Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Mai 2003
Aktenzeichen: 14 W (pat) 320/02

(BPatG: Beschluss v. 20.05.2003, Az.: 14 W (pat) 320/02)

Tenor

Auf den Einspruch wird das Patent beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:

Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2003 Patentansprüche 2 bis 6, Beschreibung und Zeichnungen, jeweils gemäß Patentschrift.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 101 23 559 mit der Bezeichnung

"Raucherzeuger"

ist am 20. Juni 2002 veröffentlicht worden.

Gegen dieses Patent ist mit dem am 14. September 2002 eingegangenen Schriftsatz vom 13. September 2002 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dem Gegenstand des Streitpatents fehle es an der erfinderischen Tätigkeit.

Zur Untermauerung ihres Vorbringens verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften:

(1) DE 197 26 558 A1

(2) DE 29 08 649 A1

(3) DE-GM 695 04 15

(4) DE 29 00 012 A1 Die Einsprechende macht ferner unter Hinweis auf

(5) Schreiben der Firma Reich Klima-Räuchertechnik vom 8. Mai 2003 geltend, dass wenigstens der Gegenstand des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents nicht mehr neu sei.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen des Einsprechenden in allen Punkten entgegen. Bezüglich des Schreibens der Firma Reich (5) verweist sie auf den in der mündlichen Verhandlung überreichten

(6) Auszug aus der Homepage der Firma Reich Klima-Räuchertechnik vom 16. Mai 2003.

Sie beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruchs 1, der Patentansprüche 2 bis 6 gemäß Patentschrift sowie der Beschreibung und den Zeichnungen gemäß Patentschrift (Hauptantrag), hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß Hilfsantrag vom 17. Februar 2003.

Die dem Hauptantrag zugrundeliegenden Patentansprüche 1 bis 6 lauten:

"1. Kombinationsraucherzeuger (1) zur Behandlung von Fleisch-, Wurst- oder Fischwaren mit einem Friktionsrauchaggregat (4) und mit einem im Raucherzeuger (1) angeordneten Verschwelrauchtopf (3).

2. Raucherzeuger nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Friktionsrauchaggregat (4) und der Glimm- oder Verschwelrauchtopf (3) in einer Tür (2) des Raucherzeugers (1) angeordnet sind.

3. Raucherzeuger nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Glimm- oder Verschwelrauchtopf (3) höhenverstellbar angeordnet ist.

4. Raucherzeuger nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der in den Glimm- oder Verschwelrauchtopf (3) geleitete Verschwelluftstrom durch ein Umluftgebläse des Raucherzeugers (1) erzeugt wird.

5. Raucherzeuger nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der in den Glimm- oder Verschwelrauchtopf (3) geleitete Verschwelluftstrom durch das Friktionsgrad (6) des Friktionsrauchaggregats (4) erzeugt wird.

6. Raucherzeuger nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Steuerung zum zeitlich getrennten oder gleichzeitigen Betrieb des Friktionsrauchaggregats (4) und des Glimm- oder Verschwelrauchtopfes (3) vorgesehen ist."

Zum Wortlaut der Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag sowie zu weiteren Einzelheiten des schriftlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG idF des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Art 7 Nr 37 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen; er ist daher zulässig. Für das gemäß Hauptantrag der Patentinhaberin verfolgte Patentbegehren können aber weder die geltend gemachten Widerrufsgründe greifen, noch sind andere Widerrufsgründe ersichtlich.

3. Die Patentansprüche 1 bis 6 sind zulässig.

Der Anspruch 1 geht inhaltlich auf den ursprünglichen Anspruch 1 in Verbindung mit Seite 2 Abs 1 der ursprünglichen Beschreibung bzw auf den erteilten Patentanspruch 1 in Verbindung mit Spalte 1 Z 40 bis 46 der Streitpatentschrift zurück. Die geltenden Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen und erteilten Ansprüchen 2 bis 6.

4. Der zu berücksichtigende Stand der Technik, zu dem der Senat zugunsten der Einsprechenden die technische Lehre gerechnet hat, die die bei der Firma Reich Klima-Räuchertechnik in Urbach vorbenutzte Rauchanlage vermittelt, steht der Patentfähigkeit des Gegenstandes nach Anspruch 1 nicht entgegen. Der Kombinationsraucherzeuger mit einem Friktionsrauchaggregat und mit einem im Raucherzeuger angeordneten Glimm- oder Verschwelrauchtopf nach dem geltenden Anspruch 1 ist neu.

Aus (5) geht hervor, dass in den Jahren 1998 und 1999, also vor dem Anmeldetag (15. Mai 2001) des Streitpatents, kombinierte Rauchanlagen mit einem Reibraucherzeuger FR 702 und einem Glimmraucherzeuger G 200 S gebaut, auf Messen vorgeführt und bei verschiedenen Kunden betrieben wurden. Bei den in Rede stehenden Raucherzeugern handelt es sich aber, wie auch anschaulich aus (6) hervorgeht, jeweils getrennt um einen Reibraucherzeuger und einen Glimmraucherzeuger, die an eine kombinierte Rauchanlage angeschlossen werden können, und nicht um einen Kombinationsraucherzeuger mit einem Friktionsrauchaggregat und mit einem in diesem Raucherzeuger angeordneten Glimm- oder Verschwelrauchtopf.

Auch die entgegengehaltenen Druckschriften (1) bis (4) können, von der Einsprechenden unbestritten, die Neuheit des Kombinationsraucherzeugers nach Anspruch 1 nicht Frage stellen. Lediglich (1) betrifft einen Kombinationsraucherzeuger, der im Gegensatz zum Gegenstand des Anspruchs 1 aber auf einem Reibrauch- bzw Friktionsrauchaggregat mit zusätzlichem Flüssigrauch basiert (Anspruch 17). Bei der aus (2) bekannten Gasbehandlungsanlage für Lebensmittel wird neben einem Muffelbrenner ein Reibrauchgenerator verwendet (Ansprüche 8, 14 und S 15 le Abs - S 16 Abs 1). (3) zeigt einen Raucherzeuger mit mindestens zwei Räuchergut-Schweleinrichtungen (Anspruch 1) und (4) betrifft eine Räucherkammer, bei der das Räucheraggregat in die Tür der Kammer eingebaut ist (Anspruch 1).

5. Der beanspruchte Kombinationsraucherzeuger beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Raucherzeuger bereitzustellen, der mit gegenüber bekannten Raucherzeugern möglichst minimiertem Installationsaufwand eine zusätzliche Geschmacksgebung und Geschmacksvielfalt der Räucherwaren ermöglicht (Patentschrift Sp 1 [0004]). Die Aufgabe wird gelöst durch einen Kombinationsraucherzeuger mit den Merkmalen:

1. Kombinationsraucherzeuger zur Behandlung von Fleisch-, Wurst- oder Fischwaren 2. mit einem Friktionsrauchaggregat und 3. mit einem Glimm- oder Verschwelrauchtopf, 4. der im Raucherzeuger angeordnet ist.

Kombinationsraucherzeuger bzw kombinierte Rauchanlagen sind aus dem Stand der Technik bekannt. Aus (1) geht ein Kombinationsraucherzeuger hervor, bei dem zusätzlich zu einem Reibrauch- bzw Friktionsrauchaggregat Flüssigrauch eingesetzt wird (Anspruch 17). Durch diese Kombination von Reibrauch und Flüssigrauch lässt sich auf einfache Weise ein optisch und geschmacklich attraktives Lebensmittel herstellen, wobei der Flüssigrauch für eine relativ gleichmäßige Färbung des Lebensmittels verantwortlich ist (Sp 2 Z 8-17). Der Einsatz eines Glimmraucherzeugers wird bei (1) wegen verschiedener Nachteile, insbesondere auch unzureichender Färbung der behandelten Lebensmittel, nicht in Betracht gezogen (Sp 1 Z 11-20). Eine technische Gleichwirkung zwischen Flüssigrauchbehandlung und Glimmrauchbehandlung liegt daher nicht vor. Einen Hinweis die Aufgabe durch einen Kombinationsraucherzeuger mit den Merkmalen des Anspruchs 1 zu lösen, erhält der Fachmann, ein mit Lebensmitteltechnik befasster Maschinenbauingenieur, daher aus (1) nicht.

Auch die aus (5) in Verbindung mit (6) hervorgehende kombinierte Rauchanlage, bei der getrennt von einander ein Friktionsraucherzeuger und ein Glimmraucherzeuger an die Anlage angeschlossen sind, kann die durch den Kombinationsraucherzeuger gemäß Anspruch 1 des Streitpatents gefundene Lösung der patentgemäßen Aufgabe nicht nahe legen. Ausgehend von dieser Rauchanlage musste der Fachmann ein Friktionsaggregat und einen Glimm- oder Verschwelrauchtopf in einen Kombinationsraucherzeuger einbauen, wofür es kein Vorbild gab, und erkennen, dass ein solcher Kombinationsraucherzeuger die Aufgabe löst, Räucherwaren eine zusätzliche Geschmacksnote und verbesserte Geschmacksvielfalt zu verleihen. Ein kombinierter gemeinsamer Betrieb der beiden Raucherzeuger, wie er zur aufgabengemäßen zusätzlichen Geschmacksgebung und Verbesserung der Geschmacksvielfalt der Räucherwaren erforderlich wäre, wurde von der Einsprechenden für die Rauchanlage gemäß (5) nicht geltend gemacht.

Bei der aus (2) bekannten Gasbehandlungsanlage für Lebensmittel mit einem Muffelbrenner und einem Reibrauchgenerator dient der Muffelbrenner als essentielles Bauteil der Anlage zum Trocknen der Lebensmittel durch Wärme (Ansprüche 1, 8, S 12 Abs 2 und S 17 Abs 1). Es handelt sich daher bei (2) nicht um einen Kombinationsraucherzeuger. Die Anlage gemäß (2) soll auch die Aufgabe lösen, sowohl ein Trocknen oder Backen als auch ein Räuchern und Kochen oder Brühen des Behandlungsgutes nacheinander zu ermöglichen (S 9 Abs 3). Der Kombinationsraucherzeuger mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents wird durch (2) nicht nahe gelegt.

Die Auffassung der Einsprechenden, dass die Auffindung der streitpatentgemäßen Lösung der Aufgabe dem Fachmann zuzumuten sei, kann daher nicht durchgreifen. Vielmehr war, wie dargelegt, die Bereitstellung eines Kombinationsraucherzeugers, der erstmals ein Friktionsrauchaggregat und einen in den Raucherzeuger eingebauten Glimm- oder Verschwelrauchtopf aufweist, nicht ohne erfinderisches Zutun möglich.

Die Berücksichtigung der weiteren dem Senat vorliegenden, in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften führt zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts.

6. Der Kombinationsraucherzeuger nach dem geltenden Anspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit außer Frage steht, erfüllt somit alle Kriterien der Patentfähigkeit.

Der dem Hauptantrag zugrundeliegende Anspruch 1 hat somit Bestand. Die geltenden Ansprüche 2 bis 6 betreffen besondere Ausführungsformen des Kombinationsraucherzeugers gemäß Hauptanspruch und sind somit mit diesem rechtsbeständig.

Bei dieser Sachlage bleibt für ein Eingehen auf den Hilfsantrag der Patentinhaberin kein Raum. Vielmehr war, wie im Tenor angegeben, zu beschließen.

Schröder Wagner Harrer Gerster Pü






BPatG:
Beschluss v. 20.05.2003
Az: 14 W (pat) 320/02


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