Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. September 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 44/02

(BPatG: Beschluss v. 17.09.2002, Az.: 27 W (pat) 44/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Januar 2002 aufgehoben.

Gründe

I Der Anmelder begehrt die Eintragung der Wortmarke OFFICECAD für "Computerhardware, Computersoftware; Erstellen von Datenverarbeitungsprogrammen, Leasing von Computersoftware; EDV-Beratung und EDV-Schulung; Dienstleistungen eines Ingenieurs" in das Register.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die sich aus den Elementen "Office" und "CAD" zusammensetzende Bezeichnung werde der Verkehr mit Blick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen nur als beschreibenden Hinweis darauf auffassen, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ein computerunterstütztes zeichnerisches Arbeiten für den Bürogebrauch zum Gegenstand hätten. Denn der Bestandteil "CAD" sei die Abkürzung für den Ausdruck "Computer Aided Design", der für die computerunterstützte zwei- und dreidimensionale zeichnerische Gestaltung stehe, und der weitere Bestandteil "OFFI-CE" sei die terminologische Gattungsbezeichnung für bürobezogene Computerunterstützung, insbesondere für ein Bürosoftwarepaket, in dem ergänzende, für den Einsatz im Büro konzipierte Anwendungsprogramme zusammengefasst seien. Eine interpretationsbedürftige Mehrdeutigkeit, die über diesen der Wortschöpfung unmittelbar innewohnenden beschreibenden Bedeutungsinhalt hinausgehe, liege nicht vor, da der ins Auge gefasste Anwendungsbereich klar umschrieben werde, ohne weitere, die Individualisierung fördernde Merkmale hinzuzufügen. Wegen ihres rein beschreibenden Sinngehalts fehle der Anmeldemarke nicht nur die erforderliche Unterscheidungskraft, sondern sie sei auch freihaltebedürftig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die nicht begründete Beschwerde des Anmelders. Zunächst schränkt der das ursprüngliche Waren- und Dienstleistungsverzeichnis dahingehend ein, dass die Anmeldemarke nur noch für die Ware "Computerhardware" und die Dienstleistung "Dienstleistungen eines Vermessungsingenieurs" geschützt werden soll. Im übrigen führt er aus: Der Gesamtbegriff "OFFI-CECAD" sei lexikalisch nicht nachweisbar, weshalb nicht unterstellt werden könne, der Verkehr werde ihn in die beiden Bestandteile "OFFICE" und "CAD" aufspalten. Darüber hinaus seien sowohl die Bestandteile "OFFICE" und "CAD" als auch das Gesamtzeichen "OFFICECAD" mehrdeutig und interpretationsbedürftig, was der Annahme sowohl einer fehlenden Unterscheidungskraft als auch eines Freihaltebedürfnisses entgegenstehe.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nachdem der Anmelder sein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis im Beschwerdeverfahren eingeschränkt hat, stehen der Eintragung der Anmeldemarke keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG mehr entgegen.

Allerdings wird, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, der Markenbestandteil "OFFICE" allgemein - was wohl auch der Anmelder jetzt nicht mehr ernsthaft bezweifelt - für Büro-Software und der weitere Bestandteil "CAD" als Abkürzung für "Computer Aided Design" verwendet (vgl DUDEN, Wörterbuch der Abkürzungen, 4. Aufl, S 76; Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1994, S 101; Irlbeck/Langenau, Computer-Lexikon, 4. Aufl, S 139; Microsoft Press, Computer-Lexikon, Ausgabe 2002, S 132; Voss, Das große PC-Lexikon 2001/2002, S 190; Schulze, Computerkürzel, S 54; Amkreutz, Abkürzungen der Informationsverarbeitung, 1986, S 88f; Rosenbaum, Expert Praxislexikon EDV-Abkürzungen, 2000, S 46; Schönborn, Abkürzungen der Elektronik, 1993, S 29; Brown, Electronics And Computer Acronyms, 1988, S 30; Wennrich, Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotechnik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1992, Band 1, S 153 f; s.a. BPatG 32 W (pat) 95/99 - CADsys; 29 W (pat) 26/99 - PIPECAD; 25 W (pat) 21/01 - web2cad; HABM, R 365/00-1 - MULTI-CAD; R 90/99-3 - CADNET; R 167/99-1 - HiCAD). Soweit für die Abkürzung auch weitere Bedeutungen genannt werden (vgl Kobischke, aaO; Wennrich, aaO, Rosenbaum, aaO), treten diese in Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Datenverarbeitung zurück, weil der angesprochenen Durchschnittsverbraucher mit den Bezeichnungen "CAD" und "CAD-Programme" unmittelbar nur die ihm bekannte Zeichensoftware verbindet.

Dies berechtigt aber noch nicht zu der Annahme, dass die Anmeldemarke für die Waren und Dienstleistungen, für welche sie jetzt nur noch geschützt werden soll, freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig wäre. Zwar liegt es nahe, dass die angesprochenen Verbrauchern, denen die beiden Begriffe "OFFICE" und "CAD" für Datenverarbeitungsprogramme geläufig sind, auch ihre Verbindung zu "OFFICECAD" - auch wenn dieser Begriff derzeit lexikalisch noch nicht nachweisbar ist (vgl BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I) - unmittelbar als Gattungsbezeichnung für ein Software-Paket verstehen, welches neben den üblichen Anwendungsprogrammen für den Bürogebrauch auch ein besonderes technisches Zeichenprogramm enthält und sich damit vorzugsweise an Ingenieure und Architekten wendet. In bezug auf "Computerhardware" und "Dienstleistungen eines Vermessungsingenieurs" kann von einem solchen Verständnis der Anmeldemarke aber nicht ausgegangen werden.

Zwar setzt die Datenverarbeitung sowohl Hard- als auch Software voraus. Die in einem Warenverzeichnis allein beanspruchte Ware "Hardware" beinhaltet aber nicht gleichzeitig auch die zur Durchführung der Datenverarbeitung erforderliche Software. Da dem Verkehr die Tatsache, dass die bloße Computerhardware grundsätzlich mit jeder Software verbunden werden kann, bekannt ist und er hiervon wie selbstverständlich ausgeht, drängt sich ihm bei Wahrnehmung der an einer Hardware angebrachten Kennzeichnung "OFFICECAD" nicht unmittelbar die Vorstellung auf, hierdurch solle allein zum Ausdruck gebracht werden, dass die konkrete Ware mit einem Office-Programm mit CAD-Funktion versehen werden kann. Erst nach weiteren Gedankenschritten, zu welchen er aber nicht neigt (st Rspr, vgl BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 - PROTECH), wird ihm ein solcher Gedanke kommen können. Der Verkehr wird daher die angemeldete Kennzeichnung an Computerhardware auf den ersten Blick als eigentümlich und "verfremdend" und damit als betrieblichen Herkunftshinweis erachten.

Die "Dienstleistungen eines Vermessungsingenieurs" wiederum können zwar mittels eines CAD-Programms dargestellt werden, hierbei handelt es sich aber nicht um die Dienstleistung selbst, sondern lediglich um die Wiedergabe ihrer Ergebnisse. Auch hier bedürfte es daher schon weiterer Überlegungen des Verkehrs, um der Anmeldemarke für diese Dienstleistungen eine Bedeutung beizumessen. Der Verkehr hat daher keine Veranlassung, die Anmeldemarke anders denn als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Dienstleistung zu verstehen.

Da der Anmeldemarke somit nunmehr keine absoluten Schutzhindernisse mehr entgegenstehen, war der ihr die Eintragung versagende Beschluss der Markenstelle somit aufzuheben.

Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 17.09.2002
Az: 27 W (pat) 44/02


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