 2008, 1342 [Rn. 24] - SIERRA ANTIGUO a.a.O.). Doch spricht auf der anderen Seite nichts dagegen, dem Wortbestandteil einer Wort-/Bildmarke, die aus einem einzigen, grafisch und schriftbildlich nicht besonders aufwendig gestalteten Buchstaben besteht - wie dies nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten bei dem „Bogner-B“ der Fall ist - eine den visuellen Gesamteindruck mitprägende Bedeutung beizumessen. Anders wäre es nur, wenn dem Buchstaben ohne schriftbildliche Gestaltung für den betreffenden Warenbereich jegliche Unterscheidungskraft fehlen würde (vgl. BGH, GRUR 2002, 814 [815] - Festspielhaus I; BGHZ 156, 112 = GRUR 2003, 1040 [1043] = WRP 2003, 1431 - Kinder; BGH, GRUR 2004, 778 [779] = WRP 2004, 1173 - URLAUB DIREKT). Davon kann bei dem „B“ der Klagemarken nun allerdings keine Rede sein, wie nicht zuletzt die von den Beklagten selbst in Auftrag gegebene und vorgelegte Verkehrsumfrage (Anlage B 43) belegt (oben zu lit. b).
Eine bei Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagezeichen zur Annahme von Verwechslungsgefahr ausreichende mittlere Ähnlichkeit der zu lit. a und b angegriffenen Bekleidungskennzeichen kann danach nicht verneint werden:
Das wie aus zwei Pinselstrichen schwungvoll mit weit nach links ausholendem oberen Bogen und einer den unteren Bogen durchbrechenden Senkrechten gestaltete „B“ der Beklagtenkennzeichen unterscheidet sich zwar im unmittelbaren Vergleich klar von dem serifenlosen „Bogner-B“ mit seinen gleichbleibend breiten, weniger gebogenen als geraden und insgesamt technischstrenger wirkenden Linien. Die optischschriftbildliche Gestaltung dominiert jedoch weder bei den Klagemarken noch bei den Kennzeichen der Beklagten so sehr, dass der große Buchstabe „B“ als gemeinsamer Wortbestandteil dahinter zurücktritt. Aus einiger Entfernung wird der Verbraucher auf dem relativ kleinen, an einer Seite eingenähten Stoffetikett nur ein großes „B“ in nicht ganz außergewöhnlicher Gestaltung erkennen. Auf dem Knopf treten zwar einerseits die schwungvollen Bögen des „B...-B“ etwas deutlicher hervor; andererseits erinnert das Erscheinungsbild des Zeichens den Verbraucher durch die runde Form des Knopfes aber stärker an das „B im Kreis“ der Klägerin, was beim Ähnlichkeitsvergleich nicht außer Betracht bleiben kann.
5. Anders beurteilt der Senat die markenrechtliche Verwechslungsgefahr dagegen bei den zu lit. c und d angegriffenen Kennzeichnungen von Schuhen.
a) Warenidentität ist allerdings auch insoweit gegegeben, weil das registrierte Warenverzeichnis der beiden streitgegenständlichen Klagemarken ausdrücklich Schuhwaren umfasst. Der Nichtbenutzungseinwand der Beklagten gibt keine Veranlassung zu einer Eliminierung dieses Warenbereichs aus der Vergleichsbetrachtung, nachdem die Klägerin für Schuhwaren eine im Verhältnis zum Bereich Oberbekleidung weniger intensive, gleichwohl ernsthafte Benutzung sowohl des „Bogner-B“ (beispielsweise als Reißverschlussanhänger bei Stiefeln: Anlage K 30, auch erkennbar in Anlage B 3, S. 67) als auch des „B im Kreis“ (beispielsweise an der Seite von sportlichen Schuhen, Anlage K 4) dargetan hat, so dass es auf die mit Schriftsatz der Klägerin vom 28.01.2011 und dessen Anlagen (K 63-65) angeführten Verwendungsbeispiele nicht mehr entscheidend ankommt.
b) Die Kennzeichnungskraft der Klagezeichen für Schuhe stellt sich nach Lage der Dinge jedoch nicht als mindestens durchschnittlich, sondern höchstens als schwach durchschnittlich dar.
Dafür spricht zum einen, dass die der Eintragung des „Bogner-B“ als Warenzeichen im Jahr 1984 zu Grunde liegende Verkehrsdurchsetzung für Winterbekleidung sowie für Skischuhe sich nicht auf Schuhwaren im Allgemeinen bezog und trotz einer gewissen Ausstrahlung der im Bekleidungssektor gewonnenen Kennzeichnungskraft auf diesen benachbarten Warenbereich nicht ohne weitere Anhaltspunkte von einer für durchgesetzte Zeichen typischen mittleren Kennzeichnungskraft des „Bogner-B“ auch für Schuhe ausgegangen werden kann.
Zum anderen belegen die von den Beklagten vorgelegte Verkehrsumfrage (Anlage B 44) und die eigenen Erfahrungen der Senatsmitglieder, dass die Neigung der Verbraucher, Einzelbuchstaben bei Schuhen als Kennzeichen eines bestimmten Herstellerunternehmens anzusehen, geringer ausgeprägt ist als bei Kleidungsstücken. Zwar ist im Inland kein konkret warenbeschreibender Gehalt eines „B“ bei Schuhen feststellbar; insbesondere kennt der deutsche Verbraucher im Allgemeinen keine „B-Weiten“. Aber dennoch nimmt bei Schuhen nur ein vergleichsweise geringer Teil der Bevölkerung solche Zeichen als Marke wahr: Nur 13,2 % meinten ein „B“ schon einmal gesehen zu haben und die spontanen Assoziationen bei der Präsentation eines „Serifen-B“ ergaben für Schuhe bei insgesamt großer Bandbreite und 5,9 % Mehrfachnennungen nur 21,3 % auf irgendeine Marke oder irgendeinen Hersteller hindeutende Antworten; auf Nachfrage vermuteten nur 15 % einen Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen, während spontan jeweils mehr als 1,2 % an eine Schuhgröße oder -weite, breite oder bequeme Schuhe dachten. Was schließlich den mit der Umfrage ermittelten Zuordnungsgrad angeht, so lag dieser für die Klägerin bei dem „Serifen-B“ mit spontan 2,8 % und auf Nachfrage 1,9 % gegenüber 15 %, die darin einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sahen, ganz erheblich unter den für Bekleidung ermittelten Werten. Das legt den Schluss nahe, dass auch die Klagezeichen - auf die sich die Umfrage freilich nicht bezog - für den Bereich Schuhe als wesentlich weniger kennzeichnungskräftig anzusehen sind als für den Bereich Bekleidung.
Dem entspricht zum dritten die - auch nach dem mit Schriftsatz der Klägerin vom 28.01.2011 vorgelegten weiteren Katalogmaterial - im Vergleich zum Oberbekleidungssektor ersichtlich weniger intensive Benutzung des „Bogner-B“ oder des „B im Kreis“ gerade für Schuhe.
c) Die Zeichenähnlichkeit zwischen den beiden Klagemarken und den angegriffenen Kennzeichen
und
stellt sich zur Überzeugung des Senats in ihrem jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck als eher unterdurchschnittlich dar, was angesichts schwach durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagezeichen selbst bei Warenidentität nicht zur Annahme markenrechtlicher Verwechslungsgefahr genügen kann:
Die angegriffenen Kennzeichnungen zeigen zwar wie die Klagemarken ein großes „B“. Sie werden von dem Wortbestandteil aber nicht geprägt und ihm kommt insoweit auch keine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Der Verbraucher nimmt vielmehr vor allem den dekorativen Charakter der beiden angegriffenen Gestaltungen - die Applikation eines dunkelrosafarbenen, glitzernden Zeichens in der Form eines schwungvollen „B“ einerseits und das „B“ in gleicher Schrifttype innerhalb einer herzförmigen Umrandung andererseits - wahr und wird deshalb keine gedankliche Verbindung zu dem „B“ in seiner strengergeraden Ausgestaltung bei den Klagemarken herstellen, und zwar weder im unmittelbaren Vergleich (vgl. dazu oben 4 d cc) noch auf Grund eines abgeschwächten Erinnerungseindrucks.
d) Soweit die Klägerin Schutz für ihr „B im Kreis“ auch als einer besonderen Geschäftsbezeichnung im Sinne von §§ 5, 15 MarkenG beansprucht, führt dies im Verhältnis zu den angegriffenen Warenkennzeichen der Beklagten zu keiner abweichenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Entscheidung bietet keinen Anlass, gemäß § 543 ZPO die Revision zuzulassen. Mit seinem Urteil weicht der Senat - was er in der Berufungsverhandlung noch offen gelassen hat - nicht in Rechtsfragen von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte ab; die im Ergebnis teilweise andere Bewertung der Zeichenähnlichkeit in der von den Beklagten angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts München beruht auf einer abweichenden tatrichterlichen Würdigung in einem Einzelfall. Dass Einzelfallentscheidungen der Markenämter insbesondere in Widerspruchsverfahren, auf die sich die Beklagten - zuletzt nochmals mit Schriftsatz vom 13.02.2011 - zur Stützung ihres Rechtsstandpunkt bezogen haben, eine Revisionszulassung erst recht nicht rechtfertigen können, versteht sich ohnehin von selbst. Wegen seiner insgesamt eher auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Schwerpunkte wirft der Fall auch sonst keine ungeklärten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf; dass der Bundesgerichtshof bisher noch keine Gelegenheit hatte, ausdrücklich zur Kennzeichnungskraft von Einzelbuchstaben in einem Verletzungsprozess Stellung zu nehmen, genügt nicht.
Ebenso wenig sieht sich der Senat veranlasst, entsprechend der Anregung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 23.11.2010 das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV einzuholen; soweit die von den Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch keine abschließende Klärung erfahren haben, erscheinen sie für die Entscheidung des Streitfalles letztlich ohne Belang.
OLG Köln:
Urteil v. 16.02.2011
Az: 6 U 40/10
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