Bundesgerichtshof:
Urteil vom 17. Januar 2002
Aktenzeichen: I ZR 161/99
(BGH: Urteil v. 17.01.2002, Az.: I ZR 161/99)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Mai 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Parteien sind miteinander im Wettbewerb stehende pharmazeutische Unternehmen. Sie vertreiben jeweils ein verschreibungspflichtiges Hormonpräparat, mit dem Beschwerden von Frauen in und nach den Wechseljahren mit Hilfe einer Hormonsubstitution behandelt werden können. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Sonderdruck einer Vergleichsstudie an Ärzte versenden darf, in der zwei zur Hormonsubstitution bestimmte Präparate gegenübergestellt worden sind.
Die Beklagte vertreibt das Arzneimittel Presomen, ein aus einem Östrogen und einem Gestagen zusammengesetztes Kombinationspräparat, das 0,6 mg konjugiertes Östrogen (englische Abkürzung: CEE) und 5 mg Medrogeston enthält. Das Präparat der Klägerin - es hieß bis 1996 Kliogest, seitdem heißt es Kliogest N - ist ebenfalls ein Kombinationspräparat aus einem Östrogen (2 mg Estradiol = E2) und einem Gestagen (1 mg Norethisteronacetat = NETA). Kliogest N unterscheidet sich von Kliogest dadurch, daß es kein Estriol (oder Östriol) enthält, einen zusätzlichen Wirkstoff, von dem Kliogest 1 mg enthalten hatte. Andere Arzneimittel mit derselben Zusammensetzung wie Presomen und Kliogest N werden in Deutschland nicht vertrieben.
Im Oktober 1997 fand in Wien ein - offenbar von der Beklagten oder in Zusammenarbeit mit ihr veranstalteter - Kongreß über "HRT and Mamma" (HRT = Hormone Replacement Therapy, Hormonersatztherapie) statt. Nach diesem Kongreß versandte die Beklagte Sonderdrucke eines Beitrags mit dem Titel "Einfluß der Hormonsubstitution auf die Mammographiediagnostik" an Ärzte. In dem Beitrag berichtete der Gynäkologe Dr. B. von einer Vergleichsstudie, bei der seit 1990 jährlich 2.500 hormonsubstituierte Patientinnen beobachtet worden waren. Der eine Teil der Patientinnen war mit dem Präparat der Klägerin, der andere mit dem Präparat der Beklagten substituiert worden. Im Beitrag wurden jedoch nur die Wirkstoffe genannt, und zwar für das Präparat der Klägerin "2 mg E2 + 1 mg NETA" und für das Präparat der Beklagten "0,6 mg CEE + 5 mg medrogestone". Das Ergebnis der Untersuchung war, daß das Präparat der Klägerin zu einer deutlich stärkeren Dichtigkeit des Gewebes führe, wodurch die Mammographiediagnostik erschwert werde. Dies wurde zusätzlich durch die - nachstehend wiedergegebenen - Röntgenbilder von zwei Patientinnen belegt. Sie zeigen links oben eine erste Aufnahme nach Behandlung mit dem Präparat der Klägerin und rechts oben eine zweite Aufnahme nach Umstellung auf das Präparat der Beklagten sowie links unten eine erste Aufnahme nach Behandlung mit dem Präparat der Beklagten und rechts unten eine zweite Aufnahme nach Behandlung mit dem Präparat der Klägerin.
Die Klägerin hat in dem Verhalten der Beklagen eine Anschwärzung und eine unlautere und irreführende Werbung gesehen. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken eine vergleichende Gegenüberstellung des Erscheinungsbildes der Brustgewebestruktur in der Mammographie nach der Behandlung mit einer Kombination aus 2 mg E2 + 1 mg NETA einerseits und mit einer Kombination aus 0,6 mg CEE + 5 mg medrogestone andererseits an Dritte, insbesondere an Ärzte, abzugeben und/oder abgeben zu lassen, wie mit der Unterlage "IV. European Congress on Menopause" (dort S. 10) geschehen (es folgt die oben wiedergegebene Abbildung).
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat in dem von der Beklagten verbreiteten Artikel eine pauschale Herabsetzung des Präparats der Klägerin gesehen, die auch bei grundsätzlicher Zulässigkeit der vergleichenden Werbung weiterhin wettbewerbswidrig sei. Das Oberlandesgericht hat das vom Landgericht ausgesprochene Verbot mit anderer Begründung bestätigt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten der Beklagten eine irreführende Werbung gesehen. Der fragliche Beitrag erwecke durch die Gegenüberstellung der vier Röntgenbilder den Anschein, daß Brustkrebs aufgrund der Behandlung mit dem Präparat Kliogest N mit Hilfe der Mammographie schwerer zu erkennen sei, diese Beeinträchtigung der Diagnostizierbarkeit jedoch dadurch rückgängig gemacht werden könne, daß Kliogest N abgesetzt und statt dessen das Präparat der Beklagten gegeben werde. Ob diese wissenschaftliche Erkenntnis zutreffend sei, sei unerheblich. Die Fachärzte für Gynäkologie, an die der Sonderdruck versandt worden sei, müßten annehmen, daß die in dem Beitrag von Dr. B. berichteten Erkenntnisse auf einer langjährigen Behandlung von Patientinnen mit dem aktuellen Präparat der Klägerin, also mit Kliogest N, beruhten. Dies sei indessen nicht möglich, weil Kliogest N zum Zeitpunkt des Kongresses im Herbst 1997 erst seit kurzem, nämlich seit Anfang 1996, auf dem Markt gewesen sei. Damit reduziere sich die wissenschaftliche Grundlage des Beitrags - Untersuchung von 2.500 Frauen jährlich seit 1990 - erheblich. Auch die beiden in dem Beitrag links oben und rechts unten abgedruckten Röntgenbilder könnten unmöglich nach einer längeren Behandlung mit Kliogest N aufgenommen worden sein, was sich schon daraus ergebe, daß die betreffenden Patientinnen nach diesen Röntgenaufnahmen auf Presomen umgestellt und vor Oktober 1997 noch längere Zeit mit diesem Mittel behandelt worden seien. Der falsche Eindruck einer Behandlung mit Kliogest N werde dadurch erweckt, daß unter diesen Bildern die Zusammensetzung von Kliogest N und nicht die des Vorgängerprodukts Kliogest angegeben sei. Dabei könne dahinstehen, ob Kliogest und Kliogest N - wie von der Beklagten behauptet - hinsichtlich der Wirkstoffe identisch seien.
Da die Verbreitung des in Rede stehenden Artikels schon unter dem Gesichtspunkt einer irreführenden Werbung zu untersagen sei, könne auch offenbleiben, ob in dem Verhalten der Beklagten eine pauschale Herabsetzung der Klägerin liege.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme einer irreführenden Werbung nach § 3 UWG oder § 3 HWG i.V. mit § 1 UWG. Nach dem vom Berufungsgericht als richtig unterstellten Vorbringen der Beklagten kann revisionsrechtlich nicht davon ausgegangen werden, daß in dem als Sonderdruck versandten wissenschaftlichen Beitrag von Dr. B. unzutreffende Angaben über das im Rahmen der Vergleichsstudie verabreichte Präparat der Klägerin gemacht worden sind.
a) Der Umstand, daß es sich im Streitfall um eine vergleichende Werbung im Sinne des nach Erlaß des Berufungsurteils in Kraft getretenen § 2 Abs. 1 UWG handelt, deren Zulässigkeitsvoraussetzungen - in Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG - grundsätzlich in § 2 Abs. 2 UWG geregelt sind, ändert nichts daran, daß in Fällen, in denen eine vergleichende Werbung irreführend ist, nach wie vor § 3 UWG sowie gegebenenfalls die spezialgesetzlichen Irreführungsverbote einschlägig sind. Der deutsche Gesetzgeber hat die den irreführenden Vergleich betreffende Bestimmung des Art. 3a Abs. 1 lit. a der Richtlinie 84/450/EWG (in der durch die Richtlinie 97/55/EG geänderten Fassung) durch einen klarstellenden Hinweis in § 3 UWG umgesetzt, dem zufolge Angaben über geschäftliche Verhältnisse auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sind.
b) Das Berufungsgericht ist - von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, daß es für die Fachkreise, an die der Sonderdruck des fraglichen Aufsatzes geschickt worden ist, ohne weiteres erkennbar war, daß es sich bei den dort gegenübergestellten Hormonpräparaten um die von den Parteien vertriebenen Arzneimittel handelte. Es hat eine Irreführung darin gesehen, daß der Verkehr aufgrund der angegebenen Zusammensetzung der Wirkstoffe annehme, bei der Vergleichsstudie sei Presomen mit Kliogest N, dem aktuellen Präparat der Klägerin, verglichen worden, während den Patientinnen in Wirklichkeit zumindest in den ersten Jahren der Vergleichsstudie nicht Kliogest N, sondern das Vorgängerpräparat Kliogest verabreicht worden sei.
Die Beklagte hat dazu im Laufe des Berufungsverfahrens - nachdem sie durch eine Verfügung des Berichterstatters auf diese Umstände hingewiesen worden war - mit Schriftsatz vom 4. Mai 1999 ausführlich Stellung genommen. Sie hat vorgetragen, das Vorgängerpräparat Kliogest, das die Klägerin bis Anfang 1996 vertrieben habe, sei - soweit es um die hier relevanten Wirkstoffe gehe - mit Kliogest N identisch gewesen. Das in Kliogest, nicht aber in Kliogest N enthaltene zusätzliche Östrogen Estriol - unstreitig der einzige Unterschied zwischen den beiden Varianten - sei praktisch völlig unwirksam geblieben. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen, anders als die Revision meint, nicht übergangen, sondern für nicht erheblich gehalten, weil dadurch der Vorwurf der Irreführung nicht ausgeräumt werde.
Dieser Beurteilung des Berufungsgerichts kann nicht beigetreten werden. Wird das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 4. Mai 1999 zugrunde gelegt, kann nicht ohne weiteres von einer unzutreffenden Angabe und damit von einer Irreführung ausgegangen werden. Die im Beitrag von Dr. B. angegebene Wirkstoffzusammensetzung von Kliogest N ("2 mg E2 + 1 mg NETA") trifft danach auch für Kliogest zu, allerdings mit der Maßgabe, daß bei Kliogest noch ein weiterer - zu unterstellen: praktisch wirkungsloser - Bestandteil (1 mg Estriol) hinzutritt. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht sachverständigen Rat hätte einholen müssen, um unter diesen Umständen eine Irreführung zu bejahen.
Beruft sich ein pharmazeutisches Unternehmen in seiner Werbung gegenüber den Fachkreisen auf einen wissenschaftlichen Beitrag, so kommt es für die Frage der Irreführung in erster Linie darauf an, ob der fragliche Beitrag wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Ist die Arbeit oder die Versuchsreihe, über die er berichtet, nach wissenschaftlichen Maßstäben nicht zu beanstanden, trifft das Pharmaunternehmen, das sie zu Werbezwecken verbreitet, kein Vorwurf der Irreführung. Werden dagegen in dem Beitrag Umstände unberücksichtigt gelassen, die nach wissenschaftlichen Maßstäben in die Untersuchung hätten einfließen müssen, kann in der Verwendung einer solchen - wissenschaftlich unzulänglichen - Arbeit eine irreführende Werbung nach § 3 UWG oder § 3 HWG zu sehen sein.
Im Streitfall stellt sich danach die Frage, ob es aus wissenschaftlicher Sicht zu beanstanden ist, daß in dem Beitrag von Dr. B. auch hinsichtlich der Patientinnen, die mit Kliogest behandelt worden sind, die Wirkstoffzusammensetzung "2 mg E2 + 1 mg NETA" genannt ist. Hierzu bedarf es ergänzender Feststellungen, die nicht ohne sachverständige Unterstützung getroffen werden können.
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO a.F.).
a) Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer nach § 2 UWG unzulässigen vergleichenden Werbung zu.
aa) Allerdings handelt es sich bei dem beanstandeten Verhalten der Beklagten um eine vergleichende Werbung i.S. von § 2 Abs. 1 UWG. Durch die Versendung des Sonderdrucks des Beitrags von Dr. B. hat die Beklagte sich das Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchung zu eigen gemacht. Auch wenn die Untersuchung selbst nicht von Wettbewerbszwecken getragen war, hat jedenfalls die Beklagte bei Versendung der Sonderdrucke zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt (vgl. BGH, Urt. v. 14.7.1961 - I ZR 40/60, GRUR 1962, 45, 47 = WRP 1961, 307 - Betonzusatzmittel; Piper in Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., Einf. Rdn. 231; Köhler in Köhler/Piper aaO § 14 Rdn. 5). Ohne ihren Namen zu nennen, hat der Beitrag von Dr. B. die gegenübergestellten Produkte der Parteien nach den getroffenen Feststellungen durch die Angabe der jeweiligen Wirkstoffzusammensetzung für die Fachkreise als Adressaten der Werbemaßnahme erkennbar gemacht (vgl. auch BGHZ 138, 55, 65 - Testpreis-Angebot).
bb) Indem die Arbeit von Dr. B. die Wirkungen der beiden Präparate der Parteien unter einem Gesichtspunkt - nämlich die Auswirkungen auf die Mammographiediagnostik - untersucht, stellt sie einen Vergleich an, der auf eine wesentliche, relevante und typische Eigenschaft der beiden Präparate bezogen ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Es begegnet insbesondere keinen Bedenken, daß die Vergleichsstudie die beiden Präparate nur unter einem Gesichtspunkt untersucht, ohne andere Eigenschaften aufzuführen (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 2 Rdn. 36).
cc) Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt in dem beanstandeten Vergleich keine Herabsetzung des Präparats der Klägerin i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG. Wie die in dieser Regelung enthaltene Gleichstellung von Herabsetzung und Verunglimpfung deutlich macht, setzt eine Herabsetzung mehr voraus als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte (BGHZ 139, 378, 385 f. - Vergleichen Sie). Maßgeblich ist vielmehr, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 25.3.1999 - I ZR 77/97, GRUR 1999, 1100, 1102 = WRP 1999, 1141 - Generika-Werbung; Urt. v. 14.12.2000 - I ZR 147/98, GRUR 2001, 752, 753 = WRP 2001, 688 - Eröffnungswerbung; Urt. v. 21.6.2001
- I ZR 69/99, WRP 2001, 1291 - "SOOOO ... BILLIG!"€). Unter diesen Umständen kann im Streitfall, in dem es um eine zurückhaltend formulierte, nüchterne Wiedergabe wissenschaftlicher Erkenntnisse geht, von einem herabsetzenden oder verunglimpfenden Vergleich nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG keine Rede sein.
b) Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann auch ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 1 Satz 2 UWG nicht bejaht werden.
aa) Das in § 14 Abs. 1 UWG enthaltene Verbot der Geschäftsschädigung durch unwahre oder nicht erweislich wahre Tatsachen wird allerdings nicht durch die Bestimmungen über die vergleichende Werbung verdrängt. Zwar enthält § 2 Abs. 2 UWG an sich eine abschließende Regelung (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 2 Rdn. 16). Wie bereits dargelegt (oben unter II.1.a), gilt dies jedoch nicht für den irreführenden Vergleich. Wird im Rahmen einer vergleichenden Werbung eine nach § 14 Abs. 1 UWG verbotene geschäftsschädigende Behauptung aufgestellt, liegt darin aber stets eine Irreführung im Sinne von Art. 3a Abs. 1 lit. a, Art. 2 Abs. 2, Art. 3 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG (in der durch die Richtlinie 97/55/EG geänderten Fassung). Insbesondere ist die in § 14 Abs. 1 UWG enthaltene Beweislastumkehr durch Art. 6 der Richtlinie 84/450/EWG gedeckt.
bb) Die Vergleichsstudie von Dr. B. enthält auch Äußerungen, die geeignet erscheinen, den Geschäftsbetrieb der Klägerin zu schädigen. Bei dem Vergleich geht es letztlich um die Diagnostizierbarkeit eines Mammakarzinoms nach einer Hormonsubstitution. Es ist ohne weiteres einleuchtend, daß ein negativer Einfluß auf die Mammographiediagnostik einen erheblichen, die Absatzchancen eines Präparats beeinträchtigenden Nachteil darstellt. Eine pauschal herabsetzende oder kränkende Äußerung setzt § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG nicht voraus (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 2 Rdn. 16 u. § 14 Rdn. 8). Indem die Beklagte sich die Äußerungen von Dr. B. zu Werbezwecken zu eigen macht, gibt sie auch Tatsachen und nicht lediglich Werturteile kund; denn bei den beschriebenen Nachteilen einer Hormonsubstitution handelt es sich um Tatsachen i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 UWG. Dabei kann offenbleiben, ob dieselbe Äußerung im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion im Interesse der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Freiheit von Wissenschaft und Forschung als ein durch § 14 Abs. 1 UWG nicht erfaßtes Werturteil einzuordnen wäre (vgl. Großkomm.UWG/Messer, § 14 Rdn. 212 ff.). Denn der Gewerbetreibende, der eine für seine Mitbewerber nachteilige wissenschaftliche Untersuchung für Werbezwecke verwendet, kann sich nicht auf die Privilegierung wissenschaftlicher Arbeiten berufen (vgl. Großkomm.UWG/Messer, § 14 Rdn. 216; Köhler in Köhler/Piper aaO § 14 Rdn. 5).
cc) Ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 1 Satz 2 UWG scheitert jedoch im derzeitigen Verfahrensstadium daran, daß das Berufungsgericht bislang noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die für den Geschäftsbetrieb der Klägerin nachteiligen Tatsachen erweislich wahr sind oder nicht.
3. Unter den gegebenen Umständen ist dem Senat eine Sachentscheidung verwehrt. Auch eine Abweisung der Klage setzt weitere Feststellungen voraus. Ein Anspruch aus § 14 UWG wäre zu verneinen, wenn die Ergebnisse der fraglichen Vergleichsstudie als bewiesen angesehen werden könnten, wozu bislang Feststellungen fehlen. Auch der Anspruch aus § 3 UWG kann nur verneint werden, wenn der zusätzliche Bestandteil, durch den sich Kliogest von Kliogest N unterscheidet, für die im Aufsatz von Dr. B. behandelte Frage - wie vom Berufungsgericht bislang nur unterstellt - ohne Bedeutung wäre und wenn es wissenschaftlich als unbedenklich angesehen werden könnte, daß in der Darstellung der Vergleichsstudie nicht danach unterschieden wird, ob mit Kliogest oder mit Kliogest N behandelt worden ist.
III. Auf die Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil danach aufzuheben. Die Sache ist zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
BGH:
Urteil v. 17.01.2002
Az: I ZR 161/99
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