Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. August 2006
Aktenzeichen: 9 W (pat) 16/04

(BPatG: Beschluss v. 28.08.2006, Az.: 9 W (pat) 16/04)

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat nach Prüfung des Einspruchs das am 30. April 1992 angemeldete Patent mit der Bezeichnung

"Antriebsvorrichtung für eine längswellenlose Rotationsdruckmaschine"

mit Beschluss vom 3. Dezember 2003 in vollem Umfang aufrechterhalten. Die Patentabteilung hat die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik patentfähig sei.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Einsprechende 1 und 2 mit ihren Beschwerden sowie die Einsprechende 3 mit ihrem Beitritt.

Die Einsprechenden machen in der mündlichen Verhandlung geltend:

a) der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung hinaus, b) dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 liege eine erfinderische Tätigkeit nicht zugrunde.

Schriftsätzlich hatte die Einsprechende 3 (Beitretende) nochc) mangelnde Ausführbarkeitgeltend gemacht.

In der mündlichen Verhandlung verweisen die Einsprechenden zum Stand der Technik auf folgende Druckschriften/Fachliteratur:

- Siemens-Zeitschrift 51 (1977) Heft 5, Seiten 387-394 (im Folgenden bezeichnet mit "Siemens-Zeitschrift")

- Zeitungstechnik Dezember 1991, Seiten 74-80 (im Folgenden bezeichnet mit "Zeitungstechnik")

- Deutscher Drucker Nr. 30/24.9.87, Seiten w140-w157 (im Folgenden bezeichnet mit "Deutscher Drucker")

- JP 59-087 157 A mit englischsprachigem Abstract und deutschsprachiger Übersetzung - DE 20 46 131 C3

- DE 36 02 894 C2 Schriftsätzlich hatten sie noch folgende Druckschriften in Betracht gezogen:

- DE 37 30 625 A1/C2

- DE 33 18 250 A1 Die Einsprechenden 1 bis 3 stellen den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, die Beschwerden zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der erteilte Patentanspruch 1 sei zulässig, sein Gegenstand ausreichend deutlich offenbart und gegenüber dem Stand der Technik patentfähig.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Antriebsvorrichtung für eine Rotationsdruckmaschine, umfassend

(a) mindestens ein Druckwerk mit einer Anzahl einzeln angetriebener Zylinder, deren Antrieben und Antriebsreglern, wobei verschiedene Zylinder jeweils in einer Druckstellengruppe zusammenwirken;

(b) einen oder mehrere separat angetriebene Falzapparate, wobei die Druckstellengruppen dem oder einem der Falzapparate zugeordnet sind;

(c) eine übergeordnete Steuerung mit Bedienungs- und Datenverarbeitungseinheit, die über mindestens einen Bus mit den Druckstellengruppen verbunden ist;

dadurch gekennzeichnet, dass

(d) der Falzapparat (12) datentechnisch mit den Druckstellengruppen (2ad) verbunden ist und eine Positionsreferenz an sie liefert;

(e) die Antriebe (7ad) und Antriebsregler (6ad) der Druckstellengruppe (2ad) über einen Antriebsbus (5) jeweils mit einer Antriebssteuerung (4), die die Feinjustierung der Antriebe (7ad) und deren Positionierung in Relation zum Falzapparat (12) sowie untereinander vornimmt, verbunden sind;

(f) die Antriebssteuerungen (4) der Druckstellengruppen (2ad) untereinander und mit der Bedienungs- und Datenverarbeitungseinheit (1) über einen Datenbus (3) verbunden sind."

Rückbezogene Patentansprüche 2 und 3 sind diesem Patentanspruch 1 nachgeordnet.

II.

1. Die Beschwerden der Einsprechenden 1 und 2 sind zulässig.

Der Beitritt war ebenfalls zulässig. Er kann auch noch in einem anhängigen Einspruchbeschwerdeverfahren erfolgen (Benkard/Schäfers, PatG GbmG, 10. Aufl., § 59 Rdnr. 42). Durch ihn erhält der Beitretende zwar nicht die Stellung eines Beschwerdeführers, aber die volle Stellung eines Einsprechenden (BGH GRUR 1994, 892 - Heizkörperkonsole; Busse/Keukenschrijver, PatG 6. Aufl., § 59 Rdnr. 125). Daraus folgt, dass er berechtigt ist, sich auch auf Widerrufsgründe stützen, die nicht schon Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor der Patentabteilung waren. Er ist also nicht lediglich Streithelfer, sondern kann innerhalb der für seinen Beitritt geltenden Fristen weitere Gründe in das Verfahren einführen. Das Beitrittsrecht nach § 59 Abs. 2 PatG steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem Ausschluss der Nichtigkeitsklage für den Zeitraum, in dem ein Einspruchsverfahren anhängig ist oder noch Einspruch eingelegt werden kann (§ 81 Abs. 2 PatG). Weil ihm in diesem Zeitraum die Nichtigkeitsklage verschlossen ist, räumt das Gesetz demjenigen, der wegen einer Patentverletzung in Anspruch genommen worden ist, unter den im Gesetz genannten engen Voraussetzungen die Möglichkeit ein, sich an einem anhängigen Einspruchsverfahren zu beteiligen und trägt so seinem durch die anhängigen Prozesse, für die die Rechtsbeständigkeit des Schutzrechts eine wesentliche Vorfrage darstellt, begründeten besonderen Interesse an einer kurzfristigen Klärung dieser Frage Rechnung (BGH a. a. O.). Die damit verbundene Zielsetzung würde verfehlt, wenn seine Stellung auf die eines Nebenintervenienten beschränkt wäre (so aber Schulte, PatG, 7. Aufl. § 59 Rdnr. 249) und er nur die beschwerdeführenden Einsprechenden im Rahmen der von ihnen zulässig geltend gemachten Widerrufgründe unterstützen könnte. So könnte beispielsweise ein durch eine widerrechtliche Entnahme Verletzter sich nie im Wege des Beitritts verteidigen, da der entsprechende Widerrufsgrund naturgemäß nicht schon Gegenstand des Einspruchsverfahren sein kann.

Deshalb sind die allein vom Beitretenden geltend gemachten Widerrufsgründe des PatG § 21 Abs. 1 Nr. 2 (unzureichende Offenbarung) und PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4 (unzulässige Erweiterung) im Einspruchsbeschwerdeverfahren zu prüfen. Insoweit erweitert sich der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens in diesem besonderen Fall über den Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens hinaus.

In diesem Rahmen ist es den beschwerdeführenden Einsprechenden unbenommen, sich nunmehr auch auf diese zusätzlichen Widerrufsgründe zu stützen.

2. Der Gegenstand des Streitpatents ist zu seiner Ausführung hinreichend deutlich und vollständig offenbart.

Die schriftsätzlich geltend gemachte mangelnde Ausführbarkeit (Beitretende) haben die Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen. Nach Überzeugung des Senats vermittelt der erteilte Patentanspruch 1 dem Fachmann eine klare Lehre zum technischen Handeln. Diese legt die Konzentrierung bzw. Aufteilung bestimmter Steuerungsaufgaben in untergeordneten und übergeordneten Leitsystemen (Antriebssteuerung 4, Leitsystem 1) sowie die Übertragungswege für die Daten und Signale in eindeutiger Weise fest (Antriebsbus, Datenbus). Die konkrete Realisierung der Erfassung von Messsignalen (Positionsreferenz) bzw. der Weiterverarbeitung derselben ist nicht Gegenstand des Streitpatents. Eine solche ist nach Überzeugung des Senats dem Fachmann ausgehend von der geschilderten Lehre mit fachüblichen Mitteln möglich.

3. Die erteilten Patentansprüche sind zulässig. Eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Fassung der Anmeldung liegt nicht vor.

Die Einsprechenden 2 und 3 sind der Meinung, der erteilte Patentanspruch 1 enthalte eine Reihe von Sachverhalten, die in den ursprünglichen Unterlagen nicht enthalten seien.

Zur Beurteilung dieser Frage ist zunächst festzustellen, was als Grundlage für den Inhalt einer Patentanmeldung und als Maßstab für das Verständnis der in der Anmeldung enthaltenen Angaben anzusehen ist.

3.1 Zum Inhalt einer Patentanmeldung ist der Gesamtinhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen zu rechnen, den der Fachmann denjenigen Teilen dieser Unterlagen entnimmt, die eine Erfindung offenbaren können. Dazu gehören nicht nur die Patentansprüche, sondern ausdrücklich auch die Beschreibung und die Zeichnungen. Zum Gegenstand eines Patents kann daher alles gemacht werden, was sich dem Fachmann aus diesen Unterlagen ohne weiteres erschließt (Schulte PatG 7. Auflage § 21 Rdn. 59). Auf der anderen Seite ist auch der erteilte Patentanspruch im Zusammenhang mit den übrigen Angaben des Patentes zu sehen. Denn der Inhalt eines Patentanspruchs bestimmt sich nicht am buchstabengetreuen Wortlaut, sondern am Sachgehalt. Zur Bestimmung dieses von dem Patentanspruch umfassten Sachgehalts ist maßgebend der zugehörige Offenbarungsgehalt der Patentschrift. Dabei ist der Patentanspruch nicht wörtlich, sondern zweckorientiert auszulegen. Auch hier spielt demnach eine Rolle, was der Fachmann den Ansprüchen im Zusammenhang mit zugehörigen weiteren Angaben aus der Beschreibung und den Zeichnungen als Ganzes entnimmt (Schulte PatG 7. Auflage § 14 Rdn. 14, 28, 29).

Als Durchschnittsfachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Hochschulabschluss an, der bei einem Druckmaschinen-Hersteller bzw. -Zulieferer langjährig mit der Auslegung von Druckmaschinen-Antrieben und deren steuer- und regelungstechnischer Synchronisierung befasst ist.

Der Senat weist an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass ein Fachmann dieser Qualifikation neben seinem fachspezifischen Wissen regelmäßig auch eine Allgemeinbildung mit einem Sprachverständnis besitzt, das ihn befähigt, Mehrfach-Bedeutungen umfassende Begriffe und Wendungen als solche zu erkennen und die tatsächlich gemeinte Bedeutung ohne weiteres aus dem Zusammenhang zu entnehmen.

Bezogen auf das Streitpatent bedeutet das, dass im erteilten Patentanspruch enthaltene, aber nicht ursprünglich offenbarte Begriffe und Formulierungen vom Fachmann nicht isoliert für sich in rein fachbezogener Bedeutung, sondern in ihrem sprachlich gesamten Bedeutungsinhalt im Lichte des Gesamt-Zusammenhanges interpretiert werden. Da die Erläuterungen in der Patentschrift und in den ursprünglichen Unterlagen in weiten Teilen übereinstimmen bzw. sich zumindest sinngemäß entsprechen, wird der Fachmann in der Patentschrift erstmalig eingeführte Begriffe so deuten, wie es dem bereits ursprünglich offenbarten Sachgehalt entspricht.

3.2 Konkret machen die Einsprechenden 2 und 3 in folgenden Punkten unzulässige Erweiterung geltend:

a) Der Gegenstand des Streitpatents sei nicht als "Antriebsvorrichtung" ursprünglich offenbart (Gattungsbezeichnung Patentanspruch 1). Die Vielzahl von Zylindern mit ihren Antriebsmotoren und zugehörigen Regeleinrichtungen bilde vielmehr ein Antriebssystem aus miteinander zwar zusammenwirkenden, jedoch in sich selbständigen Einheiten. "Vorrichtung" meine dagegen eine einzige in sich abgeschlossene Einheit ohne derartige Einzeleinheiten. Als Beleg für ihre Auffassung legt die Einsprechende 2 die beiden prioritätsjüngeren Druckschriften DE 42 23 190 A1 und DE 44 11 213 A1 vor, in denen sie diese Begriffe in der von ihr beschriebenen Weise verwendet zu sehen meint.

Nach Überzeugung des Senats ist die Auffassung der Einsprechenden unzutreffend. Davon abgesehen, dass gemäß Duden "Vorrichtung" allgemein als etwas für eine bestimmte Funktion als Hilfsmittel Hergestelltes (Duden, 5. Auflage 2003, CD-ROM) und gemäß patentrechtlicher Terminologie als "aus mehreren Einzelteilen bestehend, die durch eine bestimmte Arbeitsweise gleichzeitig oder nacheinander in Wirkung gesetzt werden und dadurch funktionell zu einer Einheit verbunden sind" (Schulte PatG 7. Auflage § 1 Rdn. 364) definiert ist und damit schon grundsätzlich zutreffende Bezeichnung für ein System nach dem Verständnis der Einsprechenden sein kann, wird auf obenstehende Ausführungen unter 2.1 verwiesen. Demnach versteht der Fachmann unabhängig von dem Begriff "Vorrichtung" oder "System" den damit bezeichneten Gegenstand aus den ihn charakterisierenden Merkmalen. Insofern sieht er, gleich welche der beiden Bezeichnungen verwendet wird, denselben Gegenstand. Deshalb führt die Bezeichnung "Antriebsvorrichtung" nicht zu einem anderen Sachgehalt als die Bezeichnung "System".

b) Das im erteilten Patentanspruch 1 genannte Druckwerk sei ursprünglich nicht angegeben (Merkmal a).

Der Senat ist der Meinung, dass "Druckwerk" in der Fachwelt schon deswegen keine konkrete Ausgestaltung bezeichnen kann, weil es je nach Druckverfahren verschiedene Arten von Druckwerkkonfigurationen gibt und selbst für dasselbe Druckverfahren eine Vielzahl unterschiedlicher Anordnungen möglich ist. Im allgemeinsten Fall ist unter "Druckwerk" eine Einheit aus zwei zusammenwirkenden Zylindern zu verstehen, deren einer den Abdruck auf den Druckträger durchführt und deren anderer ein Druckwiderlager bildet. Eine solche Einheit ergibt sich z. B. aus der ursprünglichen Beschreibung Seite 7, Zeilen 3-6 (Druck- und Gegendruckzylinder). Die Einsprechende 3 (Beitretende) verweist anhand von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zeichnungen (2 Blätter) auf bestimmte mögliche Druckwerk- und Druckstellenkonfigurationen und meint, diese seien nicht aus den ursprünglichen Unterlagen entnehmbar, nach dem Anspruchswortlaut aber möglich. Nach Auffassung des Senats sind diese jedoch von den ursprünglichen Unterlagen mit umfasst. Denn mangels Festlegung auf konkrete Druckwerk-Anordnungen lassen die ursprünglichen Unterlagen die Ausgestaltung von Druckwerken offen und enthalten damit keinerlei diesbezügliche Einschränkung.

c) Dass verschiedene Zylinder in einer Druckstellengruppe zusammenwirken (Merkmal a), gehe aus den ursprünglichen Unterlagen ebenfalls nicht hervor. Vielmehr sei ursprünglich angegeben, dass die Einzelantriebe der Zylinder zu Druckstellengruppen zusammengefasst seien (ursprünglicher Patentanspruch 1).

Diese Formulierung ist im Zusammenhang mit der vorhergehenden Angabe der Anzahl einzeln angetriebener Zylinder zu sehen. Wenn von diesen verschiedene in einer Druckstellengruppe zusammenwirken (erteilter Patentanspruch 1), ergibt sich nach Auffassung des Senats derselbe Sachgehalt wie bei der Zusammenfassung der Einzelantriebe der Zylinder zu Druckstellengruppen (ursprünglicher Patentanspruch 1). Denn das Wesen der Erfindung besteht in der Koordinierung der Einzelantriebe und der Verarbeitung und der Übergabe der Daten und Signale. Der Fachmann versteht unter diesem Blickwinkel unter "zusammenwirken" somit nichts anderes als das Zusammenwirken in Bezug auf die Synchronisation der Antriebe, also den ursprünglich angegebenen Sachverhalt der Zusammenfassung der Einzelantriebe zu Druckstellengruppen. Zu diesem Verständnis muss auch die zugehörige Erläuterung in der Beschreibung der Patentschrift führen, die die im ursprünglichen Anspruch 1 angegebene Formulierung noch enthält (Patentschrift Spalte 3, Zeilen 7-9).

d) In Merkmal c sei die Verbindung der übergeordneten Steuerung mit den Druckstellengruppen über mindestens einen Bus angegeben. Den ursprünglichen Unterlagen zufolge sei nur von einem einzigen Bus die Rede (Anspruch 2, Merkmal b).

Die Einsprechende 2 übersieht, dass in diesem Zusammenhang in der ursprünglichen Beschreibung von einem übergeordneten Bussystem die Rede ist (Seite 5, Zeilen 20-22). Ein System kann, wie die Einsprechende 2 im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Antriebsvorrichtung" selbst ausführt (siehe a)), mehrere in sich selbständige Einheiten enthalten. Demnach sind unter "Bussystem" auch mehr als ein einziger Bus zu verstehen.

e) Gemäß Merkmal d des erteilten Patentanspruchs 1 werde vom Falzapparat eine Positionsreferenz an die Druckstellengruppen geliefert. Dies bedeute eine aktive Maßnahme auf Seiten des Falzapparates, was in der ursprünglichen Formulierung "ihre Positionsreferenz vom Falzapparat beziehen" (Anspruch 1, Merkmal d) nicht zum Ausdruck komme.

Die ursprüngliche Formulierung bedeutet, dass der Falzapparat die Bezugsgrundlage für die Positionierung der Druckstellengruppen bildet. Dem Fachmann ist klar, dass dazu eine der Position des Falzapparates zuzuordnende Größe den Druckstellengruppen (bzw. den zugehörigen Antriebssteuerungen) zugeleitet werden muss, und zwar in Richtung Falzapparat-Druckstellengruppen. Dies entspricht nach Ansicht des Senats einem Liefern einer Positionsreferenz vom Falzapparat an die Druckstellengruppen.

f) Die Formulierung, dass "die Antriebe und Antriebsregler der Druckstellengruppe über einen Antriebsbus jeweils mit einer Antriebssteuerung verbunden" sind (erteilter Patentanspruch 1, Merkmal e), bedeute, dass jeder Antrieb/Regler für sich direkt mit der Antriebssteuerung verbunden sei. Nach den ursprünglichen Unterlagen (Figur 2, Pos. 5) seien die Antriebe/Regler indes über eine Art Reihenschaltung an das Antriebssystem gekoppelt.

Gemäß ursprünglichem Anspruch 2 (Merkmal a) ist die Verbindung als "schnelles Bussystem" (Antriebsbus 5) ausgestaltet. Ein solches schnelles Bussystem beinhaltet für den Fachmann ohne weiteres erkennbar auch die direkte Verbindung der Antriebe/Regler jeweils zur Antriebssteuerung. Denn die direkte Verbindung kann zur Erhöhung der Ansprechgeschwindigkeit beitragen. Hinzu kommt, dass der ursprüngliche Anspruch 2 (Merkmal a) mit "über ein schnelles Bussystem verbunden" die konkrete Gestaltung des Bussystems offen lässt und somit sowohl die "Reihenschaltung" als auch die direkte Verbindung umfasst.

g) Dass die Antriebssteuerung die Positionierung der Antriebe vornehme (Merkmal e), könne den ursprünglichen Unterlagen nicht entnommen werden.

Hierzu verweist der Senat auf Seite 8 der ursprünglichen Beschreibung (Zeilen 3-5), wonach im Antriebssystem die Positionierung der Einzelantriebe in Relation zum Falzapparat sowie relativ zueinander geregelt wird.

h) Schließlich sei ursprünglich eine Antriebssteuerung (erteilter Patentanspruch 1, Merkmale e, f) für eine jeweilige Druckstellengruppe nicht offenbart. "Steuerung" bedeute im Sinne der Regelungs- und Steuerungstechnik einen offenen Wirkungskreis ohne Rückführung der Ausgangsgröße. In den ursprünglichen Unterlagen sei statt dessen von einem Antriebssystem die Rede, welches die Antriebsregler koordiniere (ursprünglicher Patentanspruch 4, Merkmal a).

Der Senat folgt der Einsprechenden 3 insoweit, als die Bezeichnung "Antriebssteuerung" ursprünglich nicht verwendet ist. Der Bedeutungsinhalt von "Steuerung" geht beim Streitpatent indes über den von der Einsprechenden 3 angegebenen rein technischen Inhalt hinaus. Nach deutschem Sprachgebrauch hat "Steuerung" auch eine allgemeine Bedeutung, nämlich die einer Einrichtung, die einen Vorgang automatisch beeinflusst und lenkt. Hierbei wird nicht unterschieden, ob diese Einrichtung eine Steuerung oder ein Regelkreis im regelungstechnischen Sinne ist. Die ursprünglichen Unterlagen lassen nach Überzeugung des Senats nicht erkennen, inwieweit das Antriebssystem Steuerung oder Regelkreis in diesem Sinne ist. Dies ist Sache der konkreten Realisierung des Antriebssystems, die nicht Gegenstand des Streitpatents ist. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die diesbezüglichen Erläuterungen in den ursprünglichen Unterlagen - insbesondere auch nicht "die Positionierung ... geregelt" (Seite 8, Zeilen 3-6) - den Fachmann nicht zum Verständnis des Antriebssystems als Steuerung oder Regelung im technisch strengen Sinne führen, sondern zum Verständnis der oben dargelegten allgemeinen Bedeutung, die beides beinhaltet. Auch den im Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 verwendeten Begriff "übergeordnete Steuerung" wird nach Ansicht des Senats der Fachmann i. V. m. den zugehörigen Erläuterungen in der Patentschrift in diesem Sinne auslegen.

Gemäß alledem vermag der Senat eine unzulässige Erweiterung des Patentanspruchs 1 gegenüber dem ursprünglich Offenbarten nicht zu erkennen.

Der erteilte Patentanspruch 2 ergibt sich aus einer Zusammenfassung von Merkmalen aus den ursprünglichen Patentansprüchen 2 und 3, Patentanspruch 3 entspricht einem Teil des ursprünglichen Patentanspruchs 4.

4. Das Patent betrifft eine Antriebsvorrichtung für eine Rotationsdruckmaschine.

In der Streitpatentschrift ist sinngemäß ausgeführt, dass durch den Wegfall der mechanischen Wellenverbindungen sowie der meisten Getriebe bei mit Einzelantrieben der Zylinder versehenen Rotationsdruckmaschinen sich erhebliche Vorteile ergäben, wie erhöhte Passergenauigkeit, präzisere Druckergebnisse, Wegfall von Umfangsregistern, vereinfachte mechanische Konstruktion und erleichterte Erweiterungsmöglichkeiten. Allerdings sei das Leitsystem zur Koordination der Antriebsmotoren kompliziert, weil die Zylinder bei hoher Umfangsgeschwindigkeit (13 m/s) sehr genau positioniert (0.05 mm) werden müssten. Auch würden an die DatenÜbertragungsgeschwindigkeit eines verbindenden Bussystems hohe Anforderungen gestellt (Spalte 1, Zeilen 8-24; Spalte 1, Zeile 67, bis Spalte 2, Zeile 5).

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, eine Antriebsvorrichtung für eine direkt angetriebene Rotationsdruckmaschine anzugeben, bei der der Daten- und Signalfluss für die hohen Geschwindigkeitsanforderungen gewährleistet ist und welche zudem robust gegen Störungen ist.

Dieses Problem wird durch die Antriebsvorrichtung mit den im geltenden Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen gelöst.

5. Der unbestritten gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu.

Aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften/Fachveröffentlichungen für sich ist eine Antriebsvorrichtung mit allen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen bekannt. Insbesondere ist aus keinem dieser Dokumente die Bildung von Druckstellengruppen durch Zusammenfassung mehrerer Antriebe mittels eines Antriebsbusses unter eine Antriebssteuerung bei direkter Verbindung der Antriebssteuerungen untereinander und mit dem Falzapparat, der unter Umgehung der übergeordneten Steuerung eine Positionsreferenz an die Druckstellengruppen liefert, und Verbindung der Druckstellengruppen mit der übergeordneten Steuerung entnehmbar.

Mangelnde Neuheit wurde von den Einsprechenden auch nicht geltend gemacht.

6. Der Antriebsvorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1 liegt eine erfinderische Tätigkeit zugrunde.

Siemens-Zeitschrift zeigt in Bild 8 (Seite 393; nachstehend) für einen längswellenlosen Antrieb mit je einem Antriebsmotor M versehene Druckwerke und einer jedem Antriebsmotor zugeordneten Regeleinrichtung mit Positions-, Drehzahl- und Stromregler (-R,n-R,I-R). Die Regeleinrichtungen der Motoren werden jede für sich von einem Leitsystem (Printamat) über einen Bus beaufschlagt. Ab dem ersten Folgedruckwerk sind Registerregler Rg-R der motorindividuellen Regeleinrichtungen in Richtung zum nächsten Folgedruckwerk signaltechnisch miteinander verbunden. Die Druckwerke sind einem Falzapparat zugeordnet (Bild 8, Anmerkung oben rechts). Ein von einem Quarz abgegebenes Taktsignal wird über einen gesonderten Bus an jede motorindividuelle Regeleinrichtung gegeben. Dabei können, wie die Einsprechende ausführt, die Druckwerke als Druckstellengruppe im Sinne des Streitpatents angesehen werden, wobei das Leitsystem "Printamat" die übergeordnete Steuerung und der Quarz die der Druckstellengruppe zugeordnete Antriebssteuerung bildet. Der Falzapparat mag auch mit den Druckstellengruppen datentechnisch verbunden sein, denn in der zugehörigen Beschreibung ist auf einen separaten Falzapparat-Antrieb hingewiesen (Seite 392, rechte Spalte, letzter Absatz). Da Druckwerke und Falzapparat für einen ordnungsgemäßen Betrieb grundsätzlich aufeinander abgestimmt betrieben werden müssen, ergibt sich bei einem separaten Antrieb in der Tat eine derartige Verbindung zwangsläufig. Allerdings vermittelt der Hinweis in der Erläuterung auf den Antrieb des Falzapparates bei Längswellenverbindung i. V. m. dem alternativ separaten Antrieb die Lehre (Seite 392, ab letzter Satz im vorletzten Absatz), bei separatem Antrieb den Falzapparat ebenfalls nach einem mit den Druckstellen gemeinsamen Bezug auszurichten, und nicht wie im Streitpatent gefordert, die Druckstellen in Abhängigkeit von Falzapparat anzusteuern. Dieses Verständnis wird gestützt durch die Darstellung in Bild 8, wonach der Signalfluss von den Registerreglern der Druckwerke sowie der Signalfluss vom Quarz nur in "stromabwärtiger" Richtung verläuft. Die Einsprechende 3 meint, der Fachmann könne dieser Struktur alle im erteilten Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale bis auf diese besagte Lieferung der Positionsreferenz vom Falzapparat zu den Druckstellengruppen (Teil aus Merkmal d) entnehmen.

Grafik Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Gemäß Patentanspruch 1 müssen mehrere Druckstellengruppen mit jeweils zugehöriger Antriebssteuerung vorhanden sein, die untereinander über einen Datenbus verbunden sind (Merkmal f). Folgt man der Einsprechenden 3 in ihrer Deutung des Quarzes als Antriebssteuerung, so wird jedoch klar, dass für alle Druckstellen nur eine Antriebssteuerung vorgesehen ist. Somit kann es auch keinen Datenbus zur Verbindung von Antriebssteuerungen untereinander geben (Merkmal f). Über diesen Datenbus sollen die Antriebssteuerungen gemäß Merkmal f auch mit der Bedienungs- und Datenverarbeitungseinheit (übergeordnete Steuerung) verbunden sein. Gemäß der Darstellung in Bild 8 ist solch eine Verbindung ebenfalls nicht gegeben. Denn die übergeordnete Steuerung (Printamat) ist lediglich mit den motorindividuellen Regeleinrichtungen, nicht jedoch mit dem als Antriebssteuerung angesehenen Quarz verbunden.

Demnach unterscheidet sich die streitpatentgemäße Antriebsvorrichtung von dieser bekannten Steuerungsstruktur außer durch die Lieferung der Positionsreferenz vom Falzapparat an die Druckstellengruppen (Teil aus Merkmal d) noch durch die Verbindung von Antriebssteuerungen untereinander und mit der übergeordneten Steuerung gemäß Merkmal f. Eine Anregung zu einer entsprechenden Ausgestaltung kann der Fachmann der Siemens-Zeitschrift nicht entnehmen. Der Senat sieht den Fachmann auch nicht veranlasst, diese vorbekannte Steuerungsstruktur aus fachmännischem Können zu einer Antriebsvorrichtung mit den Merkmalen nach erteiltem Patentanspruch 1 zu modifizieren.

Entsprechende Anregung vermögen auch die übrigen Druckschriften/Veröffentlichungen nicht zu geben.

Zeitungstechnik zeigt einen Rotationsmaschinenantrieb ohne Längswelle (Seiten 78-80). Dort ist in der Abbildung auf Seite 78 (nebenstehend) ein längswellenfreier Druckmaschinen-Mehrmotorantrieb von AEG aus dem Jahr 1975 dargestellt. Die Antriebsvorrichtung umfasst mehrere Druckwerke DW1-DW5 mit jeweils einem angetriebenen Zylinder, deren Antriebsmotoren M und motorindividuellen Antriebsreglern. Es ist ferner ein separat angetriebener Falzapparat vorgesehen, dem die mehreren Druckwerke zugeordnet sind und somit in Bezug zum Falzapparat eine Gruppe bilden. Die je einem Antriebsmotor M zugeordneten Regeleinheiten (Antriebsregler) sind über einen Bus nsoll/tsoll untereinander und offenbar mit einem Leitsystem verbunden, welches allen Einzelantrieben - auch dem des Falzapparates - z. B. eine gemeinsame Leitfrequenz zuführt (Seite 79, linke Spalte, letzter Absatz). Einrichtungen, die als Antriebssteuerung zur Zusammenfassung von mehreren Antrieben zu Druckstellengruppen im Sinne des Streitpatents anzusehen wären, sind der Abbildung nicht zu entnehmen. Der Signalfluss verläuft von dem Bus des gemeinsamen Leitsystems zu den Antriebsreglern der Druckwerke und des Falzapparates. Ebenfalls ist ein Signalfluss zwischen den einzelnen Druckwerken bzw. vom Falzapparat zu den Druckwerken nicht vorgesehen, somit auch keine Abgabe einer Positionsreferenz vom Falzapparat an die Druckwerke.

Grafik Die Einsprechende 1 macht geltend, dass in dem besagte Abbildung enthaltenden Aufsatz auch auf einen Druckmaschinenantrieb mit separaten Antriebsmotoren für jeden Zylinder und jede Zugwalze hingewiesen ist (Seite 78, linke Spalte) ist. Bei einer Übertragung derartiger Einzelantriebe auf das in der Abbildung dargestellte System würde der Fachmann die einem jeweiligen Druckwerk zugeordneten Einzelantriebe zu Gruppen zusammenfassen und dabei dem Druckwerk insgesamt zugeordnet Antriebssteuerungen einsetzen.

Der Senat schließt sich dieser Auffassung nicht an. Davon abgesehen, dass sich bei einer derartigen Übertragung immer noch nicht die Lieferung einer Positionsreferenz vom Falzapparat an die Druckwerke ergäbe, wäre bei einer Aufnahme von Einzelantrieben für jeden Zylinder der Druckwerke in die dargestellte Anordnung die Übernahme der motorindividuellen Regeleinrichtung für jeden Motor naheliegend. Zu einer Gruppenbildung mit eine zusätzliche Leitebene bildenden Antriebssteuerungen gibt Zeitungstechnik somit keine Anregung. Dieser Stand der Technik liegt somit weiter ab als der nach Siemens-Zeitschrift.

In Deutscher Drucker ist eine Leitstandtechnik im Zeitungsdruck dargestellt (Seite w145, Abbildung 5). Hier werden verschiedene Ebenen gebildet, die zur Steuerung der Druckwerke und der Falzapparate dienen. Dabei gibt es eine übergeordnete Steuerung (Produktionsleitrechner 10) sowie eine Gruppenleitebene 3, von der jeweils zwei Druckwerke und ein Falzapparat angesteuert werden. Allerdings gibt dieses Dokument keinen Hinweis, dass diese Leitebenen-Hierarchie der Synchronisierung von Zylinderantrieben untereinander und relativ zum Falzapparat dient. Vielmehr wird die Verwendung zur Einstellung und Überwachung von maschinen- und druckauftragabhängigen Parametern nahegelegt, wie Bahnspannung, Satzspiegel, Farbe/Wasser etc. (Seite w145, 2. Spalte von links, Absatz 6)). Auch ist über die Richtung der Signalflüsse keine Aussage gemacht, so dass nicht erkennbar ist, ob der Falzapparat eine Positionsreferenz an die Gruppenleitebene 3 zurückgibt oder von dieser aus nur ansteuerbar ist. Diese Anordnung liegt damit ebenfalls weiter vom Gegenstand des Streitpatents als diejenige nach Siemens-Zeitschrift.

Grafik Die JP 59-087 157 A zeigt eine Steuerungsstruktur, bei der Impulse eines Impulsgebers 12 des Antriebsmotors 6 eines Falzapparates 4,5 an Antriebsregler 19-22 der Druckwerke (3ad) zu deren Synchronisierung mit dem Falzapparat geliefert werden (Übersetzung Seite 2, vorletzter Absatz). Damit ist es bekannt, im Sinne des Merkmals d nach erteiltem Patentanspruch 1 eine Positionsreferenz vom Falzapparat an Antriebsregler der Druckwerkmotoren zu liefern. Bei einer Verknüpfung mit der aus Siemens-Zeitschrift bekannten Steuerungsstruktur würde dann der Falzapparat die Positionsreferenz direkt an die dort dargestellten motorindividuellen Regeleinrichtungen liefern. Damit ergäbe sich nicht die streitpatentgemäße Ausgestaltung mit gruppenweisem Bezug und gruppenweiser Verarbeitung der Positionsreferenz und demgegenüber ein erhöhter regelungsstruktureller Aufwand.

Entsprechendes gilt für die Anordnung nach der DE 20 46 131 C3. Bei dieser Regelung der Drehzahlen der Einzelantriebe eines elektrischen Mehrmotorantriebes einer Druckmaschine sind je Druckwerk 8-10 ein Antriebsmotor 2-4 mit zugehörigem Regelteil 12-14 sowie zwei über separate Antriebsmotoren 1,5 angetriebene Falzapparate 6,7 vorgesehen. Die Motoren der Druckwerke werden über Wahlschienen 25,26 mit dem Taktsignal wahlweise eines der jedem Falzapparat zugeordneten Taktgeber 23,24 beaufschlagt (Spalte 2, Zeilen 23-27). Der Fachmann mag hieraus ebenfalls die Anregung entnehmen, den Falzapparat als Bezugsstandard für die Druckwerkantriebe zu verwenden. Diese Druckschrift führt damit aber nicht weiter als die oben dargelegte JP 59-087 157 A.

Grafik Grafik Die DE 36 02 894 C2 zeigt eine Schnittregister-Kompensationsvorrichtung bei einer Rollenrotationsdruckmaschine mit zwei Druckwerken 1,2 und einem Falzapparat 13. Die Gummizylinder 3 der Druckwerke sowie der Messerzylinder 14 des Falzapparates liefern jeweils eine Positionsreferenz an eine Vergleichs- und Steuerschaltung 22, die ihrerseits eine gesonderte Bahn-Registereinrichtung 7,15 in Form einer verschwenkbaren Papierleitwalze ansteuert. Im Hinblick auf die streitpatentgemäße Lehre vermag der Fachmann dieser Druckschrift nur das Prinzip zu entnehmen, zur registerhaltigen Bahnführung Druckwerke und Falzapparat als Bezug zugrundezulegen. Eine gegenseitige Beeinflussung von Falzapparat- und Druckwerkantrieben ist nicht vorgesehen.

Aus vorstehenden Ausführungen wird klar, dass keine der in der mündlichen Verhandlung aufgegriffenen Entgegenhaltungen für sich noch eine beliebig geartete Zusammenschau den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nahezulegen vermag. Eine Zusammenschau hält der Senat im Übrigen grundsätzlich für fernliegend, denn Steuerungen der in Rede stehenden Art bestehen aus derart komplex miteinander vernetzten Komponenten, dass eine Änderung in nur einem Bereich (bei einer Verknüpfung) nicht ohne Einfluss auf die übrigen Bereiche bleibt und damit umfangreiche Anpassungen auch der übrigen Bereiche zur Folge hat. Schon der dargelegte Stand der Technik zeigt, dass eine Mehrzahl von verschiedenartigen Druckmaschinensteuerungen für den längswellenlosen Betrieb existiert, deren jede für sich eine in sich abgeschlossene und komplette Lösung darstellt. Der Senat ist deshalb der Überzeugung, dass eine Zusammenschau des in Betracht gezogenen Standes der Technik mit dem Ergebnis der streitpatentgemäßen Antriebsvorrichtung nur zustande kommen kann, wenn Bausteine der verschiedenen Lösungen in Kenntnis der Erfindung gezielt zusammengeführt werden. Ohne die Kenntnis der Erfindung konnte der Fachmann aus diesem Stand der Technik keine Anregung erhalten, eine Antriebsvorrichtung mit den Merkmalen nach dem erteilten Patentanspruch 1 zu schaffen.

Grafik Die Prüfung durch den Senat hat ergeben, dass auch die übrigen, von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften des Einspruch- und Prüfungsverfahrens dem Fachmann keinen Hinweis zur streitpatentgemäßen Lösung geben können.

Von dem Patentanspruch 1 getragen werden die Unteransprüche 2 und 3, die zweckmäßige Weiterbildungen der Antriebsvorrichtung nach Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.

7. Nach alledem waren die Beschwerden zurückzuweisen. Damit bleibt es bei dem Aufrechterhaltungsbeschluss der Patentabteilung. Damit ist auch der Beitritt beschieden, ein erneuter und gesonderter Ausspruch der Aufrechterhaltung durch den Senat erübrigt sich.






BPatG:
Beschluss v. 28.08.2006
Az: 9 W (pat) 16/04


Link zum Urteil:
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